Hausratversicherung: Ersatzunterbringung auch im Wohnmobil möglich

Kosten für eine einem Hotel ähnliche Unterbringung im Sinne der Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung können auch die Aufwendungen für das Mieten eines Wohnmobils sein. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln.

Haus unbewohnbar Wohnmobil als Ersatz gemietet

Das Haus eines Versicherungsnehmers war unbewohnbar geworden. Er mietete sich daher für 260 Euro pro Tag ein Wohnmobil und verlangte den Betrag später vom Versicherer zurück. Dieser wollte die Kosten jedoch nicht übernehmen.

Wohnmobil mit Hotel vergleichbar

Das OLG Köln verurteilte den Versicherer schließlich, rund 86.000 Euro an Mietkosten zu übernehmen. Auch die Kosten für das Mieten des Wohnmobils seien Kosten einer einem Hotel ähnlichen Unterbringung i. S. d. Versicherungsbedingungen.

Für Versicherungsnehmer ist Wohnmobil eine dem Hotel ähnliche Unterkunft

Die Auslegung ergebe, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer auch die stationäre Unterbringung in einem Mietwohnwagen oder Mietwohnmobil als eine einer Hotelunterbringung ähnliche Unterkunft ansehen werde. Denn ebenso, wie ein Hotel, eine Ferienwohnung, eine Pension oder Gaststätte mit „Fremdenzimmern“ zeichnet sich ein Wohnmobil bzw. ein Wohnwagen, der zeitweise vermietet wird, dadurch aus, dass wechselnde Gäste darin für eine befristete Zeit wohnen, sei es, zu Arbeitsaufenthalten (bspw. Saisonarbeiter, Arbeiter auf Montage) oder zu touristischen Zwecken. Allein der Aspekt der Mobilität des Wohnmobils im Unterschied zur Hotelunterkunft also der Umstand, dass ein Wohnwagen grundsätzlich mithilfe eines Pkw bzw. ein Wohnmobil aus eigener Motorkraft im Straßenverkehr zum Reisen benutzt und zu wechselnden Standorten bewegt werden kann steht der Vergleichbarkeit zu einer Hotelunterbringung aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers nicht entgegen.

Motorisierung spielt keine Rolle

Das OLG sieht zwar, dass ein Wohnmobil gerade durch die Motorisierung deutlich teurer ist als ein Wohnwagen. Darauf kommt es im Rahmen der Erstattung der Unterbringungskosten aber nicht an.

Der Versicherungsnehmer muss keine dem Wohnungsstandard entsprechende Unterkunft finden. Er ist in der Wahl der Unterkunft grundsätzlich frei und darf sich dabei von persönlichen Bedürfnissen und privaten Befindlichkeiten leiten lassen. Bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Grenzen besteht der zugesagte Versicherungsschutz. Danach sind Kosten für das Mieten eines Wohnmobils als Kosten einer ähnlichen Unterbringung, wie Hotelkosten, grundsätzlich im Sinne der Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (nach Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c VHB 2014) erstattungsfähig.

Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger das Wohnmobil nicht als Wohnraumersatz, sondern etwa zu Reisezwecken angemietet haben, hat der Versicherer nicht konkret vorgetragen. Sie ergaben sich für das OLG auch nicht aus dem Akteninhalt.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 5.12.2023, 9 U 46/23

Verbraucherzentrale: Pflicht zur Kündigungsbestätigung per Telefon ist unzulässig

Ist ein durch eine Verbraucherzentrale geltend gemachter Unterlassungsanspruch begründet, wenn eine Firma die online erklärte Kündigung eines Kunden von einem Bestätigungstelefonat abhängig macht? Diese Frage hat das Landgericht (LG) Koblenz bejaht.

Zusätzliches Telefonat nötig, damit Online-Kündigung wirksam wird?

Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen über Dauerschuldverhältnisse unter anderem zur Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an.

Der Kläger, ein eingetragener Verein (Verbraucherzentrale), begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, dass sie auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit der Kündigung noch ein Telefonat erforderlich sei. Konkret hat ein Kunde seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt. Der Kunde hat daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.

Verbraucherzentrale: Telefonat dient zum Umstimmen der Verbraucher

Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Er behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten mittels rhetorischer Kunstfertigkeit oder Anbieten anderer Vertragskonditionen versucht, den Verbraucher zu überzeugen, von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen. Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, dass nach einer Kündigung eine Rückbestätigung erfolgen müsse, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.

Der Kläger beantragte u. a., der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrags in Form eines Dauerschuldverhältnisses zu behaupten, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich. Die Beklagte meint, ohne telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestünde das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Es sei für deshalb erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein Telefonat ein Mehr an Sicherheit verglichen mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.

So sah es das Landgericht

Das LG hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch zu. Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stelle eine geschäftliche Handlung dar. Dazu gehörten auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Verhindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind. Diese geschäftliche Handlung der Beklagten sei unzulässig, da sie unlauter sei. Unlauter handele, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Bestätigungslink in E-Mail genügt

Die Vorgehensweise der Beklagten sei auch irreführend. Dies sei gegeben, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthalte. Erfasst seien auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zähle. Auch, wenn die Beklagte nach Auffassung des LG ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung haben könne, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats sei es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.

Zusätzliche Entscheidung

Die Vorgehensweise der Beklagten sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte stelle den Verbraucher nach Zugang seiner Kündigung vor die Wahl, seine Kündigung nicht telefonisch zu bestätigen, und in der Folge das Vertragsverhältnis fortzusetzen, oder innerhalb von 14 Tagen telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Es werde dadurch eine zusätzliche Entscheidung des Verbrauchers verlangt, ob er an der Ausübung seines Kündigungsrechts festhalten will. Ohne die irreführende Aufforderung der Beklagten würde der Verbraucher weder die eine noch die andere Entscheidung treffen. Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Beklagte eingeräumt habe, dass die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten deren übliche Vorgehensweise sei.

Quelle: LG Koblenz, Urteil vom 27.2.2024, 11 O 12/23

Schadenersatzforderung: Tee ist heiß – das muss man wissen

Das Landgericht (LG) Oldenburg hat den von einer Frau geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz zurückgewiesen. Sie hatte sich an einem Becher Tee verbrüht.

Warnhinweis auf dem Pappbecher

Die Frau hatte in einem Restaurant einen Tee in einem Einwegbecher gekauft. Auf dem Becher war der Warnhinweis angebracht: „VORSICHT HEIS“. Außerdem enthielt er ein Piktogramm mit einer Tasse mit Dampfschwaden. Der Becher war der Frau mit einem von Hand zu öffnenden Deckel übergeben worden. Er wurde ihr in einer Pappschale ausgehändigt. Wenige Minuten nach dem Kauf hob die Frau den Becher am Deckel aus der Schale. Da passierte es: Der Deckel löste sich. Der Tee ergoss sich auf ihre Oberschenkel. Die Frau erlitt Verbrennungen 1. und 2. Grades. Sie musste sich später einer teuren Behandlung unterziehen.

So sah es die Frau

Die Frau argumentierte vor dem LG, der Tee sei zu heiß gewesen. Folglich seien von ihm unnötige Gesundheitsgefahren ausgegangen. Zudem sei der Deckel nicht fest verschlossen gewesen. Mit diesen beiden Umständen habe sie nicht rechnen müssen.

So sah es das Landgericht

Das LG lehnte den geltend gemachten Schadenersatzanspruch ab. Es hob hervor: Dass frisch zubereiteter Tee heiß sei (zwischen 90 und 100 Grad), sei allgemein bekannt. Er müsse daher nicht in verzehrfertiger Temperatur übergeben werden. Die Frau sei zudem durch die o. g. Hinweise auf dem Becher ausdrücklich gewarnt worden. Vor einem eventuell losen Deckel habe die Restaurantbesitzerin ebenfalls nicht warnen müssen.

Quelle: LG Oldenburg, Urteil vom 15.3.2024, 16 O 2015/23

Private Krankenversicherung: Kostenübernahme für Medizinal-Cannabis bei Glasknochenkrankheit

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat entschieden: Der Versicherer muss die Kosten für die Versorgung mit Medizinal-Cannabis nicht tragen, wenn der Versicherungsnehmer an der Glasknochenkrankheit leidet.

Konventionelle Behandlungsmethoden ausgeschöpft?

Der Versicherungsnehmer meinte, dass konventionelle Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Es liege zumindest eine schwere Erkrankung mit wesentlichen Funktionseinschränkungen vor. Daher müsse der Versicherer die medizinisch notwendige Heilbehandlung durch Medizinal-Cannabis übernehmen.

Der Versicherer entgegnete: Bei akut auftretenden Schüben sei Cannabis wegen seiner „Behandlungsträgheit“ nicht geeignet. Das Landgericht (LG) war dem gefolgt und hatte in erster Instanz die Klage des Versicherungsnehmers abgewiesen.

Oberlandesgericht sieht es wie der Versicherer

Das OLG hat dies bestätigt. Der Versicherungsnehmer habe nach dem Versicherungsvertrag einen Leistungsanspruch, wenn es sich bei der Behandlung seiner Beschwerden um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelt, die entweder von der Schulmedizin überwiegend anerkannt ist oder es sich um eine Methode oder ein Arzneimittel handelt, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor.

Zwar leide der Versicherungsnehmer unter einem schweren, multilokulären generalisierten Schmerzsyndrom bei Glasknochenkrankheit und bei entsprechender Symptomatik komme die Erstattung von Medizinal-Cannabis grundsätzlich in Betracht. Wesentliche gelenkarthrotische Veränderungen seien jedoch ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht feststellbar. Weitere Befunde, die den Vortrag zu seinen körperlichen Beschwerden insbesondere der behaupteten Vielzahl von Brüchen stützen könnten, habe der darlegungs- und beweisbelastete Versicherungsnehmer ebenfalls nicht vorgelegt.

Die Behandlung der beim Versicherungsnehmer feststellbaren Symptomatik mit Medizinal-Cannabis sei nach heutiger medizinischer Einschätzung und aktuellem Wissensstand nicht als von der Schulmedizin allgemein anerkannte Methode anzusehen. Auch sei sie keine Methode, die sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend bewährt habe wie die Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ausgeführt, mangels ausreichender Datenlage könne nicht festgestellt werden, dass die Therapie mit Medizinal-Cannabis eine entsprechende Linderung der im Zusammenhang mit der Glasknochenkrankheit stehenden Schmerzsymptomatik verspreche. Schließlich seien schulmedizinisch sowohl nichtmedikamentöse als auch verschiedene medikamentöse Behandlungen verfügbar. Der Versicherungsnehmer habe nicht nachgewiesen, dass diese Behandlungsmethoden bei ihm nicht wirksam seien oder gravierende Nebenwirkungen verursachten.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2023, I-13 U 222/22

Nachbarrecht: Schadenersatz bei gravierendem Baumrückschnitt eines Nachbarn ohne Einwilligung des Eigentümers

Bei der Zerstörung eines älteren Baumes ist in der Regel keine sog. Naturalrestitution zu leisten, also nicht der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Der Anspruch geht vielmehr auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines jungen Baumes und darüber hinaus einen Ausgleich für eine etwa verbleibende Werteinbuße des Grundstücks. Das Oberlandgericht (OLG) Frankfurt am Main hat ein den eingeklagten Schadenersatzanspruch größtenteils zurückweisendes Urteil des Landgerichts (LG) aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das LG zurückverwiesen.

Rückschnitt ja, aber nicht so gravierend

Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin ist Eigentümerin eines großen Grundstücks im Vordertaunus mit rund 70-jährigem Baumbestand. Der Baum- und Strauchbestand wird jährlich mehrfach durch ein Fachunternehmen beschnitten. An den hinteren Gartenbereich grenzt u.a. das Grundstück des Beklagten. Im Abstand von 1,60 m hierzu steht auf dem klägerischen Grundstück eine Birke, im Abstand von 3,35 m ein Kirschbaum. Beide Bäume waren zum Zeitpunkt des Erwerbs des Beklagten schon lange vorhanden. Die Klägerin war einverstanden, dass der Beklagte die auf sein Grundstück herüberhängenden Äste der Gehölze zurückschneidet.

Ende Mai 2020 betrat der Beklagte das klägerische Grundstück in ihrer Abwesenheit und führte gravierende Schnittarbeiten unter anderem an den beiden Bäumen durch. An der Birke verblieb kein einziges Blatt. Der kurz vor der Ernte befindliche Kirschbaum wurde vollständig eingekürzt. Ob sich die Bäume wieder komplett erholen oder die derzeitigen Triebe allein sog. Nottriebe sind, die an dem Absterben nichts ändern, ist zwischen den Parteien streitig.

Landgericht sprach Schadenersatz von 4.000 Euro zu

Das LG hat der auf Zahlung von Schadenersatz von knapp 35.000 Euro gerichteten Klage in Höhe von gut 4.000 Euro stattgegeben. Es führte aus, dass die Wertminderung der Bäume sowie die Kosten für die Entsorgung des Schnittguts zu ersetzen seien.

Oberlandesgericht: Sachverhalt muss aufgeklärt werden

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin führte zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG. Der Sachverhalt sei zur Bemessung des Schadenersatzes weiter aufzuklären, begründete das OLG die Entscheidung.

Bei der Zerstörung eines Baumes sei in der Regel nicht Schadenersatz in Form von Naturalrestitution zu leisten, da die Ersatzbeschaffung in Form der Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes regelmäßig mit besonders hohen und damit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei. Der Schadenersatz richte sich vielmehr üblicherweise auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines neuen jungen Baumes sowie einen Ausgleichsanspruch für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks. Diese Werteinbuße sei zu schätzen. Nach einer möglichen Bewertungsmethode könnten dafür die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und anschließend kapitalisiert werden. Dieser Wert sei um eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige wertbeeinflussende Umstände zu bereinigen.

Ausnahmsweise seien die vollen Wiederbeschaffungskosten zuzuerkennen, „wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden“, erläutert das OLG weiter. Aufzuklären sei deshalb bei der Bewertung des Schadenersatzes die Funktion der Bäume für das konkrete Grundstück. Zu berücksichtigen sei dabei auch der klägerische Vortrag, wonach es ihr bei der sehr aufwändigen, gleichzeitig naturnahen Gartengestaltung auch darauf angekommen sei, Lebensraum für Vögel und sonstige Tiere zu schaffen und einen Beitrag zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff zu leisten.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 6.2.2024, 9 U 35/23, PM 12/24

Versicherungsfall: Brand eines Oldtimers

Mit den Besonderheiten bei der Versicherung historischer Fahrzeuge hat sich das Landgericht (LG) Frankenthal befasst. Es entschied: Steigt der Wert eines Oldtimers nach Abschluss der Versicherung an, ist der Betrag der Wertsteigerung womöglich vom Versicherungsschutz ganz oder teilweise nicht erfasst. Der Eigentümer des Fahrzeugs muss selbst darauf achten, den versicherten Wert regelmäßig dem etwa gestiegenen Marktwert anzupassen. Eine auf vollständigen Ersatz gerichtete Klage gegen die Kfz-Versicherung hat das Gericht im zugrundeliegenden Fall wegen Unterdeckung abgewiesen.

Das war geschehen

Ein Oldtimerfan hatte sein historisches Fahrzeug gegen Beschädigung oder Zerstörung zum jeweils aktuellen Marktwert versichert. Später kam es dazu, dass das Fahrzeug bei einem Brand in einer Tiefgarage erheblich beschädigt worden war.

Die Kfz-Versicherung kam nach eingeholtem Gutachten zu einem Wert des Fahrzeugs am Schadenstag in Höhe von knapp 41.000 Euro und zahlte dem Eigentümer den entsprechenden Geldbetrag aus. Dieser war jedoch davon überzeugt, dass sein Oldtimer deutlich mehr wert gewesen sei und ließ deshalb ein weiteres Gutachten einholen. Dieses kam tatsächlich zu dem Ergebnis, dass das historische Fahrzeug im Wert deutlich gestiegen und fast 8.000 Euro mehr wert war, als von der Versicherung angenommen. Der Mann verlangte nun die Differenz.

Sonderbedingungen des Versicherungsvertrags entscheidend

Das LG verwies, wie auch zuvor bereits die Versicherung, den Oldtimerfan auf die im Versicherungsvertrag enthaltenen Sonderbedingungen für historische Fahrzeuge. Danach werde grundsätzlich ein Schaden bis zur Höhe des aktuellen Marktwerts ersetzt. Die Höchstentschädigung sei aber durch den Marktwert begrenzt, der bei Versicherungsabschluss vereinbart wurde.

Im Fall von Wertsteigerungen könne maximal zehn Prozent mehr als der damals vereinbarte Marktwert verlangt werden. Der habe im konkreten Fall rund 36.000 Euro betragen. Dem Oldtimerbesitzer stehe deshalb keine höhere Entschädigung zu, als von der Versicherung bereits ausgezahlt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 17.1.2024, 3 O 230/23, PM vom 28.2.2024

Nötigung: Wegnehmen von Fan-Schal muss nicht immer Diebstahl sein

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt hatte nach der Wegnahme eines Fan-Schals keinen Diebstahl, sondern lediglich eine Nötigung angenommen. Ob ein Diebstahl vorliege, hänge davon ab, ob der Täter den Schal seinem Vermögen einverleiben wolle.

Wegnahme nach Fußballspiel

Der angeschuldigte Eintracht-Fan soll bei einem Fußballspiel der Frankfurter Eintracht gegen den FC Schalke 04 im Deutsche Bank Park einem Fan der gegnerischen Mannschaft einen Fan-Schal abgenommen haben. Beim Verlassen des Stadions habe er dem Schalke-Anhänger den Fan-Schal im Vorbeilaufen vom Hals gezogen. Als der Schalke-Fan ihn zur Rückgabe aufforderte, habe er ihn mit beiden Händen weggeschoben.

Staatsanwaltschaft bejahte Diebstahl

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wertete dies als Diebstahl. Da der Angeschuldigte zudem den Schalke-Fan mit Gewalt weggedrückt habe, um den erbeuteten Schal behalten zu können, erhob sie Anklage wegen räuberischen Diebstahls – einem Verbrechenstatbestand mit einer Mindeststrafe von einem Jahr.

Amtsgericht differenzierte

Das AG sah in der Handlung des Angeschuldigten jedoch keinen Diebstahl. Es fehle an der hierfür notwendigen „Zueignungsabsicht“. Diese liege nur vor, wenn der Täter sich die Sache aneignen, sie also seinem Vermögen zuführen wolle. Nehme der Täter den Schal aber lediglich an sich, um jemanden zu ärgern, fehle es an einer Zueignungsabsicht. Es handele sich dann lediglich um eine straflose „Gebrauchsanmaßung“ und sofern der Schal anschließend beschädigt würde um eine Sachbeschädigung.

Da das Gericht keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür sah, dass der Angeschuldigte den Schal behalten wollte, eröffnete es das Hauptverfahren nicht wegen räuberischen Diebstahls, sondern lediglich wegen Nötigung. Diese habe der Angeschuldigte durch das Wegdrücken des Schalke-Fans begangen.

Quelle: AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.10.2023, 917 Ls 6443 Js 217242/23, PM vom 8.3.2024

Tierüberlassungsvertrag: Tierheim darf keine Katzen sicherstellen

Das Amtsgericht (AG) Hanau hat entschieden: Ein Tierheim besitzt keine Befugnis, vermittelte Tiere ihren Besitzern eigenmächtig wieder wegzunehmen.

Vertraglich geregelte Anbringung eines Fliegengitters

Der Antragstellerin war vom Antragsgegner, einem Tierheim, ein Kater überlassen worden. Nach dem „Tierüberlassungsvertrag“ müsse ihre Balkontür mit einem Fliegengitter gesichert werden, zudem solle das Tier abnehmen. Nach knapp einem Jahr erkundigte sich der Antragsgegner telefonisch, ob das Tier abgenommen habe und das Fliegengitter angebracht worden sei. Die Antragstellerin verneinte die Anbringung des Fliegengitters mangels Notwendigkeit, da der Kater sehr ängstlich sei und nie auf den Balkon gehe. Ob das Tier abgenommen habe, wisse sie nicht, da sie ihn nicht gewogen habe.

Gitter nicht angebracht: Tierheimpersonal erscheint und nimmt Kater mit

Knapp 30 Minuten später erschienen zwei Personen unangemeldet bei der Antragstellerin und teilten mit, sie kämen „vom Tierheim“. Sogleich nach Betreten der Wohnung stürzte eine der beiden Personen auf den Kater, der die Flucht ergriff, denn „man nehme den Kater jetzt mit“. Trotz Widerspruchs der Antragstellerin jagten die Personen den Kater und verrückten dabei sogar Wohnungsmöbel. Der Kater wurde schließlich mit einem Fangnetz eingefangen und mit den Worten „den kriegen Sie nicht wieder“ mitgenommen.

Tierheim muss Kater wieder herausgeben

Nachdem die Antragstellerin auf Herausgabe des Tiers geklagte hatte, wurde dieses noch während des Verfahrens an sie zurückgegeben. Das AG entschied dann, dass der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens tragen müsse. Ob die Regelungen in dem „Tierüberlassungsvertrag“ wirksam waren und eventuell nicht eingehalten wurden, könne dahinstehen. Denn die eigenmächtige Wegnahme des Tieres stelle verbotene Eigenmacht dar. Mögliche Ansprüche müsse der Antragsgegner gerichtlich durchsetzen und könne sie nicht selbst vollstrecken.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: AG Hanau, Beschluss vom 4.1.2024, 98 C 98/23, PM vom 4.3.2024

Impfpflicht: Vorlage eines Masernimmunitätsnachweises für schulpflichtige Kinder

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat in mehreren Eilverfahren die Beschwerden von Eltern schulpflichtiger Kinder gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin zurückgewiesen, wonach Gesundheitsämter für den Schulbesuch den Nachweis einer Impfung oder Immunität gegen Masern fordern dürfen, sofern keine Kontraindikation besteht. Für den Fall, dass der Nachweis nicht vorgelegt wird, kann auch ein Zwangsgeld angedroht werden.

Infektionsschutzgesetz verfassungskonform

Zur Begründung hat das OVG u. a. ausgeführt: Die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes zur Nachweispflicht seien angesichts der hochansteckenden Viruskrankheit mit möglicherweise schwerwiegenden Komplikationen nicht offenkundig verfassungswidrig. Zwar greife die Nachweispflicht in das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes ein. Die Regelung sei aber verhältnismäßig, weil sie wie das Bundesverfassungsgericht bereits zur Nachweispflicht bei noch nicht schulpflichtigen Kindern entschieden habe einen legitimen Zweck verfolge und nicht außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehe.

Impfpflicht besteht

Der Gesetzgeber des Masernschutzgesetzes sei von einer grundsätzlich bestehenden „Impfpflicht“ bzw. „verpflichtenden Impfung“ ausgegangen. Er habe lediglich von deren Durchsetzung im Wege des unmittelbaren Zwangs abgesehen. Andere Zwangsmittel, wie Zwangsgeld und Geldbuße, seien hingegen vorgesehen, um eine tatsächliche Erhöhung der Impfquote in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen und damit letztlich in der gesamten Bevölkerung zu erreichen.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 28.2.2024, OVG 1 S 80/23 u. a., PM 9/24

Bundesgerichtshof: Kündigung eines Prämiensparvertrags

Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, kann das Recht der Sparkasse zu einer ordentlichen Kündigung auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen sein. Das ist der Fall, wenn die Vertragsurkunde eine darüber hinausgehende Vertragslaufzeit bestimmt und die Parteien insofern nicht übereinstimmend etwas anderes gewollt haben. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH führt damit seine Rechtsprechung fort. Er bestätigt die Ansicht, dass es sich bei solchen Verträgen um unregelmäßige Verwahrungsverträge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 700 Abs. 1 S. 1 BGB) handelt.

Der Sparer ist also nicht verpflichtet, regelmäßige Sparbeiträge zu liefern. Aufgrund der bisherigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in den Verträgen, nach denen diese auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe noch 99 Jahre weiter gelten, hat der BGH einen dauerhaften Kündigungsausschluss aufseiten der Bank angenommen. Die danach lange Laufzeit der Sparverträge sei nicht so ungewöhnlich, dass der durchschnittliche Sparer hätte annehmen müssen, die Sparkasse wolle nicht auf ihr Kündigungsrecht für einen solchen Zeitraum verzichten.

Quelle: BGH, Urteil vom 14.11.2023, XI ZR 88/23