Nachbarschaftsstreit: Überschwenken eines Baukrans

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat entschieden: Ein durch einen über sein Grundstück schwenkenden Kranarm beeinträchtigter Nachbar hat einen Unterlassungsanspruch.

Das war geschehen

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke gerieten über den Abbruch und die Neubebauung in Streit. Nach Erhalt der Baugenehmigung für zwei Doppelhäuser und vier Garagen haben die Beklagten Ende 2021 einen 18 Meter hohen Turmdrehkran mit ca. 28 Meter langem Ausleger auf der Grundstücksgrenze aufgestellt. Der Ausleger überschwenkte ohne Vorankündigung mehrfach und für längere Zeit im Frühjahr 2022 mit und ohne Last den Luftraum über dem klägerischen Grundstück. In einem Fall blieb der Kran mit schweren Betonfertigteilen an der Oberleitung hängen, die auch das klägerische Grundstück mit Strom versorgte. Dadurch wurde u.a. das Dachgeschoss des Hauses des Klägers erschüttert.

Landgericht: Überschwenken erlaubt, aber ohne Lasten

Der Kläger beantragte daher, es unverzüglich zu unterlassen, sein Grundstück mit dem Kran zu überschwenken. Das Landgericht (LG) bejahte diesen Anspruch, jedoch nur im Fall eines Überschwenkens mit Lasten. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Antrag auf Unterlassung auch eines lastenfreien Schwenkens des Kranarms beim OLG weiterverfolgte.

Oberlandesgericht: Überschwenken in jedem Fall untersagt

Das OLG sah die Berufung als begründet an und untersagte das Schwenken des Baukrans über dem Grundstück des Klägers bei Ordnungsgeld-Androhung für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Die Beklagten hätten das im Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW) auch für das Einschwenken eines Baukrans in den nachbarlichen Luftraum vorgesehene Verfahren nicht eingehalten. Daher könnten sich die Bauherren nicht auf das sog. Hammerschlags- und Leiterrecht (nach § 7d NRG BW) und eine entsprechende Duldungspflicht des Klägers berufen. Nach den gesetzlichen Vorgaben hätten die Bauherren das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Krans mit oder ohne Lasten zwei Wochen vor der Benutzung anzeigen müssen, was unstreitig nicht erfolgt war. Hätte der Kläger dem Überschwenken dann nicht zugestimmt, hätten die Beklagten erst Duldungsklage erheben müssen und auch dann nicht ihr vermeintliches Recht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen können.

Diese Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig. Allerdings können die Beklagten noch in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich klären lassen, ob ihnen ein Duldungsanspruch auf Überschwenken des Krans gegen den Kläger zusteht.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 31.8.2022, 4 U 74/22, PM vom 8.9.2022

Nichterfüllung vertraglicher Pflichten: Bau einer Moschee zu langsam: Stadt erhält Grundstück zurück

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat einen beklagten muslimischen Verein für Kultur, Bildung und Integration u.a. zur Rückübertragung des Erbbaurechts eines mit einer Moschee bebauten Grundstücks verpflichtet und dessen Begehren auf Übertragung des Eigentums an diesem Grundstück abgewiesen.

Das war geschehen

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen und der Verein hatten 2014 einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen, nach dem die Stadt als Grundstückseigentümerin u.a. eine Rückübertragung des Erbbaurechts bei einer Nichterfüllung vertraglicher Pflichten verlangen kann. Über dieses sog. Heimfallrecht sowie die Ausübung eines Wiederkaufsrechts durch die Stadt streiten die Parteien, nachdem der beklagte Verein als Bauherr seinen vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen ist: Der Verein hatte in einem 1. Bauabschnitt die Moschee und ein Kulturhaus nicht fristgerecht bis zum 31.10.2018 und auch noch nicht bis zum Sommer 2022 fertiggestellt. Dennoch hatte der Beklagte den vereinbarten Kaufpreis für das Moscheegrundstück in Höhe von über 800.00 Euro bereits 2018 an die Stadt bezahlt. Er wurde aber noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Stadt übte daraufhin ihr Wiederkaufsrecht aus und beanspruchte auch den Heimfall des Erbbaurechts.

Landgericht gab der Stadt Recht

In erster Instanz verurteilte das Landgericht (LG) Stuttgart den beklagten Verein auf Übertragung des Erbbaurechts und wies demgegenüber den Anspruch des Vereins auf Übertragung des Eigentums an dem Moscheegrundstück zurück.

Beide Parteien: Berufung eingelegt

Mit ihren jeweiligen Berufungen machten die Parteien weitergehende Ansprüche geltend. Die Stadt beansprucht Erbbauzinszahlungen sowie einen Nachweis der Versicherung des Moscheebauwerks. Der Verein will nach wie vor die Auflassung und das Eigentum an dem Grundstück, da die Klägerin ihr Wiederkaufsrecht rechtswidrig ausgeübt habe. Dadurch sei der Kulturverein in seinen Grundrechten auf Religionsfreiheit und seinem Eigentum am Gebäude verletzt.

Nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen der Parteien hat das OLG die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten der Stadt bestätigt und ihr Ansprüche aus dem Erbbaurechtsvertrag zugesprochen. Der Verein muss die Rückübertragung des Erbbaurechts erklären, das Moscheebauwerk bis dahin entsprechend versichern und Erbbauzinsen von über 110.000 Euro nachzahlen. Der Kaufvertrag wird rückabgewickelt und die Stadt bleibt Eigentümerin des Grundstücks.

Oberlandesgericht: Verein hätte fristgerecht bauen müssen

Das OLG begründet dies damit, dass der Verein seiner vertraglich bindenden Zusage, die Moschee fristgerecht herzustellen, schuldhaft nicht nachgekommen sei. Durch die Kaufpreiszahlung des Vereins seien seine Verpflichtungen wie z.B. auf Versicherungsschutz des Bauwerks aus dem dinglichen Erbbaurechtsvertrag nicht fortgefallen, sondern wirkten fort.

Bei dem Heimfallrecht und dem Wiederkaufsrecht handle es sich um verschiedene Rechte, die die Stadt beide mit unterschiedlichen Folgen ausgeübt habe. Insbesondere sei die Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht, wenn der Verein nicht rechtzeitig den 1. Bauabschnitt fertigstelle, wirksam. Der Verein habe keinen Anspruch, genau auf dem streitgegenständlichen Grundstück seinen Mitgliedern die Religionsausübung zu ermöglichen. Vielmehr habe er die Bedingungen des Erbbaurechtsvertrags nicht eingehalten und dadurch das Heimfallrecht ausgelöst. Zugleich sei das vorgesehene Wiederkaufsrecht auch nicht unwirksam und entspreche einer angemessenen Vertragsgestaltung, da der Beklagte in diesem Fall einen wirtschaftlichen Ausgleich seiner Verwendungen erhalte.

Weitere Gerichte müssen entscheiden

Allerdings könne der Verein erst in weiterem Rechtsstreit eine angemessene Entschädigung für die Erhöhung des Grundstückswerts durch seine Aufwendungen geltend machen, um dann an anderer Stelle eine Gebetsmöglichkeit für seine Mitglieder zu schaffen. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegen dieses Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 13.9.2022, 10 U 278/21

Haftung: Wenn der Baukran umfällt …

Ein ordnungsgemäß montierter und auf stabilem Baugrund aufgebauter Kran fällt nicht ohne Weiteres um, auch nicht bei einem Sturm. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. festgestellt. Stürzt ein auf der Baustelle betriebener Turmdrehkran während Bauarbeiten um, spricht deshalb der sog. „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und Aufbaufehler.

In solchen Fällen kommen verschiedene Ursachen in Frage, die dann auch über die Haftung entscheiden. Zum „Beweis des ersten Anscheins“ gehören nicht nur die Pflichten des Aufstellers, sondern (je nach Einzelfall) auch, ob sich die Bauüberwachung im Rahmen ihrer eigenen Leistungen von der ordnungsgemäßen Aufstellung überzeugt hat.

Im Fall des OLG sprach der „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und Aufbaufehler des ausführenden Unternehmens. Denn ein Sicherungsbolzen der Stahlkonstruktion des Krans am Ausleger war falsch montiert. Die Bauüberwachung war insoweit damit bis auf Weiteres außen vor. Die Kontrolle von Sicherungsbolzen am Kran kann der Bauüberwachung nicht zugeordnet werden.

Die Bauüberwachung wäre eventuell dann in den Fokus des Anscheinsbeweises gerückt, wenn statt des Sicherungsbolzens am Kranausleger das Kranfundament an der falschen Stelle entgegen der Vorgabe der Bauüberwachung (auf instabilem Baugrund ohne vorherige Prüfung) ausgeführt worden wäre.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.7.2022, 29 U 222/19

Werkverträge: Vereinbarungen zur Fälligkeit – das ist möglich

Vor allem bei einem Werk- oder Architektenvertrag können die Parteien die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen. Solche Vereinbarungen müssen nicht stets ausdrücklich, sondern können durchaus auch stillschweigend getroffen werden. Das hat nun das Kammergericht (KG) in Berlin klargestellt.

Eine solche Vereinbarung setzt auch nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist vielmehr durch Auslegung, notfalls mithilfe der gesetzlichen Vermutung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 271 Abs. 1 BGB) zu bestimmen. Besser ist es daher, die Fälligkeit von Teilleistungen im Zweifel auch ausschließend ausdrücklich zu regeln.

Quelle: KG, Urteil vom 26.4.2022, 21 U 1030/20

Lärmimmissionen: Keine Lärmsanierung nach Errichtung eines Buswendeplatzes

Der Kläger, Eigentümer eines Wohngrundstücks, hat keinen Anspruch gegen den beklagten Landkreis auf Durchführung von Maßnahmen zum Schutz vor Lärmimmissionen, die durch den Betrieb eines Buswendeplatzes in der Nähe seines Grundstücks hervorgerufen werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz.

Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet; allerdings findet sich dort ausschließlich Wohnbebauung. Nachdem im Jahr 2016 die entsprechenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden waren, wurde für den Öffentlichen Personennahverkehr und den darin integrierten Schülerverkehr in der am Grundstück des Klägers entlangführenden Straße ein Buswendeplatz errichtet. Daraufhin stellte der Kläger bei dem beklagten Landkreis einen Antrag auf Maßnahmen zum Schutz vor den durch den Buswendeplatz verursachten Emissionen. Nachdem sein Antrag erfolglos geblieben war, verfolgte der Kläger sein Begehren auf dem Klageweg weiter.

Das VG wies die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Lärmsanierung. Zwar sei nach Errichtung des Buswendeplatzes und dem dadurch erhöhten Verkehrsaufkommen durch Busse eine deutliche Lärmsteigerung eingetreten. Jedoch würden die maßgeblichen Beurteilungspegel nicht überschritten. Dies gelte unabhängig davon, ob die Beurteilungspegel für ein Mischgebiet (64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht) oder für ein reines oder allgemeines Wohngebiet (59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht) anzusetzen seien. Denn ungeachtet der Wirksamkeit der Mischgebietsfestsetzung im Bebauungsplan erreichten die Lärmimmissionen am Wohnhaus des Klägers nach einem von ihm nicht substanziiert angegriffenen schalltechnischen Gutachten lediglich Werte von 55 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts. Selbst unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung am Grundstück des Klägers erleide dieser keine Gesundheits- oder übermäßigen Eigentumsbeeinträchtigungen, die trotz Einhaltung der Immissionsgrenzwerte ausnahmsweise zu einem Lärmsanierungsanspruch führen könnten. Die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) insoweit entwickelte Zumutbarkeitsschwelle liege nämlich bei hier nicht erreichten Werten von mindestens 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 21.7.2022, 4 K 46/22.KO, PM 27/22

Saunalandschaft: Fliesentauglichkeit: Architekt muss kein Labor beauftragen

Im Rahmen seiner Aufgaben der Planung muss der Architekt auch die Materialien auswählen, die für die Maßnahme geeignet sind. Auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf sich der Architekt dabei verlassen. Er muss nicht alle Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben prüfen lassen. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe festgestellt.

Ein Architekt wurde mit den Leistungsphasen 1 bis 8 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und mit einem Fliesengewerk bei der Sanierung einer Saunalandschaft beauftragt. Die Fliesen sollten säure- bzw. chemiebeständig sein. Der Architekt wählte ein Fabrikat, das nach dem Datenblatt des Herstellers diese Anforderungen erfüllte. Er legte sie der Ausschreibung zugrunde. Nach Abnahme der Leistungen zeigten sich Ausblühungen und die Fliesen lösten sich ab. Der Betreiber verklagte den Architekten auf Kostenvorschuss wegen Planungs- und Überwachungsfehlern und den Fliesenleger wegen Ausführungsfehlern.

Das OLG sprach den Architekten mit den eingangs genannten Erwägungen von Planungs- und Überwachungsfehlern frei. Würde man dies anders sehen, wäre die Folge, dass ein Architekt verpflichtet wäre, beinahe alle verwendeten Baustoffe durch ein Labor prüfen zu lassen. Damit wäre aber ein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.9.2021, 4 U 199/20

Honorarvereinbarungen: Mindestsätze der HOAI 2013 bei Verträgen zwischen Privatpersonen weiter anwendbar

Die Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2013) können in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiter als verbindliches Preisrecht anzuwenden sein. Folge: Aufstockungsklagen können Erfolg haben. So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH: Deutschland hat mit dem verbindlichen Preisrecht der HOAI 2013 zwar gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstoßen. Trotzdem kann sich ein Planer grundsätzlich auf eine bestehende nationale Rechtsvorschrift (hier: HOAI 2013) berufen, solange diese weiterhin im Land gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie muss zunächst in nationales Recht umgesetzt werden, um bei Verträgen zwischen Privatpersonen zu gelten. Das war aber erst mit der HOAI 2021 erfolgt. Nach den o. g. Maßgaben ist die HOAI 2013 folglich bei Verträgen zwischen Privaten weiterhin anwendbar (Vertragsabschluss bis 31.12.2020).

Im konkreten Fall hatte ein Planer im Jahr 2016 einen Vertrag abgeschlossen, der ein Pauschalhonorar enthielt. Zu diesem Zeitpunkt galt die HOAI 2013. Das vereinbarte Pauschalhonorar lag unter dem Mindestsatz. Der Planer klagte die Differenz zum Mindestsatz ein. Es ging immerhin um 102.934,59 Euro. Diese Aufstockungsklage hatte Erfolg.

Quelle: BGH, Urteil vom 2.6.2022, VII ZR 174/19

Unvollständige Grundlagenermittlung: Architekt haftet nicht für entgangene Steuervergünstigungen

Ein mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt muss seinen Auftraggeber über ein denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufklären. Zweck dieser Pflicht ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungschancen des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden Genehmigungserfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Berufung der Bauherren zurückgewiesen.

Das war geschehen

Die Bauherren beabsichtigten, eine Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend zu sanieren und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht (LG) ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 7h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der falschen Aufklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden.

So sahen es die Gerichte

Das LG hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen abgewiesen. Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, begründet das OLG seine Entscheidung. Auch im Rahmen der hier beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liegt hier nicht vor. Die ordnungsgemäße Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens. Sie solle den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen zu können. „Sie zielt jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen“, betont das OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein „Reflex der Genehmigung“.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.4.2022, 29 U 185/20, PM 53/22

Leistungskürzung: So ist die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten zu prüfen

Bei der Rechnungsprüfung von Stundenlohnarbeiten oder Zeithonoraren wird oft darüber gestritten, ob der abgerechnete Zeitaufwand tatsächlich erforderlich war. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat dazu nun wichtige Grundsätze aufgestellt.

Im Fall des OLG ging es um die Abrechnung von Handschachtungen (z. B. „Zwischentransport der Handschachtung in Schubkarre und Aufladen auf Fahrzeug“). Der Auftraggeber kürzte die Zahl der abgerechneten Stunden, der Auftragnehmer klagte.

Das OLG hat sich zwar nur allgemein geäußert. Seine Ausführungen können aber im Rahmen der Bauüberwachung bei der Rechnungsprüfung nützlich sein:

  • Zum einen muss die Rechnungskürzung konkrete, einzelfallbezogene Angaben enthalten, aus denen die konkreten Kürzungsgründe hervorgehen.
  • Zum anderen muss der Auftraggeber Anhaltspunkte schildern, dass der abgerechnete Zeitaufwand keiner wirtschaftlichen Leistungsausführung entspricht.

Das OLG: An die fachlichen Anforderungen zur Begründung der Kürzung dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es genügen Kürzungsgründe, die der Rechnungssteller auf ihre Richtigkeit überprüfen und somit darauf eingehen kann.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 16.12.2021, 7 U 12/20

Honorarvertrag: Bauhandwerkersicherung: Unternehmer muss nur schlüssig darlegen

Bauunternehmer können von ihrem Auftraggeber Sicherheit für das gesamte noch nicht gezahlte Honorar verlangen. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650f BGB). Sie können kündigen, wenn der Bauherr die Sicherheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist stellt. Ihr Sicherungsverlangen ist berechtigt, wenn sie den Anspruch schlüssig darlegen. Ob die erforderlichen Annahmen dann auch tatsächlich zutreffen, ist jedoch nicht im Sicherungsverfahren zu klären. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle klargestellt.

Das war geschehen

Ein Bauplaner war mit Architektenleistungen beauftragt worden. Dann zerstritten sich Auftragnehmer und Auftraggeber. Die Situation eskalierte. Der Auftraggeber kündigte den Planervertrag außerordentlich aus wichtigem Grund und verlangte zu viel gezahltes Honorar zurück. Der Planer erhobt Widerklage und forderte den Auftraggeber auf, ihm eine Sicherheit zu stellen. Darüber hinaus machte er geltend, dass ihm ein Honorar auf Grundlage der Mindestsätze gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oberhalb des vereinbarten Pauschalhonorars zustehe.

So entschied das Oberlandesgericht

Das OLG gab dem Planer Recht. Seine Darlegungen zur Höhe der Sicherheit (unter Berücksichtigung erhaltener Abschlagszahlungen) seien ausreichend gewesen. Im Sicherheitenprozess stehe im Vordergrund, dem Unternehmer zu einer schnellen Sicherheit zu verhelfen. Rechtlich anspruchsvolle Fragen seien dort dagegen nicht aufzuklären. Als solche gelten die Fragen, ob sich die Höhe der Vergütung nach dem Preisrecht der HOAI oder nach der Honorarvereinbarung richte, und ob die Angaben zur Honorarzone und zu den anrechenbaren Kosten zutreffen.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 27.4.2022, 14 U 96/19