Werkverträge: Vereinbarungen zur Fälligkeit – das ist möglich

Vor allem bei einem Werk- oder Architektenvertrag können die Parteien die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen. Solche Vereinbarungen müssen nicht stets ausdrücklich, sondern können durchaus auch stillschweigend getroffen werden. Das hat nun das Kammergericht (KG) in Berlin klargestellt.

Eine solche Vereinbarung setzt auch nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist vielmehr durch Auslegung, notfalls mithilfe der gesetzlichen Vermutung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 271 Abs. 1 BGB) zu bestimmen. Besser ist es daher, die Fälligkeit von Teilleistungen im Zweifel auch ausschließend ausdrücklich zu regeln.

Quelle: KG, Urteil vom 26.4.2022, 21 U 1030/20

Lärmimmissionen: Keine Lärmsanierung nach Errichtung eines Buswendeplatzes

Der Kläger, Eigentümer eines Wohngrundstücks, hat keinen Anspruch gegen den beklagten Landkreis auf Durchführung von Maßnahmen zum Schutz vor Lärmimmissionen, die durch den Betrieb eines Buswendeplatzes in der Nähe seines Grundstücks hervorgerufen werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz.

Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet; allerdings findet sich dort ausschließlich Wohnbebauung. Nachdem im Jahr 2016 die entsprechenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden waren, wurde für den Öffentlichen Personennahverkehr und den darin integrierten Schülerverkehr in der am Grundstück des Klägers entlangführenden Straße ein Buswendeplatz errichtet. Daraufhin stellte der Kläger bei dem beklagten Landkreis einen Antrag auf Maßnahmen zum Schutz vor den durch den Buswendeplatz verursachten Emissionen. Nachdem sein Antrag erfolglos geblieben war, verfolgte der Kläger sein Begehren auf dem Klageweg weiter.

Das VG wies die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Lärmsanierung. Zwar sei nach Errichtung des Buswendeplatzes und dem dadurch erhöhten Verkehrsaufkommen durch Busse eine deutliche Lärmsteigerung eingetreten. Jedoch würden die maßgeblichen Beurteilungspegel nicht überschritten. Dies gelte unabhängig davon, ob die Beurteilungspegel für ein Mischgebiet (64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht) oder für ein reines oder allgemeines Wohngebiet (59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht) anzusetzen seien. Denn ungeachtet der Wirksamkeit der Mischgebietsfestsetzung im Bebauungsplan erreichten die Lärmimmissionen am Wohnhaus des Klägers nach einem von ihm nicht substanziiert angegriffenen schalltechnischen Gutachten lediglich Werte von 55 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts. Selbst unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung am Grundstück des Klägers erleide dieser keine Gesundheits- oder übermäßigen Eigentumsbeeinträchtigungen, die trotz Einhaltung der Immissionsgrenzwerte ausnahmsweise zu einem Lärmsanierungsanspruch führen könnten. Die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) insoweit entwickelte Zumutbarkeitsschwelle liege nämlich bei hier nicht erreichten Werten von mindestens 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 21.7.2022, 4 K 46/22.KO, PM 27/22

Saunalandschaft: Fliesentauglichkeit: Architekt muss kein Labor beauftragen

Im Rahmen seiner Aufgaben der Planung muss der Architekt auch die Materialien auswählen, die für die Maßnahme geeignet sind. Auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf sich der Architekt dabei verlassen. Er muss nicht alle Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben prüfen lassen. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe festgestellt.

Ein Architekt wurde mit den Leistungsphasen 1 bis 8 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und mit einem Fliesengewerk bei der Sanierung einer Saunalandschaft beauftragt. Die Fliesen sollten säure- bzw. chemiebeständig sein. Der Architekt wählte ein Fabrikat, das nach dem Datenblatt des Herstellers diese Anforderungen erfüllte. Er legte sie der Ausschreibung zugrunde. Nach Abnahme der Leistungen zeigten sich Ausblühungen und die Fliesen lösten sich ab. Der Betreiber verklagte den Architekten auf Kostenvorschuss wegen Planungs- und Überwachungsfehlern und den Fliesenleger wegen Ausführungsfehlern.

Das OLG sprach den Architekten mit den eingangs genannten Erwägungen von Planungs- und Überwachungsfehlern frei. Würde man dies anders sehen, wäre die Folge, dass ein Architekt verpflichtet wäre, beinahe alle verwendeten Baustoffe durch ein Labor prüfen zu lassen. Damit wäre aber ein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.9.2021, 4 U 199/20

Honorarvereinbarungen: Mindestsätze der HOAI 2013 bei Verträgen zwischen Privatpersonen weiter anwendbar

Die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2013) können in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiter als verbindliches Preisrecht anzuwenden sein. Folge: Aufstockungsklagen können Erfolg haben. So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH: Deutschland hat mit dem verbindlichen Preisrecht der HOAI 2013 zwar gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstoßen. Trotzdem kann sich ein Planer grundsätzlich auf eine bestehende nationale Rechtsvorschrift (hier: HOAI 2013) berufen, solange diese weiterhin im Land gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie muss zunächst in nationales Recht umgesetzt werden, um bei Verträgen zwischen Privatpersonen zu gelten. Das war aber erst mit der HOAI 2021 erfolgt. Nach den o. g. Maßgaben ist die HOAI 2013 folglich bei Verträgen zwischen Privaten weiterhin anwendbar (Vertragsabschluss bis 31.12.2020).

Im konkreten Fall hatte ein Planer im Jahr 2016 einen Vertrag abgeschlossen, der ein Pauschalhonorar enthielt. Zu diesem Zeitpunkt galt die HOAI 2013. Das vereinbarte Pauschalhonorar lag unter dem Mindestsatz. Der Planer klagte die Differenz zum Mindestsatz ein. Es ging immerhin um 102.934,59 Euro. Diese Aufstockungsklage hatte Erfolg.

Quelle: BGH, Urteil vom 2.6.2022, VII ZR 174/19

Unvollständige Grundlagenermittlung: Architekt haftet nicht für entgangene Steuervergünstigungen

Ein mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt muss seinen Auftraggeber über ein denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufklären. Zweck dieser Pflicht ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungschancen des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden Genehmigungserfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Berufung der Bauherren zurückgewiesen.

Das war geschehen

Die Bauherren beabsichtigten, eine Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend zu sanieren und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht (LG) ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 7h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der falschen Aufklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden.

So sahen es die Gerichte

Das LG hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen abgewiesen. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, begründet das OLG seine Entscheidung. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liegt hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens. Sie solle den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. „Sie zielt jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen“, betont das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein „Reflex der Genehmigung“.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.4.2022, 29 U 185/20, PM 53/22

Leistungskürzung: So ist die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten zu prüfen

Bei der Rechnungsprüfung von Stundenlohnarbeiten oder Zeithonoraren wird oft darüber gestritten, ob der abgerechnete Zeitaufwand tatsächlich erforderlich war. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat dazu nun wichtige Grundsätze aufgestellt.

Im Fall des OLG ging es um die Abrechnung von Handschachtungen (z. B. „Zwischentransport der Handschachtung in Schubkarre und Aufladen auf Fahrzeug“). Der Auftraggeber kürzte die Zahl der abgerechneten Stunden, der Auftragnehmer klagte.

Das OLG hat sich zwar nur allgemein geäußert. Seine Ausführungen können aber im Rahmen der Bauüberwachung bei der Rechnungsprüfung nützlich sein:

  • Zum einen muss die Rechnungskürzung konkrete, einzelfallbezogene Angaben enthalten, aus denen die konkreten Kürzungsgründe hervorgehen.
  • Zum anderen muss der Auftraggeber Anhaltspunkte schildern, dass der abgerechnete Zeitaufwand keiner wirtschaftlichen Leistungsausführung entspricht.

Das OLG: An die fachlichen Anforderungen zur Begründung der Kürzung dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es genügen Kürzungsgründe, die der Rechnungssteller auf ihre Richtigkeit überprüfen und somit darauf eingehen kann.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 16.12.2021, 7 U 12/20

Honorarvertrag: Bauhandwerkersicherung: Unternehmer muss nur schlüssig darlegen

Bauunternehmer können von ihrem Auftraggeber Sicherheit für das gesamte noch nicht gezahlte Honorar verlangen. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650f BGB). Sie können kündigen, wenn der Bauherr die Sicherheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist stellt. Ihr Sicherungsverlangen ist berechtigt, wenn sie den Anspruch schlüssig darlegen. Ob die erforderlichen Annahmen dann auch tatsächlich zutreffen, ist jedoch nicht im Sicherungsverfahren zu klären. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle klargestellt.

Das war geschehen

Ein Bauplaner war mit Architektenleistungen beauftragt worden. Dann zerstritten sich Auftragnehmer und Auftraggeber. Die Situation eskalierte. Der Auftraggeber kündigte den Planervertrag außerordentlich aus wichtigem Grund und verlangte zu viel gezahltes Honorar zurück. Der Planer erhobt Widerklage und forderte den Auftraggeber auf, ihm eine Sicherheit zu stellen. Darüber hinaus machte er geltend, dass ihm ein Honorar auf Grundlage der Mindestsätze gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oberhalb des vereinbarten Pauschalhonorars zustehe.

So entschied das Oberlandesgericht

Das OLG gab dem Planer Recht. Seine Darlegungen zur Höhe der Sicherheit (unter Berücksichtigung erhaltener Abschlagszahlungen) seien ausreichend gewesen. Im Sicherheitenprozess stehe im Vordergrund, dem Unternehmer zu einer schnellen Sicherheit zu verhelfen. Rechtlich anspruchsvolle Fragen seien dort dagegen nicht aufzuklären. Als solche gelten die Fragen, ob sich die Höhe der Vergütung nach dem Preisrecht der HOAI oder nach der Honorarvereinbarung richte, und ob die Angaben zur Honorarzone und zu den anrechenbaren Kosten zutreffen.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 27.4.2022, 14 U 96/19

Projektförderung: Fußballverein kann öffentlicher Auftraggeber werden

Ein Fußballverein, der von der öffentlichen Hand Mittel erhält, mit denen der Bau eines Nachwuchsleistungszentrums zu mehr als 50 Prozent subventioniert wird, ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts. Folge: Er muss die Planungsleistungen EU-weit ausschreiben. Das hat die Vergabekammer (VK) Berlin klargestellt.

Im konkreten Fall hatte sich die öffentliche Förderung nach den 2019 geschätzten Gesamtkosten gemäß Bauplanungsunterlage auf 58 Prozent belaufen. Die Ausschreibung hatte der Verein auch Mitte 2021 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Als ein übergangener Bieter einen Nachprüfungsantrag stellte, bestritt der Verein aber, öffentlicher Auftraggeber zu sein. Er berief sich darauf, dass die Gesamtkosten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon so weit gestiegen waren, dass die Förderquote nur noch bei 48,6 Prozent gelegen habe. Somit sei er kein öffentlicher Auftraggeber (mehr).

Das sah die VK anders. Entscheidend sei, dass der Verein im maßgeblichen Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung mit einer Förderquote von 58 Prozent kalkuliert habe. Damit war er öffentlicher Auftraggeber. Dem stehe nicht entgegen, dass die Gesamtkosten des Vorhabens ggf. bereits vor der Veröffentlichung der Bekanntmachung auf einen höheren Betrag zu schätzen gewesen wären. Nachträglich erstellte oder angepasste Prognosen seien irrelevant. Andernfalls wären rechtssichere Ergebnisse kaum erzielbar.

Quelle: VK Berlin, Beschluss vom 25.3.2022, VK B 2-53/21

Abgabenstreit: Keine Ausbaubeiträge für ungenutzte Grundstücke, die nicht an einer Verkehrsanlage angrenzen

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat jetzt entschieden: Die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für Grundstücke, die keinen Zugang bzw. keine Zufahrt zu einer Verkehrsanlage haben und auch nicht genutzt werden, scheidet aus. Dies gilt auch, wenn die Eigentümer dieses Grundstücks und des Anliegergrundstücks identisch sind.

Das war geschehen

Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke, von dem eines unmittelbar an eine Straße ihrer Gemeinde angrenzt. Direkt hinter diesem Grundstück befindet sich das zweite Grundstück, das weder eine Zufahrt oder Zuwegung zu einer Straße hat noch unmittelbar über das vordere Grundstück der Klägerin angefahren werden kann. Dieses Grundstück wird von der Klägerin nicht genutzt; Wiese und Sträucher wachsen dort wild.

Die beklagte Gemeinde erhob im Jahr 2019 wiederkehrende Ausbaubeiträge für beide Grundstücke. Nachdem der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin keinen Erfolg hatte, verfolgte sie ihr Begehren im Klageweg weiter.

Hinterliegergrundstück nicht genutzt: keine Beiträge

Die Klage hatte in Bezug auf das Hinterliegergrundstück Erfolg. Während das an die Straße angrenzende Grundstück der Klägerin ohne Weiteres beitragspflichtig sei, hätten, so das VG, für das dahinterliegende Grundstück keine Beiträge erhoben werden dürfen. Zwar sei ein Hinterliegergrundstück, das im (Mit)Eigentum derselben Person stehe, wie das selbstständig bebaubare Anliegergrundstück, beitragspflichtig, wenn es zusammen mit diesem einheitlich genutzt werde oder tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße besitze. Von einer einheitlichen Nutzung sei aber nur auszugehen, wenn ein Eigentümer sein Hinterliegergrundstück als private Grünfläche (Hausgarten mit Nebengebäude) für das mit einem Wohnhaus bebaute Anliegergrundstück nutze. Dies sei bei dem Hinterliegergrundstück der Klägerin jedoch nicht der Fall. Es werde überhaupt nicht genutzt. Beide Parzellen seien durch einen Maschendrahtzaun voneinander getrennt, sodass sie nicht einheitlich umfriedet seien. Eine Gartennutzung finde ausschließlich auf der Fläche südwestlich des Wohnhauses der Klägerin auf dem Anliegergrundstück statt.

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz zu.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 21.2.2022, 4 K 1019/21.KO, PM 18/22

Verbraucherbauvertrag: Oberlandesgericht stärkt Rechte von Bauherren

Ein Verbraucherbauvertrag liegt auch vor, wenn Bauherren beim Neubau eines Wohnhauses die Gewerke an einzelne Handwerksunternehmen vergeben. Diese höchstrichterlich bislang nicht geklärte Rechtsfrage hat das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken jetzt im Sinne der Bauherren entschieden. Damit können diese sich auf die hieraus ergebenden Verbraucherrechte berufen und sind nicht verpflichtet, einem Handwerksunternehmen eine sog. Bauhandwerkersicherung zu stellen.

Nachdem es zwischen einem Handwerksunternehmen und einem Bauherren-Ehepaar zum Streit über die Qualität der erbrachten Handwerksleistungen gekommen war, verweigerten die Eheleute, den Restbetrag in Höhe von ca. 8.000 Euro zu zahlen. Auch der Forderung des Handwerkers nach einer Sicherheitsleistung für diese ausstehende Summe, z. B. durch eine Bankbürgschaft, wollten sie nicht nachkommen. Das in erster Instanz angerufene Landgericht (LG) hatte die Bauherren noch verurteilt, die Bauhandwerkersicherung zu stellen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Eheleute hatte Erfolg. Das OLG: Der Anspruch des Handwerksunternehmens besteht bereits deshalb nicht, weil es sich hier um einen Verbraucherbauvertrag handelt. In dieser Situation greife ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand zugunsten der Verbraucher. In der Rechtsprechung gebe es bislang keine Einigkeit darüber, ob der Anfang 2018 in das Gesetz eingeführte Verbraucherbauvertrag auch die gewerkeweise Vergabe von Aufträgen an verschiedene Bauunternehmer umfasst. Aus Gründen des Verbraucherschutzes könne es jedoch keinen Unterschied machen, ob ein Unternehmer alle Leistungen aus einer Hand erbringe oder die Bauherren die Leistungen einzeln vergeben würden. Zudem könnten Bauträger oder Generalübernehmer die Verbraucherschutzvorschriften ansonsten durch Herausnahme einzelner Leistungen umgehen. Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt, so der Senat. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Sie wurde bereits eingelegt.

Quelle: OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.3.2022, 5 U 52/21, PM vom 9.5.2022