Lärm: Nicht immer ist ein detailliertes Lärmprotokoll notwendig

Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm muss kein detailliertes Protokoll vorgelegt werden. Es genügt vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Er hob daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts auf, dass das viel strenger gesehen hatte.

(BGH, Beschluss vom 22.8.2017, VIII ZR 226/16)

Erbrecht: Kein Auskunftsanspruch des Erben gegen früheren Lebenspartner

Wer zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin mit ihr in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, muss dem Erben gegenüber Auskunft erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.

Hierauf verwies das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Hinweisbeschluss. Diese Voraussetzungen waren vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Erblasserin wohnte zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits in einem Altenpflegewohnheim. Die Richter wiesen die Auskunftsklage daher ab.

(OLG Köln, Beschluss vom 11.5.2017, 16 U 99/16)

Erbrecht: Testament darf auch mit der linken Hand geschrieben werden

Auch ein mit der linken Hand geschriebenes handschriftliches Testament ist gültig.

Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall eines 62-jährigen Erblassers fest, der an Krebs verstorben war. Etwa ein halbes Jahr vor dem Tod hatten die Ärzte ein metastasierendes Bronchialkarzinom diagnostiziert. Kurz nach der Diagnose waren Lähmungen am rechten Arm aufgetreten. Dem Nachlassgericht wurde ein als Testament überschriebenes und mit dem Namen des Erblassers unterzeichnetes Schriftstück vorgelegt. Das bezeichnete die Nachbarn des Verstorbenen als Erben. Die Nachbarn beantragten damit einen Erbschein. Die Geschwister des Erblassers machten geltend, dass das Testament gefälscht sei. Sie seien aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu Erben berufen.

Das OLG Köln hat die Entscheidung des Nachlassgerichts bestätigt, wonach die Nachbarn den Erbschein erhalten. In beiden Instanzen wurde umfangreich Beweis erhoben, u.a. wurden Zeugen vernommen, ein graphologisches Gutachten eingeholt und die behandelnden Ärzte schriftlich vernommen. Danach stand für die Gerichte fest, dass das die Nachbarn begünstigende Testament den gültigen letzten Willen des Erblassers beinhaltet. Wegen der Lähmung der rechten Hand sei dieses allerdings mit der linken Hand geschrieben worden. In der Folge konnte die gerichtlich bestellte Schriftsachverständige nicht mit Sicherheit bestätigen, dass das Testament vom Erblasser stammte, weil es kein geeignetes Vergleichsmaterial von Schriftstücken mit der linken Hand des Erblassers gab. Entscheidend war schließlich, dass ein Zeuge glaubhaft bestätigte, bei der Abfassung des mit der linken Hand geschriebenen Testaments dabei gewesen zu sein. Das Argument der Gegenseite, wonach ein mit einer schreibungewohnten Hand geschriebenes Testament wesentlich unregelmäßiger aussehen müsste, blieb vor diesem Hintergrund ohne Erfolg. Denn es gibt Menschen, die mit ihrer schreibungewohnten Hand ein regelmäßiges Schriftbild erzeugen können. Auch ein mit der linken Hand geschriebenes handschriftliches Testament ist gültig.

(OLG Köln, Beschluss vom 3.8.2017, 2 Wx 149/17)

Umgangsrecht: Kein Ordnungsgeld gegen umgangsunwilligen Kindesvater

Verweigert der Kindesvater einen Umgang mit seinem Kind, kann er auch durch Ordnungsmittel, z. B. Zwangsgeld nicht dazu gezwungen werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Zwar könne der betreuende Elternteil nach einer im Vordringen befindlichen Meinung im eigenen Namen gegen den anderen Elternteil ein Verfahren anstrengen, mit dem dieser zum Umgang mit den gemeinsamen Kindern verpflichtet wird.

Allerdings stößt die Vollstreckung der Umgangspflicht regelmäßig an seine Grenzen. So scheitert die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den umgangsunwilligen Elternteil nach Ansicht des OLG in der Regel daran, dass der so erzwungene Umgang regelmäßig nicht dem Kindeswohl dient. Deswegen ist der mit der Festsetzung von Ordnungsmitteln bewirkte Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des umgangsunwilligen Elternteils regelmäßig nicht gerechtfertigt. (OLG Hamm, Beschluss vom 25.7.2017, 6 WF 179/17)

Hausrat: Aus dem gemeinsamen Haus ausgezogener Ehegatte hat kein Betretungsrecht mehr

Sind die Ehegatten Eigentümer eines gemeinsamen Hauses, hat grundsätzlich jeder von ihnen das Recht, das Haus mitzubenutzen. Hat jedoch einer der Ehegatten das im Miteigentum stehende Hausgrundstück endgültig verlassen, kann er weder für sich noch für einen anderen Dritten Zutritt zu der Immobilie verlangen, wenn kein besonderer Grund vorliegt.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Die Richter stellten klar, dass der in der Immobilie verbleibende Miteigentümer ohne einen solchen besonderen Grund in seiner nach Art. 13 GG geschützten Privatsphäre verletzt werde, wenn der ausgezogene Miteigentümer die frühere Ehewohnung betrete und besichtige. Ein solcher besonderer Grund liege auch nicht vor, wenn der nicht in dem Haus wohnende Miteigentümer dieses durch einen Makler besichtigen lassen möchte, um die Immobilie freihändig zu verkaufen. Das gelte zumindest, wenn der in der Immobilie verbliebene Ehegatte einen freihändigen Verkauf ablehnt und stattdessen die Teilungsversteigerung betreibt.

(OLG Bremen, Beschluss vom 22.8.2017, 5 WF 62/17)

Wiederaufbauverfügung: Denkmalgeschützte Villa muss nach Abriss nicht neu aufgebaut werden

Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat entschieden, dass die von der Landeshauptstadt Dresden getroffene Anordnung zur Wiederherstellung einer abgerissenen denkmalgeschützten Villa in Dresden-Blasewitz rechtswidrig ist. Der Eigentümer muss das Gebäude nicht neu errichten.

Auf einem unmittelbar an der Elbe gelegenen Grundstück in Dresden-Blasewitz befand sich eine neobarocke Villa. Diese hatte seit langer Zeit leer gestanden. Nach zwei Bränden sowie vom Kläger als Sicherungsmaßnahmen bezeichneten Bauarbeiten wurde sie bis auf den Keller zerstört. Die Landeshauptstadt Dresden forderte daraufhin den Kläger als Grundstückseigentümer auf, das Gebäude im ursprünglichen Baufeld sicht- und materialidentisch wiederherzustellen.

Nach Auffassung des VG hält die Anordnung zur Wiederherstellung der Villa einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Ungeachtet der Problematik, ob zum Zeitpunkt der Baggerarbeiten noch ein Denkmal vorgelegen habe, und in welcher Weise die Veranlassung der sogenannten Sicherungsmaßnahmen durch den Kläger rechtlich zu werten sei, erweise sich das Verlangen nach Wiederherstellung des Gebäudes als ermessensfehlerhaft. Angesichts des Umfangs der bereits im Mai 2014 unstreitig vorhandenen Schäden und der Tatsache, dass nach der Wiederherstellung ein Gebäude entstehen würde, das lediglich ein reines Abbild des früheren Zustandes und kein Kulturdenkmal sein könne, vertrete das Gericht die Auffassung, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht eingehalten worden sei.

(VG Dresden, Urteil vom 26.9.2017, 7 K 2270/15)

Baubeseitigungsanordnung: Fiskalerben muss bauaufsichtliche Verfügung umsetzen – hier Abbruch eines einsturzgefährdeten Gebäudes

Ein Erbe muss als Zustandsverantwortlicher der Anordnung zum Abbruch eines einsturzgefährdeten Gebäudes nachkommen. Er kann seiner Inanspruchnahme wegen bauordnungsrechtlicher Pflichten nicht die Einrede der Dürftigkeit aus § 1990 BGB entgegenhalten. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass der Erbe wegen einer (reinen) Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wird.

Eine Abbruchverfügung ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Sachsen-Anhalt aber keine reine Nachlassverbindlichkeit. Die Verantwortlichkeit für den ordnungsmäßigen Zustand knüpft nämlich an die Eigentümerstellung und gerade nicht an die Erbenstellung an. (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.3.16, 2 M 156/15)

Vorhaben im Außenbereich: Errichtung eines Strohlagers dient landwirtschaftlichem Schweinezuchtbetrieb trotz Erweiterung um Pferdehaltung

Die Errichtung eines Stroh- und Heulagers beziehungsweise einer Abstellfläche für Geräte und Maschinen dient auch dann noch einem privilegierten landwirtschaftlichen Schweinezucht- und Ackerbaubetrieb im Außenbereich, wenn das Vorhaben gleichzeitig die zusätzliche Haltung von drei Pferden ermöglichen soll.

Eine solche Erweiterung der landwirtschaftlichen Tätigkeit um einen neuen Betriebszweig ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen unschädlich, soweit das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche im Verhältnis zur Größe des Gesamtbetriebs betrifft.

(OVG NRW, Urteil vom 15.3.2017, 7 A 937/15)

Nachbarschaftsrecht: Eigentümer haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle

Eigentümer von baumbestandenen Grundstücken haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und hob damit das vorangegangene Urteil des OLG Braunschweig auf. Geklagt hatte eine Hauseigentümerin. Ihr Grundstück grenzt an einen im Eigentum der beklagten Gemeinde stehenden Wendeplatz, auf dem ein Kastanienbaum angepflanzt ist. In einer Nacht fiel starker Regen. Die Regenwasserkanalisation konnte die anfallenden Wassermassen nicht mehr ableiten, weil Wurzeln der Kastanie in den Kanal eingewachsen waren. Deshalb kam es zu einem Rückstau und einem Wasserschaden im Keller der Klägerin.

Der BGH machte deutlich, dass es von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt, ob und in welchem Umfang bzw. mit welcher Kontrolldichte ein Grundstückseigentümer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss. Dabei muss er regelmäßig nicht den Kanal selbst überprüfen. Hier hat er zumeist auch keinen Zugang. Im konkreten Fall hatte die Gemeinde als Eigentümerin des baumbestandenen Grundstücks und zugleich als Betreiberin des öffentlichen Abwassersystems jedoch den unmittelbaren Zugang zum gesamten ober- und unterirdischen von dem Kastanienbaum ausgehenden Gefahrenbereich. Soweit im Rahmen ohnehin gebotener Inspektionen des Kanals die Einwurzelungen erkennbar gewesen wären, hätte sie als Grundstückseigentümerin die Pflicht gehabt, diese rechtzeitig zu beseitigen. Der BGH hat die Sache daher an das OLG zurückverwiesen. Dort muss der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden.

(BGH, Urteil vom 24.8.2017, III ZR 574/16)

Gleichbehandlung: Hunde dürfen mit an den Arbeitsplatz gebracht werden – wenn es auch die Kollegen dürfen

Ohne sachlichen Grund darf ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht ungleich behandeln.

Das ist die Kernaussage eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Bonn. Dort hatte ein Ehepaar gegen das Verbot des gemeinsamen Arbeitgebers geklagt, einen weiteren Schäferhund mit in die Diensträume zu bringen. Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um das Land Nordrhein-Westfalen.

Das Ehepaar arbeitet in der regionalen Forstverwaltung. Es bringt schon seit Jahren mit Duldung des Arbeitgebers einen Schäferhund mit zum Dienst. Nun will es sich einen weiteren Schäferhund anschaffen und auch diesen mit zum Dienst bringen. Der Arbeitgeber untersagte das. Er drohte arbeitsrechtliche Sanktionen für den Fall an, dass gegen das Verbot verstoßen werde: Grundsätzlich seien nur Jagdhunde im Forstamt gestattet. Ein Schäferhund gehöre aber nicht zu den Jagd-, sondern zu den Hütehunden.

Das Ehepaar berief sich unter anderem auf Gleichbehandlung: In anderen Forstämtern des Landes gibt es nämlich Mitarbeiter, die auch Hunde mitbringen dürfen, die keine Jagdhunde sind. Das Land argumentierte, dass jedes Forstamt selbst regeln dürfe, welche Hunde die Mitarbeiter mit zum Dienst bringen dürften. Dies falle unter das Hausrecht des jeweiligen Amtsleiters. In der hier fraglichen Dienststelle sei der mittlerweile zehn Jahre alte Schäferhund nur aus „Bestandsschutzgründen“ geduldet worden.

Dieser Argumentation ist das Arbeitsgericht Bonn nicht gefolgt. Es hat den Klägern recht gegeben. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung maßgeblich auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz abgestellt. Danach müssen Arbeitnehmer, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich behandelt werden. Dies gilt landesweit. Denn Arbeitgeber sei nun mal nicht das einzelne Forstamt, sondern das Land, welches für die Forstverwaltung in seiner Gesamtheit verantwortlich sei. Eine unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Mitarbeiter unterschiedlicher Forstämter hätte daher sachlich begründet werden müssen. Daran habe es vorliegend gefehlt, sodass das Arbeitsgericht Bonn das erteilte Verbot als rechtswidrig einstufte.

(Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 9.8.2017, 4 Ca 181/16)