WEG: Verwalter muss Bauarbeiten wie ein Bauherr überwachen

Hat eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern mit einem Unternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, muss der Verwalter Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr überwachen. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Das war geschehen

Eine Eigentümergemeinschaft hatte beschlossen, das Dach zu erneuern und beauftragte ein Dachdeckerunternehmen. Der Auftrag hatte ein Volumen von 116.000 Euro. Für noch zu beschaffendes Material stellte der Dachdecker Abschlagsrechnungen über 61.000 Euro, auf die der Verwalter insgesamt 70.000 Euro zahlte. Nach Beginn der Arbeiten zahlte der Verwalter ohne Vorlage von Rechnungen gestückelt weitere 34.500 Euro. Bei einem Baufortschritt von ca. 85 Prozent stellte der Dachdecker die Arbeiten ein. Die Eigentümergemeinschaft verklagte den Verwalter auf Schadenersatz in Höhe der geleisteten Zahlung.

Während das Landgericht (LG) Dortmund in der Vorinstanz eine Pflichtverletzung des Verwalters noch verneint hatte, entschied der BGH: Bei der Bewirkung von Zahlungen ist ein Verwalter verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind.

Das hob der Bundesgerichtshof hervor

Der BGH hob hervor: Ein Verwalter muss Abschlagsrechnungen daraufhin durchsehen, ob sie zum Auftrag und dem Leistungsstand passen. Eine Abschlagszahlung für Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, erfordert abgesehen davon, dass die Stoffe oder Bauteile den vertraglichen Vorgaben entsprechen müssen , dass der Eigentümergemeinschaft nach ihrer Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird.

Der BGH erklärt: Selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass der Verwalter seinen Pflichten genügt hat, wäre relevant, ob sich ein Verwalter, der nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse für die Prüfung der Werkleistungen verfügt, überhaupt auf eine allein auf mangelnder Fachkunde beruhende fehlende Erkennbarkeit von Mängeln der Werkleistung berufen kann. Das kann zu verneinen sein, wenn es ein Verwalter bei einer mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen umfangreichen baulichen Maßnahme unterlassen hat, die Wohnungseigentümer auf seine fehlende Fachkompetenz hinzuweisen und eine Beschlussfassung über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute vorzubereiten. Es wird nämlich im Wege des Anscheinsbeweises vermutet, dass die Eigentümergemeinschaft einen solchen Beschluss gefasst hätte.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.1.2024, V ZR 162/22

Räumungsklage: Keine erleichterte Kündigung bei nur wochenweiser Wohnungsnutzung

Das Landgericht (LG) Hanau hat entschieden, dass ein Vermieter in einem Gebäude mit nur zwei Wohnungen dem Mieter der zweiten Wohnung nicht ohne besonderen Grund kündigen kann, wenn er selbst die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr nutzt.

Vermieterin wohnte überwiegend im Ausland

Zwischen der hauptsächlich im Ausland lebenden Vermieterin und den Mietern besteht ein Mietvertrag über eine Wohnung in einem Haus mit nur zwei Wohneinheiten. Sie selbst nutzt die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr. Die Vermieterin hat die Kündigung nach § 573a BGB ausgesprochen. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen jederzeit ohne Grund beenden. Die Mieter halten die Kündigung für unwirksam, weil die Vermieterin die andere Wohnung nicht im Sinne der Vorschrift bewohne. Das Amtsgericht (AG) ist dieser Auffassung gefolgt und hat die Räumungsklage abgewiesen.

Lebensmittelpunkt erforderlich

Das LG hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen. Für die erleichterte Kündigung nach § 573a BGB reiche es nicht aus, dass der Vermieter die zweite Wohnung in dem Haus lediglich zusätzlich nutze, selbst, wenn das vereinzelt, wie für das Jahr 2021 behauptet, insgesamt 40 Wochen seien. Er müsse vielmehr seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben. Eine enge Auslegung der Vorschrift sei insbesondere deshalb geboten, weil diese es ermögliche, den Mietvertrag mit dem ansonsten von dem Gesetz erheblich geschützten Wohnraummieter zu beenden, ohne dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen oder der Vermieter sonst ein besonderes Interesse hieran habe.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: LG Hanau, Urteil vom 15.11.2023, 2 S 107/22, PM vom 8.2.2024

Betriebskostenabrechnung: Belege sind geordnet vorzulegen

Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter auf dessen Verlangen Einsicht in die Abrechnungsbelege zu gewähren und diese in einer geordneten Form vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe des Mieters, die Belege selbstständig zu ordnen. So entschied es das Amtsgericht (AG) Münster.

Die Wohnungsmieter hatten Einsicht in die Belege zu den Betriebskostenabrechnungen von 2018 bis 2020 verlangt. Die Vermieterin legte die Unterlagen ungeordnet, weder thematisch noch chronologisch stringent sortiert, vor. Daher weigerten sich die Mieter, die Nachforderungen aus den Abrechnungen auszugleichen.

Die Zahlungsklage der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Sie habe keinen Anspruch auf die Nachzahlungen, da den Mietern ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Die Vermieterin habe keine umfassende Belegeinsicht gewährt.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 259 Abs. 1 BGB) bedürfe es einer geordneten Zusammenstellung der Abrechnungsbelege, so das AG. Das umfasse eine zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung in Abrechnungsposten.

Dabei sei auf einen juristisch und betriebswirtschaftlich ungeschulten Mieter abzustellen. Anderenfalls könne der Mieter sein Prüfungsrecht nicht sinnvoll ausüben. Der Mieter sei nicht verpflichtet, die Belege selbstständig zu ordnen oder Zusammenhänge in den Rechnungen fortlaufender Verträge zu erkennen.

Quelle: AG Münster, Urteil vom 25.10.2023, 38 C 1947/22

Bauliche Veränderungen: Anspruch auf Ladeeinrichtung hat Grenzen

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (hier: § 20 Abs. 1 Abs. 2 S. 1 WEG) kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die u. a. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen (sog. privilegierte bauliche Veränderungen). Verlangt ein Wohnungseigentümer eine solche bauliche Veränderung, entscheidet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über das „Wie“ der Maßnahme nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Der einzelne Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der betreffenden baulichen Veränderung. So entschied es das Landgericht (LG) Stuttgart.

Eigentümer errichtete zunächst Ladesäule

Ein Wohnungseigentümer hatte ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz im Freien. Seit Jahren versuchte er vergeblich zu erreichen, dass eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge an seinem Stellplatz errichtet wird. Schließlich montierte er im Sommer 2019 ohne Gestattung neben seinem Außenstellplatz eine Ladesäule auf einem Betonfundament. Für die Errichtung als „öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur“ erhielt er eine Förderung aus Bundesmitteln. Die Eigentümergemeinschaft verklagte ihn erfolgreich auf Entfernen der Ladestation und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Im Rahmen der Vollstreckung wurde die Ladesäule demontiert.

Dann verlangte er bestimmte bauliche Veränderungen

Der Eigentümer verlangte daraufhin „bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen gemäß (von ihm) vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept“. Dieser Antrag wurde in der Eigentümerversammlung 2020 nicht beraten und zur Abstimmung gestellt, sondern beschlossen, ein Gesamtkonzept zum Betreiben von Ladepunkten für E-Mobilität erstellen zu lassen. Die Eigentümerversammlung 2021 lehnte das inzwischen vorliegende Gesamtkonzept ab und ebenso die von dem Eigentümer erneut beantragte Genehmigung baulicher Veränderungen gemäß dem von ihm vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept, das alternativ eine öffentliche oder nicht öffentliche Nutzung vorsah. Zugleich wurde anderen Wohnungseigentümern auf deren Antrag gestattet, eine Wallbox an insgesamt vier Stellplätzen anzubringen.

Darauf erhob der Eigentümer Beschlussersetzungsklage, gerichtet auf die Gestattung, auf dem Gemeinschaftseigentum neben seinem Stellplatz die zuvor entfernte Ladestation gemäß dem von ihm vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept errichten zu dürfen, hilfsweise, ihm die Anbringung einer Wallbox zu gestatten. Damit hatte der Eigentümer in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Landgericht: kein Anspruch auf bestimmte Ausführung einer Maßnahme

Der Eigentümer könne die Gestattung der Errichtung einer Ladestation nach dem von ihm entwickelten Ladeinfrastrukturkonzept nicht verlangen. Die Beschlussersetzungsklage diene der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung. Die Klage sei daher begründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss habe, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.

Zwar könne jeder Wohnungseigentümer einen Beschluss über das „Ob“ solcher baulichen Veränderungen verlangen, so das LG; dies beinhalte aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise der Durchführung. Darüber entscheiden die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nach eigenem Ermessen. Der einzelne Wohnungseigentümer habe mithin keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der betreffenden baulichen Veränderung, solange das Ermessen der Gemeinschaft nicht aufgrund der Einzelfallumstände auf null reduziert sei.

Quelle: LG Stuttgart, Urteil vom 5.7.2023, 10 S 39/21

Mieterhöhungsverlangen: Modernisierungsmieterhöhung trotz Mietpreisbremse möglich

Nach Modernisierungsarbeiten vor Mietbeginn kann der Vermieter eine Miete vereinbaren, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10% übersteigt. Bestreitet der Mieter die Maßnahmen, ist das unbeachtlich, wenn der Vermieter eine substanziierte Berechnung vorgelegt und Einsicht in sämtliche Unterlagen angeboten hat. Das hat jetzt das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg entschieden.

Mieter verlangte Rückerstattung überhöhter Miete

Die Miete für eine Wohnung in einem durch Verordnung bestimmten Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt lag bei 1.700 Euro. Unter Berücksichtigung eines zehnprozentigen Zuschlags gemäß Mietspiegel war von einer ortsüblichen Vergleichsmiete von maximal 867,71 Euro auszugehen. Der Mieter forderte die Rückerstattung der überhöht verlangten Miete. Im Prozess nahm der Vermieter detailliert zu den von ihm durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen Stellung und legte dar, in welchem Umfang Abzüge für Instandsetzungsmaßnahmen vorgenommen wurden, insbesondere, dass anrechenbare Modernisierungskosten in Höhe von 441,33 Euro pro Monat entstanden seien.

Klage hatte teilweise Erfolg

Das AG gab der Klage teilweise statt. Bei den Baumaßnahmen des Vermieters handele es sich zwar nicht um eine umfassende Modernisierung im Sinne des § 556f BGB, sodass der Vermieter die Wohnung nicht preisfrei vermieten durfte. Bei einer umfassenden Modernisierung sei zum einen auf den Investitionsaufwand und zum anderen auf das Ergebnis der Maßnahme, also die qualitativen Auswirkungen auf die Gesamtwohnung, abzustellen. Die aufgewandten Kosten einer reinen Erhaltungsmaßnahme zählten insgesamt nicht zu den Modernisierungskosten. Allein die Höhe des Bauaufwands reiche nicht aus; entscheidend sei das Resultat, also der geschaffene Zustand. Der Begriff „umfassend“ bezeichne nämlich nicht nur ein quantitatives (Kosten-)Element, sondern gleichberechtigt ein qualitatives Kriterium. Zu berücksichtigen seien die qualitativen Auswirkungen der Maßnahmen auf die Gesamtwohnung. Eine solche Auslegung werde dem Gesetzeszweck gerecht, Modernisierungen zu fördern. Durch diesen Aufwand müsse ein Zustand erreicht werden, der einer Neubauwohnung in etwa nicht notwendig vollständig entspreche.

Im Fall des AG fehlten Darlegungen des Vermieters, dass durch die Maßnahmen ein Zustand erreicht wurde, der insbesondere in energetischer Hinsicht einem Neubau gleichkommt. Jedoch sei der Vermieter berechtigt, die Kosten für die Modernisierungsmaßnahmen (nach § 556e Abs. 2 BGB) in Höhe von 441,33 Euro pro Monat anzurechnen. Insgesamt sei daher eine Nettokaltmiete für die Wohnung in Höhe von 1.309,04 Euro berechtigt.

Quelle: AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 9.6.2023, 209 C 29/22

Betriebskosten: Vermieter kann Guthaben auch nach Abrechnungsfristablauf korrigieren

Das Mietrecht (hier: § 556 Abs. 3 S. 3 BGB) schließt eine nachträgliche Abrechnung zulasten des Mieters nicht aus, durch die ein Guthaben verringert wird. Das entschied das Landgericht (LG) München.

Grundsteuer in der Abrechnung vergessen

Der Vermieter hatte über die Betriebskosten abgerechnet und dabei die Grundsteuer vergessen. Bevor er das ursprünglich berechnete Guthaben an den Mieter auszahlte, verstrich die Abrechnungsfrist. Nun korrigierte der Vermieter die Betriebskostenabrechnung und berücksichtigte die Grundsteuer. Dabei ergab sich ein geringeres Guthaben, das er an den Mieter zahlte. Der Mieter klagte auf Rückzahlung des ursprünglich berechneten höheren Guthabens.

Amtsgericht und Landgericht vermieterfreundlich

Das Amtsgericht (AG) sprach jedoch nur das korrigierte geringere Guthaben zu. Es bestünde kein Anspruch des Mieters, weil eine nachträgliche Verringerung des Guthabens vom Gesetz nicht ausgeschlossen sei.

Die Berufung des Mieters blieb erfolglos. Das LG teilte die Rechtsauffassung des AG. § 556 Abs. 3 S. 3 BGB solle den Mieter nur davor schützen, nach Ablauf der Abrechnungsfrist Zahlungen leisten zu müssen, die die Vorauszahlungen übersteigen. Darüber hinaus gewähre das Gesetz keinen Vertrauensschutz für eine zugunsten des Mieters unrichtige Abrechnung.

Der Mieter darf also nicht darauf vertrauen, dass ein Guthaben unveränderlich bleibt. Dies gilt auch, wenn die Korrektur erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist erfolgt. Eine weitergehende Schutzwirkung zugunsten des Mieters sieht das Gesetz schon nach dem Wortlaut der Vorschrift („Geltendmachung einer Nachzahlung“) nicht vor.

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 31.10.07, VIII ZR 261/06).

Quelle: LG München I, Beschluss vom 30.11.2023, 31 S 10140/23

Räumungsklage: Fristlose Kündigung gegenüber psychisch krankem Mieter

Eine fristlose Kündigung ist auch gegenüber einem psychisch kranken oder schuldunfähigen Mieter möglich, wenn trotz Abmahnung der Hausfrieden systematisch, wiederholt und nachhaltig gestört wird mit der Folge der vorzeitigen Kündigung von anderen Mietern und der Nichtvermietbarkeit angrenzender Wohnungen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Gesundheitszustand bedarf es dann nicht. So entschied es der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Sachsen.

Wiederholte Lärmstörungen

Der Vermieter kündigte nach Abmahnung das Mietverhältnis mit einem psychisch kranken Mieter wegen wiederholten Lärmstörungen fristlos, hilfsweise ordentlich. Andere Mieter hatten wegen des Lärms ihr Mietverhältnis gekündigt und eine Neuvermietung der angrenzenden Wohnung war nicht möglich.

Gegen die erfolgreiche Räumungsklage legte der Mieter Berufung ein, die er nach Hinweisbeschluss des Landgerichts (LG) Dresden zurücknahm. Das LG hatte ausgeführt, dass zwar in der Regel ein schuldhaftes Verhalten des Mieters für die Begründung des Kündigungsgrundes erforderlich sei. Dies gelte aber nicht absolut, da auch bei Schuldlosigkeit das zumutbare Maß und damit die Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter überschritten sei und in der Abwägung überwiegen kann. Zwar ergebe sich aus den Wertentscheidungen des Grundgesetzes (hier: Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG) eine erhöhte Toleranzbereitschaft gegenüber nicht oder nur eingeschränkt verantwortlichen Mietern, z.B. Verschlechterung des Gesundheitszustands, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche oder Suizidgefährdung. Aber auch wenn der Mieter aufgrund der psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, das Unrecht seines Handelns zu erkennen, sei hier die Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter deutlich überschritten.

Mieter legte Verfassungsbeschwerde ein

Gegen das Urteil und den Beschluss legte der Mieter Verfassungsbeschwerde ein doch ohne Erfolg. Die Beschwerde sei unzulässig, sie genüge nicht den Begründungsanforderungen, so der VerfGH. Das LG habe sich umfassend auch mit Grundrechten auseinandergesetzt. Eine konkrete Grundrechtsverletzung rüge der Beschwerdeführer nicht.

Quelle: VerfGH Sachsen, Urteil vom 30.8.2023, Vf. 40-IV-23

Haftung: Pflichten des WEG-Verwalters bei der Überwachung von Bauarbeiten

Bauarbeiten am Gemeinschaftseigentum muss der Verwalter wie ein Bauherr überwachen. So hat es jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Dach musste abgerissen werden

Eine Eigentümergemeinschaft beauftragte ein Unternehmen mit Dacharbeiten. Diese wurden aber vorzeitig abgebrochen. Die Gemeinschaft holte ein Gutachten ein. Dies stellte fest, dass die Arbeiten unbrauchbar waren. Das Dach müsse abgerissen werden.

Verwalter hatte Abschläge gezahlt

Das Problem: Der Verwalter hatte dem Dachdecker über 100.000 Euro an Abschlag gezahlt. Die Eigentümergemeinschaft verlangte dieses Geld sowohl vom Verwalter als auch vom Dachdecker zurück.

Das sagt der Bundesgerichtshof

Der BGH stellte fest: Ein Verwalter muss Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr überwachen. Etwaige Abschlagszahlungen muss er sorgfältig auf ihre Richtigkeit prüfen, sonst haftet er. Fehlende Fachkenntnisse entlasten ihn nicht, wenn er die Gemeinschaft nicht darauf hinweist.

In welchem Umfang waren die Arbeiten fachgerecht?

Für die Schadenshöhe kommt es auch darauf an, ob die Arbeiten vertragsgerecht geleistet wurden, denn Abschlagszahlungen sind nur vorläufig, so der BGH. Die Eigentümergemeinschaft konnte hier daher nur etwas vom Verwalter verlangen, soweit die Abschläge die dem Dachdecker zustehende Vergütung überstiegen. Das muss die Gemeinschaft dann beweisen. Nur, wenn eine Nacherfüllung durch den Dachdecker nicht mehr möglich ist, haftet der Verwalter auch.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.1.2024, V ZR 162/22

Räumungsklage: Fortsetzung eines Mietverhältnisses unter Berufung auf fehlenden Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen

Das LG Berlin II hat der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts (AG) Berlin-Mitte teilweise stattgegeben. Dieses hatte eine von der Vermieterin erhobene Räumungsklage mit der Begründung abgewiesen, die von der Vermieterin ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sei formunwirksam. Das LG hat die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Vermieterin anders als zuvor das AG zwar für wirksam erachtet, jedoch zugleich die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren angeordnet.

Zweijährige Verlängerung der Mietdauer

Die angeordnete Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren begründete das LG damit, dass es den beklagten Mietern in dem vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sei, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen. Demzufolge können Mieter unter Berufung auf die sog. Sozialklausel des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 574 Abs. 1 und 2 BGB) nach Abwägung mit den Vermieterinteressen unter gewissen Voraussetzungen die Fortsetzung ihres Mietverhältnisses verlangen, auch wenn die zuvor ausgesprochene Kündigung wirksam ist.

Mieter fanden keinen Ersatzwohnraum in Berlin

Das LG hat darauf abgestellt, dass sich die Mieter nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung über einen Zeitraum von fast zwei Jahren auf eine Vielzahl von Wohnungen im gesamten Berliner Stadtgebiet beworben haben, jedoch aufgrund der angespannten Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt sowie des nur noch geringen Angebotes freier Wohnungen mit ihren Bewerbungen keinen Erfolg hatten. Zudem hat das LG bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass auch über das sog. Geschützte Marktsegment (GMS) in absehbarer Zeit kein freier Alternativwohnraum in Berlin für die Mieter zur Verfügung stand.

Schließlich hat das LG auch den Umstand, dass das gesamte Stadtgebiet von Berlin durch eine Mietenbegrenzungsverordnung (MietBegrV Bln) als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen ist, als weiteren Beleg für die Richtigkeit des Mietervortrags gewertet und außerdem berücksichtigt, dass der von der Vermieterin geltend gemachte Eigenbedarf nicht besonders dringlich war.

Landgericht: Vertragsbedingungen angepasst und Miete angehoben

Das LG hat bei seiner Entscheidung die bisherigen Vertragsbedingungen von Amts wegen geändert und neben der Anordnung der befristeten Fortdauer des Mietverhältnisses auch die von den Mietern bisher geschuldete Nettokaltmiete auf ein marktübliches Niveau angehoben.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 25.1.2024, 67 S 264/22, PM 5/24

WEG-Versammlung: Online-Teilnahme ohne Beschluss und schriftliche Vollmacht

Die Video-Teilnahme an einer Versammlung ohne Gestattungsbeschluss ist kein Anfechtungsgrund. Die fehlende Vorlage einer Vollmacht bei anderweitiger Information ist unschädlich. So entschied es das Landgericht (LG) München.

„Hybride“ WEG-Versammlung

In der Wohnungseigentümerversammlung waren einige Wohnungseigentümer und der Verwalter persönlich anwesend, ein weiterer Eigentümer war so der Verwalter „inoffiziell“ per „Video“ zugeschaltet. Die Gemeinschaft hatte keine Online-Teilnahme gestattet. In der Versammlung hörte und sprach der Online-Teilnehmer trotz schlechter Übertragungsqualität mit, nahm aber nicht an der Abstimmung teil, weil er dem Verwalter sein Stimmrecht mündlich übertragen hatte. Beschlossen wurde eine Fassadensanierung für rund 65.000 Euro. Der Beschluss wurde angefochten, u. a. wegen der Online-Teilnahme. Vor dem Amtsgericht (AG) hatte die Klage Erfolg.

Wirksame Stimmabgabe durch den Verwalter

Das LG sah es anders: Die Stimmabgabe durch den Verwalter für den online teilnehmende Miteigentümer sei wirksam gewesen. Die nicht erfolgte Vorlage der Vollmacht im Original in der Eigentümerversammlung sei unschädlich. Zwar bedürfe es nach dem Wohnungseigentumsgesetz (hier: § 25 Abs. 3 WEG) der Textform. Zwischen dem Vorhandensein einer Vollmacht und der Vorlage derselben sei jedoch zu unterscheiden. So könne ein Bevollmächtigter, der seine Vollmachtsurkunde nicht vorlege, gemäß § 174 BGB mit der Folge zurückgewiesen werden, dass er trotz Vorhandensein der Vollmacht von der Vollmacht keinen Gebrauch machen könne.

Es könne dahinstehen, ob nur der Verwalter ein solches Zurückweisungsrecht habe oder jeder Miteigentümer. Gemäß § 174 S. 2 BGB (analog) bestehe kein Zurückweisungsrecht, wenn der Bevollmächtigende die übrigen Wohnungseigentümer über die Vollmachtserteilung anderweitig informiert habe. Dass die Miteigentümerin dem Kläger gegenüber per Videotelefonat die Vollmacht über ihr Handy, wenn auch für den Kläger nicht sichtbar bekundet habe, trage er selber vor. Eine Unwirksamkeit des mit Vollmacht ausgeübten Stimmrechts komme daher nicht in Betracht.

Video-Teilnahme des Eigentümers begründet keinen Beschlussmangel

Der Umstand, dass die Eigentümerversammlung von ihrer Beschlusskompetenz nach § 23 Abs. 1 S. 2 WEG keinen Gebrauch gemacht habe, sei unerheblich. Denn auf die Möglichkeiten der Beschlussanfechtung, die bei der Gestattung einer Online-Teilnahme in Verbindung mit der Frage des Funktionierens der Übertragung und der Ausübung der Teilnahmerechte einhergehe, komme es hier nicht an, da ein solcher Beschluss gerade nicht vorliege.

Kein Verstoß gegen das Teilnahmerecht

Auch sei nicht gegen das Teilnahmerecht verstoßen worden. Die Meinungskundgabe sei Ausfluss des Teilnahmerechts und nicht per se Ausdruck einer Rechtswidrigkeit. Damit die Ausübung des Rederechts einen formellen Mangel begründe, bedürfe es daher eines Verstoßes gegen eine Verfahrensvorschrift. Weder bestehe eine Pflicht des Verwalters, ein über ein Telefon ausgeübtes Rederecht eines Wohnungseigentümers zu unterbinden, noch ohne Weiteres eine Pflicht, ein solches vorbehaltlich einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung zuzulassen.

Vielmehr sei es Aufgabe des Verwalters, unter Berücksichtigung der Interessen der Wohnungseigentümer die Meinungsbildung untereinander zu ermöglichen. Gerade bei einer sehr übersichtlichen Anzahl der anwesenden Wohnungseigentümer sei ein Redebeitrag über eine Internetverbindung gerade bei hinreichender Identifizierung des Wohnungseigentümers und vorbehaltlich entgegenstehender Geschäftsordnungsanträge nicht ausgeschlossen. Vorliegend ergebe sich aus der Anwesenheitsliste, dass neben den Vertretenen, die nicht präsent waren nur zwei Wohnungseigentümer in persona anwesend waren. Der Umstand, dass der (insoweit dritte) Miteigentümer an der Versammlung über das Videotelefonat teilgenommen und Aussagen gemacht habe, begründe damit nicht von vornherein eine fehlerhafte Durchführung der Versammlung.

Quelle: LG München I, Urteil vom 9.8.23, 1 S 16489/2022