Partnerschaftsgesellschaft: Partnerschaft zwischen Tierarzt und Betriebswirt

Eine Partnerschaft zwischen einem Tierarzt und einem Betriebswirt ist nach dem Heilberufekammergesetz des Landes Baden-Württemberg zulässig. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Das war geschehen

Als Gegenstand der Partnerschaft benannten die Tierärztin und der Betriebswirt „die gemeinschaftliche Berufsausübung als Tierarzt und beratender Betriebswirt im Rahmen des berufsrechtlich zulässigen Umfangs insbesondere Einrichtung, Ausstattung und Betrieb von tiermedizinischen Zentren, Praxen und dazugehörigen Hausapotheken sowie die Erbringung von Dienstleistungen für solche“. Das Registergericht nahm die Eintragung vor. Hiergegen wandte die Landestierärztekammer Baden-Württemberg ein, nach ihrer Berufsordnung sei eine Partnerschaftsgesellschaft nur unter Tierärzten möglich.

Gesetz hat Vorrang vor Berufsordnung

Der BGH: Die hier einschlägige Berufsordnung (§ 21a Abs. 1 S. 2 BO) verstößt gegen den Vorrang des Gesetzes. Gemäß dem Heilberufe-Kammergesetz Baden-Württemberg (HBKG BW) können Tierärzte als Kammermitglieder eine Praxis gemeinsam mit Personen führen, die einem im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (§ 1 Abs. 2 PartGG) in der jeweils geltenden Fassung genannten staatlichen Ausbildungsberuf lediglich im Gesundheitswesen, einem naturwissenschaftlichen oder einem sozialpädagogischen Beruf angehören. Die BO verbietet eine interprofessionelle Zusammenarbeit von Tierärzten in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft nach dem PartGG dagegen generell. Die demgegenüber nach der HBKG BW ausdrücklich erlaubten interprofessionellen Zusammenschlüsse von Kammermitgliedern können aber durch das Satzungsrecht der Kammern nicht eingeengt werden.

Quelle: BGH, Beschluss vom 15.2.2022, II ZB 6/21

Vermögensschaden-Haftpflicht: Umfang der D&O-Versicherung für ehemaligen Vorstandsvorsitzenden

Die „Directors and Officers“(D&O)-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und aufgrund dessen drohendem karrierebeeinträchtigenden Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten. Dies gilt insbesondere für eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auf 100.000 Euro begrenzt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat an seiner in einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vertretenen Auffassung festgehalten.

Das war geschehen

Der Kläger ist ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG (im Folgenden Wirecard). Er nimmt die Beklagte auf Deckung von Public-Relations-Kosten (im Folgenden PR-Kosten) aus einer D&O-Versicherung (Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung) in Anspruch, welche Wirecard bei der Beklagten für ihre Organmitglieder und leitenden Angestellten abgeschlossen hatte. Gegen den Kläger wird ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München I u.a. wegen des Verdachts des bandenmäßigen Betrugs, der Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geführt. Er befindet sich seit Sommer 2020 in Untersuchungshaft und weist die erhobenen Vorwürfe zurück. Inzwischen ist Anklage gegen ihn erhoben.

Wirecard: Kritische Medienberichterstattung

Die im Ermittlungsverfahren erhobenen Vorwürfe sind Gegenstand zahlreicher kritischer Medienberichte. Der Kläger beauftragte eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei sowie eine Presseagentur. Die insoweit anfallenden Kosten verlangt er von der beklagten Versicherung ersetzt. Die Beklagte lehnte die Deckung u.a. mit der Begründung ab, dass PR-Kosten nur in Bezug auf eine Berichterstattung über die zivilrechtliche Inanspruchnahme des Klägers, nicht aber in Bezug auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren zu ersetzen seien.

Das sagen die gerichtlichen Instanzen

Das Landgericht (LG) hat die (u.a.) auf Gewährung vorläufiger Deckung für PR-Kosten gerichtete Feststellungsklage durch Urteil vom 20.7.2021 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. Der Kläger habe Anspruch auf vorläufige Abwehrkosten. Diese umfassten auch den Ersatz von PR-Kosten, soweit der versicherten Person „durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden“ drohe. Es komme nicht darauf an, ob die Berichterstattung sich mit dem Versicherungsfall einer konkreten zivilrechtlichen Inanspruchnahme (Haftpflicht-Versicherungsfall) befasse oder sich auf den durch das Ermittlungsverfahren ausgelösten Versicherungsfall (Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall) beziehe.

Bei verständiger Auslegung der Versicherungsbedingungen solle gerade Schutz vor existenzieller Beschädigung des Ansehens im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen gewährt werden. Soweit die Berichterstattung nicht ohnehin im Rahmen zulässiger Verdachtsberichterstattung hinzunehmen sei und durch die Einschaltung einer PR-Agentur oder durch gerichtliche Maßnahmen abgewendet oder gemindert werden könne, werde dem Versicherten ausdrücklich umfassender Reputationsschutz zugesagt. Dies umfasse nach den berechtigten Erwartungen des Versicherten insbesondere den Ersatz von PR-Kosten in Hinblick auf eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, das im Mittelpunkt des medialen Interesses stehe. Anderenfalls liefe der Versicherungsschutz leer.

Begrenzung: 100.000 Euro pro versicherter Person

Der Höhe nach sei der Anspruch auf Gewährung von PR-Kosten allerdings auf 100.000 Euro pro versicherter Person und Versicherungsperiode begrenzt. Das zur Verfügung stehende Grundsublimit von 500.000 Euro werde „je versicherter Person und je Versicherungsfall“ auf 100.000 Euro limitiert, um einer vorschnellen Erschöpfung der Versicherungssumme entgegenzuwirken und eine möglichst gerechte Aufteilung im Kreise der Versicherten sicherzustellen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt werden.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.4.2022, 7 U 150/21 , PM Nr. 37/22 vom 29.4.2022

Datenschutz: Wenn ein Bewertungsportal ungefragt ein Basisprofil anlegt

Ein Arzt, dessen Basisdaten ungefragt vom Bewertungsportal Jameda übernommen wurden, hat keinen Löschungsanspruch nach DS-GVO gegen den Anbieter. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun klargestellt, dass für die Speicherung ein berechtigtes Interesse besteht.

Der BGH sieht das berechtigte Interesse, das bei jeder Verarbeitung von Daten vorliegen muss, darin, dass das Bewertungsportal Jameda aktiven Nutzern dadurch die von der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ geschützte Abgabe und Verbreitung einer Meinung ermöglicht und passiven Nutzern die Möglichkeit verschafft, davon Kenntnis zu nehmen. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist zur Verwirklichung der berechtigten Interessen auch „erforderlich“.

Quelle: BGH, Urteil vom 15.2.2022, VI ZR 692/20

Wegfall der Geschäftsgrundlage: Möbelhaus: Gewerbemiete trotz Corona-Schließung?

Während des Lockdowns Ende 2020 mussten viele Geschäfte schließen. Die Mietverträge liefen trotzdem weiter, obwohl häufig kein Gewinn mehr erwirtschaftet werden konnte. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert: Es gibt ein neues Gesetz, nach dem ein „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vermutet wird, wenn die gemieteten Räumlichkeiten wegen des Lockdowns nicht oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen verwendet werden können. So steht es im deutschen Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (hier Art. 240 § 7 EGBGB). Hierauf berief sich auch ein Möbelhaus, dem das Landgericht (LG) zunächst Recht gab: Die Miete für die angemietete Lagerhalle könne reduziert werden. Das sah das Oberlandesgericht (OLG) aber anders.

Das OLG: Es besteht kein Anspruch auf eine Anpassung der Miete. Denn die Lagerhalle sei in der Lockdown-Zeit durchaus nutzbar gewesen. Die Firma habe die Möbel nämlich online vertrieben und auch stationäre Verkäufe über „click & collect“ getätigt. Die Lagerhalle sei in ihrer Funktion durch den Lockdown daher gerade nicht betroffen gewesen. Etwas anderes könne gegebenenfalls für das Ladengeschäft selbst gelten.

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, weil die Sache grundsätzlich Bedeutung hat und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob die neue Gesetzesregelung auch auf Lagerhallen anzuwenden ist.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 29.3.2022, 2 U 234/21

Lieferstopp: Schadenersatzklage eines Automobilindustrie-Zulieferers abgewiesen

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat jetzt eine Schadenersatzklage eines Automobilzulieferers gegen einen Fahrzeughersteller (Mercedes Benz Group AG) abgewiesen. Der Zulieferer hatte dem Fahrzeughersteller mit einem Lieferstopp gedroht. Das war widerrechtlich.

Das war geschehen

Der Zulieferer (Kläger) belieferte den Hersteller (Beklagten) seit dem Jahr 2010 mit Kfz-Sitzbezügen, die in Slowenien produziert wurden. Aufgrund gestiegener Kosten hielt der Kläger die Fortsetzung dieser Geschäftsbeziehung zu den bisherigen Bedingungen nicht mehr für wirtschaftlich und kündigte am 13.12.2013 sämtliche Lieferverträge außerordentlich zum 31.1.2014. Der Beklagte wies die Kündigung zurück.

Nachdem die in der Folgezeit geführten Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, teilte der Kläger am 31.01.2014 mit, dass er ab dem Folgetag bis zu einer vertraglichen Einigung keine Sitzbezüge mehr liefern werde. Hierauf schlossen die Parteien am 4.2.2014 eine Vereinbarung, die u. a. eine Verlagerung der Produktion sowie eine dreijährige Abnahme- und Preisgarantie und eine monatliche Ausgleichszahlung für den Kläger vorsah. Anfang August 2014 focht der Beklagte diese Vereinbarung wegen widerrechtlicher Drohung an und verweigerte in der Folgezeit die Abnahme weiterer Sitzbezüge. Der Kläger hielt die Anfechtung für unwirksam und forderte vom Beklagten Schadenersatz, insbesondere entgangenen Gewinn, in Höhe von rund 40 Mio. Euro.

So entschied das Gericht

Das OLG: Zum Zeitpunkt des angekündigten Lieferstopps habe die ursprüngliche Vertragsbeziehung zwischen den Parteien fortbestanden, da der Kläger diese nicht zum 31.1.2014 habe kündigen können. Bei der Ankündigung des Lieferstopps, der sich massiv auf den Produktionsprozess des Beklagten ausgewirkt hätte, habe es sich daher um eine widerrechtliche Drohung gehandelt. Die unter dem Druck dieser Drohung zustande gekommene Vereinbarung vom 4.2.2014 habe der Beklagte wirksam angefochten, sodass der Kläger aus ihr keine Pflicht zur Abnahme von Sitzbezügen und daher auch keine Schadenersatzansprüche wegen Verletzung dieser Pflicht herleiten könne.

Das OLG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen steht dem Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) offen.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 7.4.2022, 2 U 3/21, PM vom 7.4.2022

Dokumentenversand: Abmahnschreiben als Dateianhang einer E-Mail: Wann gilt es als „zugegangen“?

Wird ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es in der Regel nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm klargestellt.

Das war geschehen

Die Parteien sind Internetversandhändler. Am 19.3.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des einen Händlers (Kläger) eine E-Mail an den anderen Händler (Beklagter) mit der Betreffzeile „Unser Zeichen: A ./. B 67/20-EU“. Die E-Mail enthielt folgenden Text: „Sehr geehrter Herr B, bitte beachten Sie anliegende Dokumente, die wir Ihnen situationsbedingt zur Entlastung der angespannten Infrastruktur im Versandwesen nur auf elektronischem Wege zur Verfügung stellen.“ Unterhalb dieses Textes befanden sich die Kontaktdaten des Prozessbevollmächtigten des A. Als Dateianhänge waren der E-Mail zwei PDF-Dateien beigefügt: Eine PDF-Datei mit dem Dateinamen „2020000067EU12984.pdf“ enthielt ein auf den 19.3.2020 datiertes anwaltliches Abmahnschreiben wegen der im vorliegenden Verfahren verfahrensgegenständlichen lauterkeitsrechtlichen Vorwürfe. Die andere PDF-Datei mit dem Dateinamen „Unterlassungs.pdf“ enthielt den Entwurf für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.

Am 1.4.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine weitere E-Mail mit der Betreffzeile „Unser Zeichen: A ./. B 67/20-EU“ an den Beklagten. Diese E-Mail enthielt folgenden Text: „Sehr geehrter Herr B, zur Erfüllung diesseitiger Ansprüche setzen wir eine Nachfrist bis zum 3.4.2020.“

Auf Antrag des Klägers erließ das Landgericht (LG) dann eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten mit einer Kostenentscheidung zu dessen Nachteil. Nach der Zustellung dieser einstweiligen Verfügung an den Beklagten gab dieser eine sog. Abschlusserklärung ab, wobei er sich die Erhebung eines Kostenwiderspruchs vorbehielt.

Von diesem Vorbehalt hat der Beklagte auch Gebrauch gemacht und Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung erhoben. Er hat behauptet, er habe von den beiden o. g. E-Mails keine Kenntnis erlangt. Er könne nicht ausschließen, dass diese im Spam-Ordner seines E-Mail-Postfachs eingegangen seien, könne dies allerdings nicht mehr überprüfen, weil E-Mails in diesem Ordner bereits nach zehn Tagen wieder gelöscht würden.

Landgericht bestätigt einstweilige Verfügung

Das LG Bochum hat die einstweilige Verfügung bestätigt und dem Beklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Hiergegen hat sich der Beklagte mit einer sofortigen Beschwerde zum OLG Hamm gewandt.

Oberlandesgericht gibt Beklagtem Recht

Das OLG gab nun dem Beklagten Recht: Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger aufzuerlegen. Denn der Beklagte hat dem Kläger durch sein Verhalten keine Veranlassung zu dessen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben. Dem Beklagten kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe auf die Abmahnung des Klägers nicht reagiert.

Dateianhang: erst nach Öffnen zugestellt

Denn das anwaltliche Abmahnschreiben vom 19.3.2020 ist dem Beklagten nicht zugegangen: Wird wie im vorliegenden Fall ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen.

Eidesstattliche Versicherung überzeugte

Es sei fraglich, ob die in Rede stehenden E-Mails überhaupt im E-Mail-Postfach des Beklagten (dort möglicherweise im Spam-Ordner) eingegangen sind. Der Beklagte hat durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung jedenfalls glaubhaft gemacht, dass er von den beiden E-Mails des ihm zuvor nicht bekannten Prozessbevollmächtigten des Klägers keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch den Dateianhang mit dem Abmahnschreiben nicht geöffnet hat.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 9.3.2022, 4 W 119/20

Gesetzliche Anspruchsgrundlagen: Kein Entschädigungsanspruch gegen das Land wegen der Schließung eines Friseursalons

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die Berufung der Betreiberin eines Friseursalons gegen die Versagung von Entschädigungsansprüchen zurückgewiesen und damit eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Heilbronn bestätigt. Es gebe keine Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg wegen der Schließung des Salons aufgrund der Coronaverordnung (CoronaVO).

Das war geschehen

Der Friseursalon der Klägerin war aufgrund der CoronaVO vom 23.3. bis 4.5.2020 geschlossen. Die Klägerin hatte 9.000 Euro aus dem Soforthilfeprogramm des Landes Baden-Württemberg erhalten, die sie zurückzahlen muss. Sie verlangt daher mit der Berufung weiterhin vom beklagten Land eine Entschädigung in Höhe von 8.000 Euro. Es ging vorliegend sowohl um die Verhältnismäßigkeit der Betriebsschließung als auch um die Frage der rechtlichen Grundlage für einen Entschädigungsanspruch der Klägerin.

Keine Beweiserhebung zum Infektionsschutzgesetz

Das OLG lehnte zunächst zur Frage der Intentionen des Bundesgesetzgebers zu einzelnen Ermächtigungsnormen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eine Beweisaufnahme etwa durch Vernehmung damaliger Kabinettsmitglieder ab. Dabei handele es sich um rechtliche Einordnungen und juristische Tatsachen, die nicht dem Beweis zugänglich seien.

Betriebsschließung verhältnismäßig

Auch in der Sache habe die Klägerin mangels entsprechender Anspruchsgrundlage keinen Erfolg: Die ergriffene Betriebsschließungsmaßnahme sei verhältnismäßig gewesen, wie es auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in vergleichbarer Rechtsprechung festgestellt habe. Ein Entschädigungsanspruch ergebe sich nicht aus § 56 IfSG, da nach dessen Wortlaut nur ein sog. Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern entschädigungsberechtigt ist. Darunter falle die Klägerin nicht, nur weil sie eine sog. Kontaktmultiplikatorin sei. Auch eine sinngemäße Anwendung der Vorschrift scheide aus, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle und die Entschädigungsvorschriften abschließend seien.

Kein enteignender Eingriff

Des Weiteren könne die Betreiberin des Frisiersalons ihren Anspruch nicht auf das Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG BW) stützen, da diesem Entschädigungsanspruch eines sog. Nichtstörers die Sonderregelung des IfSG im Rahmen der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten vorgehe. Dies gelte auch für den weiter von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus enteignendem Eingriff: Zwar könne unterstellt werden, dass mit der Betriebsschließung auch das unter dem Schutz des Art. 14 Grundgesetz (GG) stehende Recht der Klägerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetreib betroffen war, allerdings seien auch die Regelungen des enteignenden Eingriffs nachrangig gegenüber den abschließenden Sonderregelungen im IfSG. Daher könne die Klägerin auch keine Entschädigung auf der Grundlage des Art. 14 GG verlangen.

Das OLG hat gegen diese Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2022, 4 U 28721, PM vom 9.2.2022

Mitgliedsbeiträge: Coronabedingte Schließung eines Fitnessstudios: Rückzahlungspflicht von Beiträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass die Betreiberin eines Fitness-Studios Mitgliedsbeiträge zurückzahlen muss, die sie in der Zeit, in der sie ihr Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen musste, von einem Kunden per Lastschrift eingezogen hat.

Das war geschehen

Die Parteien schlossen im Jahr 2019 einen Vertrag über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio der Beklagten mit einer Laufzeit von 24 Monaten, beginnend ab dem 8.12.2019. Der monatliche Mitgliedsbeitrag, der im Lastschriftverfahren eingezogen wurde, betrug 29,90 Euro nebst einer halbjährigen Servicepauschale. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste die Beklagte das Fitnessstudio vom 16.3. bis 4.6.2020 schließen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum zog sie weiterhin vom Konto des Klägers ein. Eine vom Kläger im Mai 2020 erklärte Kündigung seiner Mitgliedschaft zum 8.12.2021 wurde von der Beklagten akzeptiert. Im Juni 2020 verlangte der Kläger von der Beklagten, die Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum vom 16.3. bis 4.6.2020 zurückzuzahlen. Nachdem eine Rückzahlung nicht erfolgte, forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Schließungszeitraum einen Wertgutschein über den eingezogenen Betrag auszustellen. Die Beklagte händigte dem Kläger keinen Wertgutschein aus, sondern bot ihm eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung an. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht an.

Bundesgerichtshof: Rückzahlungsanspruch gegenüber Fitnessstudio

Der BGH hat entschieden: Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten Monatsbeiträge. Diesem Rückzahlungsanspruch des Klägers kann die Beklagte nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird.

Unmöglichkeit der vertragsgemäßen Nutzung

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: 275 Abs. 1 BGB) ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf. So liegt der Fall nach Ansicht des BGH hier: Während des Zeitraums, in dem die Beklagte aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ihr Fitnessstudio schließen musste, war es ihr rechtlich unmöglich, dem Kläger die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung des Fitnessstudios zu gewähren und damit ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

Obwohl die Beklagte das Fitnessstudio im Hinblick auf die zeitliche Befristung der Corona-Schutzmaßnahmen lediglich vorübergehend schließen musste, liegt kein Fall einer nur „vorübergehenden Unmöglichkeit“ vor, die von § 275 Abs. 1 BGB nicht erfasst würde. Ein nur zeitweiliges Erfüllungshindernis ist dann einem dauernden gleichzustellen, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei billiger Abwägung der beiderseitigen Belange nicht mehr zugemutet werden könnte, die Leistung dann noch zu fordern oder zu erbringen. Wird wie im vorliegenden Fall für einen Fitnessstudiovertrag eine mehrmonatige feste Vertragslaufzeit gegen Zahlung eines monatlich fällig werdenden Entgelts vereinbart, schuldet der Betreiber des Fitnessstudios seinem Vertragspartner die Möglichkeit, fortlaufend das Studio zu betreten und die Trainingsgeräte zu nutzen.

Der Zweck eines Fitnessstudiovertrags liegt in der regelmäßigen sportlichen Betätigung und damit entweder in der Erreichung bestimmter Fitnessziele oder zumindest der Erhaltung von Fitness und körperlicher Gesundheit. Deshalb sind für den Vertragspartner gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios von entscheidender Bedeutung. Kann der Betreiber des Fitnessstudios während der vereinbarten Vertragslaufzeit dem Vertragspartner die Nutzungsmöglichkeit des Studios zeitweise nicht gewähren, etwa weil er wie hier das Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen muss, kann dieser Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung nicht erreicht werden. Die von dem Betreiber geschuldete Leistung ist deshalb wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar.

Der BGH weiter: Die Beklagte kann dem Rückzahlungsanspruch des Klägers nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt nämlich grundsätzlich nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt.

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Eine Vertragsanpassung wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ ist grundsätzlich nicht möglich, wenn der Gesetzgeber das Risiko einer Geschäftsgrundlagenstörung erkannt und zur Lösung der Problematik eine spezielle gesetzliche Vorschrift geschaffen hat. Bei Art. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht vom Mai 2020 handelt es sich um eine solche spezialgesetzliche Regelung. Als diese Vorschrift geschaffen wurde, mussten aufgrund der umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Veranstaltungsverbote und Kontaktbeschränkungen eine Vielzahl von Veranstaltungen abgesagt und Freizeiteinrichtungen vorübergehend geschlossen werden. Daher konnten vielfach bereits erworbene Eintrittskarten nicht eingelöst werden. Ebenso konnten Inhaber einer zeitlichen Nutzungsberechtigung für eine Freizeiteinrichtung diese für eine gewisse Zeit nicht nutzen.

Gesetzgeber wollte Liquiditätsabflüsse und Insolvenzen vermeiden

Der Gesetzgeber befürchtete, dass die rechtliche Verpflichtung der Veranstalter oder Betreiber, bereits erhaltene Eintrittspreise oder Nutzungsentgelte zurückerstatten zu müssen, bei diesen zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss führen würde, der für viele Unternehmen im Veranstaltungsbereich eine existenzbedrohende Situation zur Folge haben könnte. Zudem sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass Insolvenzen von Veranstaltungsbetrieben auch nachteilige Folgen für die Gesamtwirtschaft und das kulturelle Angebot in Deutschland haben könnten.

Um diese unerwünschten Folgen nach Möglichkeit zu verhindern, wollte der Gesetzgeber für Veranstaltungsverträge, die vor dem 8.3.2020 geschlossen wurden, eine Regelung schaffen, die die Veranstalter von Freizeitveranstaltungen vorübergehend dazu berechtigt, den Inhabern von Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises auszustellen, sofern die Veranstaltung aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Es wurde dem Betreiber einer Freizeiteinrichtung ebenfalls das Recht eingeräumt, dem Nutzungsberechtigten einen Gutschein zu übergeben, der dem Wert des nicht nutzbaren Teils der Berechtigung entspricht. Durch diese „Gutscheinlösung“ hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Interessen sowohl der Unternehmer im Veranstaltungs- und Freizeitbereich als auch der Interessen der Kunden eine abschließende Regelung getroffen, um die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungs- und Freizeitbereich abzufangen. Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die „Störung der Geschäftsgrundlage“ findet daneben nicht statt.

Quelle: BGH, Urteil vom 4.5.2022, XII ZR 64/2, PM 56/22 vom 4.5.2022

Firmenwagen: Wechsel der Bewertungsmethode auch rückwirkend möglich

Kann der Arbeitnehmer einen Firmenwagen dauerhaft für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen, ist die 0,03 %-Regelung auch für Kalendermonate anzuwenden, in denen das Fahrzeug nicht für derartige Fahrten genutzt wurde. Dies ist gerade in Homeoffice-Zeiten alles andere als optimal. Doch jetzt gibt es eine erfreuliche Kehrtwende des Bundesfinanzministeriums (BMF). Danach kann der Arbeitgeber rückwirkend eine Einzelbewertung vornehmen.

Wird der geldwerte Vorteil nach der 1 %-Regelung ermittelt, müssen Arbeitnehmer zusätzlich monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer versteuern, wenn der Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen wird. Wird der Pkw aber monatlich an weniger als 15 Tagen für diese Fahrten genutzt, können sie die Einzelbewertung wählen. Sie müssen dann pro Fahrt nur 0,002 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer versteuern.

Beachten Sie: Hat der Arbeitgeber mit Wirkung für die Zukunft kein Nutzungsverbot ausgesprochen, dann ist der pauschale Nutzungswert auch anzusetzen, wenn aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder anderer Umstände Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nicht arbeitstäglich anfallen (z. B. aufgrund Teilzeitvereinbarung, Homeoffice, Dienstreisen, Kurzarbeit, Auslandsaufenthalt).

Es bleibt zwar dabei, dass die Methode während des Kalenderjahrs nicht gewechselt werden darf. Neu ist allerdings folgender Passus im Schreiben des BMF: „Eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der 0,03 %-Regelung zur Einzelbewertung oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) ist im laufenden Kalenderjahr und vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung jedoch grundsätzlich im Rahmen des § 41c Einkommensteuergesetz möglich.“

Beachten Sie: Diese neue Sichtweise gilt nun auch für einen Wechsel von der pauschalen Nutzungswertmethode zur Fahrtenbuchmethode oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr.

Arbeitnehmer sind bei ihrer Einkommensteuerveranlagung nicht an eine im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandte 0,03 %-Regelung gebunden. Sie können einheitlich für alle überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr zur Einzelbewertung wechseln.

Hierzu muss der Arbeitnehmer fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen mit Datumsangabe er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat.

Zudem muss er durch geeignete Belege glaubhaft machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers).

Beachten Sie: Auch ein Wechsel zur Fahrtenbuchmethode ist zulässig, sofern der Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ganzjährig geführt hat.

Quelle: BMF-Schreiben vom 3.3.2022, IV C 5 – S 2334/21/10004 :001

An- und Verkaufsverbot: Wechselnde Orte: Goldankaufaktionen fallen unter das Reisegewerbe

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat entschieden: Das Durchführen von örtlich wechselnden kurzen Goldankaufaktionen verstößt gegen das Verbot des An- und Verkaufs von Gold und anderen Edelmetallen im Reisegewerbe.

Das war geschehen

Die im An- und Verkauf von Metallen und Edelmetallen tätige Klägerin führt mehrfach im Jahr sogenannte Goldankaufaktionen durch. Sie nutzt hierfür Räume anderer Gewerbetreibenden ohne eigene feste Geschäftseinrichtung, unter anderem auch in der hier beklagten Stadt Gummersbach. Die Aktionen werden von der Klägerin jeweils vorab beworben und finden in der Regel an zwei bis drei aufeinanderfolgenden Werktagen statt. Die Beklagte hatte angeordnet, die Goldankaufaktionen in ihrer Stadt sofort einzustellen. Begründung: Die Klägerin verstoße gegen das gesetzliche Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe.

Kein Erfolg für Edelmetallhändlerin

Die Klägerin wendet sich gegen diese Ordnungsverfügung und meint, die gewerberechtlichen Regelungen zum Reisegewerbe seien auf sie nicht anwendbar. Sie suche potenzielle Kunden nicht ohne vorhergehende Bestellung auf. Vielmehr kämen die Kunden zu ihr in die von ihr genutzten Geschäftsräume. Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.

Schutz von Kunden

Denn die Klägerin ist im Reisegewerbe tätig geworden und hat damit gegen das hierfür geltende An- und Verkaufsverbot von Gold- und anderen Edelmetallen verstoßen. Die Kunden haben sich aufgrund vorausgegangener Werbung oder bei Gelegenheit ohne vorhergehende Bestellung zu einem außerhalb ihrer Niederlassung tätigen Mitarbeiter begeben. Ob für die Kunden bei dem gewählten Geschäftsmodell eine besondere Gefahr besteht, unvorbereitet in Vertragsverhandlungen verwickelt werden, ist dabei nach Überzeugung des Senats unerheblich. Um Reisegewerbe handelt es sich bereits dann, wenn der Gewerbetreibende wegen seiner Tätigkeit ohne vorhergehende Bestellung außerhalb einer Niederlassung bei Rückfragen oder bei Reklamationen schwerer greifbar ist als im stehenden Gewerbe.

Verhinderung von Straftaten

Das Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe ist auch mit dem Unionsrecht vereinbar. Insbesondere stellt es keine unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dar. Das Vertriebsverbot erweist sich auch heute noch im Interesse des Verbraucherschutzes und zur Verhinderung von Straftaten (Hehlerei, Betrug) als erforderlich.

Das OVG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zugelassen.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.3.2022, 4 A 1381/18, PM vom 10.3.2022