Wettbewerbsrecht: Abmahnung: Der Mensch ist mit dem Gecko nicht vergleichbar

Wer Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkauft, steht nicht im Wettbewerb mit Verkäufern von Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos. Liegt offensichtlich kein Wettbewerbsverhältnis vor, ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall eines Händlers entschieden. Dieser betreibt einen Onlinehandel u.a. mit Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos. Der Beklagte verkauft ebenfalls im Onlineversand u.a. Nahrungsergänzungsmittel für Menschen. Der Händler hatte in seinem Onlineshop eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwandt. Der Beklagte hatte ihn deswegen abgemahnt und die Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Der Händler hatte daraufhin seinerseits einen Anwalt zur Rechtsverteidigung beauftragt.

Der Kläger wollte mit der Klage den Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten erreichen. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Abmahnung unberechtigt gewesen sei. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. Darüber hinaus sei die Abmahnung auch rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Daher müsse ihm der Beklagte die zur Verteidigung erforderlichen Anwaltskosten erstatten.

Das OLG hat dem Händler außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 5.000 EUR zugesprochen. Zur Begründung haben die Richter im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte die Abmahnung auf einen Aspekt gestützt habe, der offensichtlich nicht geeignet ist, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen. Unternehmer, die Futter und Nahrungsergänzungsmittel für Geckos vertreiben, stehen offensichtlich nicht im Wettbewerb mit Unternehmern, die Nahrungsergänzungsmittel für Menschen vertreiben. Aus dem offensichtlichen Fehlen des Wettbewerbsverhältnisses kann geschlossen werden, dass es dem Beklagten nicht und erst recht nicht in erster Linie darauf angekommen ist, den Wettbewerbsverstoß abzustellen. Der Beklagte habe sich offensichtlich nicht inhaltlich mit der Website des Händlers befasst. Dann wäre ihm aufgefallen, dass das Abstellen auf Nahrungsergänzungsmittel zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses abwegig ist. Aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers konnte eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung des Händlers die wirtschaftlichen Interessen eines Shopbetreibers, der mit Geckos nichts zu tun hat, aber sonst eine Vielzahl diverser Produkte vertreibt, nicht berühren. Das gilt erst recht für die Argumentation, dass beide Nahrungsergänzungsmittel vertreiben würden. Triebfeder und das beherrschende Motiv für die Abmahnung war nicht die Unlauterkeit des gegnerischen Verhaltens und die eigene Betroffenheit als Mitbewerber. Vielmehr haben offensichtlich andere sachfremde Motive im Vordergrund gestanden. Der Händler kann daher Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. (OLG Köln, Urteil vom 28.2.2020, 6 U 238/19)

Freiberufler und Gewerbetreibende: Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer

Ein externer Datenschutzbeauftragter ist gewerblicher Unternehmer, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden hat, liegt keine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vor. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen auch buchführungspflichtig.

Im Fall des BFH war ein selbstständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Steuerpflichtigen als gewerblichen Unternehmer auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht München ohne Erfolg.

Als Datenschutzbeauftragter übt der Steuerpflichtige keine dem Beruf des Rechtsanwalts vorbehaltene Tätigkeit aus. Vielmehr wird er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig.

Ein Datenschutzbeauftragter berät in interdisziplinären Wissensgebieten. Hierfür muss er zwar neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Fachwissen in anderen Bereichen (z. B. der Informations- und Kommunikationstechnik und der Betriebswirtschaft) besitzen. Eine spezifische akademische Ausbildung muss er aber anders als der Rechtsanwalt nicht nachweisen.

Aus diesem Grund übt ein externer Datenschutzbeauftragter auch keine Tätigkeit aus, die einem der im Einkommensteuergesetz genannten Katalogberufe insbesondere dem des Rechtsanwalts ähnlich ist.

Schließlich ist so der BFH auch keine sonstige selbstständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzunehmen. Es fehlt hier an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen (Vollstreckung von Testamenten, Vermögensverwaltung und Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied). (BFH, Urteil vom 14.1.2020, VIII R 27/17)

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften: Verdeckte Gewinnausschüttung: Tante kann eine nahestehende Person sein

Gewährt eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) der Tante ihrer Alleingesellschafterin ein nicht fremdübliches Beraterhonorar, kann dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen. Denn auch eine Tante kann unter besonderen Umständen eine nahestehende Person sein. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.

Hintergrund: Bei einer vGA handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern und kann auch vorliegen, wenn die Leistung nicht unmittelbar an den Gesellschafter erfolgt, sondern an eine nahestehende Person.

Iden dem Fall die N die Alleingesellschafterin einer Unternehmergesellschaft (UG). Über das Vermögen ihrer Tante (T), die von Anfang an Geschäftsführerin der UG war, lief ein Privatinsolvenzverfahren. Im allein von der T unterzeichneten Geschäftsführervertrag aus 2008 war ein jährliches Gehalt von 18.000 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. In der Folge wurde das Gehalt durch allein von der Geschäftsführerin unterzeichnete Gesellschafterbeschlüsse mehrfach geändert, zuletzt am 29.12.2012. Danach sollte das Gehalt nur bis Juni 2013 gezahlt und danach ein Beratungshonorar festgesetzt werden, dessen Höhe noch festzulegen war.

Am 1.11.2014 wurde ein Beratervertrag abgeschlossen. Die Vergütung betrug 30 EUR netto pro Stunde. Zum 31.12.2013 verbuchte die UG ein Honorar von 60.000 EUR auf dem Forderungsverrechnungskonto der T für Beratungsleistungen in 2013. Ende 2015 übertrug die N ihren Geschäftsanteil zum symbolischen Kaufpreis von 1 EUR auf ihre Tante. Zur „Unternehmensgruppe“ gehörten zwei weitere Gesellschaften in Form von UG, deren Gesellschaftsanteile ebenfalls von der N auf die T übertragen wurden.

Das Finanzamt beurteilte das Beraterhonorar im Streitjahr 2013 als vGA. Hiergegen wandte die UG ein, dass das Honorar auf Grundlage einer eindeutigen Vereinbarung gezahlt worden sei und legte einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 vor, wonach die T ab 2013 ein monatliches Honorar von 5.000 EUR erhalten sollte.

Das FG Münster bestätigte die Sichtweise des Finanzamts und stufte die T als nahestehende Person der N ein. Denn die T hatte als alleinige einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin einen weitreichenden Handlungsspielraum gehabt und diesen sogar über ihre formalen Kompetenzen hinaus für sich beansprucht. So hatte sie die Gehaltsanpassungen und den Beratungsvertrag allein unterzeichnet.

Zudem war sie die alleinige Akteurin im „UG-Verbund“, wodurch es an einem natürlichen Interessengegensatz fehlte. Dementsprechend wurden auch die weiteren Gesellschaften im Unternehmensverbund nach Abschluss der Privatinsolvenz auf T übertragen.

Die Vereinbarung über das Beraterhonorar hielt einem formellen Fremdvergleich nicht stand. Es fehlte bereits an einer im Vorhinein abgeschlossenen zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung, da die T ihre Leistungen bereits vor Abschluss des Beratervertrags vom 1.11.2014 erbracht hatte. Darüber hinaus beurteilte das FG den Vertrag als zivilrechtlich unwirksam, da hierfür die Gesellschafterversammlung und nicht der Geschäftsführer zuständig gewesen sei.

Der nachträglich eingereichte Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 stellt ebenfalls keine klare und eindeutige Vereinbarung dar, da er inhaltlich dem Beschluss vom selben Tag widerspricht.

Unabhängig davon war der Beratervertrag nicht tatsächlich durchgeführt worden. Es war nicht erkennbar, dass die T neben ihrer Geschäftsführertätigkeit, die nach dem Geschäftsführervertrag ihre gesamte Arbeitskraft beanspruchen sollte, weitere Beratungsleistungen erbracht hatte. (FG Münster, Urteil vom 16.1.2020, 10 K 3930/18 K,G,F)

Gesetzliche Unfallversicherung: Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung VBG für 2019

Der VBG-Vorstand hat den Beitragsfuß für 2019 beschlossen. Zur Entlastung ihrer Mitgliedsunternehmen aufgrund der Coronavirus-Pandemie bietet die VBG Zahlungserleichterungen, wie Stundung und Ratenzahlung für die rückwirkend fälligen Beiträge an.

Die VBG als wesentlicher Teil der sozialen Sicherung finanziert mit dem Beitrag ihrer Mitgliedsunternehmen die Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Rehabilitation und Entschädigung. Die VBG erwirtschaftet keine Gewinne und legt nach dem gesetzlich geregelten System der nachträglichen Umlagefinanzierung am Ende eines Kalenderjahres die Aufwendungen in Form von Beiträgen auf alle Mitgliedsunternehmen um.

Erstmals seit zehn Jahren steigt der Beitragsfuß der Umlage für Pflicht- und freiwillig Versicherte. Er liegt bei 4,60 EUR für das Jahr 2019, entschied der VBG-Vorstand am 2.4.2020.

Volker Enkerts, der VBG-Vorstandsvorsitzende betont: „Uns ist bewusst, dass die Coronavirus-Pandemie und die getroffenen Maßnahmen zu deren Eindämmung bei einer Vielzahl unserer Mitgliedsunternehmen zu einer angespannten Wirtschaftssituation führen. Aufgrund dieser besonderen Lage bieten wir als VBG Möglichkeiten zur Entlastung der Mitgliedsunternehmen in Form von Zahlungserleichterung für die Beiträge an, wie zum Beispiel Stundung und Ratenzahlung.“

Mehrere Gründe sind für diese Anhebung des VBG-Beitrags verantwortlich:

  • Das wirtschaftliche Wachstum ist im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen. Wie bereits erwartet wurde, hat sich dieses Abflauen der Konjunktur auch in den Entgeltsummen vieler Mitgliedsunternehmen der VBG niedergeschlagen. Das gilt unter anderem für die Branche Zeitarbeit, die als Konjunkturindikator gilt.
  • Steigende Kosten im gesamten Gesundheitssystem führten auch zu erhöhten Ausgaben in der Rehabilitation.
  • Zudem sind durch die erfolgte Rentenanpassung in der Höhe von durchschnittlich 3,5 Prozent die Rentenleistungen weiter gestiegen.

Unabhängig davon gilt für zahlreiche Kleinunternehmen weiterhin der unveränderte Mindestbeitrag von 48 EUR pro Jahr.

Die VBG-Mitgliedsunternehmen erhalten im April ihre Beitragsrechnungen für das Jahr 2019 per Post. Der Beitrag wird regulär am 15.5.2020 fällig. Nähere Informationen erhalten die Unternehmen mit dem Beitragsbescheid und auf www.vbg.de/zahlungserleichterungen.

Kapitalgesellschaften: Grunderwerbsteuer: Steuervergünstigung für Umwandlungen im Konzern

Nach der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs stellt die für die Grunderwerbsteuer geltende Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern (§ 6a des Grunderwerbsteuergesetzes [GrEStG]) keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar. Im Anschluss hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Vorschrift auch den Fall erfasst, dass eine abhängige Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen verschmolzen wird.

Hintergrund 1: Beim Kauf eines Grundstücks wird regelmäßig Grunderwerbsteuer fällig. Nach dem GrEStG beträgt der Steuersatz 3,5 %. Die Bundesländer haben jedoch die Möglichkeit, den Steuersatz selbst festzulegen. Die Spanne reicht von 3,5 % (Sachsen und Bayern) bis zu 6,5 %

(z. B. in Nordrhein-Westfalen).

Hintergrund 2: Das GrEStG sieht jedoch einige Ausnahmen von der Besteuerung vor. Beispielsweise sind nach § 3 Nr. 4 GrEStG Erwerbe zwischen Ehegatten von der Grunderwerbsteuer befreit. Bei Umstrukturierungen im Konzern sind Vergünstigungen in § 6a GrEStG geregelt.

Sachverhalt: Eine Aktiengesellschaft (AG) war seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer Tochtergesellschaft, die auf die AG verschmolzen wurde. Hierdurch gingen die Grundstücke der Tochtergesellschaft auf die AG über. Das Finanzamt sah darin einen steuerbaren Erwerbsvorgang, der nicht nach § 6a GrEStG begünstigt sei. Demgegenüber vertrat das Finanzgericht die Auffassung, dass die Verschmelzung vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst werde. Und das hat der BFH nun bestätigt.

Die Grunderwerbsteuer wird für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z. B. Verschmelzung) nach § 6a GrEStG nicht erhoben. Voraussetzung ist u. a., dass an der Umwandlung ein herrschendes und ein abhängiges Unternehmen beteiligt sind. Zudem muss die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang bestehen.

Die in § 6a GrEStG genannten Fristen müssen, so der BFH, allerdings nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. Danach muss die Frist von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) in Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft nicht eingehalten werden, weil sie wegen der Verschmelzung nicht eingehalten werden kann.

Beachten Sie | Anders als das Bundesfinanzministerium legte der BFH auch in fünf weiteren Verfahren die Steuerbegünstigung zugunsten der Steuerpflichtigen weit aus. In einem Verfahren sah das Gericht die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung indes nicht als erfüllt an. (BFH, Urteile vom 22.8.2019, II R 18/19 (II R 62/14) und II R 17/19 (II R 58/14); BFH, Urteile vom 21.8.2019, II R 16/19 (II R 36/14); II R 21/19 (II R 56/15); II R 19/19 (II R 63/14); II R 15/19 (II R 50/13); II R 20/19 (II R 53/15))

Wettbewerbsrecht: Keine Haftung für Kundenbewertungen bei Amazon

Wer seine Produkte auf der Online-Handelsplattform Amazon anbietet, muss für Bewertungen des Produkts durch Kunden grundsätzlich nicht wettbewerbsrechtlich haften.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Verkäufers, der Kinesiologie-Tapes vertreibt. Er hat in der Vergangenheit damit geworben, dass diese zur Schmerzbehandlung geeignet seien. Das war jedoch medizinisch nicht gesichert nachweisbar. Er hat daher 2013 gegenüber einem eingetragenen Wettbewerbsverein eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Der Verkäufer bietet seine Produkte auch bei der Online-Handelsplattform Amazon an. Dort wird für jedes Produkt über die EAN (European Article Number) eine diesem Produkt zugewiesene ASIN (Amazon-Standard-Identifikationsnummer) generiert. Diese soll sicherstellen, dass beim Aufruf eines bestimmten Produkts die Angebote sämtlicher Anbieter dieses Produkts angezeigt werden. Käuferinnen und Käufer können bei Amazon die Produkte bewerten. Amazon weist eine solche Bewertung ohne nähere Prüfung dem unter der entsprechenden ASIN geführten Produkt zu. Das hat zur Folge, dass zu einem Artikel alle Kundenbewertungen angezeigt werden, die zu diesem unter Umständen von mehreren Verkäufern angebotenen Produkt abgegeben wurden.

Unter diesem Angebot des Verkäufers waren daher Kundenrezensionen abrufbar, die unter anderem die Hinweise „schmerzlinderndes Tape!“, „This product is perfect for pain…“, „Schnell lässt der Schmerz nach“, „Linderung der Schmerzen ist spürbar“, „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“ und „Schmerzen lindern“ enthielten. Amazon lehnt es ab, die Kundenrezensionen zu löschen. Der Wettbewerbsverein verlangt die vorgesehene Vertragsstrafe. Der Verkäufer habe sich die Kundenrezensionen zu eigen gemacht und hätte auf ihre Löschung hinwirken müssen. Falls dies nicht möglich sei, dürfe er die Produkte bei Amazon nicht anbieten.

Der BGH hat den Anspruch zurückgewiesen. Den Verkäufer trifft für Kundenbewertungen der von ihm bei Amazon angebotenen Produkte keine wettbewerbsrechtliche Haftung.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus dem Verbot, Medizinprodukte mit irreführenden Äußerungen Dritter zu bewerben. Die Kundenbewertungen sind zwar irreführende Äußerungen Dritter. Der Verkäufer hat aber nicht damit geworben. Er hat weder selbst aktiv mit den Bewertungen geworben oder dies veranlasst, noch hat er sich die Kundenbewertungen zu eigen gemacht, indem er die inhaltliche Verantwortung dafür übernommen hat. Die Kundenbewertungen sind vielmehr als solche gekennzeichnet. Sie finden sich bei Amazon getrennt vom Angebot und werden von den Nutzern nicht der Sphäre des Verkäufers zugerechnet.

Der Verkäufer muss eine Irreführung durch die Kundenbewertungen nicht verhindern. Kundenbewertungssysteme sind auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht. Das Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen zu informieren, wird durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit geschützt. Dieses muss nicht mit dem Rechtsgut der Gesundheit abgewogen werden, weil keine Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung durch die Kinesiologie-Tapes bestehen. (BGH, Urteil vom 20.2.2020, I ZR 193/18)

Rückstellungen: Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz

Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen dürfen Rückstellungen in der Steuerbilanz den handelsrechtlichen Wert nicht übersteigen. Diese Sichtweise der Finanzverwaltung hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun bestätigt.

Unterschiede können sich u. a. aus dem Abzinsungszeitraum ergeben. Bei Sachleistungsverpflichtungen ist steuerlich der Zeitraum bis zum Erfüllungsbeginn maßgebend. Da handelsrechtlich auf das Ende der Erfüllung abgestellt wird, ergibt sich hier eine höhere Abzinsung und somit ein niedrigerer Wert. (BFH, Urteil vom 20.11.2019, XI R 46/17)

Rückstellungen: Zur Anerkennung einer Pensionsrückstellung mit Abfindungsklausel

Die Prüfung von Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer steht bei Betriebsprüfungen regelmäßig ganz oben auf der Liste. Denn die damit zusammenhängenden Pensionsrückstellungen werden steuerlich nur anerkannt, wenn gewisse Formalien eingehalten wurden. Aktuell hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zum Eindeutigkeitsgebot von Abfindungsklauseln in Pensionszusagen geäußert. Die eine Entscheidung fiel zugunsten und die andere zuungunsten der Steuerpflichtigen aus.

Pensionszusagen sind auch nach dem Eindeutigkeitsgebot anhand der allgemein geltenden Regeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist. Lässt sich eine Abfindungsklausel dahin gehend auslegen, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende Sterbetafel trotz fehlender ausdrücklicher Benennung eindeutig bestimmt ist, ist die Pensionsrückstellung steuerrechtlich anzuerkennen.

In einer anderen Entscheidung erkannte der BFH die Rückstellung nicht an. Nach der Abfindungsklausel war die Kapitalabfindung „unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen.“ Nach Ansicht des BFH kommen hier sowohl die handelsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen Rechnungsgrundlagen in Betracht. Damit besteht eine Unklarheit der Abfindungsoption, die bereits die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (Verbot schädlicher Kürzungsvorbehalte) betrifft. (BFH, Beschluss vom 10.7.2019, XI R 47/17)

Satzungsrecht: Widersprüchliche Satzungsänderung ist nicht genehmigungsfähig

Eine Satzungsregelung, deren Inhalt sich nicht eindeutig ermitteln lässt, ist nicht genehmigungsfähig. Ehrenamtliche Vorstandstätigkeit und Zahlung einer Vergütung schließen sich aus.

So lautet der Tenor einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig-Holstein. Im konkreten Fall war Folgendes geregelt: „Die Mitglieder des Vorstands verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstands kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden“.

Diese Regelung hält das OVG für nicht genehmigungsfähig. Denn der Inhalt lässt sich auch durch Auslegung nicht eindeutig ermitteln. Maßgeblich zur Auslegung des Begriffs „ehrenamtliche Tätigkeit“ ist hier das BGB, auf dessen Grundlage die streitige Regelung in der Satzung basiere. Danach kommen bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit lediglich eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Auslagenersatz in Betracht. Diese Begriffe sind für die Richter kein Synonym für den Begriff „Vergütung“, weil es sich bei ihnen nicht um den Gegenwert einer Dienst- bzw. Arbeitsleistung handelt. Sollten Vorstandsmitglieder eine Vergütung auf Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung durch Satzungsregelung in Verbindung mit einem Anstellungsvertrag erhalten, handelt es sich nicht mehr um eine ehrenamtliche Tätigkeit. (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.3.2019, 3 LB 1/17)

Insolvenzrecht: Gerichtszuständigkeit im Insolvenzverfahren

Für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH ist das Amtsgericht zuständig, an dem die GmbH beim Eingang des Insolvenzantrags ihren satzungsmäßigen Sitz hat.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Wird der Sitz der Gesellschaft  satzungsgemäß später verlegt, ändert das an der bereits begründeten Zuständigkeit nichts.

Zwar ist nach der Zivilprozessordnung ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Mittelpunkt einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners liegt, wenn dies nicht an seinem Sitz ist. Diese Vorschrift ist jedoch nicht anzuwenden, wenn nicht feststellbar ist, dass die GmbH beim Eingang des Insolvenzantrags überhaupt noch wirtschaftlich aktiv ist. Wird dies von einem das Insolvenzverfahren verweisenden Amtsgericht ohne tragfähige Grundlage angenommen, kann der Verweisungsbeschluss unverbindlich sein. (OLG Hamm, Beschluss vom 2.10.2019, 32 SA 25/19)