Mietnebenkosten: Kosten für Rauchmelder-Miete nicht umlegbar

Die jährliche Betriebskostenabrechnung führt häufig zu Meinungsdifferenzen zwischen Mietern und Vermietern. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich jetzt mit dem Thema Rauchwarnmelder beschäftigt und stellt fest: Bei den Kosten für die Miete von Rauchwarnmeldern handelt es sich nicht um sonstige Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung (hier: § 2 Nr. 17 BetrKV), sondern um betriebskostenrechtlich nicht umlagefähige Aufwendungen. Grund: Sie sind den Kosten für den Erwerb von Rauchwarnmeldern gleichzusetzen.

Eine Vermieterin verklagte die Mieterin, 221 Euro für Miete und Wartung eines Rauchmelders zu zahlen. Zwar waren solche Kosten im Mietvertrag nicht genannt. Der Vermieterin war aber vertraglich erlaubt, für künftige Abrechnungszeiträume zusätzlich zu den Betriebskosten „auch solche […] nach Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung […] auf den Mieter umzulegen und mit diesem abzurechnen, die derzeit nicht anfallen, aber später entstehen oder zukünftig vom Gesetzgeber neu eingeführt werden.“

Vor etwa sieben Jahren kündigte sie an, alle Wohnungen mit Rauchwarnmeldern auszustatten, und teilte die künftig voraussichtlich anfallenden Kosten für deren Miete und Wartung mit. In der Folge rechnete sie diese Beträge auch gegenüber den Mietern ab. Die Mieterin weigerte sich jedoch, zu zahlen.

Zwar hat der BGH die Sache wieder an das LG zurückgegeben. Er wies aber vorsorglich auf Folgendes hin: Bei den Kosten für die Miete von Rauchwarnmeldern wäre es nicht mit dem Willen des Verordnungsgebers (der Betriebskostenverordnung) zu vereinbaren, würde man die vom Vermieter statt eines Kaufs gewählte Miete von Rauchwarnmeldern im Gegensatz zu den Anschaffungskosten als umlagefähige (sonstige) Betriebskosten einordnen. Vom Grundsatz her müsse der Vermieter diese Kosten tragen. Dies soll er nicht umgehen können, wenn er die Geräte kaufe, statt sie zu mieten.

Quelle: BGH, Urteil vom 11.5.2022, VIII ZR 379/2

Energieversorgungsvertrag: Energielieferung: Vertragspartner ist (meist) der Mieter

Der Energieversorgungsvertrag kommt regelmäßig mit demjenigen zustande, der die tatsächliche Verfügungsgewalt am Übergabepunkt ausübt. Dies ist regelmäßig der Mieter oder Pächter, dem die sog. „tatsächliche Verfügungsgewalt“ vertraglich eingeräumt ist. Das gilt, unabhängig davon, ob dies dem Energieversorger bekannt ist oder nicht. So hat es das Landgericht (LG) Amberg entschieden.

Rechnung über 20.000 Euro

Ein Energieversorger verlangte vom Hauseigentümer, rund 20.000 Euro für die Lieferung von Gas über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren zu zahlen. Für die beiden Mieter des Hauses gab es nur einen Gaszähler. Ein schriftlicher Vertrag bestand nicht. Der Versorger ist der Ansicht, durch die Entnahme von Gas sei ein Versorgungsvertrag mit dem Eigentümer zustande gekommen.

Landgericht: Kein bestehendes Vertragsverhältnis

Dem widersprach das LG. Denn zwischen den Parteien besteht kein Energieversorgungsvertrag. Zwar könne der Versorgungsvertrag durch Annahme der sog. „Realofferte“ zustande kommen. Der Eigentümer sei aber schon nicht Adressat der Realofferte gewesen. Das sei nämlich derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, was auch ein Mieter oder Pächter sein könne. Dabei sei es unerheblich, ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist. Bei der Bestimmung des Angebotsadressaten komme es maßgebend darauf an, wer die Energie verbraucht. Der Vertrag soll nämlich regelmäßig gerade mit der Person begründet werden, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt die offerierte Energie auch entnehmen kann. Ist eine Wohnung vermietet, hat diese Möglichkeit typischerweise der Mieter.

Unerheblich, dass es nur einen Zähler gibt

Nach diesen Maßstäben habe sich die „Realofferte“ an die beiden Mieter der Wohnungen gerichtet. Daran ändere nichts, dass im Gebäude nur ein Zähler existiert, sodass sich der konkrete Gasverbrauch nur schwer einer Wohnung zuordnen lasse. Denn selbst, wenn der Eigentümer die Verteilung von Gas aus einem Anschluss auf zwei Wohnungen in der Art einer Weichenstellung ermöglicht oder herbeigeführt haben sollte, würde dies keine konkludente Annahme durch ihn darstellen, weil er allein durch die Leitungsführung noch kein Gas entnommen hat und Gas auf diese Weise auch generell nicht entnommen wird.

Quelle: LG Amberg, Urteil vom 6.9.2021, 22 O 828/20

Erbrecht: Anwesenheitserfordernis für Nottestamente gilt auch während der Pandemie

Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen ist ein Nottestament nur wirksam, wenn während des gesamten Errichtungsakts gleichzeitig drei Zeugen anwesend sind. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf.

Mit handschriftlich errichtetem Testament bestimmte ein Erblasser drei Personen (P. 1 bis P. 3). zu jeweils gleichen Anteilen zu seinen Erben. Mit einem weiteren Testament, überschrieben als Nottestament, geschrieben von P. 3 sowie unterschrieben vom Erblasser und von drei Zeugen, setzte der Erblasser P. 3 zur Alleinerbin ein. Gestützt auf das erste Testament hatte P. 1 einen die P. 1 bis P. 3 als Miterben zu je 1/3-Anteil ausweisenden Erbschein beantragt. Dem ist P. 3 unter Berufung auf das zweite Testament entgegengetreten. Denn die Voraussetzungen für die Errichtung eines Nottestaments hätten vorgelegen. Der Erblasser habe aufgrund seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung befürchtet, alsbald in einen Zustand zu verfallen, in dem er nicht mehr in der Lage sein würde, ein Testament zu errichten, und in der Folge zu versterben. Ein Notar sei nicht erreichbar gewesen.

Das Nachlassgericht hielt das „Nottestament“ nicht für wirksam, weil die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen nicht gleichzeitig anwesend gewesen seien. Sie hätten die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben. Die hiergegen eingelegte Beschwerde lag nun dem OLG Düsseldorf vor.

Das OLG pflichtete der Entscheidung des Nachlassgerichts bei. Der vom Nachlassgericht eingenommene Rechtsstandpunkt, ein Nottestament verlange die gleichzeitige Anwesenheit von drei Zeugen während des gesamten Errichtungsakts, entspreche der einhellig in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung. Anlass, hiervon aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen abzuweichen, bestünde nicht.

Die Vorschriften über den Errichtungsakt seien zwingend (Formulierung „muss“) und schon grundsätzlich nicht ausnahmefähig. Ihre Bedeutung liege darin, dass durch möglichst klare und unmissverständliche Wiedergabe der Erklärungen des Erblassers und persönliche Anwesenheit der Zeugen dessen letzter Wille sowohl zum Ausdruck als auch zur Geltung gebracht werden soll.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.1.2022, I-3 Wx 216/21

Erbauseinandersetzung: Eidesstattliche Versicherung bei einem notariellen Nachlassverzeichnis?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt die umstrittene Frage entschieden, ob der Pflichtteilsberechtigte vom Erben die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auch verlangen kann, wenn die Vollständigkeit der Angaben in einem notariellen Nachlassverzeichnis an Eides statt versichert werden soll.

Das Berufungsgericht meinte, der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sei bei Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf die Angaben beschränkt, die als solche des Erben gekennzeichnet sind. Das sah der BGH anders.

Eine derartige Beschränkung ist nach dem BGH nicht anzunehmen. Maßgebend für die Verpflichtung des Erben zur Abgabe einer unbeschränkten eidesstattlichen Versicherung sei der Sinn und Zweck des notariellen Nachlassverzeichnisses. Hält der Erbe Ergänzungen oder Berichtigungen des notariellen Verzeichnisses für erforderlich, ist die an Eides statt zu versichernde Formel entsprechend anzupassen.

Quelle: BGH, Urteil vom 1.12.2021, IV ZR 189/20

Zwangsgeld: Welche Anforderungen muss die Abrechnung des Betreuers erfüllen?

Ein Betreuer muss die Einnahmen und Ausgaben im Rechnungsjahr schriftlich so klar und übersichtlich darstellen, dass das Gericht ohne Zuziehen von Sachverständigen einen Überblick über alle Vorgänge erhält. Das sagt das Landgericht (LG) Meinigen.

Im Streitfall war vom Amtsgericht (AG) für eine Person ein berufsmäßiger Betreuer bestellt worden. Zu seinem Aufgabenkreis zählt u.a. die Vermögenssorge. Er weigerte sich trotz gerichtlicher Anordnung, Unterlagen und Belege für Kontobewegungen vorzulegen. Deshalb wurde ihm ein Zwangsgeld auferlegt. Er legte gerichtliche Beschwerde ein. Damit hatte er keinen Erfolg.

Das LG stellte fest: Der Betreuer muss über den Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben. Belege muss er hinzufügen, soweit solche erteilt zu werden pflegen. Allein die Vorlage einer Schlussrechnungsaufstellung gemeinsam mit Kontoauszügen, aus denen sich die in der Schlussrechnung aufgeführten Ein- und Auszahlungen ergeben, reicht hierfür nicht aus. Grund: Aus den Kontoauszügen ergibt sich nur, wann welcher Betrag an welchen Empfänger ausgezahlt wurde. Die Grundlage der Auszahlung ist für das Gericht daraus aber nicht erkenn- und überprüfbar, z. B. ob der Betroffene überhaupt Schuldner einer Forderung war.

Die Entscheidung des LG ist vor allem zu beachten, wenn eine Betreuung mit dem Tod des Betreuten endet, da dieser dann nicht mehr zur Begründetheit einer Ausgabe, deren Zweckmäßigkeit oder Notwendigkeit befragt werden kann.

Quelle: LG Meiningen, Beschluss vom 23.9.2021, 4 T 184/21

Familienkasse: Trotz privater Rentenversicherung: Kindergeld für behindertes Kind?

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg entschied in einem Fall eines behinderten Kindes: Bei der Ermittlung der dem Kind zur Verfügung stehenden Mittel ist nur der steuerpflichtige Ertragsanteil einer privaten Rente zu berücksichtigen. Das FG setzte sich außerdem mit verfahrensrechtlichen Fragen dem Bekanntgabezeitpunkt bei Einschaltung eines privaten Postdienstleisters und der von der beklagten Familienkasse angewandten Änderungsnorm auseinander.

Das war geschehen

Die beklagte Familienkasse hatte für den Streitzeitraum Dezember 2019 bis Juli 2021 Kindergeld festgesetzt. Sie hob diese Festsetzung mit Bescheiden vom März 2021 auf. Der Kindsvater machte geltend, es gebe keine Änderungsnorm. Die Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Außerdem habe die Familienkasse die Einkünfte und Bezüge des Kindes fehlerhaft berechnet. Dessen Erbschaft von der Mutter sei zweckgebunden gewesen und zum Abschluss einer privaten Rentenversicherung verwendet worden. Die abweisende Einspruchsentscheidung datiert vom 28.7.2021, der Absendevermerk vom 29.7.2021. Die Familienkasse schilderte die interne Organisation der Postaufgabe unter Einschaltung eines privaten Postdienstleisters. Nach den Angaben des Vertreters des Klägers ging ihm die Einspruchsentscheidung am 3.8.2021 zu. Seine Klage vom 3.9.2021 sei fristgemäß.

Beachten Sie: Kindergeld wird einem Kind gewährt, das wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Infolgedessen kommt es darauf an, ob das Kind seinen existenziellen Lebensbedarf mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln decken kann.

Finanzgericht: Monatsfrist gewahrt

Die Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, die Klage sei innerhalb der Monatsfrist erhoben worden. Ein Abgangsvermerk der Stelle, die das Schriftstück an die Postausgangsstelle weiterleite, reiche nicht aus. Erforderlich sei ein Absendevermerk der Poststelle. Die Schilderungen der organisatorischen Abwicklung lasse zwar auf eine Postaufgabe am 29.7.2021 schließen. Die Zugangsfiktion am dritten Tag sei jedoch erschüttert. Der Verfahrensablauf des Postdienstleisters sei nicht bekannt, ein tatsächlicher Zugang am 3.8.2021 möglich und die Klage zulässig.

Keine Änderung in den Verhältnissen

Änderungen in den einen Kindergeldanspruch begründenden Verhältnissen habe es nicht gegeben. Die Familienkasse habe bereits bei der Kindergeldfestsetzung Kenntnis von der privaten Rente des Kindes gehabt. Der (rückwirkende) Aufhebungsbescheid sei daher rechtswidrig.

Kindergeldberechtigung liegt vor

Außerdem sei der Kläger kindergeldberechtigt. Sein Kind sei nicht imstande, sich selbst zu unterhalten. Es sei „(neben den Einkünften aus Kapitalvermögen) nur der steuerpflichtige Ertragsanteil der privaten Rente zu berücksichtigen“. Es komme auf die Einkünfte und Bezüge im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Laufende oder einmalige Geldzuwendungen von Eltern seien unschädliches Kindesvermögen. Es dürfe keinen Unterschied machen, wie das Kind das ererbte Vermögen verwende, ob es die geerbten Mittel abhebe oder mit diesen eine private Lebensversicherung abschließe und die Rente zum Lebensunterhalt einsetze. Nichts anderes gelte, wenn das Kind den von der Mutter geerbten Geldbetrag vor Abschluss der privaten Rentenversicherung um (im Verhältnis zum geerbten Vermögen geringe) eigene Mittel aufstocke. Die monatlichen Rentenzahlungen stellten, soweit sie deren steuerpflichtigen Ertragsanteil überstiegen, eine unbeachtliche Vermögensumschichtung dar. Die nach dem EStG ermittelten zur Verfügung stehenden Mittel des Kinds deckten damit dessen existenziellen Lebensbedarf nicht. Die Aufnahme einer Erwerbsfähigkeit scheide aufgrund der Behinderung aus. Werde der Aufhebungsbescheid vom 10.3.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufgehoben, lebe die Kindergeldfestsetzung wieder auf.

Das FG ließ die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zu.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.4.2022, 1 K 2137/21

Bauvertrag: Abweichungen von der vertraglich zugesicherten Eigenschaft

Ein Bauherr muss Abweichungen von den vertraglich zugesicherten Eigenschaften nicht hinnehmen. Das gilt, selbst wenn die Ausführung im Ergebnis mangelfrei ist. Will der Auftragnehmer vom Vertrag abweichen, muss er den Auftraggeber unbedingt beteiligen. Dieser muss zustimmen. Das hatte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig schon 2020 klargestellt. Da der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, ist der OLG-Beschluss nun rechtskräftig.

Quelle: BGH, Beschluss vom 21.7.2021, VII ZR 325/20; OLG Schleswig, Beschluss vom 2.12.2020, 12 U 66/20

Bauausführung: Mehrmengen müssen bezahlt werden

Nicht immer treffen Mengenermittlungen zu, die das Planungsbüro im Zuge der Leistungsphase 6 erarbeiten muss. Das gilt vor allem, wenn zum Zeitpunkt der Berechnung noch nicht alle Planungsgrundlagen vorgelegen haben. Dann kann der Auftragnehmer Mehrmengen, die beim Bodenaustausch angefallen sind, abrechnen, ohne den Auftraggeber vorher darüber informieren zu müssen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München im Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Sind ohne ändernde Anordnung des Auftraggebers lediglich Mehrmengen zu bewältigen, weil die Mengenangabe im Leistungsverzeichnis falsch war, handelt es sich nicht um Zusatzleistungen nach der VOB/B. Denn trotz der ungenauen Mengenangabe war die in der Leistungsverzeichnis-Position beschriebene Leistung vereinbart und auch notwendig. Im Ergebnis muss der Auftraggeber die Mengenmehrung hinnehmen und die Mehrmengen nach dem vertraglich vereinbarten Einheitspreis vergüten.

Quelle: OLG München, Beschluss vom 13.5.2019, 28 U 3906/18 Bau

Bauhandwerkersicherung: 14-Tages-Frist kann zu kurz sein!

Unternehmer können von ihrem Auftraggeber Sicherheit für das gesamte noch nicht gezahlte Honorar verlangen zzgl. zehn Prozent für Nebenforderungen. Sie können kündigen, wenn der Bauherr die Sicherheit nicht innerhalb einer von ihnen vorgegebenen angemessenen Frist stellt. Doch was heißt „angemessen“? Hierzu hat das Landgericht (LG) Neuruppin nun eine bemerkenswerte Feststellung getroffen.

Bisher ging man davon aus, dass „angemessen“ fünf bis acht Tage heißt. Aber selbst eine Frist von 14 Tagen kann noch zu kurz sein. Welche Frist angemessen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmen. Bei der Prüfung, ob eine angemessene Frist zur Sicherheitsleistung vorliegt, muss in die Erwägung einfließen, ob die Rechtslage klar ist. Auch ist die Beschaffung einer Bürgschaft nicht an Wochenenden möglich. Eine gesetzte Frist von 14 Tagen kann daher unangemessen kurz sein, wenn dem Auftraggeber lediglich neun Tage zur Verfügung stehen, um die geforderte Sicherheit zu stellen.

Quelle: LG Neuruppin, Beschluss vom 21.2.2022, 1 O 44/21

Verkehrssicherungspflicht: Zerstörung des Wurzelgeflechts eines Baums des Nachbarn: Haftet der Bauherr?

Bauherren müssen dafür sorgen, dass von ihrem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können, da sie in erster Linie die Gefahrenquelle eröffnen. Diesen Grundsatz hat das Landgericht (LG) Karlsruhe jetzt noch einmal bekräftigt.

Bauherren werden von ihrer Verkehrssicherungspflicht auch nicht befreit, wenn sie die Bauplanung, -aufsicht und -ausführung einem bewährten Architekten und einem zuverlässigen und leistungsfähigen Bauunternehmer übertragen. Voraussetzung: Die Gefahrenlage muss für sie erkennbar sein.

Folge: Sie sind dann dafür verantwortlich, wenn durch Aushub der Baugrube am Grundstücksrand das Wurzelgeflecht eines Nussbaums auf dem Nachbargrundstück so verletzt wird, dass er gefällt werden muss.

Jedenfalls muss der Bauherr darlegen, inwiefern er sich im Einzelfall durch Verhandlung mit den Bauunternehmern oder dem Architekten vergewissert hat, dass die ihm obliegende Pflicht durch jene auch wirklich erfüllt wird. Diese Darlegung ist zu prüfen und zu würdigen, ob die gebotenen Maßnahmen aus den Auflagen der Baugenehmigung auch sichergestellt sind.

Zudem betonte das LG: Bauherren müssen klarstellen, inwiefern sie sich im Einzelfall durch Verhandlung mit Bauunternehmen oder Architekten vergewissert haben, dass die ihn treffenden Pflichten durch diese auch tatsächlich erfüllt wurden.

Im Fall des LG waren die Bauherren, ein Ehepaar, beide Architekten. Diese sind folglich keine Laien. Aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung mussten sie beim Hausbau die Bedeutung des Schutzes der Nachbargrundstücke beim Aushub zum Hausbau kennen.

Quelle: LG Karlsruhe, Urteil vom 4.2.2022, 6 O 280/19