WEG-Beschluss: Kostenverteilung bei objektbezogener Kostentrennung

Sieht die Gemeinschaftsordnung eine objektbezogene Kostentrennung vor, sodass nur die Wohnungseigentümer, deren Sondereigentum (bzw. Sondernutzungsrecht) sich in dem jeweiligen Gebäudeteil (bzw. in dem jeweiligen separaten Gebäude) befindet, die darauf entfallenden Kosten tragen müssen (hier: Kosten der Tiefgarage), gilt: Es widerspricht in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, durch Beschluss auch die übrigen Eigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (bzw. auf das separate Gebäude) entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen. Anders kann es nur liegen, wenn ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht. So hat es jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Das war geschehen

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehört eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Die Gemeinschaftsordnung als Bestandteil der Teilungserklärung aus dem Jahr 1971 ordnet die Nutzung der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zu. Die Einheit der Klägerin verfügt nicht über ein solches Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz. Zu den Kosten der Tiefgarage enthält die Gemeinschaftsordnung folgende Regelung: „Die Kosten für die Instandhaltung sowie Rücklagen für alle Fälle eventueller Erneuerungen und erforderlicher Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle einschließlich des Wagenwaschraumes werden im Verhältnis der Wohnungseigentümer ausschließlich von den Berechtigten der Einstellplätze im Garagentrakt […] gemeinsam getragen […].“

Das beschloss die Eigentümergemeinschaft

In einer Wohnungseigentümerversammlung wurde die Beauftragung einer Firma mit der Sanierung des Flachdachs oberhalb der Tiefgarage gemäß einem Angebot zu einem Preis von rund 427.500 Euro zuzüglich möglicher Preissteigerungen und die Beauftragung eines Ingenieurbüros mit den Baubetreuungsleistungen beschlossen. Die entstehenden Kosten sollten jeweils von sämtlichen Wohnungseigentümern nach Miteigentumsanteilen getragen werden. Zudem wurde beschlossen, dass der zur Finanzierung der Maßnahmen erforderliche Betrag zum Teil der Erhaltungsrücklage entnommen und im Übrigen eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen erhoben werden soll. Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschlussmängelklage der Klägerin.

Vorinstanz ist nochmals gefragt

Der BGH: Nach neuem Recht ergibt sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz (hier: § 16 Abs. 2 S. 2 WEG) die Kompetenz, abweichend von einer Vereinbarung die erstmalige Kostenbelastung von Wohnungseigentümern zu beschließen, ohne dass dabei wie zuvor nach altem Recht der Gebrauch oder die Gebrauchsmöglichkeit berücksichtigt werden muss. Damit ist zugleich die Frage aufgeworfen, inwieweit eine erstmalige Belastung zuvor von Kosten befreiter Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Das muss nun wieder die Vorinstanz prüfen.

Quelle: BGH, Urteil vom 14.2.2025, V ZR 236/23

Eigenbedarfskündigung: Mieter muss Gesundheitsgefahr konkretisieren

Das Amtsgericht (AG) Flensburg hat entschieden: Der Mieter muss gesundheitliche Beeinträchtigungen für sich oder die seine Mitbewohner und die nachteiligen Auswirkungen eines Umzugs durch Vorlage fachärztlicher Atteste ausführlich darstellen. Sein Vortrag muss so konkret sein, dass das Gericht den Eintritt von relevanten Nachteilen als hinreichend wahrscheinlich annehmen kann. Dann ist das Gericht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der bloße unstreitige Umstand, dass die Kinder des Mieters einen Behindertenausweis und einen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben, genügt nicht. Ohne Erläuterungen, welche Krankheiten oder Behinderungen die Kinder haben, kann das Gericht keinen Härtegrund annehmen.

Der Vermieter kündigte den unbefristeten Wohnraummietvertrag wegen Eigenbedarf. Er begründete dies damit, er benötige das Objekt für sich und seine Lebensgefährtin als neuen Lebensmittelpunkt. Die Mieter widersprachen der Kündigung und berief sich insbesondere auf gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Mieterin leide an einer Angststörung und posttraumatischen Belastungsstörung und die beiden Kinder seien schwerbehindert und pflegebedürftig. Ein Umzug sei für die Familie unzumutbar.

Damit hatten sie vor dem AG keinen Erfolg. Das AG war nach der Zeugenvernehmung davon überzeugt, dass der Vermieter die Räume wegen der geplanten Familiensituation ernsthaft benötigte. Dass die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist, erkannte das AG nicht an. Denn die Mieter seien ihrer Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Härtegründe nicht nachgekommen.

Ein Härtegrund liege nur vor, wenn eine erhebliche Verschlechterung einer ernsten Erkrankung oder Lebensgefahr, die durch einen Sachverständigen zu klären ist, angenommen werden könne. Das Gericht hatte keine Anhaltspunkte, eine solche Verschlechterung des Gesundheitszustands der Kinder der Mieter anzunehmen. Der vorgelegte Behindertenausweis, das Pflegegutachten und das allgemeinärztliche Attest sprächen nur unkonkret von einer „gesundheitlichen Situation“ des Kindes. Das war dem Gericht zu unkonkret. Es fehle insbesondere vertiefter Vortrag dazu, wie sich die Erkrankung im Alltag auswirke und inwieweit mit einer Verschlechterung der Situation durch einen Umzug zu rechnen sei.

Quelle: AG Flensburg, Urteil vom 4.12.2024, 61 C 55/24

Gesamtschuldner: Jeder Wohnungseigentümer muss Straßenausbaubeitrag zahlen

Bei der Festsetzung des Straßenausbaubeitrags handelt es sich um eine gemeinschaftliche Angelegenheit, die an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet ist. So entschied es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster.

Das OVG: Steht ein Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen, wird der Vorteil allen (Mit-)Eigentümern gemeinsam geboten. Eine Beschränkung auf bestimmte Eigentumsanteile sei nicht möglich.

Da die Beitragspflicht im Grundstückseigentum und nicht in der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beruht, ist nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beitragspflichtig, sondern jeder einzelne Wohnungseigentümer. Sie haften der Kommune gesamtschuldnerisch.

Quelle: OVG Münster, Urteil vom 18.2.2025, 15 A 454/23

Ehescheidung: Eigenbedarf erfolgreich gegen ehemalige Schwiegermutter durchgesetzt

Ein Ehemann kann nach der Trennung von seiner Frau verlangen, die Nutzungsverhältnisse an einem gemeinsamen Haus neu zu ordnen. Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Celle fest.

Ärzteehepaar trennte sich

Nachdem sich ein Ärzteehepaar getrennt hatte, wollte der Mann in ein gemeinsames Haus des Paares ziehen. Doch dort wohnte seine Schwiegermutter. In der ihr allein gehörenden Ehewohnung lebte die Frau mit den gemeinsamen Kindern. Der Mann schlief zunächst in seiner Praxis, dann bei Bekannten. Schließlich wohnte er zur Untermiete.

Den Eheleuten gehörte aber hälftig noch das von der Schwiegermutter bewohnte Einfamilienhaus mit Garten. Dieser wollte der Mann wegen Eigenbedarf kündigen. Dazu war die Mitwirkung seiner Ehefrau erforderlich. Das lehnte sie ab. Sie meinte, der Mann wolle sie nur zwingen, ihrer Mutter zu kündigen. Auch habe er noch ein weiteres Haus. Der Mann klagte.

Amtsgericht: Eigenbedarf nicht genügend dargelegt

Das Amtsgericht (AG) wies seine Klage ab. Der Mann habe den Eigenbedarf nicht hinreichend dargelegt. Da die Schwiegermutter eine nahe Angehörige sei, könne ihre Tochter selbst Eigenbedarf anmelden. So zog der Mann vor das OLG.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG gab dem Mann Recht. Ihm sei seit der Trennung ein Festhalten am Mietverhältnis nicht länger zuzumuten. Auch habe er seinen Eigenbedarf ausreichend dargelegt. Er hatte vorgetragen, dass sein jetziges Mietverhältnis nur befristet war. Ein ständiges Wohnen in der Praxis sei ihm nicht zuzumuten. Ein Umzug in das andere Haus sei ihm ebenfalls nicht zuzumuten, da dieses noch ein Rohbau sei und er auch kein Geld für einen Umzug habe. Nach all dem sah das OLG den geltend gemachten Eigenbedarf nicht als „offensichtlich aussichtslos“ an. Vor allem sei die Frau in der Lage, ihre Mutter in der Ehewohnung und einer nicht genutzten Einliegerwohnung aufzunehmen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 19.2.2025, 21 UF 237/24

Bundesgerichtshof: Ersterrichtungsanspruch eines Eigentümers bei „steckengebliebenem“ Bau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Wohnungseigentümer im Fall eines sog. steckengebliebenen Baus zwar grundsätzlich einen Anspruch auf erstmalige plangerechte Errichtung des Gemeinschaftseigentums gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat. Der Anspruch scheidet aber aus, wenn die erstmalige Errichtung des gemeinschaftlichen Eigentums den übrigen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten ist.

Bauvorhaben kam zu Stillstand: Was ist mit den Ansprüchen der Eigentümer?

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Das Grundstück war mit einer Abbruchimmobilie bebaut. Diese sollte durch eine inzwischen insolvente Generalbauunternehmerin abgerissen und ein neues Gebäude errichtet werden. Das Bauvorhaben kam bereits während der Abrissarbeiten zum Stillstand. Die Beschlussanträge der Klägerin, die Verwalterin zu beauftragen, Angebote für die restlichen Abrissarbeiten, die Abdichtung der Nachbargiebel und die Erstellung der Ausführungspläne für das Objekt einzuholen, die Aufträge zu vergeben und die Arbeiten durchführen zu lassen sowie eine Sonderumlage zu erheben, wurden in einer Eigentümerversammlung vom 16.9.2021 abgelehnt.

Mit der Klage verlangt die Klägerin u.a. die gerichtliche Ersetzung der beantragten Beschlüsse. Das Amtsgericht (AG) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht (LG) den Beschluss ersetzt, dass ein Sachverständigengutachten zu den voraussichtlichen Kosten für den Abriss des Bestandsgebäudes und die Errichtung des Gemeinschaftseigentums eingeholt, die Verwalterin mit der Einholung von Angeboten für das Gutachten beauftragt und die Beklagte zur Beschlussfassung über die Vergabe des Auftrags und dessen Finanzierung verpflichtet wird. Mit der von dem LG zugelassenen Revision wollte die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Der BGH: Im Ausgangspunkt steht der Klägerin ein Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums zu. Dabei liegt der Fall hier insofern besonders, als einem Erwerber, wie der Klägerin, schon in diesem frühen Stadium Ansprüche aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zustehen können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht nämlich eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Erwerber sind bereits Wohnungseigentümer, obwohl das nicht von dem teilenden Eigentümer, sondern von einer Generalbauunternehmerin auf der Grundlage mit den Erwerbern geschlossener Werkverträge zu errichtende Gebäude nicht einmal ansatzweise fertiggestellt ist.

Ist wie hier das Binnenverhältnis zwischen den Erwerbern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entstanden, kann der Eigentümer im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden mithin plangerechten Zustand versetzt wird. Das entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und gilt auch für die erstmalige Errichtung bzw. Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums bei einem steckengebliebenen Bau.

Der Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums besteht unabhängig vom Fertigstellungsgrad des Gebäudes. Begrenzt wird dieser Anspruch im Fall des steckengebliebenen Baus durch den Grundsatz von Treu und Glauben. Danach entfällt dieser, wenn seine Erfüllung den übrigen Eigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist. Die Entscheidung darüber durfte das LG nicht durch die Beschlussersetzung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überantworten. Denn es ist Sache des Tatgerichts, unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtabwägung über die Unzumutbarkeit der erstmaligen Errichtung zu entscheiden. Dies wird das LG nun gemäß Ausführungen des BGH zu möglichen Kriterien nachholen müssen. U. a. werden der Fertigstellungsgrad der zu errichtenden Anlage und der Umfang der in Angriff zu nehmenden Arbeiten sowie die Höhe der noch zu tätigenden Investitionen von erheblicher Bedeutung sein. So wird es regelmäßig für eine Unzumutbarkeit der Ersterrichtung sprechen, wenn es zu Kostensteigerungen von über 50 % des ursprünglich Kalkulierten kommt. Hierin liegt indes keine starre Grenze. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls können schon geringere Kostensteigerungen zur Unzumutbarkeit führen. Auch wirtschaftlich sinnvolle Alternativen werden zu betrachten sein. Findet sich etwa ein Investor, der bereit ist, alle Einheiten im derzeitigen „unfertigen“ Zustand zu einem den Umständen nach angemessenen Preis abzukaufen, mag den Interessen einzelner Bauwilliger im Vergleich zu den Interessen einer verkaufswilligen Mehrheit weniger Gewicht beizumessen sein.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.12.2024, V ZR 243/23, PM 241/24

Vermieter: Steuerabzug für Hausgeldzahlungen in die Erhaltungsrücklage erst bei Verausgabung

Leistungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. im Rahmen der monatlichen Hausgeldzahlungen) sind steuerlich im Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht abziehbar. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liegen erst vor, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden. Damit hat der Bundesfinanzhof (BFH) die bisherige Sichtweise bestätigt.

Das war geschehen

Ein Ehepaar vermietete mehrere Eigentumswohnungen. Das an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage zugeführt. Insoweit erkannte das Finanzamt keine Werbungskosten an. Der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Das Finanzgericht (FG) Nürnberg wies die Klage ab und auch die Revision beim BFH blieb erfolglos.

Hausgeld war zwar erbracht…

Der Werbungskostenabzug erfordert einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Eheleute hatten den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgelds zwar erbracht und konnten hierauf nicht mehr zurückgreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört.

… aber noch nicht verausgabt

Auslösender Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Erst dann kommen sie der Immobilie zugute.

Beachten Sie: Durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt. Der Hoffnung, dass die Zahlung in die Erhaltungsrücklage deshalb sofort im Zahlungsjahr abzugsfähig ist, hat der BFH ausdrücklich eine Absage erteilt.

Quelle: BFH, Urteil vom 14.1.2025, IX R 19/24, PM 10/25 vom 25.2.2025

Mietende: Geringerer Schadenersatz des Vermieters bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

Hat der Vermieter Ersatzansprüche wegen des Zustands der Mietsache bei Rückgabe, muss er sich bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel die Kosten anrechnen lassen, die er mangels eigener Renovierungsarbeiten erspart hat. So hat es das Amtsgericht (AG) Hanau entschieden.

Vermieter verlangte Kostenersatz für Tapezier- und Streicharbeiten

Das Mietverhältnis zwischen den Parteien lief über 13 Jahre, der Vertrag enthielt eine Klausel hinsichtlich der durch den Mieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen. Nach Wohnungsrückgabe führte der Vermieter Tapezier- und Streicharbeiten durch. Die Kosten verlangte er von dem Mieter ersetzt. Denn dieser habe sie mit bunten Farben (gelb, grün und rosa) zurückgegeben, was eine Weitervermietung nicht ermögliche. Zudem habe es viele nicht verschlossene Dübellöcher gegeben.

Klage abgewiesen

Das AG hat entschieden: Der Vermieter kann Streich- und Tapezierarbeiten in der Wohnung nicht ersetzt verlangen kann, weil er selbst zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet war. Es hat die Klage des Vermieters daher abgewiesen.

Worauf es ankommt und worauf nicht

Darauf, ob der Mieter dem Vermieter die Kosten für die Streich- und Tapezierarbeiten erstatten muss, komme es nicht an. Denn der Vermieter hätte während der gesamten Laufzeit des Mietvertrags die Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchführen müssen. Die Klausel, nach der der Mieter hierzu verpflichtet wurde, war unwirksam, weil sie zu kurze Fristen setze. Außerdem sollte der Mieter nach einer anderen Klausel die Wohnung auch bei Einzug streichen, was ebenfalls zur Unwirksamkeit der laufenden Renovierungspflicht führe. Daher musste stattdessen, wie auch an sich vom Gesetz vorgesehen, der Vermieter renovieren. Hätte er das getan, wären ihm aber Kosten entstanden. Diese nicht aufgewendeten Kosten müsse er von seinen Schadenersatzansprüchen abziehen.

Für die Bestimmung der ersparten Kosten hat das Gericht auf die Pauschalbeträge nach der Zweiten Berechnungsverordnung (hier: § 28 Abs. 4 II. BerechnungsVO) in der jeweiligen Höhe zurückgegriffen. Auch wenn diese hier keine unmittelbare Anwendung finden, lägen ihnen offiziell anerkannte Durchschnittswerte zugrunde. Bei über 13 Jahren Mietlaufzeit überstiegen sie die von dem Vermieter geltend gemachten Kosten um mehr als das Dreifache.

Quelle: AG Hanau, Urteil vom 29.11.2024, 32 C 265/23, PM vom 16.12.2024

Verbraucherpreisindex: Inflation als Grund für Mieterhöhung über Mietspiegel? Nein!

Das Gericht darf einen Zuschlag zum Mietspiegel vornehmen, um eine sachgerechte Einzelvergleichsmiete zu bilden. Voraussetzung: Zwischen dem Erhebungsstichtag des Mietspiegels und dem Zeitpunkt, an dem das Zustimmungsverlangen zugestellt wurde, werden außergewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete festgestellt. Eine solche liegt aber nicht vor, wenn der Verbraucherpreisindex ansteigt. So sieht es das Landgericht (LG) München.

Der Vermieter begehrte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Er wollte u.a. einen sog. Stichtagszuschlag auf die von ihm ermittelte Vergleichsmiete addieren. Der Verbraucherpreisindex habe sich im Zeitraum zwischen Januar 2022 (als dem maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung der Daten für den qualifizierten Mietspiegel 2023) und Juni 2023 (Zugang des Mieterhöhungsverlangens) aufgrund einer ungewöhnlichen Steigerung der Mieten von rund 3% erhöht.

Das LG: Ein Stichtagszuschlag komme nicht in Betracht. Die Mieterhöhung könne nicht auf den qualifizierten Mietspiegel und ergänzend auf einen Anstieg des Verbraucherpreisindex gestützt werden. Ein Anstieg gemäß Index für Nettokaltmieten von nur wenig mehr als 3% sei nicht außergewöhnlich hoch. Die Einführung einer „Stichtagspraxis“ würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen, die die sog. Befriedungsfunktion des Mietspiegels gefährden könne.

Quelle: LG München I, Urteil vom 17.7.2024, 14 S 3692/24

Vorschusszahlungen: Wirtschaftsplan: Reichweite der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer

Eine im Wohnungseigentumsgesetz oder in einer Vereinbarung vorgesehene Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer umfasst sowohl die erste Beschlussfassung als auch erneute Beschlussfassungen über die bereits geregelte Angelegenheit. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt.

Folge: Die Frage, ob die Wohnungseigentümer einmal oder mehrfach über dieselbe Angelegenheit entscheiden dürfen, betrifft nicht die Beschlusskompetenz, sondern die ordnungsmäßige Verwaltung. Der BGH weiter: Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht (WEG) auch nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs einen Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans fassen. Die hierfür erforderliche Beschlusskompetenz folgt aus § 28 Abs. 1 WEG. Ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel lässt die Kompetenz der Wohnungseigentümer für einen Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans nicht entfallen.

Schließlich werde ein Zweitbeschluss über die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans regelmäßig nur ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit des Erstbeschlusses bestehen und schutzwürdige Belange einzelner Wohnungseigentümer hinreichend berücksichtigt werden.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.9.2024, V ZR 235/23

Vertragsklausel: Mieterhöhung: Das ist bei Indexklauseln zu beachten

Eine im Wohnraummietvertrag vereinbarte Indexklausel, die ausschließlich eine Erhöhungsmöglichkeit vorsieht, kann nach Ansicht des Landgerichts (LG) Berlin II weder individual- noch formularvertraglich vereinbart werden.

Nachteilsverbot beachten

Den Mietvertragsparteien sei nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 557b Abs. 1 BGB) die Vereinbarung einer näher definierten Indexmiete gestattet, allerdings nicht in Gestalt einer „upwards only“-Klausel. Das Verbot einer den Vermieter begünstigenden Einseitigkeitsklausel (sog. Nachteilsverbot) ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Der Gesetzgeber habe sich aber von einem entsprechenden Motiv leiten lassen, also bei fallendem Index müsse eine entsprechende Mietabsenkungsmöglichkeit eröffnet sein.

Vermieterseitige Allgemeine Geschäftsbedingung

Im Streitfall ergab sich bereits aus der Erscheinungsform des Textes und seinem Regelungsinhalt, dass es sich um von der Vermieterseite gestellte AGB handelte. In Anwendung der Unklarheitenregelung in § 305c Abs. 2 BGB war die Vertragsbedingung als eine den Mieter unangemessen benachteiligende Einseitigkeitsklausel zu werten. Aber auch eine „im Einzelnen ausgehandelte“ Individualvereinbarung sei angesichts des o. g. Nachteilsverbots unzulässig, so das LG.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 20.6.2024, 67 S 83/24