Nachbarschaftsrecht: Eigentümer haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle
Eigentümer von baumbestandenen Grundstücken haften nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen.
Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und hob damit das vorangegangene Urteil des OLG Braunschweig auf. Geklagt hatte eine Hauseigentümerin. Ihr Grundstück grenzt an einen im Eigentum der beklagten Gemeinde stehenden Wendeplatz, auf dem ein Kastanienbaum angepflanzt ist. In einer Nacht fiel starker Regen. Die Regenwasserkanalisation konnte die anfallenden Wassermassen nicht mehr ableiten, weil Wurzeln der Kastanie in den Kanal eingewachsen waren. Deshalb kam es zu einem Rückstau und einem Wasserschaden im Keller der Klägerin.
Der BGH machte deutlich, dass es von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt, ob und in welchem Umfang bzw. mit welcher Kontrolldichte ein Grundstückseigentümer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss. Dabei muss er regelmäßig nicht den Kanal selbst überprüfen. Hier hat er zumeist auch keinen Zugang. Im konkreten Fall hatte die Gemeinde als Eigentümerin des baumbestandenen Grundstücks und zugleich als Betreiberin des öffentlichen Abwassersystems jedoch den unmittelbaren Zugang zum gesamten ober- und unterirdischen von dem Kastanienbaum ausgehenden Gefahrenbereich. Soweit im Rahmen ohnehin gebotener Inspektionen des Kanals die Einwurzelungen erkennbar gewesen wären, hätte sie als Grundstückseigentümerin die Pflicht gehabt, diese rechtzeitig zu beseitigen. Der BGH hat die Sache daher an das OLG zurückverwiesen. Dort muss der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden.
(BGH, Urteil vom 24.8.2017, III ZR 574/16)