Vertragsstornierung: Fünf Mal versehentlich verklickt?
Im Streit um Ansprüche auf Rückerstattung aus einem Reisevertrag wies das Amtsgericht (AG) München eine Klage auf Zahlung von rund 4.000 Euro ab.
Reise online storniert
Der Kläger hatte bei der Beklagten zum Preis von über 4.500 Euro eine neuntägige Reise für sich und seine Ehefrau im Juni 2023 nach Portugal gebucht. Im Anschluss stornierte der Kläger im Internet auf der Website der Beklagten die Reise. Die Beklagte buchte sodann vom Konto des Klägers Stornierungsgebühren in Höhe von rund 4.000 Euro ab. Der Kläger leitete daraufhin am selben Tag eine E-Mail an die Beklagte weiter, um die Stornierung rückgängig zu machen.
Der Kläger behauptete, er habe erst nach Buchung der Reise erfahren, dass neben dem Hotel eine Baustelle liege. Er habe sich zudem im Internet lediglich über eine Umbuchung informieren wollen und habe unbeabsichtigt wegen der Unübersichtlichkeit der Homepage die Reise storniert. Er habe deswegen die abgegebene Willenserklärung zur Stornierung angefochten.
Die Beklagte trug vor, der Kläger habe keine genauen Angaben über die besagte Baustelle getroffen. Im Übrigen sei die Buchung wirksam storniert worden. Für die endgültige Stornierung seien mehrere einzelne Schritte erforderlich gewesen. Eine unbeabsichtigte Kündigung sei im System unmöglich. Dem Reiseveranstalter sei durch den Rücktritt des Kunden hingegen ein Schaden entstanden.
So sieht es das Gericht
Das AG wies die Klage ab und begründete dies wie folgt: Der unstreitig zwischen den Parteien geschlossene Reisevertrag wurde vom Kläger wirksam storniert. Eine wirksame Anfechtung der Stornierung aufgrund eines Irrtums in der Erklärungshandlung ist nicht gegeben.
Ein Irrtum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 119 BGB) ist das unbewusste Auseinanderfallen von Willen und Erklärung. Es liegt (nach § 119 Abs. 1 2. Fall BGB) zudem ein Irrtum in der Erklärungshandlung vor, wenn schon der äußere Erklärungstatbestand nicht dem Willen des Erklärenden entspricht. Dies ist beispielsweise beim Versprechen, Verschreiben oder Vergreifen der Fall. Zwar gab der Kläger an, die Website der Beklagten sei für ihn unübersichtlich gewesen, da diverse Klicks erforderlich gewesen seien.
Fünfmaliges Verklicken unwahrscheinlich
Es kann grundsätzlich nach der allgemeinen Lebenserfahrung sein, dass man versehentlich einmalig etwas anklickt, was dem eigentlichen Willen nicht entspricht. Es erscheint jedoch lebensfremd, dass bei der Durchführung eines Vorgangs wie hier der Buchungsstornierung mit insgesamt fünf verschiedenen Schritten jedes Mal ein „Verklicken“, und damit ein Irrtum in der Erklärungshandlung vorgelegen haben soll.
Aus der vom Reiseveranstalter vorgelegten Anlage ergibt sich insoweit, dass der Reisende für eine endgültige Stornierung der Reise erst mehrere einzelne Schritte durchführen musste: Zur Auslösung des endgültigen Stornierungsvorgangs musste der Kläger insgesamt viermal aktiv per Mausklick bestätigen, dass er eine Stornierung wünsche.
Dabei musste er bei Schritt 1 zunächst angeben, aus welchem Grund er seine Reise stornieren wollte. Im Anschluss bei Schritt 2 musste der Kläger angeben, was genau er stornieren wollte. Bei dem darauffolgenden Schritt 3 wurde der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Auswählen „Buchung stornieren“, die Stornierung durchgeführt, und im Namen des Reisenden eine Rückerstattung beantragt werde. Erst durch Anklicken dieses Feldes gelangte der Kläger zum letzten und 4. Schritt, wo nochmals um Bestätigung gebeten wurde, dass tatsächlich mit der Stornierung fortzufahren sei.
Wirksame Stornierung und keine Umbuchung
Dass das Anklicken versehentlich geschah, und nicht dem Willen des Reisenden entsprach, war für das AG nicht nachvollziehbar. Ein Irrtum in der Erklärungshandlung durch Vertippen sah das AG nicht gegeben. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass dem Reisenden bewusst gewesen sein muss, dass er bei Durchführung des gesamten Buchungsvorgangs eine endgültige Stornierung vornahm und nicht bloß, wie von ihm vorgegeben eine Umbuchung. Der unstreitig zwischen den Parteien geschlossene Reisevertrag wurde somit wirksam storniert.
Verlust von 4.000 Euro
Die Beklagte war zudem berechtigt, aufgrund des Rücktritts vom Vertrag durch den Kläger vor Reisebeginn einen Betrag in Höhe von rund 4.000 Euro als angemessene Entschädigung zu verlangen.
Das AG hob hervor: Die pauschale Behauptung des Reisenden, es habe neben dem Hotel eine Baustelle gegeben, führt nicht zu einer vertraglichen Pflicht des Reiseveranstalters, alternative Lösungen anbieten zu müssen.
Quelle: AG München, Urteil vom 18.4.2024, 275 C 20050/23, PM 15/24