Mietminderung: Mieter muss Beeinträchtigungen durch nachbarliche Baustelle konkret darlegen

Stützt der Mieter eine Mietminderung auf Lärm- und Staubbeeinträchtigungen durch die Baustelle des Nachbarn, muss er darlegen und beweisen, dass die Mietwohnung konkreten Immissionen ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar und wesentlich beeinträchtigen. Sofern das Bauvorhaben verschiedene Bauphasen mit unterschiedlichen Lärm- und Schmutzimmissionen durchläuft, muss der Mieter vortragen, welche Art von Beeinträchtigungen zu welchen Tageszeiten und über welche Zeitdauer in welcher Frequenz ungefähr aufgetreten sind. So hat es das Landgericht (LG) Berlin nun klargestellt.

Es ging um eine Mietminderung wegen Neubauarbeiten auf dem benachbarten Grundstück im Zeitraum April 2019 bis zum Spätsommer 2019. Der Mietvertrag enthielt keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung darüber, welche Immissionen vertragsgemäß auf die Mietsache einwirken (dürfen). Die Mieter behaupteten konkrete Beeinträchtigungen durch die Baustelle des Nachbarn.

Im Prozess legten sie zwei Fotos und ein „Lärmprotokoll vom 24.9.19“ vor. Die Vermieterin beanstandete, dass sich der Vortrag der Mieter auf einen im Zeitpunkt der Klageerhebung mehrere Monate zurückliegenden Zeitraum beschränke. Sie sei sicher, dass nicht von Beginn der Bauarbeiten an ein gleichmäßiger „Lärmpegel“ bestanden habe, zumal die Gründungsarbeiten abgeschlossen seien und mit lärm- und staubintensiven Maßnahmen nicht mehr zu rechnen sei. Darauf reagierten die Mieter nicht. Sie beantragten die Feststellung einer Minderung der Bruttomiete um durchgehend 20 Prozent ab April 2019 bis Ende 2020.

Damit hatten sie keinen Erfolg. Die Mieter nahmen die Berufung nach Hinweis des LG zurück.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 9.2.2023, 65 S 111/22

Mietpreisbremse: Wann verjährt der Auskunftsanspruch des Mieters?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in vier Verfahren entschieden, dass der Auskunftsanspruch des Mieters gegen den Vermieter nach den Vorschriften zur sogenannten Mietpreisbremse nach drei Jahren verjährt. Er hat auch klargestellt, wann die Verjährungsfrist beginnt.

Das war geschehen

In allen Verfahren macht die Klägerin, eine in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragene GmbH, aus abgetretenem Recht Ansprüche von Mietern, deren Wohnungen gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.4.2015 in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegen, wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe gegen die beklagten Vermieter geltend. Sie verlangt, Auskunft über verschiedene für die Berechnung der zulässigen Miethöhe maßgebliche Umstände zu erteilen, die Rückzahlung ihrer Ansicht nach überzahlter Miete und als Schadenersatz die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten berufen sich unter anderem auf Verjährung des Auskunftsanspruchs.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat entschieden, dass der Auskunftsanspruch selbstständig und unabhängig von dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjährt. Die Verjährungsfrist beginnt dabei nicht wie noch das Landgericht (LG) angenommen hatte mit der Entstehung des Auskunftsanspruchs im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Auskunftsanspruch kann damit vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren.

Bei dem Auskunftsanspruch handelt es sich zwar um einen Hilfsanspruch zu dem auf Rückzahlung überzahlter Miete gerichteten Hauptanspruch des Mieters. Er unterscheidet sich aber von dem Auskunftsanspruch gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 242 BGB, „Treu und Glauben“). Letzterer verjährt grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch, dem er dient. Besonders wichtig: Der Gläubiger (Mieter) wird nicht erst auf der Grundlage der Auskunft in die Lage versetzt, seinen Zahlungsanspruch zu verfolgen und durchzusetzen. Der Mieter muss in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge nur die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Grundtatbestands des § 556d Abs. 1 BGB das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % bei Mietbeginn darlegen und gegebenenfalls beweisen. Hierfür benötigt er die Auskunft des Vermieters in der Regel nicht, welche nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren, vor allem aber die vom Vermieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB umfasst.

Verjährungsfrist von drei Jahren

Die für den Auskunftsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt nicht bereits mit dessen Entstehung (Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses), sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Gesetzgeber hat diesen Anspruch als sog. verhaltenen Anspruch ausgestaltet, bei dem der Gläubiger (hier der Mieter) die Leistung jederzeit verlangen kann, der Schuldner (hier der Vermieter) die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss. Für diese Einordnung sprechen der Wortlaut der gesetzlichen Regelung („auf Verlangen des Mieters“) sowie der Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, der darin besteht, ein durch die strukturelle Unterlegenheit auf angespannten Wohnungsmärkten bedingtes Informationsdefizit des Mieters auszugleichen. Für diese Einordnung spricht außerdem die für verhaltene Ansprüche charakteristische und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter als unbillig empfundene Gefahr einer Anspruchsverjährung infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs.

Quelle: BGH, Urteile vom 12.7.2023, VIII ZR 375/21, VIII ZR 8/22, VIII ZR 60/22 und VIII ZR 125/22, PM 110/23

WEG: Entscheidung über den Abschluss einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung

Das Landgericht (LG) Karlsruhe hat festgestellt: Bei einer die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtenden anwaltlichen Vergütungsvereinbarung muss zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Eine weitergehende Delegation an den Verwalter ist abgesehen von tatsächlich geringfügigen Vergütungsbeträgen durch Beschluss nicht möglich.

Das war geschehen

Die Eigentümer hatten beschlossen, dem Verwalter die Befugnis zum Führen von Beschlussklagen auf Passivseite zu erteilen. Darüber hinaus durfte der Verwalter nach dem Beschluss selbst über die Auswahl eines Rechtsanwalts, den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung und die Abstimmung der Strategie entscheiden sowie darüber, ob Rechtsmittel eingelegt werden.

Entscheidungskompetenz überschritten

Das LG: Der Beschluss ist hinsichtlich der geregelten Entscheidungskompetenz des Verwalters ungültig, da er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Denn bei einer Vergütungsvereinbarung müsse zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Auch wenn nicht genau dieser Aspekt in der Klagebegründung angeführt worden sei, sei doch im Kern innerhalb der Klagebegründungsfrist deutlich beanstandet worden, dass insbesondere wegen der Kostenmehrung diese Delegation auf die Verwalterin gerügt werde. Auch zum alten Recht habe nichts anderes gegolten: Jenseits der Streitwertvereinbarungen bedürfe es für eine sonstige („echte“) Vergütungsvereinbarung (mit Zeithonorar o.ä.) für eine Angelegenheit, die den Verband betreffe, eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Damit dieser den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspreche, müssten (nach altem und neuem Recht) besondere Gründe vorliegen.

Ein praktischer Bedarf für Vergütungsvereinbarungen bestehe in der Regel in WEG-Sachen nicht. Hinzu komme, dass nur bei einer Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gewährleistet sei, dass im Obsiegensfall alle Kosten vom Gegner im Rahmen der Kostenfestsetzung erlangt werden können. Bei einer Abrechnung außerhalb des gesetzlichen Preisrechts würde sich selbst bei der Beauftragung eines Freiberuflers außerdem die Frage stellen, ob Vergleichsangebote anderer Anbieter einzuholen seien. Als besonderer Grund, der ausnahmsweise eine Vergütungsvereinbarung rechtfertigen könne (und ggf. zugleich auch die Einholung von Vergleichsangeboten entbehrlich mache), komme eine besondere fachliche Qualifikation des Rechtsanwalts, ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihm oder eine Vorbeauftragung in einer mit dem vermeintlichen Anspruch tatsächlich zusammenhängenden Angelegenheit in Betracht. Diese Gründe müssten der Ermessensentscheidung der Eigentümerversammlung zugrunde liegen und könnten auch im Beschlusstext benannt werden; jedenfalls müsse der zu beauftragende Rechtsanwalt aus dem Beschlusstext erkennbar sein. Denn insoweit bestehe ein unauflöslicher Zusammenhang zwischen seiner Person und den Gründen für eine Vergütungsvereinbarung.

Quelle: LG Karlsruhe, Urteil vom 4.9.2023, 11 S 68/22

Wohnungsauszug: Wer zahlt umzugsbedingte Schäden?

Wird bei einem Umzug ein Aufzug deutlich sichtbar verkratzt, kann der Mieter den Austausch der Edelstahlverkleidung schulden, auch wenn dies einen Aufwand von 13.550 Euro netto begründet. So sieht es das Landgericht (LG) Koblenz.

Das war geschehen

Der Mieter hatte bei dem Auszug aus seiner Wohnung auf einer Rückwand und einer Seitenwand im Personenaufzug eines Mehrfamilienhauses zwei deutlich sichtbare Kratzer verursacht. Während der Vermieter den Austausch der Seitenteile aus Edelstahl verlangte, zahlte die (Privat-)Haftpflichtversicherung des Mieters 5.000 Euro und lehnte eine weitergehende Zahlung als unverhältnismäßig ab.

Das ergab die Beweisaufnahme

Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass es sich zwar nur um eine optische Beeinträchtigung handelte. Diese war aber deutlich sichtbar ist und konnte auf andere Weise nicht beseitigt werden.

Kein Abzug „Neu für Alt“

Einen Abzug „Neu für Alt“ hat das LG abgelehnt. Ein solcher wird in der Regel im Rahmen einer Schadenersatzpflicht gemacht, wenn eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt oder durch den Einbau von Neuteilen repariert wird. In der Folge kann dies zu einer Werterhöhung zugunsten des Geschädigten führen. Der Geschädigte muss dann die Differenz ausgleichen und den Abzug hinnehmen.

Das LG: Mit der Wiederherstellung der beschädigten Wandverkleidungen geht weder eine Verbesserung des Aufzugs noch eine Verlängerung seiner Lebensdauer einher. Ein Aufzug ist stetig im Hinblick auf die Betriebssicherheit zu überprüfen und muss ständig dem jeweiligen Stand der Technik angepasst werden. Folge: Aufzüge müssen regelmäßig erneuert und modernisiert werden.

Quelle: LG Koblenz, Urteil vom 24.4.2023, 4 O 98/21

Arztpraxis: Mieter darf Einsicht in Baugenehmigung verlangen

War für eine im Mietvertrag vereinbarte Nutzungsänderung eine Baugenehmigung nötig, kann der Mieter vom Vermieter eine Kopie der Genehmigung verlangen. Er muss sich nicht allein mit der Nachricht des Vermieters zufriedengeben, dass „alle Unterlagen vorlägen“. So entschied es jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg.

Vermieter musste Nutzbarkeit der Flächen für Arztpraxis gewährleisten

Die Parteien hatten einen Mietvertrag über Flächen im Erdgeschoss, im 1. Obergeschoss und über Nebenflächen im Untergeschoss geschlossen, in denen eine kardiologische Arztpraxis und gleichgelagerte Therapieformen betrieben werden sollten. Bei Vertragsschluss lag für das 1. Obergeschoss insoweit noch keine Baugenehmigung vor. Vertraglich verpflichtete sich der Beklagte (Eigentümer und Vermieter), „die Nutzbarkeit der Flächen im 1. Obergeschoss zum vereinbarten Mietzweck bis zum 31.12.2020 zu gewährleisten“.

Vermieter muss Baugenehmigung vorlegen

Das OLG bejahte einen Anspruch auf Vorlage der Baugenehmigung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Zwischen den Parteien bestand eine Sonderverbindung aufgrund des Mietvertrags.

Die Genehmigung war zwingend, um die Praxis betreiben zu können. Eine bauliche Anlage ohne die erforderliche Genehmigung ist eine Ordnungswidrigkeit. Damit war die erfolgreiche Genehmigung ein für den Vertrag wesentlicher Umstand. Für den Mieter war es für den Vermieter erkennbar entscheidend, zu wissen, ob bis zu der im Vertrag vereinbarten Frist die Baugenehmigung vorliegt. Dass er auch nach der vertraglichen Frist (31.12.) noch nicht weiß, ob die Genehmigung vorliegt oder er Gefahr läuft, die Räume ordnungswidrig zu nutzen, sei dem Kläger nicht zumutbar. Eine Kopie vorzulegen, war dem Vermieter zuzumuten.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 12.6.2023, 3 W 23/23

Gewerberaummiete: Trotz langjähriger pünktlicher Mietzahlung darf Vermieter kündigen

Die fristlose Kündigung eines Gewerbemietvertrags ist auch dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn es aufgrund eines Versehens zu einem kündigungsrelevanten Rückstand kam. So durchaus hart sieht es das Kammergericht (KG) Berlin.

Miete nur versehentlich nicht gezahlt

Das Landgericht (LG) hatte die Mieterin aufgrund fristloser Zahlungsverzugskündigung verurteilt, Gewerberäume zu räumen und herauszugeben. Die Mieterin hielt die Kündigung für rechtsmissbräuchlich, weil sie die Miete während der achtjährigen Mietzeit vertragsgemäß gezahlt habe. Der Vermieterin habe sich aufdrängen müssen, dass kein Fall von Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit, sondern ein Versehen vorgelegen habe.

Kammergericht „ohne Gnade“

Damit hatte sie auch in der Berufung keinen Erfolg. Das KG hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Eine vorherige Abmahnung war danach nicht erforderlich. Unerheblich sei, dass anschließend der Rückstand ausgeglichen wurde. Etwas anderes gelte nur für Wohnraum.

Eine Abmahnung sei nur ausnahmsweise geboten, wenn sich dem Vermieter aufdrängen müsse, der Zahlungsrückstand beruhe auf einem geringfügigen Versehen. Wenngleich es seit dem Jahr 2014 keine Zahlungsunregelmäßigkeiten gegeben habe, sei nicht ersichtlich, dass die Vermieterin dies für den Zeitraum vor Übernahme des Mietverhältnisses habe überblicken können. Die Räumungsklage sei auch wegen einer ordnungsgemäßen ordentlichen Kündigung der Vermieterin wirksam.

Befristung des Mietvertrags half nicht

Die Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31.8.2025 stehe dem nicht entgegen, weil diese wegen Schriftformmangels unwirksam sei. Denn es habe eine wesentliche Vertragsänderung gegeben. Hier sah der Mietvertrag vor, dass die Mieterin Umbaumaßnahmen auf eigene Kosten durchführen werde. Diese Vereinbarung war später formlos geändert worden. Und weil „5 Mio. Euro für den Trockenbau des Bauprojekts investiert“ wurden, lag im Zusammenhang mit einer erheblichen Umplanung der Raumaufteilung eine wesentliche und damit formbedürftige Vertragsänderung vor.

Quelle: KG, Urteil vom 16.3.2023, 8 U 178/22

Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung: Mehrere Vermieter müssen gemeinsam klagen

Die erfolgreiche prozessuale Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zur Vergleichsmietenerhöhung erfordert im Fall einer Vermietermehrheit, dass sämtliche Vermieter klagen. Das sagt das Landgericht (LG) Berlin.

Selbst im Fall der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft wäre ein auf Leistung an sämtliche Rechtsinhaber gerichteter Klageantrag erforderlich, so das LG. Prozessuale Folge: Eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung muss von allen Vermietern erhoben werden, die eine sog. „notwendige Streitgenossenschaft“ bilden. Nur dann ist durch die Klageerhebung die Klagefrist gewahrt.

Quelle: LG Berlin, Beschluss vom 25.4.2023, 67 S 223/20

Aufnahme von Flüchtlingen: Kein Anspruch des Mieters auf Zustimmung zur Untervermietung

Die Aufnahme von Flüchtlingen stellt kein mieterbezogenes berechtigtes Interesse dar, sondern ein (Fremd-)Interesse Dritter. Dieses Interesse ist auch nicht nachträglich entstanden, weil es bereits vor Mietvertragsabschluss Flüchtlinge auch ukrainische gab. So sieht es das Amtsgericht (AG) München.

Das war geschehen

Der Mieter begehrte von den Vermietern die Erlaubnis, den Gebrauch der Dachgeschosswohnung des von ihm angemieteten Einfamilienhauses an zwei Asylbewerber aus der Ukraine zu überlassen. Im Mietvertrag ist zur Untermiete geregelt, dass der Vermieter eine solche ausschließe; sofern es diesbezüglich Gesprächsbedarf gebe, werde dies „im Vorfeld genau besprochen und definiert“.

Zwar Verstoß gegen geltendes Recht …

Dem Mieter stehe kein Anspruch auf Untervermietung eines Teils des angemieteten Wohnhauses zu, so das AG. Zwar verstoße die vertragliche Klausel zur Untervermietung gegen das Bürgerliche Gesetzbuch (hier: § 553 Abs. 3 BGB) und sei daher unwirksam. Voraussetzung für einen Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung sei jedoch ein berechtigtes Interesse des Mieters hierzu, das nach Abschluss des Mietvertrags entstanden sein müsse. Dieses liege nicht vor.

… aber keine Änderung der persönlichen Umstände

Vorliegend habe der Mieter von vornherein ein großes Haus nur für sich und seine beiden minderjährigen Kinder gemietet. Die umfangreiche Wohnfläche sei nicht durch ein nachträgliches Ereignis für ihn zum Teil überflüssig geworden. Das Interesse an der Überlassung müsse mit dem Zweck des Wohnraummietvertrags in einem Zusammenhang stehen.

Maßgebliches Ziel des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB sei es, dem Mieter die Wohnung als Lebensmittelpunkt zu erhalten, nachdem sich bestimmte private Umstände bei ihm nach Abschluss des Mietvertrags so geändert haben, dass der Erhalt der Wohnung gefährdet sei. Vorliegend fehle es sowohl an einer derartigen Änderung der persönlichen Umstände, als auch an einer Änderung nach Abschluss des Mietvertrags. Auch vor der Anmietung des Hauses habe es in Deutschland bereits Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Ländern gegeben. Selbst ukrainische Flüchtlinge habe es bereits vor diesem Zeitpunkt geben. § 553 Abs. 1 BGB sei nicht geschaffen worden, damit der Mieter die Interessen anderer Personen wahrnehmen könne, sondern der Vermieter solle danach ausnahmsweise eine Untervermietung des Mieters erlauben müssen, wenn sich nach Anmietung die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er die Wohnung aufgeben müsse, wenn ihm eine Untervermietung nicht gestattet werde.

Quelle: AG München, Urteil vom 20.12.2022, 411 C 10539/22

Unwirksamkeit: Eigenbedarfskündigung für mehrere namentlich unbenannte Kinder

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarf, nennt aber nicht die Namen seiner Kinder, die künftig die Wohnung nutzen sollen, ist dies unwirksam. So hat es das Landgericht (LG) Berlin entschieden.

Vermieter benötigte die Wohnung für seine Kinder

Ein Vermieter Vater von vier Kindern kündigte den Wohnraummietvertrag wegen Eigenbedarf. Er begründete die Kündigung mit der künftigen Nutzung der Wohnung durch zwei seiner Kinder. Er nannte die Namen der Kinder jedoch nicht in der Kündigung.

Die Räumungsklage hatte daher keinen Erfolg. Das LG sah die formellen Voraussetzungen der Kündigung nicht als erfüllt an. Nach dem Gesetz (hier: § 573 Abs. 3 S. 1 BGB) sind die Gründe, auf die das berechtigte Interesse des Vermieters gestützt wird, in der Kündigung anzugeben, weil dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition verschafft werden soll. Er soll so in die Lage versetzt werden, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.

Kündigungsgrund muss konkret beschrieben werden

Diesem Zweck werde im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Nur eine solche Konkretisierung ermögliche es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechslung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden solle.

Mieter konnte sich nicht angemessen verteidigen

Dementsprechend sei bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend. Diese gesetzlich geforderten Mindestangaben enthalte das Kündigungsschreiben nicht. Anhand der Angaben zu den Bedarfspersonen seien diese bereits nicht ausreichend identifizierbar. Damit war es dem Mieter nicht möglich, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, da die als Bedarfspersonen benannten Kinder weder namentlich noch sonst näher bezeichnet waren.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 14.2.2023, 67 S 288/22

WEG: Bauaufsichtliche Verfügung richtet sich gegen die Gemeinschaft, nicht gegen die Eigentümer

Eine bauaufsichtliche Verfügung, die brennbare Fassade zu entfernen, betrifft das Gemeinschaftseigentum und muss sich daher an die Wohnungseigentümergemeinschaft richten. Die einzelnen Wohnungseigentümer können die Befolgung der Verfügung nicht verhindern. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden (16.11.22, 1 Me 106/22).

Im Juli 2019 wurde einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgegeben, bis Sommer 2021 die brennbare Fassadenverkleidung des zwölfgeschossigen Hochhauses, errichtet in den 70er Jahren, zu entfernen. Da die Frist ungenutzt verstrich, setzte die Behörde im Mai 2022 ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 200.000 Euro an.

Dagegen richtete sich der Antrag auf Eilrechtsschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese meinte, es sei eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer erforderlich. Zudem habe bis dato kein Beschluss über die brandschutzrechtliche Sanierung gefasst werden können. Das Verwaltungsgericht (VG) wies den Eilantrag ab.

Die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft war erfolglos. Eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer sei nicht erforderlich gewesen, so das OVG. Verstößt eine in Wohnungseigentum aufgeteilte bauliche Anlage hinsichtlich der in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Gebäudeteilen, wie etwa der Fassade, gegen öffentliches Baurecht, sei richtiger Adressat der bauaufsichtlichen Verfügung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese übe die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebenden Rechte aus und nehme die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien insoweit von der Verwaltung ausgeschlossen. Sie könnten die Gemeinschaft nicht daran hindern, eine wirksame und vollziehbare bauaufsichtliche Verfügung zu befolgen. Aufgrund der wirksamen und vollziehbaren bauaufsichtlichen Anordnung stehe für die Gemeinschaft verbindlich und ohne Rücksicht auf eine fehlende oder gegenläufige Beschlussfassung fest, dass ein Handeln geboten ist. Der einzelne Wohnungseigentümer könne die Gemeinschaft nicht unter Berufung auf zivilrechtliche Bestimmungen zur Willensbildung im Innenverhältnis hindern, ihrer öffentlichen Handlungspflicht nachzukommen.

Quelle: OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.11.2022, 1 Me 106/22