Testamentsklausel: Macht angedrohte Enterbung das Testament sittenwidrig?

In Testamenten wird als „Druckmittel“ auch schon einmal eine Enterbung angedroht. Wie dies zu bewerten ist, hat nun das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden.

Bei Heirat: Enterbung

Der spätere Erblasser errichtete 2016 ein handschriftliches Testament, in dem er seine beiden Söhne A und B zu Erben bestimmte. Weiter ist in dem Testament bestimmt: „Sollte mein Sohn A seine Lebensgefährtin X heiraten, wird er enterbt.“ A ist seit 2018 mit der Lebensgefährtin verheiratet. Nach dem Tod des Erblassers beantragte B die Erteilung eines Alleinerbscheins. Er ist der Ansicht, durch die Heirat des A sei die Bedingung im Testament eingetreten und der A enterbt worden.

Dem ist A entgegengetreten. Er ist der Ansicht, es handele sich insoweit um eine sittenwidrige Bedingung. Dem ist das OLG allerdings nicht gefolgt.

Von der Testierfreiheit gedeckt

Das OLG: Die Klausel sei nicht sittenwidrig, sondern im Rahmen der Testierfreiheit des Erblassers hinzunehmen. Es sei zu berücksichtigen, dass der durch die Bedingung auf den A einwirkende im Folgenden unterstellte Druck von geringem Gewicht sei, da er nicht aus dem Testament selbst herrührt, sondern der Ankündigung des Erblassers entspringt, ihn für den Fall der Hochzeit mit der Lebensgefährtin zu enterben.

Dieses Verhalten mag moralisch missbilligt werden, macht das Testament aber nicht sittenwidrig. Hätte der Erblasser wie geschehen testiert, dies aber dem Sohn A nicht mitgeteilt, wäre ausgeschlossen, dass die Klausel Druck auf diesen im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung ausgeübt hätte, jedenfalls zu Lebzeiten des Erblassers. Anknüpfungspunkt für die Sittenwidrigkeitsprüfung ist mithin die bloße Äußerung des Erblassers.

Hinzu komme, dass der potenzielle Erbe in Fällen der vorliegenden Art in aller Regel weiß, dass er durch „Wohlverhalten“ zwar etwas gewinnen kann, aber bei „Zuwiderhandlungen“ nichts verliert, hat er doch auf eine über seinen Pflichtteil hinausgehende Beteiligung am Nachlass keinen Anspruch. Der Erblasser hätte den A nach dessen Heirat schlicht enterben können.

Quelle: OLG München, Beschluss vom 23.9.2024, 33 Wx 325/23 e

Schadenersatzforderung: Trotz Anspruch auf Kita-Platz: Gemeinde haftet nicht für private Betreuungskosten

Eine Gemeinde ist nicht ohne Weiteres zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie den Anspruch auf einen Kita-Platz nicht erfüllen kann. Bevor die Eltern die Kosten für eine anderweitige Betreuung ihrer Kinder erstattet bekommen, müssen sie vor dem Verwaltungsgericht (VG) auf Zuweisung des Kita-Platzes klagen. Der Anspruch auf Kostenerstattung durch die Gemeinde setzt nämlich voraus, dass alle Rechtsschutzmittel auf Zuteilung eines Kita-Platzes erfolglos ausgeschöpft sind. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Die auf Zahlung von Schadenersatz gerichtete Klage einer jungen Mutter gegen die Stadt Ludwigshafen hat das LG abgewiesen.

Kita-Platz erst gute zwei Jahre später erhalten

Im konkreten Fall beantragten die Eltern im Mai 2020 für ihr im selben Monat geborenes Kind einen Kitaplatz ab Mai 2021. Die Stadt übermittelte eine Anmeldebestätigung, in der eine Rückmeldung angekündigt wurde. Die blieb zunächst aber aus. Erst im April 2023 erhielt die Familie die Mitteilung, dass dem Kind ab September 2023 ein Betreuungsplatz zugewiesen wurde. Die Mutter verlangte von der Stadt Ersatz für die ihr zwischenzeitlich entstandenen privaten Betreuungskosten. Sie und ihr Ehemann seien auf die Betreuung ihrer Tochter angewiesen gewesen und hätten Tagesmütter bezahlen müssen.

Eltern hätten handeln müssen

Das LG wies die Klage ab. Das Elternpaar habe es vorwerfbar unterlassen, seinen Kita- Anspruch im Eilverfahren vor dem VG durchzusetzen.

Die Pflicht der Gemeinde zum Schadenersatz sei dem primären Ziel untergeordnet, rechtzeitig einen Kita-Platz zu bekommen. Es bestehe deshalb kein Wahlrecht der Eltern, entweder den Kita-Platz einzuklagen oder aber zu dulden, dass dieser verweigert werde und dafür eine Geldzahlung zu verlangen. Erst bei erfolgloser Klage auf den Kita-Platz bestehe eine Aussicht auf die Erstattung von Betreuungskosten. Diese seien zudem vor den VG geltend zu machen.

Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 19.9.2024, 3 O 313/23, PM vom 31.10.2024

Grobe Unbilligkeit: Versorgungsausgleich gefährdet, wenn Ehegatte absprachewidrig das Konto nutzt

„Plündert“ eine Ehefrau alle gemeinschaftlichen Konten, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein, während ihr Ehemann nach einem schweren Schlaganfall arg- und wehrlos in einer Reha-Klinik liegt, können Ansprüche des plündernden Ehegatten auf Versorgungsausgleich ausgeschlossen sein. So entschied es das Kammergericht (KG) Berlin.

So argumentierte die Ehefrau

Die Ehefrau hatte gemeint, sie werde doppelt bestraft, weil sie zivilrechtlich die vom Konto erlangten Gelder zurückzahlen müsse und gleichzeitig keinen Versorgungsausgleich erhalte.

Das Kammergericht blieb hart

Das ließ das KG nicht gelten. Die Ansprüche stünden nebeneinander und würden nicht miteinander verrechnet.

Nach dem Versorgungsausgleichsgesetz (hier: § 27 VersAusglG) findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Eine grobe Unbilligkeit liegt dabei vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in unerträglicher Weise widerspricht. Das bejahte das KH hier. Denn die Ehefrau hatte das Vermögen für sich, statt wie verabredet für die gemeinsame Alterssicherung verwandt.

Quelle: KG Berlin, Beschluss vom 7.3.2024, 16 UF 112/23

Ehegattennachzug: Keine Verkürzung der Trennungszeit durch Sicherung von Lebensunterhalt und Vorhalten von Wohnraum

Die Sicherung des Lebensunterhalts und das Vorhalten von Wohnraum rechtfertigen keine Verkürzung der Trennungszeit, die ein subsidiär Schutzberechtigter und sein Ehegatte, deren Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde, bis zu dessen Nachzug zum Zwecke der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet hinnehmen müssen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) jetzt entschieden.

Das war geschehen

Die Klägerin und ihr Ehemann sind syrische Staatsangehörige. Sie reisten eigenen Angaben zufolge in den Jahren 2014 bzw. 2013 aus Syrien in den Libanon ein. Im August 2019 schlossen sie während eines Kurzaufenthalts in Syrien die Ehe. Der Ehemann suchte im Dezember 2020 im Bundesgebiet um Asyl nach. Im Februar 2021 erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den subsidiären Schutzstatus zu. Nach der Absolvierung eines Integrationskurses trat er im Februar 2023 in ein unbefristetes und ungekündigtes Vollzeitarbeitsverhältnis ein. Im Juli 2023 begründete er zusätzlich ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Er ist im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis und bewohnt eine Wohnung mit einer Größe von etwa 50 m².

Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Beirut lehnte die Erteilung des von der Klägerin beantragten Visums auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes (hier: § 36a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) ab. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht (VG) mit dem angegriffenen Urteil stattgegeben. Eine Ausnahme von dem für den Fall einer nicht bereits vor der Flucht erfolgten Eheschließung vorgesehenen Regelausschlussgrund sei anzunehmen, wenn die Ehegatten seit mehr als drei Jahren räumlich voneinander getrennt lebten, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht in einem Drittstaat wiederhergestellt werden könne, der im Bundesgebiet lebende subsidiär Schutzberechtigte den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen vermöge und ausreichender Wohnraum zur Verfügung stehe.

Bundesverwaltungsgericht: mehr als vier Jahre Trennung

Das BVerwG hat der gegen das Urteil des VG eingelegten Sprungrevision der Beklagten stattgegeben. Die Erteilung eines Visums zum Zwecke des Ehegattennachzuges zum subsidiär Schutzberechtigten scheidet (gemäß § 36a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) in der Regel aus, wenn die Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde. Das VG hat das Vorliegen einer Ausnahme von diesem Regelausschlussgrund mit einer Begründung bejaht, die Bundesrecht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Ausnahme von dem Regelausschlussgrund für den Fall, dass die (Wieder-)Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft in dem Aufenthaltsstaat des nachzugswilligen Ehegatten wie hier auf unabsehbare Zeit ausscheidet, regelmäßig bei einer mehr als vier Jahre andauernden Trennung der Ehegatten anzunehmen. Dieser Ausgleich der Interessen ist unter den Vorbehalt besonderer Umstände des Einzelfalls gestellt.

Wegen der Bedeutung der einem Familiennachzug widerstreitenden Interessen der Bundesrepublik Deutschland müssen solche atypischen Umstände des Einzelfalls geeignet sein, dem Regelausschlussgrund einer nach der Flucht geschlossenen Ehe schon vor dem Ablauf der genannten Fristen ausnahmsweise kein ausschlaggebendes Gewicht beizumessen. Von einer derartigen Atypik kann indes weder im Fall der Sicherstellung des Lebensunterhalts der Bedarfsgemeinschaft noch im Fall des Vorhaltens ausreichenden Wohnraums ausgegangen werden. Allein derartige migrationstypische Sachverhalte vermögen besondere Umstände des Einzelfalls im vorstehenden Sinne nicht zu begründen, zumal der Gesetzgeber ihre Berücksichtigung allein im Rahmen von § 36a Abs. 2 S. 4 AufenthG vorgesehen hat.

Verwaltungsgericht muss erneut entscheiden

Mangels hinreichender Feststellungen zu etwaigen anderen hier berücksichtigungsfähigen Besonderheiten hat das BVerwG das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das VG zurückverwiesen.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 24.10.2024, 1 C 17.23, PM 50/24

Häusliche Gewalt: Gewalt und Todesdrohungen rechtfertigen alleiniges Sorgerecht

Vom Vater gegen die Mutter der gemeinsamen Kinder verübte häusliche Gewalt, Nachstellungen und Bedrohungen können im Einzelfall die Übertragung des Sorgerechts allein auf die Mutter rechtfertigen. Von einem Kind miterlebte Gewalt gegen seine Mutter ist eine spezielle Form der Kindesmisshandlung. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Beschwerde des Vaters gegen die Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter daher zurückgewiesen.

Mutter wurde das alleinige Sorgerecht übertragen

Die mittlerweile geschiedenen Eltern haben zwei gegenwärtig neun und fünf Jahre alte Kinder. Diese leben seit der Trennung der Eltern im Herbst 2020 bei der Mutter. Gegen den Vater bestand im Jahr 2021 und erneut ab Ende 2023 ein jeweils halbjähriges Näherungs- und Kontaktverbot. Auf Antrag der Mutter wurde ihr die alleinige elterliche Sorge übertragen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters. Sie hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Vater übte Gewalt aus

Das Amtsgericht (AG) habe zu Recht die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben und der Mutter übertragen, führte das OLG aus. Bei der Entscheidung seien alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen: Hier bestehe zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung.

Die vom Vater gegen die Mutter ausgeübte Gewalt spreche gegen eine „für die Ausübung der elterlichen Sorge zwingend erforderliche Kommunikation auf Augenhöhe“. Der Vater habe die Mutter in der Vergangenheit körperlich angegriffen und verletzt und sie wiederholt mit dem Tode bedroht. Er habe sich impulsiv und unkontrolliert verhalten. Sein erhöhtes Aggressionspotenzial und seine Bereitschaft, auch körperliche Gewalt anzuwenden, ergebe sich aus den Anordnungsverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz (GewaltschutzG). Der Mutter sei es angesichts der ihr gegenüber ausgesprochenen Todesdrohungen auch nicht zumutbar, sich mit dem Vater regelmäßig in sorgerechtlichen Fragen abzustimmen. Der Vater habe sich wiederholt grenzüberschreitend verhalten und auch nicht an die Schutzanordnungen gehalten. Die an die Mutter „gerichteten direkten Todesdrohungen sind keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge“, vertieft das OLG: „Unzweifelhaft ist der Kindesvater vorliegend nicht zu einem angemessenen respektvollen Umgang mit der Kindesmutter in der Lage“.

Auch Kinder wollten bei Mutter bleiben

Gegen die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge spreche auch der Wille der Kinder. Dieser Wille sei trotz ihres noch geringen Alters beachtlich. Die Kinder hätten sich für die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter ausgesprochen. Dabei sei auch zu beachten, dass die Kinder die gegenüber der Mutter ausgeübte Gewalt und die ausgesprochenen Todesdrohungen miterlebt hätten. Von Kindern miterlebte Gewalt stelle eine spezielle Form der Kindesmisshandlung dar und beinhalte erhebliche Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung.

Mildere, gleich effektive Mittel als eine Übertragung der elterlichen Sorge allein auf die Mutter stünden hier nicht zur Verfügung.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 10.9.2024, 6 UF 144/24, PM 54/24

Schenkungsteuer: (K)ein Schenkungswille bei zerstrittenen Beteiligten

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden: Eine Schenkungsteuer kann nur bei Vorliegen eines bewussten Schenkungswillens erhoben werden.

GmbH-Anteile sollten übertragen werden

Es ging um die Übertragung von Anteilen an einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger nach dem Tod seines Vaters wurde. Ursprünglich sollten die Anteile gleichmäßig auf den Kläger und seinen Bruder verteilt werden, jedoch wurde der Erbvertrag kurz vor dem Tod des Vaters geändert. Daraufhin erklärte sich der Bruder des Klägers bereit, seine Anteile an die GmbH zu übertragen, die dafür 2,1 Millionen Euro zahlte. Der Ertragswert dieser Anteile lag jedoch bei 9,7 Millionen Euro, was das Finanzamt als „gemischte Schenkung“ wertete und Schenkungsteuer gegen den Kläger festsetzte.

Kläger bekam recht

Der Kläger argumentierte vor dem FG, dass aufgrund der angespannten familiären Verhältnisse kein Schenkungswille vorlag. Das FG gab dem Kläger Recht. Eine Schenkung liege nur vor, wenn der Übertragende bewusst unentgeltlich handelt.

Das FG weiter: Die Differenz zwischen Kaufpreis und Ertragswert impliziere nicht automatisch einen Schenkungswillen. Die Einbindung von Rechts- und Steuerberatern untermauerte die Argumentation, dass es sich um eine kaufmännische Entscheidung gehandelt hatte.

Rechts- und Steuerberater an Wertfindung beteiligt

Das FG war davon überzeugt, dass der Bruder des Klägers ohne Bewusstsein zur teilweisen Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung handelte und die Anteile nicht aus familiären Beweggründen unterhalb eines möglichen Veräußerungsgewinns übertragen wurden. Für eine Wertfindung unter fremden Dritten sprach auch die Einbeziehung von Rechts- und Steuerberatern bei Abschluss der getroffenen Vereinbarungen. Ein subjektives Element könne auch nicht alleine aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren abgeleitet werden.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 23.5.2024, 3 K 2585/21 Erb.

Formerfordernis: Keine Heirat per Videokonferenz

Ein deutscher Staatsbürger kann seiner afghanischen Verlobten nicht per Videokonferenz das „Ja-Wort“ geben. Das stellte jetzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg fest.

Das war geschehen

Ein Mann, der schon über 20 Jahre in Deutschland lebte und seit dem Jahr 2015 deutscher Staatsangehöriger ist, wollte seine Verlobte, eine Afghanin, im Wege des Ehegattennachzugs nach Deutschland holen. Im Jahr 2019 schloss er mit ihr per Videokonferenz die „Ehe“, während sich die Frau und zwei Trauzeugen im Iran befanden.

Ende 2021 beantragte die Frau in der deutschen Botschaft in Teheran unter Beifügung einer afghanischen Heiratsbescheinigung ein Visum, um im Weg des Ehegattennachzugs nach Deutschland ausreisen zu können. Das lehnte die Botschaft ab.

So entschied das Oberverwaltungsgericht

Das OVG sah keine wirksame Eheschließung. Der Mann habe aus Deutschland an der Hochzeit teilgenommen. Daher liege der Ort der Eheschließung zumindest auch im Inland.

Folge: Die Ehe hätte unter physischer Präsenz der Eheschließenden vor einem Standesbeamten stattfinden müssen. Die Ehe war damit formal unwirksam.

Auch eine sog. Handschuhehe läge nicht vor. Hierbei genügt es, wenn nur einer der Ehegatten bei der Eheschließung anwesend ist. Dies sei im Fall einer Online-Trauung gerade nicht gegeben.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.8.2024, 6 B 1/24

Sorgerechtsverfahren: Jugendamt muss Kopien von Umgangsprotokollen übersenden

Strebt ein Elternteil ein Sorgerechtsverfahren an, steht ihm ein Anspruch gegen das Jugendamt zu, ihm Kopien der Umgangsprotokolle zu übersenden. So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf.

Vater verlangte erfolglos Kopien der Umgangsprotokolle vom Jugendamt

Dem Vater eines minderjährigen Kindes stand ein begleitetes Umgangsrecht zu. Später verlangte er erfolglos vom Jugendamt, ihm Kopien der Umgangsprotokolle für ein Sorgerechtsverfahren herauszugeben.

Vater hat Anspruch auf Protokolle

Der Vater kann vom Jugendamt verlangen, ihm Kopien der Umgangsprotokolle zuzusenden. Jede natürliche Person hat nach Maßgabe z. B. des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) gegenüber den dort genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

Zwar werden dadurch personenbezogene Daten offenbart. Aber zugunsten des Vaters wird der informationsrechtliche Anspruch wegen der Offenbarung personenbezogener Daten nicht ausgeschlossen, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen. Der Vater hat ein rechtliches Interesse, da er die Protokolle für ein Sorgerechtsverfahren benötigt. Es geht somit um sein Elternrecht aus dem Grundgesetz (hier: Art. 6 Abs. 2 GG). Dies ist höher zu bewerten als das Geheimhaltungsinteresse.

Quelle: VG Düsseldorf, Urteil vom 28.2.2024, 29 K 6009/21

Geschlechtsumwandlung: Frau-zu-Mann-Transsexueller kann rechtlicher Vater sein

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat die rechtliche Elternschaft eines Frau-zu-Mann-Transsexuellen bestätigt. Vater kann danach auch eine dem männlichen Geschlecht angehörige Person sein, wenn diese nicht leiblicher Elternteil ist.

Das war geschehen

Der Antragsteller begehrte, als Vater eines Kindes eingetragen zu werden, das von seiner Ehefrau geboren wurde. Das Kind wurde mittels einer Samenspende gezeugt. Zum Zeitpunkt der Geburt hatte der Antragsteller eine gerichtlich bestätigte Geschlechtsänderung von weiblich zu männlich durchlaufen und war mit der Frau verheiratet. Das Standesamt verweigerte jedoch den Eintrag. Das Amtsgericht (AG) wies das Standesamt an, den Antragsteller als Vater einzutragen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beschwerde des Standesamts zurückgewiesen.

Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Da die Frau das Kind geboren hat, ist sie die Mutter. Zum Zeitpunkt der Geburt war sie mit dem Antragsteller verheiratet, der rechtlich als Mann anzuerkennen war. Die Entscheidung, dass der Antragsteller einem anderen Geschlecht zugehörig ist, lässt das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern unberührt. Der Wortlaut regelt das Rechtsverhältnis zu den leiblichen Kindern des Transsexuellen, die er bereits vor der Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit hatte. Da die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung hier erst nach der Geschlechtsänderung des Antragstellers entstanden ist, greift das Transsexuellengesetz (hier: § 11 TSG) nicht.

Wird das Kind von der Ehefrau des jetzt männlichen Transsexuellen geboren, erfährt es keine Nachteile dadurch, dass dem Transsexuellen das männliche Geschlecht zugeordnet wird. Es hätte vielmehr Nachteile, wenn an das vormals weibliche Geschlecht angeknüpft würde. Denn nach § 11 TSG müsste der Antragsteller im Verhältnis zum Kind weiter als Frau behandelt werden. Allein aus unterhalts-, erb- und auch sorgerechtlichen Aspekten ist es für das Kind vorteilhaft, zwei Elternteile zu haben.

Transsexuellengesetz hier nicht anzuwenden

Das OLG: In diesen Fallkonstellationen ist es geboten, § 11 TSG nicht anzuwenden, um das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile zu gewährleisten. Es muss eine Ungleichbehandlung mit Kindern verhindert werden, die in eine heterosexuelle Ehe geboren werden. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, was auch das Recht beinhaltet, dass die geschlechtliche Identität anerkannt wird, ist verletzt, wenn ein transsexueller Elternteil für ein nach der Entscheidung nach § 8 TSG geborenes Kind rechtlich nicht die geschlechtsbezogene Elternrolle zugewiesen bekommt, die seinem selbst empfundenen und ihm rechtlich zugewiesenen Geschlecht entspricht.

Quelle: OLG Schleswig, Beschluss vom 4.7.2024, 2 Wx 11/24

Eigentumsverhältnis: Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft: „Wechselmodell“ für einen Hund?

Das Landgericht (LG) Potsdam hat geklärt, was mit einem gemeinsam angeschafften Hund geschieht, wenn sich Partner trennen.

Nichteheliche Lebensgemeinschaft hatte sich Hund angeschafft

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft hatte sich eine Mischlingshündin angeschafft. Nach dem Ende der Beziehung forderte der Mann von seiner früheren Lebenspartnerin entweder die Herausgabe des Hundes oder hilfsweise eine geteilte Betreuung im zweiwöchigen Wechsel. Die Lebenspartnerin beantragte, ihr das Alleineigentum an dem Tier zu übertragen. Sie war bereit, hierfür einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Das Gericht gab der Frau recht. Es lehnte die Idee eines „Wechselmodells“ ab, um den Hund zu betreuen.

Landgericht: kein Wechselmodell bei Haustieren

Eine Regelung, ein Haustier gemeinsam zu betreuen, ist nur möglich, während eine Miteigentümergemeinschaft besteht. Sobald diese Gemeinschaft aufgelöst wird, muss das Eigentum einem der bisherigen Miteigentümer zugewiesen werden.

Es ist aber nicht praktikabel, das Tier zu verkaufen, wie es sonst üblich ist, wenn eine Miteigentümergemeinschaft aufgelöst wird. Das LG entschied daher, dass die Frau, die sich nach der Trennung hauptsächlich um die Hündin gekümmert hatte, das Alleineigentum zugesprochen bekommen sollte. Sie wurde verpflichtet, dem Mann einen Ausgleichsbetrag zu zahlen.

Fazit: Anders als bei Kindern kann die Betreuung eines gemeinsam angeschafften Hundes in einem „Wechselmodell“ nach dem Ende einer Lebenspartnerschaft also nicht vor Gericht durchgesetzt werden.

Quelle: LG Potsdam, Urteil vom 10.7.2024, 7 S 68/23