Erneuerbare Energien: Denkmalschutz steht Solaranlagen regelmäßig nicht entgegen
Die Eigentümerin eines Wohnhauses hat ebenso, wie die Eigentümerin eines Baudenkmals, einen Anspruch auf eine denkmalrechtliche Erlaubnis für die Installation von Solaranlagen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in zwei Grundsatzurteilen zum nordrhein-westfälischen Denkmalrecht entschieden. Es hat darauf verwiesen, dass bei der Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden regelmäßig das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien die Belange des Denkmalschutzes überwiegt.
Eigentümerin eines Einfamilienhauses
Die Eigentümerin eines Einfamilienhauses in einer Siedlung in Düsseldorf, für die eine Denkmalbereichssatzung gilt, möchte auf einer aus dem Straßenraum teilweise einsehbaren Dachfläche ihres Hauses eine Solaranlage errichten. Die Stadt Düsseldorf lehnte es ab, die dafür nach dem Denkmalschutzgesetz NRW erforderliche Erlaubnis zu erteilen. Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf verpflichtete die Stadt auf die Klage der Eigentümerin, die Genehmigung zu erteilen.
Eigentümerin eines Baudenkmals
Demgegenüber bestätigte das VG Arnsberg in dem zweiten Fall die Entscheidung der Stadt Siegen, die der Klägerin eine denkmalrechtliche Erlaubnis für eine Solaranlage auf der weithin sichtbaren Dachfläche versagt hatte. Hierbei geht es um ein Wohngebäude, das als ehemalige Schule als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Siegen eingetragen ist.
So sah es das Oberverwaltungsgericht
In beiden Fällen waren Solarmodule in einer denkmalschonenden Ausgestaltung gewählt worden. Nach der Entscheidung des OVG können nun beide Denkmaleigentümer die denkmalrechtliche Erlaubnis beanspruchen.
Offentliches Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien versus Denkmalschutz
Das OVG: Das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien überwiegt in beiden Fällen die Belange des Denkmalschutzes. Nach einer im Juli 2022 in Kraft getretenen Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist, die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Diese Vorgabe, für die dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zukommt, beeinflusst auch das nordrhein-westfälische Denkmalschutzrecht. In die weiterhin erforderliche Abwägung zwischen den denkmalschutzrechtlichen Belangen und dem Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien sind letztere als regelmäßig vorrangiger Belang einzustellen. Nur, wenn besondere Umstände des Denkmalschutzes der Errichtung von Solaranlagen entgegenstehen, darf die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis ausnahmsweise versagt werden.
Bei der Prüfung, ob solche besonderen Umstände vorliegen, kommt es auf die Gründe an, aus denen die denkmalrechtliche Unterschutzstellung erfolgt ist.
Wohnhaus: keine wesentlichen optischen Nachteile
In dem Düsseldorfer Fall wird durch die beantragte Solaranlage auf der straßenabgewandten Dachfläche nicht in einem Maß in das denkmalwerte einheitliche äußere Erscheinungsbild der Siedlung eingegriffen, dass ausnahmsweise die Erlaubnis zu versagen wäre. Dass die Solaranlage aus dem öffentlichen Straßenraum sichtbar ist, reicht dafür grundsätzlich nicht aus. Hier sind die in die bestehende Dachstruktur eingefügten und in der Farbe angepassten Solarpaneele zudem nur am Rande, in zweiter Reihe und nur in Teilausschnitten wahrnehmbar. Die betroffene Dachfläche liegt auch nicht in einer der von der Satzung geschützten Sichtachsen und beeinträchtigt die rheinseitige Silhouette der Siedlung nicht.
Ehemalige Schule: Erscheinungsbild des Baukörpers nicht wesentlich geändert
Bei der ehemaligen Schule in Siegen werden die denkmalwertbegründenden Eigenschaften des Gebäudes durch die Solaranlage schon nicht beeinträchtigt. Für die Eintragung als Baudenkmal hat zwar der vorhandene Dachreiter, nicht aber die Dachfläche und ihre Gestaltung eine Rolle gespielt. In das geschützte Erscheinungsbild des Baukörpers als Kapellenschule wird durch die Solaranlage nicht eingegriffen. Ein Ausnahmefall, in dem der Denkmalschutz überwiegt, wäre bei dem konkreten Vorhaben selbst dann nicht gegeben, wenn die Schieferdachfläche als auch denkmalwertbegründend angesehen würde.
Quelle: OVG Münster, Urteile vom 27.11.2024, 10 A 2281/23 und 10 A 1477/23, PM vom 27.11.2024