Arbeitnehmer: Abfindung auch bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrags steuerbegünstigt?
Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster kann eine Abfindungszahlung auch dann ermäßigt besteuert werden, wenn der Arbeitnehmer zur Beendigung eines auch vom Arbeitgeber verursachten Konflikts auf diesen zugeht und den Abschluss eines Auflösungsvertrags mit Abfindungsregelung fordert.
Hintergrund: Nach Ansicht der Finanzverwaltung und des Bundesfinanzhofs setzt die tarifbegünstigte Besteuerung der Abfindungszahlung als Entschädigung voraus, dass
- die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder
- der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungs- oder Änderungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat.
Der Steuerpflichtige darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben, so der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung aus dem Jahr 2001.
Sachverhalt: Ein Steuerpflichtiger war als Verwaltungsangestellter bei einer Stadt beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde im gegenseitigen Einvernehmen vorzeitig beendet. In dem Auflösungsvertrag war auch die Zahlung einer Abfindung geregelt. Das Finanzamt versagte die ermäßigte Besteuerung der Abfindung, weil nicht erkennbar sei, dass der Steuerpflichtige bei Vertragsabschluss unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gestanden habe.
Demgegenüber gab der Steuerpflichtige an, dass eine Konfliktlage bestand, weil er sich seit mehreren Jahren um eine Höhergruppierung bemüht und auch mit Klage gedroht habe. Er habe ein Interesse daran gehabt, nicht noch ein weiteres Jahr bis zum regulären Renteneintritt unter dieser Drucksituation arbeiten zu müssen. Die Arbeitgeberin habe im Rahmen eines für sie geltenden Haushaltssicherungskonzepts zahlreiche Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts beschlossen, wozu auch Vereinbarungen über den vorzeitigen Ruhestandsantritt von Stelleninhabern rentennaher Jahrgänge gehört hätten.
Das FG Münster gab der Klage des Steuerpflichtigen statt. Nach Ansicht der Finanzrichter reicht es für die von der Rechtsprechung geforderte Konfliktlage bereits aus, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gegensätzliche Interessenlage bestand, die die Parteien im Konsens lösen. Auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge kommt es nicht entscheidend an, solange beide Vertragsparteien zu der Entstehung des Konflikts beigetragen hätten.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, da bislang nicht abschließend geklärt ist, welche Anforderungen an eine solche Konfliktlage zu stellen sind. Da die Revision inzwischen anhängig ist, sollten vergleichbare Fälle mittels Einspruch bis zur höchstrichterlichen Klärung offengehalten werden.
(FG Münster, Urteil vom 17.3.2017, 1 K 3037/14 E, Rev. BFH Az. IX R 16/17)