Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit: Zuschläge bei Urlaubsentgelt sind beitragspflichtig

Auch wenn Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen im dreizehnwöchigen Referenzzeitraum zutreffend beitragsfrei ausgezahlt worden sind, unterliegt der auf sie entfallende Anteil des Urlaubsentgelts der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. So lautet eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen.

Urlaubsentgelt: Bemessung nach dem Bundesurlaubsgesetz

Hintergrund: Gemäß Bundesurlaubsgesetz (§ 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG) bemisst sich das für Urlaubszeiten zu gewährende Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.

Keine tatsächliche Leistung für den Zuschlag während des Urlaubs

Nach dem Einkommensteuergesetz (§ 3b EStG) sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Soweit sich zuvor ausgezahlte Zuschläge entgelterhöhend im Rahmen der Lohnfortzahlung für Urlaubstage auswirken, sind sie mangels damit korrespondierender tatsächlich geleisteter Arbeit während des Urlaubszeitraums nicht lohnsteuer- und beitragsfrei.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 8.5.2023, L 2 BA 26/22

Jahreswechsel: Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: GbR-Neuregelungen gelten ab 2024

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde das Recht der Personengesellschaften reformiert. Insbesondere für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wurden zahlreiche Bestimmungen geändert oder neu eingefügt. Das Gesetz wurde bereits Mitte 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet, es tritt aber „erst“ zum 1.1.2024 in Kraft. Daher sollte in den nächsten Monaten geprüft werden, ob und in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht.

Rechtsfähigkeit

Die Rechtsfähigkeit der als Außengesellschaft auftretenden GbR ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2001 anerkannt. Die neu gefassten Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier §§ 705 ff. BGB) übernehmen dies und gehen daher von der Rechtsfähigkeit der GbR aus.

Beachten Sie: Von der rechtsfähigen GbR ist die nicht rechtsfähige GbR abzugrenzen. Für diese reinen Innengesellschaften enthalten die §§ 740 ff. BGB spezielle Regelungen.

Gesellschaftsregister

Für rechtsfähige GbR wurde mit dem Gesellschaftsregister ein eigenes öffentliches Verzeichnis geschaffen (vgl. hierzu §§ 707 bis 707d BGB). Dieses Register kann von jedermann eingesehen werden. Es beinhaltet Angaben zur Gesellschaft, zu den Gesellschaftern und zur Vertretungsbefugnis der Gesellschafter.

Beachten Sie: Die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist grundsätzlich freiwillig. Insbesondere hat die Eintragung nichts mit der Frage der Rechtsfähigkeit zu tun, das heißt, eine rechtsfähige GbR kann auch dann bestehen, wenn sie nicht in das Gesellschaftsregister eingetragen ist.

Jedoch ist die Registereintragung Voraussetzung für die wirksame Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte nämlich den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Kapitalgesellschaften sowie den Erwerb von Grundbesitz und von Immaterialgüterrechten, wenn diese in öffentlichen Registern eingetragen sind (z. B. Marken- oder Patentrechte).

Innenverhältnis

Hinsichtlich des Innenverhältnisses der GbR hat die IHK Köln folgende Punkte zusammengefasst:

  • Wie sich die Gesellschafter untereinander organisieren, wird im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.
  • Gibt es keine Regeln oder keinen Vertrag, gelten ab 2024 folgende Grundsätze:
  • Die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Wurden keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 709 Abs. 3 BGB).
  • Die Geschäfte führen alle Gesellschafter gemeinsam.
  • Der Austritt oder die Kündigung eines Gesellschafters führt nicht mehr automatisch zur Auflösung der GbR.

Bei allen Neuerungen bleiben aber auch viele Grundsätze unverändert, z. B. haften Gesellschafter weiterhin gesamtschuldnerisch.

Beachten Sie: Die IHK Köln gibt auf ihrer Website einen Überblick über die Regelungsbereiche mit weiterführenden Links. Diese finden Sie unter www.iww.de/s8213.

Quelle: Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), BGBl I 2021, S. 3436; IHK Köln „Übersicht: Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ unter www.iww.de/s8213; BGH, Urteil vom 29.1.2001, II ZR 331/00

Wettbewerb: Gesundheitsmagazin: Ärzte-Siegel gegen Entgelt ist irreführend

Das Landgericht (LG) München hat der Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale hinsichtlich der Verleihung und Publizierung eines sog. „Ärzte-Siegels“ gegen einen Verlag stattgegeben.

Das war geschehen

Der Kläger beanstandete, dass die Beklagte gegen Entgelt an Ärztinnen und Ärzte Siegel verleiht, die sie mit „Top Mediziner“ bzw. „Focus Empfehlung“ auszeichnen. Einmal im Jahr erscheint bei der Beklagten das Magazin „FOCUS Gesundheit“ unter dem Titel „Ärzteliste“. Gegen eine zu bezahlende Lizenz in Höhe von rund 2.000 Euro netto erhalten Ärzte ein Siegel unter der Rubrik „FOCUS EMPFEHLUNG“, das sie sodann werbend benutzen können und dies auch (unter Angabe der Fachrichtung bzw. des Landkreises) tun.

Die Beklagte verstößt durch die Vergabe der Siegel, die nach ihrem eigenen Vortrag von den Ärzten werblich genutzt werden sollen, gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot. Mit den Siegeln wird bei deren angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt, dass die betreffenden Ärzte, die als „TOP-Mediziner“ bezeichnet bzw. mit „FOCUS-Empfehlung“ angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen. Die von der Beklagten gegen Bezahlung einer erheblichen sog. Lizenzgebühr vergebenen Siegel haben die Aufmachung eines Prüfzeichens und werden in den vorgelegten Medien auch als solche werbend verwendet.

Landgericht: Verbraucher verbindet mit Prüfsiegel Erwartungen

Hierzu führt das LG Folgendes aus: Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Siegel, die von der Beklagten lizenziert werden, ähnlich wie Prüfsiegel der Stiftung Warentest auffassen und davon ausgehen, die betreffenden Ärzte seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden. Nach der Lebenserfahrung habe der Hinweis auf ein Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers eine erhebliche Bedeutung. Der Verbraucher erwarte, dass ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt oder eine Dienstleistung von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft wurde und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehener Eigenschaften aufweisen.

Tatsächlich sei es aber selbst nach dem Vortrag der Beklagten so, dass sich die Qualität ärztlicher Dienstleistungen nicht mit Messgeräten im Testlabor ermitteln und vergleichen lasse. Vielmehr seien von den Kriterien, die nach dem Vortrag der Beklagten bei ihren Empfehlungslisten berücksichtigt würden, Kriterien dabei, die auf ausschließlich subjektiven Elementen beruhten, wie z. B. die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit.

Die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, die Lizenzierung sog. Siegel sei ein unselbstständiger, nachgelagerter Akt der Ärztelisten, der ebenfalls von der Pressefreiheit umfasst sei. Die Wettbewerbswidrigkeit der Prüfsiegel ergebe sich daraus, dass in irreführender Weise der Bereich des redaktionellen, wertenden Beitrags verlassen und der Eindruck erweckt wird, es finde eine Bewertung nach objektiven Kriterien statt.

Prüfsiegel gegen Entgelt gehört nicht zwingend zur Finanzierung von Medien

Hinzu komme, dass Medien zwar regelmäßig darauf angewiesen sind, sich durch Anzeigen zu finanzieren, nicht jedoch durch die Vergabe von Prüfsiegeln gegen ein nicht unerhebliches Entgelt. Dass dies eine unübliche, nicht zwingend erforderliche Art der Finanzierung redaktioneller Beiträge ist, zeigt der eigene Vortrag der Beklagten, wonach die Verteilung der Siegel erst eine Reaktion auf den vor etwa zehn Jahren eingetretenen sogenannten „Wildwuchs“ gewesen sei. Davor wurden die Magazine mit den Ärztelisten ganz offensichtlich anders finanziert.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 13.2.2023, 4 HKO 14545/21, PM 6/23

Sozialversicherungsbeiträge: Neue Beitragssätze in der Pflegeversicherung ab 1.7.2023

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2022 entschieden: Es ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, dass beitragspflichtige Eltern in der sozialen Pflegeversicherung unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet werden. Demzufolge wurde der Gesetzgeber aufgefordert, eine Neuregelung zu treffen. Dies ist nun mit Wirkung ab dem 1.7.2023 erfolgt.

Bisherige Beitragssätze

Bislang galten in der Pflegeversicherung folgende Beitragssätze (unterteilt nach Arbeitgeber (AG) und Arbeitnehmer (AN)):

  • Allgemein: 3,05 % (AG: 1,525 %; AN: 1,525 %)
  • Kinderlose: 3,40 % (AG: 1,525 %; AN: 1,875 %)
  • Allgemein Sachsen: 3,05 % (AG: 1,025 %; AN: 2,025 %)
  • Kinderlose Sachsen: 3,40 % (AG: 1,025 %; AN: 2,375 %)

Neue Beitragssätze

Ab Juli 2023 ist Folgendes zu beachten: Bei kinderlosen Mitgliedern gilt ein Beitragssatz von 4 %. Bei Mitgliedern mit einem Kind sind 3,4 % maßgebend. Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase um 0,25 % je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt (max. also 1 %). Der Abschlag gilt aber nur bis zum Ablauf des Monats, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat.

Das heißt für Mitglieder

  • ohne Kinder: 4 % (AG: 1,7 %; AN: 2,3 %)
  • mit einem Kind: 3,40 % (lebenslang: AG: 1,7 %; AN: 1,7 %)
  • mit zwei Kindern: 3,15 % (AG: 1,7 %; AN: 1,45 %)
  • mit drei Kindern: 2,90 % (AG: 1,7 %; AN: 1,2 %)
  • mit vier Kindern: 2,65 % (AG: 1,7 %; AN: 0,95 %)
  • ab fünf Kindern: 2,4 % (AG: 1,7 %; AN: 0,7 %)

In Sachsen zahlen AG 1,2 %. Zieht man vom jeweiligen Gesamtbeitrag den AG-Anteil ab, ergibt sich der jeweilige AN-Anteil, z. B. für Mitglieder ohne Kinder: 4 % (AG: 1,2 %; AN: 2,8 %).

Quelle: Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege, BR-Drs. 220/23 (B) vom 16.6.2023

Bundesverwaltungsgericht: Gewicht und Stückzahl sind bei vorverpackten Süßwaren anzugeben

Oft befinden sich in der zum Verkauf bestimmten Verpackung eines Lebensmittels mehrere Einzelpackungen. Auf diesen Verpackungen müssen nach der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) auch dann sowohl das Füllgewicht als auch die Anzahl der enthaltenen Einzelpackungen angegeben werden, wenn es sich bei den Einzelpackungen um kleinteilige Einzelstücke handelt, wie etwa einzeln umwickelte Bonbons. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Zahl der Süßigkeiten in der Verpackung fehlte

Die Klägerin bringt die von ihr hergestellten Bonbons und Schokoladen-Spezialitäten unter anderem in Beuteln in den Verkehr, in denen sich mehrere einzeln mit Bonbonpapier umwickelte oder auf ähnliche Weise umhüllte Stücke befinden. Bei einer amtlichen Kontrolle stellte das Landesamt für Mess- und Eichwesen des beklagten Landes Rheinland-Pfalz fest, dass auf mehreren der auf diese Weise im Handel angebotenen Produkte zwar das Gesamtgewicht der Süßigkeiten angegeben war, nicht hingegen die Zahl der enthaltenen Stücke. Es bemängelte das Fehlen der Angabe und leitete gegen einen Mitarbeiter der Klägerin ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein.

Die Klägerin wandte sich daraufhin an das Verwaltungsgericht (VG) mit dem Antrag, festzustellen, dass sie nicht gegen die maßgeblichen Regelungen der LMIV verstoße, wenn sie bestimmte Produkte ihres Sortiments ohne Angabe der Zahl der enthaltenen Stücke in den Handel bringe. Die Klage blieb erfolglos; die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) zurück.

Einschlägiges Gesetz eindeutig

Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Nach dem LMIV sind auf einer Vorverpackung, die aus zwei oder mehr Einzelpackungen besteht, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind, die Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen anzugeben. Die Produkte der Klägerin unterfallen dieser Vorschrift. Für ihre Annahme, die Vorschrift sei auf Vorverpackungen nicht anzuwenden, die kleinere, einzeln verpackte Stücke enthalten, findet sich im maßgeblichen Unionsrecht kein Anhaltspunkt.

Die Pflicht zur Angabe der Anzahl der in der Verpackung enthaltenen Stücke greift nicht unverhältnismäßig in die Grundrechte der Lebensmittelunternehmer ein. Die Angabe hat für die Verbraucherinnen und Verbraucher einen zusätzlichen Informationswert und fördert den durch die LMIV verfolgten Zweck, sie bei ihrer Kaufentscheidung in die Lage zu versetzen, das für ihre Bedürfnisse passende Lebensmittel auszuwählen.

Lebensmittelunternhemer sind nicht über Gebühr belastet

Durch diese Pflicht werden die Lebensmittelunternehmer nicht unangemessen belastet. Insbesondere ist es ihnen auch angesichts produktionsbedingter Schwankungen des Gewichts der Einzelstücke möglich, Gesamtgewicht und Stückzahl so anzugeben, dass sie nicht gegen die Vorschriften über die maximal zulässigen Füllmengenabweichungen verstoßen.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 9.3.2023, 3 C 15.21, PM 19/23

„Untreuer Gesellschafter“: Einkünftezurechnung bei unrechtmäßigem Betriebsausgabenabzug

Grundsätzlich ergibt sich der für die Verteilung der Einkünfte relevante Gewinnverteilungsschlüssel einer Mitunternehmerschaft entweder aus dem Gesetz oder aus den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen. Bisher war strittig, wie mit der Zurechnung von Mehrgewinnen umzugehen ist, die durch einen Gesellschafter aufgrund einer unberechtigten Entnahme entstanden sind („untreuer Gesellschafter“). Mit einem solchen Sachverhalt hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst befasst.

Das war geschehen

An der AB-GbR (Ingenieurbüro) waren A und B hälftig beteiligt. Der Gewinn wurde durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt. B hatte eine Vielzahl privater Aufwendungen (insgesamt 14.500 Euro) ohne Zustimmung des A aus Gesellschaftsmitteln beglichen (u.a. Reisen und Erwerb privater Gegenstände). Daher kündigte A das Gesellschaftsverhältnis fristlos und schied aus der GbR aus. Sein Anteil wuchs B zu, der das Ingenieurbüro als Einzelunternehmer fortführte.

Nach Überprüfung der Gewinnermittlung sah das Finanzamt den Betrag von 14.500 Euro als nicht betrieblich veranlasst an und erhöhte den Gesamtgewinn der GbR auf 69.000 Euro. Den Mehrgewinn rechnete das Finanzamt den Gesellschaftern A und B jeweils hälftig zu.

Mit privaten Aufwendungen war ein Gesellschafter nicht einverstanden

Gesellschafter A begehrte allerdings, den Mehrgewinn i. H. von 14.500 Euro allein seinem ehemaligen Mitgesellschafter zuzurechnen und nur den restlichen laufenden Gesamthandsgewinn hälftig zu verteilen. Weil das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg die Klage als unbegründet abwies, wandte sich A an den BFG und hier war er schließlich erfolgreich.

Ein Mehrgewinn, der aus der Korrektur nicht betrieblich veranlasster Betriebsausgaben stammt und im laufenden Gesamthandsgewinn enthalten ist, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, wenn die Aufwendungen ausschließlich einem Mitunternehmer zugutegekommen sind.

Einnahmen-Überschussrechnung vs. Bilanzierung: unterschiedliche Auswirkungen

Bei der Einnahmen-Überschussrechnung ist es unerheblich, ob ein Ersatzanspruch der GbR gegen den untreuen Gesellschafter durchsetzbar und werthaltig ist. Da bei dieser Art der Gewinnermittlung das Zu- und Abflussprinzip gilt, kommt es zu keinem aktivierbaren Ausgleichsanspruch. Ein etwaiger Ersatzanspruch der Gesellschaft ist erst zu berücksichtigen, wenn er erfüllt wird. Demgegenüber ist bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich („Bilanzierung“) zu prüfen, ob ein werthaltiger Ersatzanspruch besteht, der zu aktivieren ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 28.9.2022, VIII R 6/19

Markenrechtsstreit: Auf die Kleinschreibung kommt es nicht an: Verwechslungsgefahr bei Werbung für Automarken

Das Landgericht (LG) München I hat in einem Markenstreit zwischen zwei Automobilherstellern zugunsten der Klageseite entschieden und der Beklagten die angegriffene Werbung untersagt. Der beklagte Autokonzern bewirbt auf seiner Internetseite zwei seiner Automobile mit seinem Firmennamen sowie dem Zusatz „es 6“ bzw. „es 8“ und plant die von ihm dergestalt beworbenen Fahrzeuge in Deutschland auf den Markt zu bringen. Der Kläger nutzt die für ihn eingetragenen Marken „S6“ und „S8“.

Besteht Verwechslungsgefahr?

Der Kläger wandte sich mit seiner Klage auf Unterlassung, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Feststellung des Schadenersatzes mit dem Argument, dass bezüglich der für ihn eingetragenen Marken Verwechslungsgefahr bestehe. Das LG bejahte dies.

Das LG ging davon aus, dass der in der Werbung zu sehende Firmenname für die Bewertung der Verwechselungsgefahr rechtlich außer Betracht bleiben muss. Denn es handle sich bei dem angegriffenen Zeichen erkennbar um eine Kfz-Typenbezeichnung. Es gebe im Automobilbereich die Gepflogenheit, Typenbezeichnungen als eigenständige Marken im Sinne von Zweitmarken anzusehen. Es gelte dann der Grundsatz, dass Marken als Ganzes zu vergleichen seien.

„E“ für „Elektro…“ ist keine Unterscheidung

Zwar weiche die angegriffene Gestaltung des beklagten Unternehmens durch den zusätzlichen Buchstaben „E“ im Zeichen der Beklagten schriftbildlich und klanglich merkbar von der klägerischen Marke „S 6“ und „S 8“ ab. Der zusätzliche Buchstabe „E“ sichere jedoch vorliegend keine hinreichende Unterscheidungskraft. Beide Marken würden zumindest in klanglicher Hinsicht gedanklich in Verbindung gebracht, was unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und bestehenden Warenidentität zu einer mittelbaren Verwechslungsgefahr führe.

Landgericht: Verwechslungsgefahr bestätigt

Der Buchstabe „E“ in Verbindung mit einem Produkt sei nämlich aktuell als Abkürzung für „Elektro“/ „elektronisch“ quasi allgegenwärtig. Der Buchstabengebrauch betreffe sämtliche Lebensbereiche (z. B. als E-Akte das Gericht), insbesondere aber auch den Automobilbereich. Die Bedeutung bzw. der Ausbau der sogenannten „E-Mobilität“ sei ein wichtiges Gesellschaftsthema. Dementsprechend werde ein Kraftfahrzeug, das über einen Elektromotor verfüge, nicht nur als Elektroauto, sondern auch sehr häufig kurz als „E-Auto“ bezeichnet. Es sei deshalb zu erwarten, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das „E“ in dem angegriffenen Zeichen und damit den einzigen Unterschied zwischen den beiden Zeichen auch hier als in diesem Sinne beschreibend verstehe und darin lediglich einen Hinweis auf den Motortyp des Fahrzeugs sehe. Es bestehe die Gefahr, dass Verbraucher annehmen, der „ES 6“ sei der „S 6“ in der Elektroversion, die beiden Fahrzeuge seien vom selben Hersteller. Es gebe damit eine über die reine Assoziation hinausgehende Gefahr einer Verwechselung.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 19.1.2023, 1 HK O 13543/21, PM 1/23

Freiberufler und Gewerbetreibende: Corona-Hilfen sind nicht ermäßigt zu besteuern

Nach einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster sind die im Jahr 2020 gezahlten Corona-Hilfen keine außerordentlichen Einkünfte, die in der Einkommensteuer nur ermäßigt zu besteuern wären.

Ein Steuerpflichtiger führte als Einzelunternehmer einen Gewerbebetrieb, der eine Gaststätte und ein Hotel umfasste. Im Streitjahr 2020 war er von zeitweisen betrieblichen Einschränkungen und Schließungen aufgrund der Coronaschutzverordnungen des Landes NRW betroffen. Ihm wurden pandemiebedingte Soforthilfen, Überbrückungshilfen und vergleichbare Zuschüsse i. H. von 64.254 Euro gewährt.

Das Finanzamt unterwarf die erhaltenen Corona-Hilfen der tariflichen („normalen“) Einkommensteuer, was das FG Münster nun bestätigte.

Für das FG Münster kam eine ermäßigte Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 34 Abs. 1 EstG) nicht in Betracht. Die Begründung: Es liegen keine außerordentlichen Einkünfte vor, da es an einer Zusammenballung der Einkünfte fehlt.

Das FG Münster hat die Revision gegen die Entscheidung nicht zugelassen.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 26.4.2023, 13 K 425/22 E

Sparkassen-Prämiensparverträge: Lang erwartetes Urteil zur Zinsanpassung

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat in einem Musterfeststellungsverfahren eines Verbraucherschutzverbandes gegen eine Sparkasse entschieden: Sparkassen sind verpflichtet, die Zinsanpassung für Sparverträge auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8 bis 15-jähriger Restlaufzeit vorzunehmen.

Der klagende Verbraucherschutzverband hat die Feststellung der Voraussetzungen für die Zinsberechnung bei Prämiensparverträgen der beklagten Sparkasse begehrt, die ab dem Jahr 1993 bis Anfang 2006 ausgereicht und spätestens im Jahr 2018 beendet waren. Das OLG hat nach Einholen eines Sachverständigengutachtens festgestellt, dass die Zinsberechnung anhand der im Urteilsausspruch bezeichneten Zinsreihe aus den von der Bundesbank veröffentlichten Zinssätzen vorzunehmen ist.

Bei dieser Zinsanpassung muss der relative Zinsabstand monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle gewahrt bleiben. Außerdem sagt das OLG: Der vertragliche Anspruch von Kunden der im Musterverstellungsverfahren beklagten Sparkasse, die Verbraucher sind, entsteht hinsichtlich des Guthabens und der Zinsen aus den streitgegenständlichen Prämiensparverträgen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrags.

Quelle: OLG Naumburg, Urteil vom 9.2.2023, 5 MK 1/20, PM 2/23

Wettbewerbsverstoß: Wettbewerbsrechtliche Haftung für Affiliate-Partner

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Der Betreiber eines Affiliate-Programms, also eines Partnerprogramms, das eine Schnittstelle zwischen Verkäufer- und Websitebetreiber herstellt, haftet nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

Das war geschehen

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „Amazon“ beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sogenannten Affiliates, frei, auf der eigenen Website Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil vom Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Website, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, u. a. für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates zuzurechnen sei, auf Unterlassung verklagt.

So sahen es die gerichtlichen Instanzen

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers lägen nicht vor.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der sog. „innere Grund“ für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Website des Affiliates fehlte es an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten und damit am „inneren Grund“ der Zurechnung.

Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen , deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren.

Beklagte hatte eigenen Geschäftsbetrieb nicht erweitert

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.1.2023, I ZR 27/22, PM 18/23 vom 26.1.2023