Erstes Cum-Ex-Strafverfahren: Bundesgerichtshof bestätigt Vorinstanz

Das Landgericht (LG) hatte den Angeklagten im Zusammenhang mit sog. Cum-Ex-Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011 wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Gegen den Mitangeklagten hat es wegen mehrerer Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr verhängt. Zudem hat es bei dem Angeklagten Taterträge in Höhe von 14 Millionen Euro sowie bei einem Bankhaus in Höhe von ca. 176 Millionen Euro eingezogen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die gegen dieses Urteil eingelegten Revisionen verworfen und nur den Schuldspruch in Bezug auf den Mitangeklagten im Detail geändert. Fazit: Die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer gegenüber den Finanzbehörden auf der Grundlage derartiger Cum-Ex-Geschäfte erfüllt den Straftatbestand der Steuerhinterziehung.

Die Feststellungen des Landgerichts

Der Angeklagte und Verantwortliche des Bankhauses verabredeten in den Jahren 2007 bis 2011, deutsche Finanzbehörden durch wahrheitswidrige Erklärungen zur Erstattung angeblich gezahlter Kapitalertragsteuer in Millionenhöhe zu veranlassen, die tatsächlich aber nicht entrichtet wurde. Hierfür plante und organisierte der Angeklagte zahlreiche vom Bankhaus durchgeführte Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäfte, die wie folgt abliefen: Das Bankhaus kaufte in der Dividendensaison der Jahre 2007 bis 2011 von Leerverkäufern jeweils kurz vor dem Hauptversammlungstag Aktien mit Dividendenanspruch (sog. „Cum-Aktien“); die Leerverkäufer lieferten wie von vornherein geplant und auch gewollt Aktien ohne Dividendenanspruch (sog. „Ex-Aktien“) und leisteten zur Kompensation an das Bankhaus je eine Ausgleichszahlung (sog. Dividendenkompensationszahlung), für die ab dem Jahr 2007 Kapitalertragsteuer zu entrichten ist. Allen Beteiligten war als Bankkaufleuten bekannt, dass diese Steuer weder aufseiten der Leerverkäufer noch sonst einbehalten wurde. Gleichwohl stellte das Bankhaus sich selbst Steuerbescheinigungen zur Vorlage bei den Finanzbehörden aus, mit denen es fälschlicherweise den angeblichen Steuereinbehalt bestätigte. Unter Vorlage dieser Bescheinigungen bei den Finanzbehörden erreichten vor allem die o. g. Verantwortlichen des Bankhauses, dass an die Einziehungsbeteiligte zu Unrecht insgesamt über 166 Millionen Euro ausbezahlt wurden. Aus diesen Taterträgen erwirtschaftete die Einziehungsbeteiligte weitere 10 Millionen Euro.

In den Jahren 2009 bis 2011 war der Angeklagte noch an weiteren Fällen maßgeblich beteiligt, in denen die umgesetzte Strategie dem Vorgehen in den Eigenhandelsfällen des Bankhauses entsprach, jedoch eigens für diesen Zweck gegründete Fonds die Rolle des Leerkäufers übernahmen. Nach Vorlage inhaltlich falscher Steuerbescheinigungen, die den angeblichen Steuereinbehalt für die durchgeführten Cum-Ex-Transaktionen bestätigten, zahlten die Finanzbehörden an die Fonds zu Unrecht über 226 Millionen Euro aus.

Der Angeklagte profitierte von den Geschäften insgesamt in Höhe von 14 Millionen Euro. Hingegen war der Mitangeklagte an den Profiten nicht beteiligt; ihm kamen auch nur unterstützende Aufgaben zu.

So entschied der Bundesgerichtshof

Der BGH spricht Klartext: An einer vorsätzlichen Begehung konnte wie das LG ohne Rechtsfehler ausgeführt hat kein Zweifel bestehen, weil die Beteiligten um den Dividendenstichtag herum bewusst arbeitsteilig auf die Auszahlung nicht abgeführter Kapitalertragsteuer hingewirkt haben. Zum Zeitpunkt der Begehung der Taten sah das Gesetz bereits in den insoweit einschlägigen Vorschriften eine klare und eindeutige Regelung vor, gegen die die Beteiligten nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des LG verstoßen haben. Dies ergibt sich schon daraus, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf. Zudem betrifft die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum wirtschaftlichen Eigentum solche Konstellationen nicht, weil der bloße Abschluss derartiger Leerverkaufsabreden kein wirtschaftliches Eigentum begründen konnte.

Revisionen erfolglos

Die Revisionen des Angeklagten und des Bankhauses gegen die sie betreffenden Einziehungsentscheidungen blieben ohne Erfolg. Das LG hat auf Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen der jeweiligen Einziehung zu Recht bejaht und anhand der erzielten Taterträge und der hieraus gezogenen Nutzungen die Höhe der Einziehungsbeträge zutreffend bestimmt. Die Einziehung war auch nicht wegen Verjährung ausgeschlossen. Ebenso wenig drang die Staatsanwaltschaft mit ihren Beanstandungen durch. Die getroffene Anordnung wies, so der BGH, keinen Rechtsfehler auf.

Das Urteil des LG ist damit rechtskräftig. (BGH, Urteil vom 28.7.2021, 1 StR 519/20, PM 146/21 vom 28.7.2021)

Markenrechtsstreit: Goldton des „Lindt-Goldhasen“ genießt Markenschutz

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Der Goldton des „Lindt-Goldhasen“ genießt Markenschutz.

Sachverhalt

Die Klägerinnen sind Gesellschaften der Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli, die hochwertige Schokolade herstellt. Eines der Produkte der Klägerinnen ist der „Lindt-Goldhase“, der seit dem Jahr 1952 in Deutschland in goldener Folie und seit 1994 im aktuellen Goldton angeboten wird. Die Klägerinnen setzten in den letzten 30 Jahren in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen ab. Der „Lindt-Goldhase“ ist der mit Abstand meistverkaufte Schokoladenosterhase Deutschlands. Sein Marktanteil betrug in Deutschland im Jahr 2017 über 40%. Nach einer von den Klägerinnen vorgelegten Verkehrsbefragung ordnen 70% der Befragten den für die Folie des „Lindt-Goldhasen“ verwendeten goldenen Farbton im Zusammenhang mit Schokoladenhasen dem Unternehmen der Klägerinnen zu.

Die Beklagte ist ebenfalls Herstellerin von Schokoladenprodukten. Sie vertrieb in der Ostersaison 2018 ebenfalls einen sitzenden Schokoladenhasen in einer goldfarbenen Folie. Die Klägerinnen sind der Auffassung, sie seien Inhaberinnen einer Benutzungsmarke an dem Goldton des „Lindt-Goldhasen“. Die Beklagte habe diese Marke durch den Vertrieb ihrer Schokoladenhasen verletzt. Die Klägerinnen nehmen die Beklagte auf Unterlassung des Vertriebs ihrer Schokoladenhasen in Anspruch. Außerdem verlangen sie von ihr die Erteilung von Auskünften und begehren die Feststellung ihrer Schadenersatzpflicht.

Was bisher geschah

Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Klage sei unbegründet, weil die Klägerinnen nicht Inhaberinnen einer Benutzungsmarke im Sinne des Markengesetzes an dem goldenen Farbton des „Lindt-Goldhasen“ seien. Der Farbton habe für die Ware Schokoladenhasen keine Verkehrsgeltung erlangt.

Das sagt der Bundesgerichtshof

Der BGH hat der Revision der Klägerinnen stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Klägerinnen haben nachgewiesen, dass der Goldton des „Lindt-Goldhasen“ innerhalb der beteiligten sog. Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung für Schokoladenhasen erlangt hat. Nach der vorgelegten Verkehrsbefragung beträgt der Zuordnungsgrad des für die Folie des „Lindt-Goldhasen“ verwendeten goldenen Farbtons im Zusammenhang mit Schokoladenhasen zum Unternehmen der Klägerinnen 70% und übersteigt damit die erforderliche Schwelle von 50% deutlich. Der Erwerb von Verkehrsgeltung setzt nicht voraus, dass das Farbzeichen als „Hausfarbe“ für sämtliche oder zahlreiche Produkte des Unternehmens verwendet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Verkehr dann, wenn der Goldton für andere Schokoladenhasen als den bekannten „Lindt-Goldhasen“ verwendet würde, darin einen Herkunftshinweis auf die Klägerinnen sähe. Das ist eine Frage der Verwechslungsgefahr, die sich erst im Rahmen der Prüfung einer Verletzung der Farbmarke stellt. Gegen eine Verkehrsgeltung des Goldtons spricht schließlich nicht, dass er zusammen mit ebenfalls verkehrsbekannten Gestaltungselementen des „Lindt-Goldhasen“ (sitzender Hase, rotes Halsband mit goldenem Glöckchen, Bemalung und Aufschrift „Lindt GOLDHASE“) eingesetzt wird. Entscheidend ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise in einer Verwendung dieses Goldtons für Schokoladenhasen auch dann einen Herkunftshinweis sehen, wenn er zusammen mit diesen anderen Gestaltungselementen verwendet wird.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob die Beklagte die Benutzungsmarke der Klägerinnen an dem Goldton des „Lindt-Goldhasen“ durch den Vertrieb ihrer in goldfarbener Folie verpackten Schokoladenhasen verletzt hat. (BGH, Urteil vom 29.7.2021, I ZR 139/20, PM 147/2021 vom 29.7.2021)

Hochwasserkatastrophe: Steuerliche Entlastungen vereinbart

Die von Regentief „Bernd“ hervorgerufene Hochwasserkatastrophe hat vielen Bürgern Leid beschert. Die Finanzverwaltungen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern haben reagiert und am 16.7.2021 steuerliche Entlastungsmaßnahmen bekannt gegeben.

Die weitgehend gleichlautenden Katastrophenerlasse betreffen u. a.:

  • die Gewährung von Stundungsmaßnahmen,
  • die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen,
  • den Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen,
  • den Nachweis des Verlusts von Buchführungsunterlagen sowie
  • Vergünstigungen bei Ertrag-, Grund- und Gewerbesteuer.

Für Betroffene besonders wichtig: der Hinweis zum Verlust von Buchführungsunterlagen. Sind durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, sind hieraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Betroffene sollten die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen. (FinMin NRW, Erlass vom 16.7.2021, S 1915 – 6/48 – V A 3)

Einkommen-/Gewerbesteuer: Sind Online-Pokergewinne steuerpflichtig?

Gewinne aus Online-Pokerspielen können der Einkommen- und Gewerbesteuer unterliegen. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster hat der Steuerpflichtige Revision eingelegt, die beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig ist.

Das FG: Bei der vom Steuerpflichtigen gespielten Variante Texas Hold‘em handelt es sich um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein gewerbliche Einkünfte ausschließendes Glücksspiel. Der Pokerspieler hat insbesondere auch mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Denn er hat über eine gewisse Dauer hinweg Pokergewinne erzielt und die Online-Pokerspiele mit einer durchweg vorteilhaften Gewinnerzielung fortgeführt. (FG Münster, Urteil vom 10.3.2021, 11 K 3030/15 E,G)

Kinderbetreuungskosten: Steuerfrei gezahlte Arbeitgeberzuschüsse sind nicht steuerlich abzugsfähig

Als Sonderausgaben abziehbare Kinderbetreuungskosten sind um steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen. So lautet ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH).

Kinderbetreuungskosten können nach dem Einkommensteuergesetz (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein.

Folgende Aspekte sind hier zu beachten: Der Abzug von 2/3 der Betreuungsleistungen ist möglich, maximal 4.000 Euro im Jahr (wirksam damit 6.000 Euro).

Der Abzug ist zulässig für haushaltszugehörige Kinder unter 14 Jahren (oder bei Vorliegen oder Eintreten einer Behinderung vor dem 25. Lebensjahr). Grundsätzlich erforderlich sind Rechnung und Überweisungsbeleg.

Nicht abziehbar sind Kosten für Sachleistungen und die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musik-, Sprach- oder Sportunterricht).

Sachverhalt

Eltern zahlten für die Betreuung ihrer minderjährigen Tochter einen Kindergartenbeitrag in Höhe von 926 Euro. Zugleich erhielt der Vater von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss in Höhe von 600 Euro.

Das Finanzamt kürzte die von den Eltern mit ihrer Einkommensteuererklärung in voller Höhe (926 Euro) geltend gemachten Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss, sodass sich folgende Berechnung ergab:

  • Aufwand Kindergarten: 926 Euro
  • abzüglich steuerfreier Arbeitgeberzuschuss: 600 Euro
  • verbleiben: 326 Euro
  • davon 2/3 als abziehbare Sonderausgaben: 218 Euro

Bestätigung durch den Bundesfinanzhof

Diese Handhabung des Finanzamts wurde vom Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg und durch den BFH bestätigt.

Sonderausgaben setzen nach der gesetzlichen Regelung Aufwendungen voraus. Daher vertrat der BFH die Ansicht, dass als Sonderausgaben nur solche Ausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Gewährt der Arbeitgeber einen steuerfreien zweckgebundenen Arbeitgeberzuschuss zu den Kinderbetreuungskosten (vgl. § 3 Nr. 33 EStG), wird die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen in diesem Umfang gemindert.

Beachten Sie: Die Kürzung der Sonderausgaben um die steuerfreien Arbeitgeberleistungen erfolgt gleichermaßen bei verheirateten als auch bei unverheirateten Elternteilen. (BFH, Beschluss vom 14.4.2021, III R 30/20)

Arbeitslohn: Bei Betriebsveranstaltungen ist auf die Anwesenden abzustellen

Absagen von Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung (hier: Weihnachtsfeier) gehen steuerrechtlich zulasten der tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden und sich so der Ansicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) angeschlossen.

Hintergrund

Grundsätzlich sind Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung von den Arbeitnehmern als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu versteuern. Für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr gilt jedoch ein Freibetrag von je 110 Euro pro Arbeitnehmer.

Beachten Sie | Ein wichtiges Merkmal einer Betriebsveranstaltung ist, dass sie grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. So gelten beispielsweise Incentive-Aktionen für Führungskräfte oder für verdiente Mitarbeiter nicht als Betriebsveranstaltungen. Eine Begrenzung des Teilnehmerkreises ist allerdings erlaubt, wenn die Veranstaltung auf eine Abteilung oder auf mehrere eng zusammenarbeitende Abteilungen beschränkt ist.

Sachverhalt

Eine GmbH hatte einen gemeinsamen Kochkurs als Weihnachtsfeier geplant. Nach dem Konzept des Veranstalters durfte jeder Teilnehmer unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten zwei kurzfristig ab, ohne dass dies zu einer Reduzierung der bereits veranschlagten Kosten durch den Veranstalter führte.

Die GmbH verteilte die Aufwendungen auf die angemeldeten Arbeitnehmer. Demgegenüber stellte das Finanzamt auf die teilnehmenden Personen ab, sodass sich ein höherer Betrag ergab. Das Finanzgericht (FG) Köln gab der GmbH Recht – nicht aber der Bundesfinanzhof.

Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.

Beachten Sie: Damit hat der BFH dem FG Köln eine Absage erteilt. Das hatte in der Vorinstanz noch die Meinung vertreten, Absagen von angemeldeten Arbeitnehmern dürften steuerrechtlich nicht zulasten der teilnehmenden Arbeitnehmer gehen. Eine dahingehende Aufteilung der Gesamtkosten ist, so der BFH, weder im Gesetzeswortlaut angelegt noch entspricht sie dem Sinn und Zweck der Regelung. (BFH, Urteil vom 29.4.2021, VI R 31/18)

Werbungskosten: Neue Umzugskostenpauschalen ab 1.4.2021

Beruflich veranlasste Umzugskosten sind Werbungskosten. Für sonstige Umzugskosten (z. B. Kosten für den Abbau von Elektrogeräten) sowie für umzugsbedingte Unterrichtskosten gewährt die Finanzverwaltung Pauschalen, bei deren Höhe sie sich am Bundesumzugskostengesetz (BUKG) orientiert. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun die Pauschalen veröffentlicht, die für Umzüge ab 1.4.2021 sowie ab 1.4.2022 gelten. Maßgeblich für die Ermittlung der Pauschalen ist der Tag vor dem Einladen des Umzugsguts.

Bei den Umzugsauslagen ist nach folgenden Personengruppen zu unterscheiden:

Berechtigte, die am Tag vor dem Einladen des Umzugsgutes bereits eine Wohnung hatten:

  • ab 1.6.2020: 860 Euro
  • ab 1.4.2021: 870 Euro
  • ab 1.4.2022: 886 Euro

Jede andere Person (vor allem Ehegatte und ledige Kinder):

  • ab 1.6.2020: 573 Euro
  • ab 1.4.2021: 580 Euro
  • ab 1.4.2022: 590 Euro

Berechtigte, die am Tag vor dem Einladen des Umzugsgutes (noch) keine Wohnung hatten:

  • ab 1.6.2020: 172 Euro
  • ab 1.4.2021: 174 Euro
  • ab 1.4.2022: 177 Euro

Beachten Sie: Anstelle der Pauschalen können auch die im Einzelfall nachgewiesenen höheren Umzugskosten abgezogen werden. Ein Abzug entfällt allerdings, soweit die Umzugskosten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet worden sind.

Ist der Umzug privat veranlasst, können die Kosten nicht als Werbungskosten abgezogen werden. In diesen Fällen sollte aber geprüft werden, ob für die Umzugsdienstleistungen eine Steuerermäßigung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 35a EstG) als haushaltsnahe Dienstleistungen in Betracht kommt. (BMF-Schreiben vom 21.7.2021, IV C 5 – S 2353/20/10004 :002)

Schadenersatz: Wertminderung auch bei jungem Kfz mit niedrigem Schaden?

Ist das unfallbeschädigte Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt erst ca. drei Monate alt, liegt der Wiederbeschaffungswert bei knapp mehr als 30.000 Euro und betragen die Reparaturkosten ca. 3.100 Euro, ist eine Wertminderung anzunehmen. Dies hat das Amtsgericht (AG) Köln jetzt entschieden.

Der Versicherer wollte wegen des im Verhältnis zum Wiederbeschaffungswert niedrigen Schadens keine Wertminderung erstatten. Der Geschädigte hatte demgegenüber auf Grundlage des Schadengutachtens 350 Euro eingeklagt. Der Gerichtsgutachter hielt 500 Euro für richtig. Daraufhin hatte der Geschädigte die Klage entsprechend erweitert.

Das AG hat die Kernargumente des Gerichtsgutachters übernommen: Da der Pkw bei dem Unfall erst knapp drei Monate alt war und mit rund 2.725 km eine geringe Laufleistung aufweist, konkurriert er auf dem Markt mit Fahrzeugen, die aufgrund ihres Alters in der Regel keine Vorschäden aufweisen. Folge: Bei solchen Fahrzeugen ist ein deutlicher Preisnachlass als Kaufanreiz anzubieten, damit ein Käufer bereit ist, über 30.000 Euro in ein junges Gebrauchtfahrzeug zu investieren und nicht auf ein unbeschädigtes Fahrzeug zurückgreift. (AG Köln, Urteil vom 14.5.2021, 269 C 125/20)

Geschwindigkeitsüberschreitung: Messgerät LEIVTEC XV3 nicht immer zuverlässig genug

Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle können Messergebnisse des Geräts LEIVTEC XV3 in Bußgeldverfahren derzeit nicht mehr ohne Weiteres zugrunde gelegt werden.

Geschwindigkeitsmessungen von Kraftfahrzeugen werden vor Gericht immer wieder als fehlerträchtig angegriffen. Dabei sind die Messgeräte im Zulassungsverfahren einer strengen technischen Prüfung unterworfen. Besteht ein Gerät diese Prüfung, bietet es bei Einhaltung der vorgegebenen Bedienvorschriften i.d.R. die hinreichende Gewähr für die Richtigkeit der erzielten Messergebnisse. Messungen können dann als sog. standardisierte Messverfahren in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden. Gibt es trotz Einhaltung der Bedienvorschriften Anhaltspunkte für Fehlerquellen und unzulässige Messwertabweichungen, setzt die Verurteilung eines vermeintlichen „Temposünders“ voraus, dass das Gericht im Einzelfall feststellen kann, dass solche Messfehler zulasten des Betroffenen ausgeschlossen sind.

Einen solchen Fall musste nun das OLG Celle entscheiden: Ein Autofahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 kontrolliert. Hiernach sollte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten haben. Das Amtsgericht (AG) hatte ihn deshalb zu einer Geldbuße von 140 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hob das OLG dieses Urteil auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das AG zurück. Grund: Die für die Bauartprüfung dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) konnte zwischenzeitlich bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler reproduzieren, die zulässige Toleranzen überschritten. Da der Abschlussbericht der PTB nicht eindeutig erkennen lässt, unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen zu Ungunsten bzw. ausschließlich zugunsten Betroffener auswirken können, sieht der Senat bei diesem Messgerät derzeit keine hinreichende Gewähr mehr für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.

Folge: Das AG muss deshalb mithilfe eines Sachverständigengutachtens genauer klären, ob in diesem konkreten Einzelfall die ausgewiesene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen ist. (OLG Celle, Beschluss vom 18.6.2021, 2 Ss (Owi) 69/21)

Geschwindigkeitsüberschreitung: Gleiches Recht für alle: Schneller als die Polizei erlaubt

Der Verkehrsverstoß eines Polizeibeamten während einer Dienstfahrt außerhalb von Sonderrechten bei dienstlichen Einsätzen ist nicht bloß mit einem Verwarnungsgeld zu ahnden. So hat das Amtsgericht (AG) Landstuhl entschieden.

Der Betroffene, ein Polizeibeamter, hatte gegenüber einer ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung Folgendes geltend gemacht: Er habe sich mit einem zivilen Dienst-Kfz auf dem Weg zu einem Dienstgeschäft befunden und sei wegen eines Rückstaus in Zeitverzug gewesen. Um das terminierte Dienstgeschäft (jährlicher Pflichtleistungsnachweis (Prüfung) mit der Dienstpistole) zeitgerecht erledigen zu können, sei er mit 119 km/h anstelle der zulässigen 80 km/h gefahren. Die Sicht auf die die Geschwindigkeit beschränkenden Verkehrszeichen sei durch neben ihm fahrende Kraftfahrzeuge (LKW) verwehrt gewesen.

Das AG hat das nicht gelten lassen und ist bei seiner Entscheidung von der Regelgeldbuße ausgegangen, die es wegen vorsätzlicher Begehungsweise verdoppelt hat. Der Polizeibeamte hatte nämlich auch noch während der Fahrt ein Telefonat angenommen. (AG Landstuhl, Urteil vom 11.5.2021, 2 OWi 4211 Js 4647/21)