Betreuungsverfahren: Mehrere Betreuer nur bei besserer Versorgung des Betroffenen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt klargestellt: Auf Wunsch des Betroffenen werden mehrere Betreuer nur bestellt, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können.
Betroffene wollte „Wunschbetreuer“ zusätzlich
Die Betroffene ist 82 Jahre alt und leidet an einem manisch-depressiven demenziellen Symptom und einer organischen wahnhaften Störung. Sie kann ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen. Sie hatte zwar ihrem Enkel, dem Sohn ihrer älteren Tochter, eine Vorsorgevollmacht erteilt. Zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung war sie aber bereits geschäftsunfähig. Das AG hat daher eine Betreuung für mehrere Aufgabenkreise eingerichtet und die jüngere Tochter zur Betreuerin bestellt. Dagegen hat die Betroffene Beschwerde eingelegt. Sie wünscht, dass ihr Enkel als ein weiterer Betreuer bestellt wird.
Während des Betreuungsverfahrens machten die jüngere Tochter und der Enkel sich wechselseitig Vorhaltungen über vermeintliche Verfehlungen. Das Landgericht (LG) hat die Betroffene nicht erneut angehört und die Beschwerde zurückgewiesen. Auch die Rechtsbeschwerde der Betroffenen zum BGH blieb erfolglos
Spannungen zwischen den Familienstämmen
Die jüngere Tochter ist bereit und in der Lage, die Betroffene zu betreuen. Ihre Bestellung entspricht deren Wohl und Willen, da diese sich gut mit dieser Tochter versteht. Ihr Wunsch, auch durch den Enkel betreut zu werden, ist zwar beachtlich. Diesem kann aber nur entsprochen werden, wenn die Angelegenheiten der Betroffenen dadurch besser besorgt werden könnten. Das ist nicht der Fall, da es Spannungen zwischen den Familienstämmen gibt.
Die Pflicht zur persönlichen Anhörung besteht zwar auch im Beschwerdeverfahren. Davon kann aber abgesehen werden, wenn die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ohne Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften erfolgt ist und von einer erneuten Anhörung durch das Beschwerdegericht keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Eine erneute Anhörung ist folglich regelmäßig erforderlich, wenn das Beschwerdegericht eine neue Tatsachengrundlage heranzieht. Hierunter kann auch eine nachträglich erfolgte Willensänderung des Betroffenen fallen, wie hier der Wunsch nach einem weiteren Betreuer. Wenn die Beschwerde jedoch bereits aus Rechtsgründen zurückzuweisen ist, ist auch keine erneute Anhörung erforderlich, da keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Quelle: BGH, Beschluss vom 7.9.2022, XII ZB 211/22