Lärm: Schulsportanlage lärmschutzrechtlich privilegiert

Lärm, der von der Schulsportanlage eines Gymnasiums in der Unterrichtszeit ausgeht, muss von Nachbarn hingenommen werden.

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt und wies die Klage des sich gestört fühlenden Nachbarn ab. Da die Schulsportanlage außerschulisch nicht benutzt wird, kommt es allein auf die Zumutbarkeit der mit der schulischen Nutzung der Schulsportanlage verbundenen Lärmbeeinträchtigungen gegenüber dem Kläger an. Schulsport wird nach § 5 Abs. 3 S. 1 der 18. BImSchV lärmschutzrechtlich privilegiert behandelt. Sportunterricht hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Schüler, die Entwicklung ihrer sportlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Er ist im Hinblick auf die Einübung sozialen Verhaltens ein wichtiger Bestandteil des staatlichen Bildungsauftrags.

Hinzu kam, dass morgendliche und abendliche Ruhezeiten ebenso wie Wochenenden nicht vom Lärm betroffen waren. (VG Neustadt, Urteil vom 18.9.17, 5 K 60/17 NW)

Modernisierung: Mieter müssen Wärmedämmung mit Polystyrol hinnehmen

Wohnungsmieter müssen eine Wärmedämmung durch feuergefährlichen Polystyrol hinnehmen, so das Amtsgericht Berlin-Mitte.

Zwar bestehen Risiken, jedoch sei der Dämmstoff als solcher zugelassen, so das Amtsgericht. Nach dem Inhalt des Gesetzes komme es allein auf die wärmedämmende Eigenschaft des einzusetzenden Dämmstoffs an. Dieses sei bei EPS-Dämmplatten gegeben. Die vereinzelt auftretenden Risiken wurden bei der Zulassung des Baustoffs offenbar in Kauf genommen. Das Gericht verwies darauf, dass es sich über die gesetzlichen Vorgaben nicht hinwegsetzen dürfe. (Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 14.6.2017, 17 C 158/16)

Architektenrecht: Etwaige Kostengrenze muss der Bauherr beweisen

Wird die Kostenaufstellung überschritten, begründet dies jedenfalls dann keine Haftung des Architekten, wenn diese lediglich „zur Vorlage bei der Bank“ erstellt wurde und der Architekt keine weiteren Leistungen erbracht hat. In diesem Fall ist eine Kostenobergrenze als Beschaffenheit nicht vereinbart.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle rechtskräftig festgestellt. Nach der Entscheidung muss derjenige eine angeblich vereinbarte Kostengrenze beweisen, der sie (für seinen Vorteil) behauptet. (OLG Celle, Urteil vom 28.4.2016, 6 U 102/15)

Bauleitplan: Schutzniveau einer Wohnnutzung kann aufgrund einer Lärmimmissionsvorbelastung herabgesetzt sein

Im Fall eines baurechtlich zulässigen Nebeneinanders von Wohnen und Sportanlagen können faktische Vorbelastungen dazu führen, dass dem Schutz des Wohnens ein geringerer Stellenwert zukommt und Beeinträchtigungen in einem weitergehenden Maß zumutbar sind, als sie sonst in dem betreffenden Wohngebiet hinzunehmen wären.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz. Die Richter verwiesen auf das Gebot der Konfliktbewältigung, Dieses verlangt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer „planerischen Zurückhaltung“ sein. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht lösen lassen wird. (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.8.2017, 8 C 11787/16 OVG)

Grenzwand: Grenzwand muss bei Abriss vor Witterung geschützt werden

Lässt ein Grundstückseigentümer ein Gebäude abreißen und wird dadurch eine gemeinsame Grenzwand zum Grundstücksnachbar der Witterung ausgesetzt, muss diese Grenzwand geschützt werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Wird dies von dem vom Eigentümer beauftragten Bauunternehmer unterlassen, kann der Eigentümer dem Nachbarn zum Schadenersatz verpflichtet sein. Er muss nach den Vorschriften des Schuldrechts für ein Verschulden des Bauunternehmers einstehen (sogenannte Erfüllungsgehilfenhaftung gem. § 278 Bürgerliches Gesetzbuch). (OLG Hamm, Urteil vom 3.7.2017, 5 U 104/16)

Baugenehmigung: Städtischer Minigolfplatz darf gebaut werden

Eine erteilte Baugenehmigung für den „Neubau einer Minigolfanlage als Bestandssicherung und Errichtung eines Nebengebäudes mit integrierter Lärmschutzwand“ verletzt einen Nachbarn nicht in seinen Rechten.

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt und lehnte den Eilantrag des Antragstellers ab. Die Minigolfanlage liege im Geltungsbereich des Bebauungsplans, der unter Punkt 1.2.4.1 regele, dass die Zulässigkeit von Nebenanlagen im Sinne des § 14 Baunutzungsverordnung außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen auf offene Pergolen, Brunnen, Denkmale und öffentliche Bedürfnisanstalten beschränkt werde. Diese Festsetzung, von der hier abgewichen werde, sei schon nicht nachbarschützend. Im Übrigen sei die Befreiung zum Bau der Lärmschutzwand erteilt worden, um den Antragsteller vor Lärmimmissionen zu schützen.

Das Gebot der Rücksichtnahme wegen einer übermäßigen Verschattung des Grundstücks des Antragstellers sei ebenso wenig verletzt. Die geplante nur 2 m hohe Lärmschutzwand sei als überdachter Freisitz ausgestaltet und nach der Landesbauordnung an der Grenze zulässig. Der Freisitz begegne auch im Hinblick auf das geplante Dach mit einer Firsthöhe von 3,80 m keinen abstandsflächenrechtlichen Bedenken.

Das Gebot der Rücksichtnahme sei auch nicht wegen übermäßiger Lärmimmissionen verletzt. Die von dem Minigolfplatz voraussichtlich ausgehenden Emissionen seien dem Antragsteller zumutbar. (VG Neustadt, Beschluss vom 17.10.2017, 4 L 1043/17.NW)

Wiederaufbauverfügung: Denkmalgeschützte Villa muss nach Abriss nicht neu aufgebaut werden

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat entschieden, dass die von der Landeshauptstadt Dresden getroffene Anordnung zur Wiederherstellung einer abgerissenen denkmalgeschützten Villa in Dresden-Blasewitz rechtswidrig ist. Der Eigentümer muss das Gebäude nicht neu errichten.

Auf einem unmittelbar an der Elbe gelegenen Grundstück in Dresden-Blasewitz befand sich eine neobarocke Villa. Diese hatte seit langer Zeit leer gestanden. Nach zwei Bränden sowie vom Kläger als Sicherungsmaßnahmen bezeichneten Bauarbeiten wurde sie bis auf den Keller zerstört. Die Landeshauptstadt Dresden forderte daraufhin den Kläger als Grundstückseigentümer auf, das Gebäude im ursprünglichen Baufeld sicht- und materialidentisch wiederherzustellen.

Nach Auffassung des VG hält die Anordnung zur Wiederherstellung der Villa einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Ungeachtet der Problematik, ob zum Zeitpunkt der Baggerarbeiten noch ein Denkmal vorgelegen habe, und in welcher Weise die Veranlassung der sogenannten Sicherungsmaßnahmen durch den Kläger rechtlich zu werten sei, erweise sich das Verlangen nach Wiederherstellung des Gebäudes als ermessensfehlerhaft. Angesichts des Umfangs der bereits im Mai 2014 unstreitig vorhandenen Schäden und der Tatsache, dass nach der Wiederherstellung ein Gebäude entstehen würde, das lediglich ein reines Abbild des früheren Zustandes und kein Kulturdenkmal sein könne, vertrete das Gericht die Auffassung, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht eingehalten worden sei.

(VG Dresden, Urteil vom 26.9.2017, 7 K 2270/15)

Baubeseitigungsanordnung: Fiskalerben muss bauaufsichtliche Verfügung umsetzen – hier Abbruch eines einsturzgefährdeten Gebäudes

Ein Erbe muss als Zustandsverantwortlicher der Anordnung zum Abbruch eines einsturzgefährdeten Gebäudes nachkommen. Er kann seiner Inanspruchnahme wegen bauordnungsrechtlicher Pflichten nicht die Einrede der Dürftigkeit aus § 1990 BGB entgegenhalten. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass der Erbe wegen einer (reinen) Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wird.

Eine Abbruchverfügung ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Sachsen-Anhalt aber keine reine Nachlassverbindlichkeit. Die Verantwortlichkeit für den ordnungsmäßigen Zustand knüpft nämlich an die Eigentümerstellung und gerade nicht an die Erbenstellung an. (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.3.16, 2 M 156/15)

Vorhaben im Außenbereich: Errichtung eines Strohlagers dient landwirtschaftlichem Schweinezuchtbetrieb trotz Erweiterung um Pferdehaltung

Die Errichtung eines Stroh- und Heulagers beziehungsweise einer Abstellfläche für Geräte und Maschinen dient auch dann noch einem privilegierten landwirtschaftlichen Schweinezucht- und Ackerbaubetrieb im Außenbereich, wenn das Vorhaben gleichzeitig die zusätzliche Haltung von drei Pferden ermöglichen soll.

Eine solche Erweiterung der landwirtschaftlichen Tätigkeit um einen neuen Betriebszweig ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen unschädlich, soweit das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche im Verhältnis zur Größe des Gesamtbetriebs betrifft.

(OVG NRW, Urteil vom 15.3.2017, 7 A 937/15)

Nachbarschaftsrecht: Eigentümer haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle

Eigentümer von baumbestandenen Grundstücken haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und hob damit das vorangegangene Urteil des OLG Braunschweig auf. Geklagt hatte eine Hauseigentümerin. Ihr Grundstück grenzt an einen im Eigentum der beklagten Gemeinde stehenden Wendeplatz, auf dem ein Kastanienbaum angepflanzt ist. In einer Nacht fiel starker Regen. Die Regenwasserkanalisation konnte die anfallenden Wassermassen nicht mehr ableiten, weil Wurzeln der Kastanie in den Kanal eingewachsen waren. Deshalb kam es zu einem Rückstau und einem Wasserschaden im Keller der Klägerin.

Der BGH machte deutlich, dass es von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt, ob und in welchem Umfang bzw. mit welcher Kontrolldichte ein Grundstückseigentümer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss. Dabei muss er regelmäßig nicht den Kanal selbst überprüfen. Hier hat er zumeist auch keinen Zugang. Im konkreten Fall hatte die Gemeinde als Eigentümerin des baumbestandenen Grundstücks und zugleich als Betreiberin des öffentlichen Abwassersystems jedoch den unmittelbaren Zugang zum gesamten ober- und unterirdischen von dem Kastanienbaum ausgehenden Gefahrenbereich. Soweit im Rahmen ohnehin gebotener Inspektionen des Kanals die Einwurzelungen erkennbar gewesen wären, hätte sie als Grundstückseigentümerin die Pflicht gehabt, diese rechtzeitig zu beseitigen. Der BGH hat die Sache daher an das OLG zurückverwiesen. Dort muss der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden.

(BGH, Urteil vom 24.8.2017, III ZR 574/16)