Notbehandlung: Katzenhalterin haftet für Tierarztkosten

Wird ein erkranktes Tier von Dritten zum Tierarzt gebracht, haftet der Tierhalter für die Kosten der Notbehandlung. So sieht es das Amtsgericht (AG) München.

Halterin nicht über Eingriff informiert

Die Beklagte ist Tierhalterin eines Katers mit den Namen Rocky. Rocky war im Mai 2022 für einige Tage abwesend und kam nicht nach Hause. Am 16.5.2022 fand eine unbekannte Person den Kater in einem bewusstlosen Zustand auf und alarmierte eine Münchener Tierrettung, die den Kater als Notfall in eine Münchener Tierklinik einlieferte. Dort wurde Rocky als Notfall tierärztlich behandelt. Da der Kater in ein Haustierzentralregister eingetragen war, konnte die Halterin des Katers verständigt werden. Diese holte Rocky am nächsten Tag ab. Durch die Behandlung waren Kosten in Höhe von 565,31 Euro entstanden, deren Übernahme die Beklagte jedoch ablehnte, da sie nicht zuvor informiert worden sei und sie Rocky zu seinem üblichen Tierarzt hätte bringen wollen.

Klage auf Zahlung der Rechnung

Die Tierklinik trat ihre Forderung an ein Abrechnungsbüro ab, das die Beklagte vor dem AG auf Zahlung der Rechnung verklagte. Das AG gab der Klage statt und verurteilte die Halterin zur Zahlung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Forderung wirksam an die Klägerin abgetreten war, dass die Behandlung, wie behauptet, stattfand und die Kosten auch angemessen waren.

„Fremdes Geschäft“ besorgt

Zur Kostentragungspflicht der Beklagten führte es aus, dass die Tierklinik durch die Behandlung des Katers der Beklagten ein sogenanntes „fremdes Geschäft“ besorgt hat. Es handele sich bei der tierärztlichen Versorgung um ein fremdes Geschäft, da das Tier zwar auch aus eigener tierärztlicher Verpflichtung behandelt wurde, die Übernahme der Behandlung ihrer äußeren Erscheinung nach aber auch der Beklagten als Tierhalterin zugutekam. Denn die Behandlung ihres kranken Tieres ist bereits der äußeren Erscheinung nach dem Rechts- und Interessenkreis der Beklagten zuzuordnen.

Auch der Vortrag der Beklagten, sie hätte rechtzeitig über die Einlieferung des Katers informiert werden müssen, verfängt laut AG nicht. Soweit hiermit auf eine sog. „Nebenpflichtverletzung“ abgestellt werden soll, stehe dem entgegen, dass die Behandlungen des Katers nach den Zeugenaussagen, in Übereinstimmung mit der Behandlungsdokumentation, als Notfallmaßnahmen erfolgt seien.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 30.8.2024, 161 C 16714/22, PM 36/24

Autismus-Assistenzhund: Ein Gefährte ist kein Hilfsmittel

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) keine Kosten für die Ausbildung eines Haushundes zum Autismus-Assistenzhund übernehmen muss.

Kostenübernahme für Therapiehund

Geklagt hatte eine 49-jährige Frau, die sich 2016 auf Empfehlung ihrer Therapeutin einen Hund angeschafft hatte. Dies erleichterte es ihr, die Wohnung zu verlassen und soziale Kontakte zu pflegen, was ihr aufgrund ihres Autismus sonst schwerfiel. Zwei Jahre später beantragte sie bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Ausbildung des Hundes zum Autismus- Assistenzhund. Das Tier sei für sie ein Gefährte, der ihr emotionalen Rückhalt und Schutz bei sozialen Kontakten biete. Bereits regelmäßige Spaziergänge oder Hundetreffen seien an sich schon gesundheitsfördernde Unterstützungen.

Krankenkasse zahlte nicht

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, da die Frau auch ohne speziell ausgebildeten Hund Alltagsgeschäfte bewältigen könne und daher keine Notwendigkeit bestehe. Dagegen klagte die Frau und erwiderte, ihre Erkrankung werde nicht richtig verstanden. Sie fühle sich isoliert und traue sich ohne den Hund oft nicht aus der Wohnung. Ohne eine zertifizierte Ausbildung dürfe sie den Hund nicht überallhin mitnehmen, etwa in Supermärkte, Arztpraxen oder an ihren Arbeitsplatz.

Landesozialgericht bestätigt Krankenkasse

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass eine spezielle Ausbildung des Hundes schon nicht notwendig sei. Dass der Hund bewirke, dass die Klägerin häufiger das Haus verlässt, mit Menschen kommuniziert und ihr ein Sicherheitsgefühl vermittelt, treffe auf jeden Hund zu, ohne dass dies eine Zahlungspflicht der Kasse begründe. Die Klägerin verkenne den Umfang der Leistungspflicht der GKV, deren Aufgabe es nicht sei, alle Behinderungsfolgen in sämtlichen Lebensbereichen auszugleichen. Im Hilfsmittelrecht bestehe kein Anspruch auf eine Optimalversorgung, zumal die Kassen weder für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig seien. Ein Gefährte möge für die Klägerin sinnvoll und nützlich sein dies führe jedoch zu keiner rechtlichen Erforderlichkeit.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.10.2024, L 16 KR 131/23, PM vom 18.11.2024

Zustimmungsfiktionsklausel: Rückzahlung von Bankentgelten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über die Rückzahlung von Bankentgelten entschieden, die aufgrund einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel vereinbart werden sollten. Sein Urteil ist verbraucherfreundlich.

Das war geschehen

Der Kläger begehrt Rückzahlung von geleisteten Kontoführungsentgelten und Gebühren für eine Girokarte. Nach einer in den AGB der beklagten Sparkasse enthaltenen unwirksamen Regelung gilt die Zustimmung des Kunden zu angebotenen Änderungen von Vertragsbedingungen oder Entgelten für Bankleistungen als erteilt, wenn der Kunde der Beklagten seine Ablehnung nicht innerhalb einer bestimmten Frist anzeigt (Zustimmungsfiktionsklausel).

Die beklagte Sparkasse informierte den Kläger im Oktober 2017 darüber, dass für dessen zwei Girokonten ab dem 1.1.2018 Kontoführungsentgelte und Gebühren für eine Girokarte zu zahlen seien. Daraufhin kündigte der Kläger eines der Girokonten. Die Beklagte erhob ab dem 1.1.2018 eine Grundgebühr für die Führung des anderen Girokontos in Höhe von monatlich 3,50 Euro und eine Gebühr für eine SparkassenCard in Höhe von jährlich 6 Euro. Der Kläger stimmte diesen Änderungen der Bedingungen nicht aktiv zu. Die Beklagte buchte die Entgelte in der Folgezeit vom Konto des Klägers ab. Im Juli 2021 widersprach dieser der Erhebung der Entgelte. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung der in den Jahren 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte in Höhe von insgesamt 192 Euro sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jeden weiteren künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einziehung nicht vereinbarter Bankentgelte nach dem Jahr 2021 entstehe.

Das Amtsgericht (AG) und das Landgericht (LG) haben die Klage abgewiesen.

So entschied der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 192 Euro zu zahlen. Der Kläger erhält die Kontoführungsentgelte und das Entgelt für die Girokarte zurück.

Der Kläger hat einen Rückzahlungsanspruch, weil die Beklagte die Entgelte ohne Rechtsgrund vereinnahmt hat. Er hat der von der Beklagten beabsichtigten Änderung der Entgeltbedingungen nicht bloß durch die fortgesetzte Nutzung des Girokontos zugestimmt. Die fortlaufende Nutzung eines Girokontos hat keinen objektiven Erklärungswert dahin, dass der Wille des Kontoinhabers neben dem Willen, einen konkreten Kontovorgang auszulösen, auch die Zustimmung zu geänderten Kontobedingungen der Sparkasse oder Bank umfasst. Der Zugang zu einem Girokonto ist in der Regel eine unabdingbare Voraussetzung für die Teilnahme am unbaren Zahlungsverkehr und von essenzieller Bedeutung für die uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Die Nutzung des Girokontos allein ist deshalb kein Ausdruck des Einverständnisses mit der Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die Sparkasse oder Bank, sondern entspricht lediglich den Erfordernissen und Gewohnheiten des modernen Geschäfts- und Wirtschaftsverkehrs im Alltag.

Die von der Beklagten erhobenen Entgelte sind auch nicht durch eine Fiktion der Zustimmung des Klägers zu den geänderten Kontobedingungen entstanden. Eine Klausel in den Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen, die eine solche Fiktion vorsieht, ist im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam.

Auch der Umstand, dass der Kläger die von der Beklagten erhobenen Entgelte über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren widerspruchslos gezahlt hat, führt nicht dazu, dass die Sparkasse die Entgelte behalten darf, so der BGH.

Quelle: BGH, Urteil vom 19.11.2024, XI ZR 139/23, PM 219/24

Betrugsmasche: Bundeszentralamt für Steuern warnt vor Betrugsversuch

Aktuell sind betrügerische E-Mails im Umlauf, die vorgeben, vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stammen. Die Empfänger werden darüber informiert, dass ihnen angeblich ein Bescheid zugesandt wurde und aufgefordert, eine offene Steuerschuld zu begleichen. Hierfür soll ein Link geöffnet werden, um weitere Informationen zu erhalten.

Sollten Steuerpflichtige eine solche E-Mail erhalten haben, empfiehlt das BZSt in einer Mitteilung vom 26.2.2025, den Link nicht zu öffnen und die verdächtige E-Mail unverzüglich zu löschen. Weitere Informationen u.a. die maßgeblichen Textbausteine sind unter https://www.bzst.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2025_Kurzmeldungen/20250212_betrugsversuche.html aufgeführt.

Eilantrag: Angriff auf Schul-IT: Schüler muss Schule verlassen

Wer als Schüler über Monate den Datenbestand seiner Schule ausspioniert und verändert, darf in eine andere Schule überwiesen werden. Diese Schulordnungsmaßnahme hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren gebilligt.

Schüler drang widerrechtlich in Schul-IT ein

Der Antragsteller besuchte bislang das 3. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe eines Berliner Gymnasiums. Zusammen mit zwei Mitschülern hatte er im letzten Schuljahr zunächst einen schulischen Rechner so präpariert, dass das nächste eingegebene Passwort protokolliert wurde. So erlangte das Trio das Administratorpasswort, um im Anschluss einen sog. „Keylogger“ zu installieren, der das Protokollieren aller eingegebenen Passwörter ermöglichte. Hierdurch konnten sie interne Informationen im geschützten Lehrerkanal mitlesen und organisatorische Daten der Schulleitung abrufen. Daraufhin beschloss die Schulaufsicht nach Anhörung der Schulkonferenz, den Antragsteller in eine andere Schule desselben Bildungsgangs zu überweisen.

Schwerste Ordnungsmaßnahme verhängt

Der hiergegen gerichtete Eilantrag hatte keinen Erfolg. Das VG hat die Entscheidung als für einen schulpflichtigen Schüler schwerste Ordnungsmaßnahme des Berliner Schulgesetzes gebilligt. Nach diesem Gesetz könnten Ordnungsmaßnahmen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit getroffen werden, wenn ein Schüler die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit beeinträchtigte oder andere am Schulleben Beteiligte gefährde, soweit Erziehungsmaßnahmen nicht zu einer Konfliktlösung geführt haben oder keine Aussicht auf Erfolg versprächen.

Diesen Vorgaben entspreche die getroffene Ordnungsmaßnahme, die sich im Rahmen des der Schule zustehenden pädagogischen Beurteilungsspielraums halte. Nach diesem Maßstab sei die Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Vorgehen des Antragstellers stelle sich als schweres Fehlverhalten dar. Ein über Monate dauerndes Ausspionieren des Datenbestands der Schule beeinträchtige die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Der Antragsteller sei mit krimineller Energie vorgegangen, weshalb das schulische Vertrauen in die Integrität des Antragstellers nachhaltig und irreparabel zerstört worden sei. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens des Antragstellers mit einer mehrere Monate währenden Verletzung der Datenschutzbelange und der Privatsphäre von Lehrkräften und der Schülerschaft habe die Schule den Schulwechsel nicht wie das Gesetz dies im Regelfall vorschreibe zuvor schriftlich androhen müssen.

Die Maßnahme, so das VG, sei auch unter Würdigung des Umstands verhältnismäßig, dass der Antragsteller sich in seinem letzten Schuljahr vor dem Abitur befinde und die ersten Abiturprüfungen bereits in wenigen Monaten anstehen, weil er sich gegenüber den Vorwürfen völlig uneinsichtig gezeigt habe.

Quelle: VG Berlin, Beschluss vom 13.11.2024, VG 3 L 610.24, PM 30/24

Tierarztkosten: Wenn der Hund operiert werden muss …

Die Therapiewahl ist grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Tierarztes. Ein vom Hundebesitzer wahrgenommenes Hinken des linken Hinterlaufs bedeutet nicht, dass die Operation am rechten Hinterlauf behandlungsfehlerhaft erfolgte. Ein Laie kann nicht sicher auf die Ursache eines etwaigen Hinkens schließen; häufig ist gerade die kollaterale Seite betroffen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die auf Rückzahlung von Behandlungskosten gerichtete Berufung des klagenden Tierbesitzers zurückgewiesen.

Es ging um die Erstattung von Behandlungskosten

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten für seinen Hund in Anspruch. Er wollte seinen Rhodesian Ridgeback wegen Lähmungserscheinungen an einem hinteren Bein behandeln lassen. Nach Gangbeobachtungen und Röntgenaufnahmen (des rechten Hinterlaufs) vereinbarte der Kläger einen OP-Termin. Der Hund wurde dann am rechten Kniegelenk operiert.

Der Kläger verlangt nun die beglichenen Arztkosten in Höhe von rund 7.500 Euro zurück und behauptet, der Hund sei am falschen Bein operiert worden. Beauftragt worden sei die Behandlung des linken hinteren Beins. Der rechte Hinterlauf sei dagegen kerngesund gewesen.

Schon das Landgericht hatte die Klage abgewiesen

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das LG sei nach Ausschöpfung der maßgeblichen Erkenntnisquellen zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass kein Behandlungsfehler vorliege, bestätigte das OLG. Insbesondere habe der Sachverständige schlüssig hergeleitet, „dass durchaus mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die korrekte Gliedmaße operiert worden sei“. Er habe die anhand der Befunderhebung gesicherte Pathologie im rechten Kniegelenk nachvollziehbar als Indikation für die Operation bestätigt. Zu Recht habe er auch darauf hingewiesen, dass die „Entscheidung über das Ausmaß der Operation und hierbei das Bein, welches operiert werden soll letztlich der Tierarzt zu treffen hat“.

Therapiewahl ist Sache des Tierarztes

Die Therapiewahl sei grundsätzlich Domäne des behandelnden Arztes, „der jedenfalls durch den Behandlungsauftrag hier auch nicht ohne Weiteres im Vertragssinne etwa auf die Behandlung einer bestimmten Gliedmaße festgelegt, sondern vielmehr zur standardmäßigen Behandlung angehalten ist“, führte das OLG weiter aus.

Soweit der Kläger behaupte, dass vor der Operation beim Gangbild ein Hinken am linken Bein zu sehen gewesen sei, habe der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, „dass eine solche Beobachtung zumal für den Laien keinen Rückschluss auf eine Verortung als Ursache auch in dieser Gliedmaße erlaubt; vielmehr sei häufig die kollaterale Seite betroffen“. Auch der Nachbefund habe ergeben, dass das linke Bein befundlos gewesen sei.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.8.2024 i.V.m. dem Beschluss vom 23.9.2024, 29 U 33/24, PM 60/24

Recht auf Sonderparkplatz: Gehbehinderter Anwohner: Stadt muss „Behindertenparkplatz“ einrichten

Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hat jetzt die Stadt Gelsenkirchen verpflichtet, einen sogenannten „Behindertenparkplatz“ vor der Wohnung eines schwerbehinderten Mannes einzurichten.

Kläger hatte außergewöhnliche Gehbehinderung

Der 77-jährige Kläger ist schwerbehindert mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Für derart eingeschränkte Personen sieht die Straßenverkehrsordnung (hier: § 45 Abs. 1 b) Nr. 2 StVO) die Möglichkeit vor, einen sogenannten „Behindertenparkplatz“ auszuweisen. In der unmittelbaren Nähe zur Wohnung kann dies auch personenbezogen („Mit Ausweis Nr…“) erfolgen.

Voraussetzung ist allerdings neben dem Umstand, dass in dem Bereich nicht ausreichend freie Parkplätze auf der öffentlichen Straße vorhanden sind und dass die betroffene Person keine anderweitige Möglichkeit zum Abstellen außerhalb des öffentlichen Straßenraums hat etwa eine Garage oder Stellplatz auf dem Grundstück. Zwar verfügt das Haus des Klägers über eine Garage. Der Kläger hat aufgrund seiner Behinderung jedoch keine Möglichkeit, von der im Keller gelegenen Garage in seine Wohnung zu kommen, da er weder die Zufahrtsrampe noch eine im Gebäude befindliche schmale und steile Treppe bewältigen kann. Er kann deshalb die Garage nicht nutzen. Auch die Zufahrt zur Garage ist nicht dazu geeignet, das Fahrzeug abzustellen, da sie zu steil und zu schmal ist.

So sah es die beklagte Stadt

Die beklagte Stadt Gelsenkirchen verwies den Kläger darauf, sein Fahrzeug parallel zur Fahrbahn auf der Straße vor der Garageneinfahrt abzustellen. Aufgrund des vor der Einfahrt nach den allgemeinen Vorschriften der StVO geltenden Parkverbots dürfe außer ihm niemand dort parken.

So sah es das Verwaltungsgericht

Dieser Auffassung konnte sich das VG nicht anschließen. Unabhängig davon, ob der vom Parkverbot erfasste Platz für das Abstellen eines Pkw ausreichen würde (die eigentliche Einfahrt ist nur 3m breit), darf im konkreten Fall auch der Kläger nicht vor seiner Einfahrt parken. Denn für die Zufahrt ist der Bordstein abgesenkt, sodass dort ein generelles Parkverbot gilt, das auch den Inhaber der Garage erfasst. Dieses Parkverbot dient nämlich nicht nur der Sicherung der Zufahrtsmöglichkeit zur Garage, sondern auch dem Interesse gehbehinderter Menschen daran, den Gehweg etwa zum Überqueren der Straße verlassen zu können. Der Kläger muss sich daher nach Auffassung des VG nicht darauf verweisen lassen, dass die Stadt die durch ihn begangene Ordnungswidrigkeit nicht verfolgt. Ihm steht aufgrund der Umstände des Einzelfalls vielmehr ein Anspruch auf die Ausschilderung eines „rechtssicheren“ Sonderparkplatzes zu.

Quelle: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5.11.2024, 14 K 1401/24, PM vom 7.11.2024

Mitverschulden: Vollbremsung: Im Linienbus besser festhalten

Jeder Fahrgast ist verpflichtet, sich in einem Linienbus festzuhalten. Diesen Grundsatz hat das Amtsgericht (AG) München jetzt noch einmal bekräftigt.

Bus machte Vollbremsung

Der zum Unfallzeitpunkt 76-jährige Kläger fuhr als Fahrgast in einem Busanhänger eines Busses . Das Busgespann fuhr auf der Rechtsabbiegespur auf eine rote Ampel zu, als ein PKW kurz vor diesem auf dieselbe Abbiegespur wechselte, weshalb der Busfahrer eine Vollbremsung durchführte.

Der Kläger behauptete, er sei hierdurch gestürzt und habe Prellungen im Bereich der Brustwirbelsäule und des Beckens erlitten, zudem sei sein Daumensattelgelenk überdehnt worden. Er habe vier Wochen unter Schmerzen gelitten und sei bis heute nicht beschwerdefrei. Vor dem AG verklagte er den Fahrer des überholenden PKW sowie dessen Versicherung auf Zahlung von 2.000 Euro Schmerzensgeld sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Vollständiges Mitverschulden des Fahrgasts

Das AG wies die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme ab. Es ging zwar davon aus, dass die Fahrweise des beklagten PKW-Fahrers zum Sturz des Klägers beigetragen habe und dass die StVO ihm für den Spurwechsel ein Höchstmaß an Sorgfaltspflicht auferlege, gegen die er verstoßen habe. Die Haftung des PKW-Fahrers sei jedoch aufgrund des vollständigen Mitverschuldens des Klägers ausgeschlossen. Denn jeder Fahrgast sei verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Dies diene dem Schutz der Fahrgäste.

Die klägerseits eingenommene stehende Position war nicht geeignet, um bei einer Bremssituation gesichert zu sein. Vorliegend zeigte nämlich ein Video der Businnenkamera, dass der Kläger sich lediglich mit der linken Hand an dem Handlauf festhielt und seine rechte Hand auf dem mitgeführten Einkaufstrolley ruhte. Die Stabilisierung mit der linken Hand sei zu schwach, um ruckartige Bremsungen auszugleichen. Der Trolley biete keinen Halt, da er selbst bei der Vollbremsung herumgewirbelt wird, wie auf dem Video zu sehen sei. Der Trolley stellte eher eine Behinderung dar, weil der Kläger ihn auch während des Sturzes nicht losließ und sich daher auch mit der rechten Hand keinen festen Halt suchte.

Weitere Fahrgäste kamen nicht zu Fall

Dies zeige sich auch daran, dass keine anderen Passagiere im Rahmen der Vollbremsung stürzten, soweit auf den eingesehenen Videos der Businnenkamera zu sehen ist. Vielmehr hielt sich z. B. eine ältere Dame, die einen der Sitzplätze direkt hinter dem Kläger belegt hatte, an der dortigen Stange fest und rutschte (im Gegensatz zu ihrer Tasche) nicht von ihrem Sitz.

So sei dem Kläger auch aufgrund seines Alters und des Mitführens des Trolleys vorzuwerfen, dass er sich nicht hingesetzt hat. Wie auf dem Video zu sehen sei, waren ausreichend Sitzplätze vorhanden, auch wenn der Kläger das Gegenteil behauptete. Direkt hinter dem Kläger sei z. B. ein Sitzplatz frei gewesen, der überdies eine Haltestange zum Festhalten geboten hätte.

Vollbremsung nicht überraschend

Es habe sich hier auch nicht um eine völlig überraschende wenn auch heftige Vollbremsung gehandelt, da im Stadtverkehr regelmäßig mit heftigen Bremsungen gerechnet werden müsse. Hinzu komme, dass der Bus unstreitig bereits ca. 50 m vorher leicht gebremst hatte, wodurch der Kläger hätte feststellen können, dass seine Position ihm einen ungenügenden Halt verschaffte.

Quelle: AG München, Urteil vom 18.10.2024, 338 C 15281/24, PM 35/24

Sorgfaltspflichtverletzung: Verurteilung von zwei Lehrkräften nach Tod einer Schülerin auf einer Studienfahrt rechtskräftig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revisionen zweier Angeklagter gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Mönchengladbach verworfen, mit dem sie jeweils wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu Geldstrafen von 180 Tagessätzen verurteilt worden sind.

Nach den vom LG getroffenen Feststellungen nahm die später verstorbene, damals 13-jährige und an Diabetes mellitus Typ I erkrankte Schülerin E. an einer mehrtägigen, klassen- und jahrgangsübergreifenden Studienfahrt ihrer Schule nach London teil. Die beiden Angeklagten, die an der Schule als Lehrkräfte unterrichteten, waren gleichberechtigt für die Organisation und Durchführung der Fahrt zuständig. Ihnen war weder die später Verstorbene noch deren Erkrankung bekannt. Sie nahmen keinen Einblick in die Schulakten, in denen die Erkrankung der Schülerin vermerkt war, informierten sich hierüber nicht bei den damaligen Klassen- und Fachlehrern und fragten chronische Vorerkrankungen nicht schriftlich ab. E. erbrach sich in London mehrfach, klagte über Kopfschmerzen und Übelkeit, war müde und körperlich geschwächt. Obwohl zwei Mitschülerinnen die beiden Angeklagten mehrfach auf den fortdauernd schlechten Gesundheitszustand von E. hinwiesen, hielten diese keine Nachschau. E. verstarb noch in London an einem Herzinfarkt in Folge einer schweren diabetischen Stoffwechselentgleisung.

Die durch die Sachrügen der Angeklagten veranlasste Überprüfung des Urteils durch den BGH hat einen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil nicht erkennen lassen. Das LG hat insbesondere rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Angeklagten gegen die ihnen obliegende Sorgfalt objektiv und subjektiv verstießen. Die erhobenen Verfahrensrügen sind ebenfalls erfolglos geblieben. Das Verfahren ist damit rechtskräftig abgeschlossen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 18.12.2024, 3 StR 292/24, PM 6/25

Gewaltschutzgesetz: Widerspricht die Teilnahme an einer größeren WhatsApp-Gruppe dem Kontaktverbot?

Ob ein Partner trotz Kontaktverbots nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) an einer WhatsApp-Gruppe teilnehmen darf, der auch seine frühere Lebensgefährtin angehört, hängt von der Größe der Gruppe ab. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm.

Annäherung mittels Fernkommunikationsmitteln untersagt

Gegenüber dem ehemaligen Lebensgefährten einer Frau bestand ein Näherungs-, Abstands- und Kontaktverbot nach dem GewSchG. Er durfte sich mit dieser danach auch nicht mittels Fernkommunikationsmitteln in Verbindung setzen. Die Frau wandte sich gerichtlich u. a. dagegen, dass der Mann eine WhatsApp-Nachricht „Da kann sie wieder lachen“ in eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe einer Laufgruppe abgesetzt hatte. Das AG sah darin einen Verstoß gegen o. g. Verbot. Dieses umfasse jede Kommunikation mit der Frau über soziale Medien.

Das OLG widersprach dem AG. Es sei vielmehr zwischen kleinen und größeren WhatsApp-Gruppen zu differenzieren. Im konkreten Fall verneinte es daher einen Verstoß gegen das Kontaktverbot und stellte fest, dass nicht generell ein Verstoß gegen das Kontaktverbot angenommen werden kann, wenn etwas in einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe gepostet wird. Jenseits persönlich an die verletzte Person gerichteter Nachrichten sei vielmehr danach zu differenzieren, ob es sich um Gruppen von drei bis vier Teilnehmern handelt, oder um eine größere Gruppe.

So sind größere WhatsApp-Gruppen zu beurteilen

Bei größeren Gruppen trete die mit einem Post stets auch verbundene persönliche Ansprache des einzelnen Mitglieds meist so in den Hintergrund, dass ein grundsätzliches Verbot, Nachrichten an die Gruppe zu schicken, zum Schutz vor Nachstellungen und Belästigungen nicht erforderlich ist. Würde man alle Aktivitäten in einer WhatsApp-Gruppe verbieten, würde die Handlungsfreiheit des Betroffenen zu sehr eingeengt. Das OLG hob hervor, dass der Mann hier die Frau auch nicht persönlich angesprochen hatte.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 24.9.2024, 13 WF 105/24