Arbeitgeber: Steuerfreie Zuschläge: Häusliche Arbeit versus Arbeit nach dem Heimarbeitsgesetz

Bei Lohnsteuer-Außenprüfungen stoßen Prüfer immer häufiger auf Sachverhalte, in denen der Arbeitgeber im Rahmen einer Gehaltsumwandlung den Grundlohn abgesenkt und einen nach § 3 Nr. 30 und Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Heimarbeiterzuschlag zur Abgeltung der mit der Heimarbeit verbundenen Aufwendungen (z. B. für Miete, Heizung und Beleuchtung der Arbeitsräume) bezahlt hat. Hier ist Vorsicht geboten: Denn in vielen Fällen sind die Voraussetzungen für den steuerfreien Heimarbeiterzuschlag nach dem Heimarbeitsgesetz (HAG) nicht erfüllt.

Informationen zum Heimarbeiterzuschlag enthält vor allem die Lohnsteuerrichtlinie 9.13. Hier heißt es in Abs. 2: „Lohnzuschläge, die den Heimarbeitern zur Abgeltung der mit der Heimarbeit verbundenen Aufwendungen neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind insgesamt aus Vereinfachungsgründen nach § 3 Nr. 30 und 50 EStG steuerfrei, soweit sie 10 % des Grundlohns nicht übersteigen.“

Beachten Sie: Die im Einkommensteuergesetz geregelte Steuerfreiheit gilt allerdings nur für Heimarbeiter i. S. des § 2 Abs. 1 HAG. Die steuerfreien Zuschläge können also nicht von Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden, die ihre Tätigkeit seit der Coronapandemie (teilweise) im Homeoffice ausüben.

Quelle: R 9.13 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien; § 2 Heimarbeitsgesetz

Grundsteuer im Bundesmodell: Verfassungsmäßigkeit noch ungeklärt, aber erste höchstrichterliche Zweifel

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden. Danach müssen Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Weil deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt.

Steuerpflichtige vor Finanzgericht erfolgreich

In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Bundesmodells ergangen, das in mehreren Bundesländern (z. B. in Nordrhein-Westfalen) Anwendung findet.

Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als einheitlichem Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen Vorschriften enthalten nicht zuletzt wegen der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten zahlreiche Typisierungen und Pauschalierungen.

Bundesfinanzhof: Beschwerden des Finanzamts zurückgewiesen

Das FG hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die dagegen erhobenen Beschwerden des Finanzamts hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit in Bezug auf Grundsteuerwerte

Nach Ansicht des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Denn die Steuerpflichtigen müssen bei einer Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit haben, einen niedrigeren Wert nachzuweisen auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich geregelt hat.

Übermaßverbot ist zu berücksichtigen

Der Gesetzgeber verfügt gerade in Massenverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot kann aber verletzt sein, wenn sich der Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Dies setzt nach der Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt und dies war infolge der Besonderheiten in den Streitfällen nicht auszuschließen.

Beachten Sie: Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit nicht verbunden. Es handelt sich bisher lediglich um Beschlüsse im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens.

Quelle: BFH, Beschlüsse vom 27.5.2024, II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV); PM Nr. 26/24 vom 13.6.2024

Vermieter: Erneuerung der Heizungsanlage: Kein Vorsteuerabzug bei einer Wohnraumvermietung

Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Die Quintessenz aus dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH): Der Vermieter kann für die Heizungsanlage keinen Vorsteuerabzug beanspruchen.

Hintergrund: Nach dem Umsatzsteuergesetz (hier: § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UstG) ist der Vorsteuerabzug für Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

Das Finanzgericht (FG) Münster hatte den Streitfall noch anders beurteilt und auf getrennte Leistungen abgestellt, nämlich einerseits steuerfreie Vermietungsleistungen und andererseits steuerpflichtige Energielieferungen.

Der BFH lehnte den vom Vermieter begehrten Vorsteuerabzug aus dem Heizungsaustausch aber bereits deshalb ab, weil der Vermieter dort entsprechend den mietrechtlichen Rahmenbedingungen die Gestellung einer Wohnung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch d. h. einschließlich der Gestellung warmen Brauchwassers schuldete und die diesbezüglichen Zahlungen nicht als dem Mieter gesondert berechenbare Betriebskosten i. S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 556 BGB) anzusehen waren.

Quelle: BFH, Urteil vom 7.12.2023, V R 15/21

Direktversicherung: Kapitalauszahlung einer Rente: keine ermäßigte Besteuerung

Die Auszahlung einer Direktversicherung nach Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kapitalwahlrechts unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster ist allerdings die Revision anhängig.

Das war geschehen

Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige mit ihrem damaligen Arbeitgeber die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in Beiträge zu einer Direktversicherung nach dem Betriebsrentengesetz vereinbart. Daraufhin schloss der Arbeitgeber für die Steuerpflichtige eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Es sollte eine lebenslange monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen.

Im Streitjahr 2019 übte die Steuerpflichtige das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 Euro. Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos.

Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können als außerordentliche Einkünfte in Betracht kommen, die ermäßigt zu besteuern sind (Fünftel-Regelung). Da es im Streitfall aber an dem Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit fehlte, kam keine ermäßigte Besteuerung in Betracht.

Höchstrichterliche Rechtsprechung

Im Hinblick auf die Kapitalauszahlung von Renten kam es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausschließlich auf die vertragliche Vereinbarung an (keine ermäßigte Besteuerung, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war). In späteren Entscheidungen hat es der BFH jedoch vielmehr für maßgeblich gehalten, ob das Kapitalwahlrecht nur in atypischen Einzelfällen tatsächlich ausgeübt wird, wofür statistisches Material ausgewertet werden muss.

Bundesfinanzhof ist erneut gefragt

Vor diesem Hintergrund hat das FG Münster nun die Revision mit folgendem Wortlaut zugelassen: „Dem Bundesfinanzhof ist Gelegenheit zu geben, über die Ausschärfung der Kriterien zur Bestimmung der Atypik bei Kapitalauszahlungen von Renten erneut zu entscheiden, da er bei seinen bisherigen Entscheidungen (irrtümlich) davon ausgegangen ist, dass statistisches Material über die Häufigkeit der Ausübung von Kapitalwahlrechten verfügbar ist.“

Beachten Sie: Da die Steuerpflichtige die Revision eingelegt hat, können geeignete Fälle mit einem Einspruch bis zur Entscheidung des BFH offengehalten werden.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 24.10.2023, 1 K 1990/22 E

Keine Werbungskosten: Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts

Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts sind privat veranlasste Aufwendungen und keine (vorweggenommenen) Werbungskosten bei den späteren Unterhaltseinkünften i. S. des Einkommensteuergesetzes (hier: § 22 Nr. 1a EStG). Mit dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof (BFH) der anderslautenden Sichtweise des Finanzgerichts (FG) Münster (Vorinstanz) widersprochen. |

Hintergrund: Beim begrenzten Realsplitting kann der Unterhaltsverpflichtete die Unterhaltszahlungen bis zu 13.805 Euro im Jahr (zuzüglich der aufgewandten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Basisversorgung) als Sonderausgaben abziehen. Dies bedarf allerdings der Zustimmung des Unterhaltsberechtigten, der die Unterhaltszahlungen seinerseits als sonstige Einkünfte versteuern muss.

Erst durch den Antrag und die Zustimmung werden Unterhaltsleistungen in den steuerrelevanten Bereich überführt. Die Umqualifizierung markiert die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen; zuvor verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers stellen keine Werbungskosten dar.

Beachten Sie: Der BFH hat den Streitfall an das FG Münster zurückverwiesen. Dieses muss nun klären, ob ggf. außergewöhnliche Belastungen vorliegen. Es besteht zwar ein Abzugsverbot für Prozesskosten (§ 33 Abs. 2 S. 4 EStG). Dieses greift aber nicht, wenn die Existenzgrundlage oder lebensnotwendige Bedürfnisse des Steuerpflichtigen betroffen sind.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.10.2023, X R 7/20

Höchstrichterliche Rechtsprechung: Betriebsveranstaltungen: Neues zur Lohnsteuerpauschalierung

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die pauschale Besteuerung (Steuersatz i. H. von 25 %) für Betriebsveranstaltungen auch für Veranstaltungen zulässig, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen. Nicht so erfreulich ist dagegen ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die verspätete Pauschalbesteuerung nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führt.

Hintergrund: Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen gemäß Einkommensteuergesetz (hier: § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG) zu Arbeitslohn.

Soweit die Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie jedoch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 und S. 4 EStG).

Urteil des Bundesfinanzhofs

Ungeklärt war bislang die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Kreis (beispielsweise Vorstands- und Führungskräftefeiern) vorliegt.

Beachten Sie: In diesen Fällen kann zwar kein Freibetrag i. H. von 110 Euro gewährt werden, aber es wäre eine Lohnsteuerpauschalierung (nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) mit 25 % möglich.

Auch bei eingeschränktem Kreis: Betriebsveranstaltung

Diese Frage hat der BFH im Gegensatz zur Vorinstanz nun zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Definition im Einkommensteuergesetz (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EstG) kann eine Betriebsveranstaltung auch vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Und da diese Definition dem Tatbestandsmerkmal „Betriebsveranstaltung“ (gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EstG) entspricht, ist eine pauschale Besteuerung möglich.

Urteil des Bundessozialgerichts

Im Streitfall des BSG ging es auch um Betriebsveranstaltungen und zwar um die Frage, welche Folgen eine verspätete Lohnsteuerpauschalierung für die Sozialversicherung hat.

Das war geschehen

Ein Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten am 5.9.2015 ein Firmenjubiläum. Am 31.3.2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 Euro die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund 60.000 Euro nach und zwar zu Recht, wie das BSG entschieden hat (die gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen wurden aufgehoben).

Aufwendungen von mehr als 110 Euro je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.

Pauschalversteuerung erfolgte zu spät

Es kommt entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden musste.

Beachten Sie: Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertreten im Besprechungsergebnis vom 20.4.2016 (TOP 5) die Auffassung, dass eine nachträgliche Pauschalbesteuerung nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung geltend gemacht werden kann, also längstens bis zum 28.2. des Folgejahrs. Dem hat sich das BSG nun im Ergebnis angeschlossen.

Quelle: BFH, Urteil vom 27.3.2024, VI R 5/22

Außergewöhnliche Belastungen: Präimplantationsdiagnostik: Aufwendungen sind anzuerkennen

Aufwendungen einer gesunden Steuerpflichtigen für eine durch eine Krankheit des Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein. So lautet eine steuerzahlerfreundliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Hintergrund: Bei der PID handelt es sich um ein genetisches Diagnoseverfahren zur vorgeburtlichen Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials, die eine Fehl- oder Totgeburt verursachen bzw. zu einer schweren Erkrankung eines lebend geborenen Kindes führen können. Es erfolgt eine zielgerichtete genetische Analyse von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.

Das war geschehen

Bei dem Partner der Steuerpflichtigen lag eine chromosomale Translokation vor. Aufgrund dieser Chromosomenmutation bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leidet und unter Umständen nicht lebensfähig ist. Daher wurde eine PID durchgeführt. Der Großteil der hierfür notwendigen Behandlungen betraf die Steuerpflichtige, die den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen beantragte.

Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Behandlungskosten ab. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen gab der Klage hinsichtlich der von der Steuerpflichtigen selbst getragenen Aufwendungen hingegen statt.

Bundesfinanzhof: zwangsläufig entstandene Aufwendungen

Der BFH bestätigte nun die Vorentscheidung. Die Aufwendungen für die Behandlung der Steuerpflichtigen sind zwangsläufig entstanden, weil die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Wegen der biologischen Zusammenhänge konnte (anders als bei anderen Erkrankungen) durch eine medizinische Behandlung allein des erkrankten Partners keine Linderung der Krankheit eintreten. Daher steht der Umstand, dass die Steuerpflichtige selbst gesund ist, der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen.

Auch auf den Familienstatus kam es nicht an

Unschädlich war auch, dass die Steuerpflichtige und ihr Partner nicht verheiratet waren und schließlich war auch das Erfordernis der Übereinstimmung der vorgenommenen Behandlungsschritte mit gesetzlichen Vorschriften (insbesondere dem Embryonenschutzgesetz) erfüllt.

Beachten Sie: Außergewöhnliche Belastungen wirken sich nur steuermindernd aus, wenn sie die im Einkommensteuergesetz (hier: § 33 Abs. 3 EstG) festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei u. a. vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab.

Quelle: BFH, Urteil vom 29.2.2024, VI R 2/22

Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungssteuer fällt unter die 1.000 Euro-Grenze

Im Rahmen einer inländischen doppelten Haushaltsführung ist der Werbungskostenabzug von Unterkunftskosten auf 1.000 Euro monatlich beschränkt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass unter diesen Höchstbetrag auch eine für die Wohnung am Beschäftigungsort zu entrichtende Zweitwohnungssteuer fällt.

Hintergrund: Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). In diesen Fällen können Arbeitnehmer Unterkunftskosten bis maximal 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten abziehen.

Das war geschehen

Eine Arbeitnehmerin hatte an ihrem Tätigkeitsort in München eine Zweitwohnung gemietet. Die hierfür in den Streitjahren entrichtete Zweitwohnungssteuer i. H. von 896 Euro bzw. 1.157 Euro machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung i. H. von jeweils mehr als 12.000 Euro als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem Höchstbetrag von 12.000 Euro an. Die Zweitwohnungssteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte es nicht.

Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Der BFH hat die Vorentscheidung nun aber aufgehoben.

Was der Höchstbetrag umfasst und was nicht

Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie beispielsweise Miete, Betriebskosten sowie Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft; nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden.

Die Zweitwohnungssteuer ist Aufwand für die Nutzung der Unterkunft und unterfällt daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung.

Das Entstehen der Zweitwohnungssteuer knüpft maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der Hauptwohnung und so an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche Aufwandsteuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) ihre Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen) erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt.

Beachten Sie: Der BFH hat damit die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Noch nicht höchstrichterlich entschieden und derzeit beim BFH anhängig ist die Frage, wie Kosten für einen separat angemieteten Stellplatz zu behandeln sind.

Quelle: BFH, Urteil vom 13.12.2023, VI R 30/21

Elterngeld: Neuregelungen für Geburten ab 1.4.2024

Für Geburten ab dem 1.4.2024 gilt eine neue Einkommensgrenze, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt. Zudem werden die Möglichkeiten für einen parallelen Bezug von Elterngeld neu gestaltet. Antworten auf wichtige Fragen gibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Quelle: BMFSFJ, „Neuregelungen beim Elterngeld für Geburten ab 1. April 2024“ vom 28.3.2024, abrufbar unter https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen/neuregelungen-beim-elterngeld-fuer-geburten-ab-1-april-2024-228588

Energetische Gebäudesanierung: Zeitpunkt der Steuerermäßigung bei Ratenzahlung

Zum 1.1.2020 wurde mit § 35c Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Diese komplexe Regelung weist jedoch einige Fragen auf, die das Bundesfinanzministerium (BMF) in einem Schreiben teilweise beantwortet hat. Nun ist nach einem vorinstanzlichen Urteil des Finanzgerichts (FG) München ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zum Heizungstausch anhängig, in dem es darum geht, ob die Steuerermäßigung erst ab der vollständigen Begleichung der Rechnung in Betracht kommt.

Hintergrund: Begünstigte Aufwendungen/Maßnahmen sind u. a. die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken sowie die Erneuerung der Fenster, Außentüren oder der Heizungsanlage.

Je begünstigtem Objekt beträgt der Höchstbetrag der Steuerermäßigung 40.000 Euro, wobei die Ermäßigung nach der Maßgabe des § 35c Abs. 1 EStG über drei Jahre verteilt wird.

Das war geschehen

Die Steuerpflichtigen ließen 2021 eine neue Heizungsanlage in ihrem selbstgenutzten Gebäude einbauen. Zur Begleichung der Rechnung wurde eine monatliche Ratenzahlung für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart. Fraglich ist nun, ob ein Abschluss der energetischen Maßnahmen bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage (hier im Jahr 2021) oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags (voraussichtlich im Jahr 2024) vorliegt.

Voraussetzungen für die Steuerermäßigung

Das BMF hat in seinem Schreiben vom 14.1.2021 in der Rn. 43 ausgeführt, dass die Steuerermäßigung erstmalig in dem Veranlagungszeitraum zu gewähren ist, in dem die energetische Maßnahme abgeschlossen wurde. Voraussetzung ist, dass mit der Durchführung der energetischen Maßnahme nach dem 31.12.2019 begonnen wurde und diese vor dem 1.1.2030 abgeschlossen ist.

Die energetische (Einzel-)Maßnahme ist dann abgeschlossen, wenn

  • die Leistung tatsächlich erbracht (vollständig durchgeführt) ist,
  • der Steuerpflichtige eine Rechnung (Schlussrechnung) erhalten und
  • den Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers eingezahlt hat.

Die Erledigung unwesentlicher Restarbeiten, die für die tatsächliche Reduzierung von Emissionen nicht hinderlich sind, ist unschädlich. Auch, soweit bei einer mehrteiligen Maßnahme für einzelne Teilleistungen Teilrechnungen erstellt und diese beglichen wurden, wird die Steuerermäßigung abweichend vom Abflussprinzip erst ab dem Veranlagungszeitraum des Abschlusses der energetischen Maßnahme gewährt, so das BMF.

Beachten Sie: Da die Revision gegen die Entscheidung anhängig ist, wird nun der BFH entscheiden. Bis dahin können geeignete Fälle mit einem Einspruch offengehalten werden.

Quelle: FG München, Urteil vom 8.12.2023, 8 K 1534/23, Rev. BFH: IX R 31/23; BMF, Schreiben vom 14.1.2021, IV C 1 – S 2296-c/20/10004 :006