Corona-Pandemie: Pauschalpreise: Aufteilung in der Gastronomie und für Beherbergungsleistungen

Die Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle unterliegt grundsätzlich dem regulären Umsatzsteuersatz. Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachte Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen (Getränke sind ausgenommen) erfolgte durch das Erste Corona-Steuerhilfegesetz eine Reduzierung auf den ermäßigten Steuersatz (vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020: 5 % und vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2021: 7 %). Zu der Frage, wie ein Gesamtpreis (vereinfachungsgemäß) aufgeteilt werden kann, hat nun das Bundesfinanzministerium Stellung bezogen.

Für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.

Zudem hat die Finanzverwaltung einen bereits bestehenden Aufteilungsschlüssel für kurzfristige Beherbergungsleistungen (ermäßigter Steuersatz) angepasst. Hier geht es um in einem Pauschalangebot enthaltene, dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz unterliegende Leistungen (z. B. Frühstück, Saunanutzung und Überlassung von Fitnessgeräten).

Diese Leistungen dürfen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z. B. „Business-Package“, „Service-Pauschale“) zusammengefasst und in einem Betrag ausgewiesen werden. Bis dato hat es die Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil mit 20 % des Pauschalpreises angesetzt wird. Dieser Satz wurde nun auf 15 % geändert.

Beachten Sie: Die Regelungen der Verwaltungsanweisung sind ab dem 1.7.2020 bis zum 30.6.2021 anzuwenden. (BMF-Schreiben vom 2.7.2020, Az. III C 2 – S 7030/20/10006 :006)

Corona-Pandemie: Greift eine Betriebsschließungsversicherung bei einer Betriebsschließung wegen des Corona-Virus?

Verspricht eine Betriebsschließungsversicherung Deckungsschutz für „nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“ Krankheiten und Krankheitserreger und sind Covid-19 und Sars-Cov-2 (auch sinngemäß) nicht genannt, besteht kein Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen wegen des neuartigen Corona-Virus. Dass hat der jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden.

Geklagt hatte die Inhaberin einer Gaststätte. Mit dem beklagten Versicherer hatte sie vor den Änderungen der Rechtslage in diesem Jahr, insbesondere vor dem 23.5.2020 dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) angesichts der Corona-Pandemie und auch vor der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht vom 30.1.2020, einen Versicherungsvertrag über eine Betriebsschließungsversicherung geschlossen. Mit Blick auf die Schließung ihres Betriebs wegen des Corona-Virus verlangt sie von der Versicherung fast 27.000 EUR aus diesem Vertragsverhältnis ohne Erfolg.

Das OLG: Die Aufzählung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungsbedingungen sei abschließend. Der o. g. Wortlaut und die anschließende ausführliche Auflistung vieler Krankheiten und Erreger mache dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass der Versicherer nur für die benannten, vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen wolle. (OLG Hamm, Beschluss vom 15.7.2020, 20 W 21/20, Pressemitteilung vom 29.7.2020)

Umsatzsteuerzahler: Übernommene Umzugskosten durch den Arbeitgeber

Übernimmt ein Unternehmen die Umzugskosten seiner Arbeitnehmer wegen einer konzerninternen Funktionsverlagerung aus dem Ausland in das Inland, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Vorsteuerabzug möglich, wenn ein übergeordnetes betriebliches Interesse an dem Umzug besteht. Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil nun reagiert und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) insoweit angepasst.

Nicht steuerbare Leistungen liegen vor, wenn betrieblich veranlasste Maßnahmen zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben, diese Folge aber durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert wird.

Nun gehört hierzu auch die Übernahme von Umzugskosten durch den Arbeitgeber für die hiervon begünstigten Arbeitnehmer, wenn die Kostenübernahme im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt.

BEACHTEN SIE: Auch bei einem dominierenden Arbeitgeberinteresse ist ein Vorsteuerabzug regelmäßig nur dann zulässig, wenn die umzugsbezogenen Leistungen vom Arbeitgeber selbst und für eigene Rechnung beauftragt wurden. Der Arbeitgeber muss also der vertragliche Leistungsempfänger der umzugsbezogenen Leistungen sein. (BMF-Schreiben vom 3.6.2020, III C 2 – S 7100/19/10001 :015)

Corona-Pandemie: Kurzfristige Beschäftigung: Erhöhte Zeitgrenzen bis zum 31.10.2020 und die Folgen

Durch das Sozialschutz-Paket vom 27.3.2020 zur Abfederung sozialer und wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger wurden die Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung übergangsweise vom 1.3. bis zum 31.10.2020 von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen auf fünf Monate oder 115 Arbeitstage angehoben. Hier stellt sich nun u. a. die Frage, welche Zeitgrenze gilt, wenn eine Beschäftigung über den 31.10.2020 hinausgeht.

Ab dem 1.11.2020 liegt eine kurzfristige Beschaftigung nur noch dann vor, wenn die Beschaftigung unter Berücksichtigung von Vorbeschaftigungszeiten seit ihrem Beginn in 2020 auf langstens drei Monate bzw. 70 Arbeitstage befristet ist.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer beginnt zum 1.7.2020 eine Beschäftigung. Die Anstellung ist bis zum 30.11.2020 befristet.

Mit Beschäftigungsbeginn liegt eine kurzfristige Beschäftigung vor, da die erhöhten Zeitgrenzen anzuwenden sind. Zum 1.11.2020 ist die Beschäftigung neu zu beurteilen. Da hier wieder die „alten“ Grenzen gelten, liegt ab dem 1.11. keine kurzfristige Beschäftigung mehr vor. (Sozialschutz-Paket vom 27.3.2020, BGBl I 2020, S. 575; Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, Rundschreiben vom 30.3.2020)

Kapitalanleger: Weitere Folgen des VW-Abgasskandals: Musterverfahren gegen Porsche SE

Der für das Kapitalmarktrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass das beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Volkswagen AG zur Verletzung von Publizitätspflichten im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal einem weiteren Kapitalanleger-Musterverfahren beim Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gegen die Porsche SE nicht entgegen steht.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf: Die Porsche Automobil Holding SE („Porsche SE“) ist als Holdinggesellschaft mit rund 52 % der Stimmrechte an der Volkswagen AG beteiligt. Im Jahr 2007 stellte die Volkswagen AG eine neue Baureihe von Dieselmotoren unter der Bezeichnung EA 189 vor, die sie ab dem Jahr 2008 baute und auch in den USA vermarktete. Am 22.9.2015 veröffentlichte die Volkswagen AG eine Ad-hoc-Meldung, der zufolge nach bisherigen internen Prüfungen weltweit rund 11 Mio. Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 Auffälligkeiten bezüglich ihres Stickoxidausstoßes aufwiesen, weshalb sie beabsichtige, im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 6,5 Mrd. Euro ergebniswirksam zurückzustellen. Am selben Tag informierte die Porsche SE in einer Ad-hoc-Meldung hierüber und teilte mit, dass bei ihr infolge der Kapitalbeteiligung an der Volkswagen AG ein entsprechender ergebnisbelastender Effekt zu erwarten sei. In der Zeit ab Mitte September 2015 brachen die Aktienkurse der Stamm- und Vorzugsaktien der Volkswagen AG und der Porsche SE ein.

Mit einem Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig soll nun geklärt werden, ob die Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem als VW-Abgasskandal bezeichneten Sachverhalt ihre Publizitätspflichten verletzt hat.

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat dem OLG Stuttgart zur Herbeiführung eines Musterentscheids Feststellungsziele vorgelegt, mit denen die unmittelbare Betroffenheit der Porsche SE von Vorgängen aus dem Bereich der Volkswagen AG, hieraus folgende Ad-hoc-Mitteilungspflichten und Fragen der Wissenszurechnung geklärt werden sollen. Das OLG Stuttgart hat zunächst ein weiteres Kapitalanleger-Musterverfahren im Hinblick auf das vor dem OLG Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren für unzulässig erklärt. Die Entscheidung in einem weiteren Kapitalanleger-Musterverfahren sei von der Entscheidung des OLG Braunschweig über die Feststellungsziele des dortigen Kapitalanleger-Musterverfahrens abhängig und beide Verfahren beträfen mit den Vorgängen bei der Volkswagen AG denselben Lebenssachverhalt. Gegen diese Entscheidung haben sich Kapitalanleger mit ihren vom OLG Stuttgart zugelassenen Rechtsbeschwerden gewandt.

Der BGH hat die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Bestimmung eines Musterklägers an das OLG zurückverwiesen. Ein weiteres Kapitalanleger-Musterverfahren ist wegen der Sperrwirkung des Vorlagebeschlusses nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) ausgeschlossen, soweit die Entscheidung über die Feststellungsziele in einem bereits eingeleiteten Musterverfahren die Prozessgerichte in den Verfahren bindet, die im Hinblick auf die Feststellungsziele des weiteren Musterverfahrens auszusetzen wären. Bei Schadenersatzansprüchen, die auf das Unterlassen einer öffentlichen Kapitalmarktinformation gestützt werden, hat eine Entscheidung über die Feststellungsziele eines bereits eingeleiteten Musterverfahrens nur dann bindende Wirkung für andere Prozesse, wenn diese dieselbe öffentliche Kapitalmarktinformation betreffen.

Das Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig sperrt danach das Verfahren vor dem OLG Stuttgart nicht, weil Gegenstand der Feststellungsziele des vor dem OLG Braunschweig eingeleiteten Musterverfahrens Schadenersatzansprüche wegen öffentlicher Kapitalmarktinformationen der Volkswagen AG sind, während das Verfahren vor dem OLG Stuttgart öffentliche Kapitalmarktinformationen der Porsche SE betreffen soll. Dass Vorgänge bei der Volkswagen AG jedenfalls mittelbar in beiden Verfahren von Bedeutung sind, ist nicht entscheidend. (BGH, Beschluss vom 16.6.2020, II ZB 10/19)

Arzneimittelgesetz: Es bleibt dabei: Keine Geschenkzugaben bei Rezepteinlösung in der Apotheke

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass inländische Apotheken ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel keine Vorteile in der Form von Sachleistungen versprechen und gewähren dürfen.

Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke im Bezirk der beklagten Apothekerkammer. Im November 2013 und im Januar 2014 gab sie Werbeflyer mit Gutscheinen heraus, die bei Abgabe eines Rezeptes gegen eine Rolle Geschenkpapier bzw. ein Paar Kuschelsocken eingelöst werden konnten. Die Beklagte untersagte ihr daraufhin durch Ordnungsverfügung vom 1.4.2014, „gekoppelt mit dem Erwerb von verschreibungspflichtigen und/oder sonstigen preisgebundenen Arzneimitteln Vorteile, wie z.B. eine Rolle Geschenkpapier, ein Paar Kuschelsocken oder Gutscheine hierfür zu gewähren oder gewähren zu lassen sowie dafür zu werben oder werben zu lassen“. Zur Begründung verwies sie auf ihre Berufsordnung, die es den Apothekerinnen und Apothekern verbiete, preisgebundene Arzneimittel unter Gewährung von Rabatten oder sonstigen geldwerten Vorteilen an ihre Kunden abzugeben. Die dagegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Das BVerwG hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als Vorinstanz hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass die Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist. Die Klägerin verstößt, indem sie ihren Kunden für den Erwerb eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine Sachzuwendung verspricht und gewährt, gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Laut Arzneimittelgesetz ist insbesondere für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten; die Einzelheiten der Preisberechnung sind in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt.

Die gesetzlichen Regelungen über die Preisbindung dienen vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Sie sind geeignet, einen Preiswettbewerb zwischen den inländischen Apotheken zu verhindern und so das Ziel des Gesetzgebers zu fördern, eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Die Preisbindung erweist sich auch nicht wegen ihrer Nichtgeltung für ausländische EU-Versandapotheken als unverhältnismäßig. Angesichts des bislang geringen Marktanteils der ausländischen Arzneimittelversender an der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland ist die Preisbindung für die inländischen Apotheken weiterhin zumutbar. (BVerwG, Urteil vom 9.7.2020, 3 C 20.18)

Sozialversicherung: Summenbescheid: Nachgezahlte Beiträge sind kein Arbeitslohn

Entrichtet der Arbeitgeber Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung aufgrund eines Summenbescheids nach § 28f Sozialgesetzbuch (SGB) IV nach, führt dies nicht zu Arbeitslohn beim Arbeitnehmer.

Aus Sicht des Finanzgerichts (FG) Köln führt die Nachentrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aufgrund der Summenbescheide nicht dazu, dass Arbeitnehmer objektiv wirtschaftlich bereichert sind. Denn es fehlt an einer individuellen Zuordnung. Da das Finanzamt gegen diese Entscheidung Revision eingelegt hat, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.

Hintergrund zum Summenbescheid: Nach Satz 1 des § 28f Abs. 2 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. (FG Köln, Urteil vom 24.1.2020, 1 K 1041/17, Rev. BFH Az. VI R 27/20)

Zuverlässigkeit: Unzuverlässigkeit bei Fehlern in Einnahmeursprungsaufzeichnungen?

Werden die Einnahmeursprungsaufzeichnungen fehlerhaft geführt, ist dies für sich allein genommen noch nicht ausreichend, um einen „schweren“ Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften anzunehmen, um damit eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen.

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart. Dies gilt nach Ansicht der Richter vor allem, wenn die Finanzverwaltung ein gegen den Unternehmer geführtes Steuerstrafverfahren nicht mehr fortsetzt und auch kein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts der Verletzung von abgabenrechtlichen Aufzeichnungs- bzw. Aufbewahrungspflichten eingeleitet hat. Allein eine Hinzuschätzung wegen formaler Mängel in der Buchhaltung genügt demnach nicht, um einen „schweren“ Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften anzunehmen.

Im vorliegenden Fall war es für das Gericht auch unerheblich, ob der Taxiunternehmer seine laufenden finanziellen Verpflichtungen in bar oder unbar abwickelt. Dies besage darüber hinaus nichts über dessen finanzielle Leistungsfähigkeit. Das VG hat daher die Verwaltungsbehörde dazu verpflichtet, die Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Taxen wieder zu erteilen und entgegenstehende Bescheide aufzuheben. (VG Stuttgart, Urteil vom 27.2.19, 8 K 10743/18)

Besteuerung: Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen: Es soll kein Besteuerungs-Wahlrecht geben

Das für den Fall einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge geltende Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung und der nachgelagerten Besteuerung bei Zufluss der Rentenzahlungen findet bei einer Betriebsaufgabe keine Anwendung. Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden.

Hintergrund: Steuerpflichtige, die ihren Betrieb auf Rentenbasis veräußern, haben ein Wahlrecht:

  • Wählt der Veräußerer die Sofortbesteuerung, muss er den Veräußerungsgewinn unabhängig vom Zufluss der Rentenzahlungen bereits im Jahr des Verkaufs versteuern. Er kann aber eventuell von einem begünstigten Veräußerungsgewinn (Freibetrag und ermäßigter Steuersatz) profitieren.
  • Bei der Zuflussbesteuerung (nachgelagerte Besteuerung) entsteht erst dann ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der Rentenzahlungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten übersteigt. Der Vorteil der späteren Versteuerung hat allerdings den Nachteil, dass die oben genannten Begünstigungen ausscheiden.

Die Zuflussbesteuerung gilt nur für Bezüge, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers dienen.

Das FG Schleswig-Holstein hatte nun über einen Fall zu befinden, in dem die Steuerpflichtige wegen der Veräußerung ihres handwerklichen Betriebs gegen Zahlung einer lebenslangen Rente die nachgelagerte Besteuerung beanspruchte. Das Problem: Sie hatte eine wesentliche Betriebsgrundlage (das Betriebsgrundstück) in ihr Privatvermögen überführt, sodass keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe vorlag und hierfür soll nur die Sofortbesteuerung in Betracht kommen.

Der Bundesfinanzhof hat das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung insbesondere damit begründet, dass bei einer Sofortbesteuerung der Rentenzahlungen ein zu hoher Gewinn versteuert wird, wenn der Rentenberechtigte früher stirbt als nach der statistischen Lebenserwartung zu erwarten wäre.

Dieses Risiko, so das FG, trägt der Steuerpflichtige zwar auch bei einer Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung verfügt er aber regelmäßig über ausreichende Mittel, um die auf den Rentenbarwert entfallende Steuer begleichen zu können. Handelt es sich um eine Betriebsaufgabe wie im Streitfall, dann kann der Steuerpflichtige die Steuer auf den Aufgabegewinn durch Veräußerung der entnommenen Wirtschaftsgüter oder durch deren Verwendung als Sicherheiten für eine Darlehensaufnahme beschaffen.

In seiner Urteilsbegründung hatte das FG zwar u. a. auch den Fall im Blick, dass die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nicht ausreichen, um die erforderlichen Mittel für die Steuerzahlung zu beschaffen. Doch auch hier ist bei der Anwendung des Wahlrechts allein danach zu unterscheiden, ob eine Betriebsveräußerung oder eine Betriebsaufgabe vorliegt. Besonderheiten des Einzelfalls können nur in einem (gesonderten) Billigkeitsverfahren Berücksichtigung finden. (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.1.2020, 4 K 28/18,Rev. BFH Az. X R 6/20)

Aktuelle Gesetzgebung: Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

Die FDP-Fraktion ist im Finanzausschuss des Bundestags mit einem Vorstoß zur Abschaffung der seit Anfang Januar geltenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen selbst bei kleinsten Einkäufen gescheitert. Somit bleibt auch die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen für Bäckereien bestehen.

Hintergrund: Die Belegausgabepflicht muss derjenige befolgen, der Geschäftsvorfälle mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Abs. 1 der Abgabenordnung erfasst. Dies sind z. B. elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen. Wer also eine „offene Ladenkasse“ benutzt, ist von der Belegausgabepflicht nicht betroffen.

Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen von der Belegausgabepflicht befreien. Eine Befreiung kommt aber nur bei einer sachlichen oder persönlichen Härte für den Steuerpflichtigen in Betracht. Ob eine solche Härte vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und von den Finanzbehörden vor Ort zu prüfen. („Bon-Pflicht für Bäcker bleibt“, Finanzen/Ausschuss – 6.5.2020 (hib 472/2020); FAQ des BMF)