Hausratversicherung: Kein Versicherungsschutz für im Haus erpresstes Geld vom Sparbuch

Ein Versicherungsnehmer wurde durch Drohung mit Gewalt gegen Tochter und Enkelkind in seiner Wohnung erpresst, von seinem Sparbuch Geld abzuheben und herbeizuschaffen, das sich außerhalb des Versicherungsorts auf der Bank befand. Kein Fall für die Hausratversicherung das folgt aus einem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln.

Das OLG: Dies gilt auch, wenn sich das Sparbuch zum Tatzeitpunkt in der Wohnung befand. Bei einem Sparguthaben auf einem Sparbuch handelt es sich um ein durch den Einleger/Sparer der Bank gewährtes Darlehen, das nach Kündigung durch den Sparer als Darlehensgeber von der Bank zurückzuzahlen ist. Bei dem Sparbuch handelt es sich hingegen um eine sich hierüber verhaltende Schuldurkunde, deren Eigentümer der Gläubiger der Darlehensforderung gegen die Bank ist. (OLG Köln, Beschluss vom 19.7.2021, 9 U 172/20)

Operationsfolgen: Vorhaut vor 18 Jahren entfernt: Kein Schmerzensgeld für Spätfolgen

Ein 24-jähriger Mann aus Kleve, dem als Kind im Alter von fünf Jahren wegen einer diagnostizierten Phimose operativ die Vorhaut entfernt wurde und der darunter heute leidet, kann von dem behandelnden Urologen kein Schmerzensgeld verlangen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschieden.

Bei dem Kläger wurde 2003 eine hochgradige Phimose diagnostiziert, eine Verengung der Vorhaut des Penis. Die Vorhaut wurde darauf operativ mittels Zirkumzision entfernt. Der Kläger meint, eine Salbentherapie, wie sie heute üblich ist, hätte ausgereicht. Darüber hätten seine Eltern aufgeklärt werden müssen. Er leide erheblich unter den Folgen. Deshalb verlangt er von dem Urologen und dem Träger des Krankenhauses, in dem der Eingriff 2003 durchgeführt wurde, 30.000 Euro Schmerzensgeld.

Die Klage hatte das Landgericht (LG) bereits abgewiesen. Auch die Berufung des jungen Mannes bleibt ohne Erfolg. Er hat nicht beweisen können, dass die seinerzeit gestellte Diagnose einer hochgradigen Phimose falsch war.

Auch hat das OLG nicht feststellen können, dass die aufgrund dieser Diagnose durchgeführte Zirkumzision behandlungsfehlerhaft war. Denn die Behandlung durch den Urologen ist anhand der im Jahr 2003 geltenden Standards zu beurteilen. Diese hat das Gericht mit sachverständiger Hilfe festgestellt. Danach durfte der Urologe im Jahr 2003 davon ausgehen, dass die operative Entfernung der Vorhaut aufgrund der festgestellten Verengung geboten war. Über die Möglichkeit einer Salbentherapie musste er nicht aufklären, denn dies war nach den damaligen Verhältnissen nicht als gleichwertige Therapieform etabliert. Aus der maßgeblichen Sicht des Jahres 2003 ist dem Arzt und damit auch dem Krankenhaus nichts vorzuwerfen.

Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) hat der Senat nicht zugelassen. Dagegen kann der Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.7.21, I-8 U 165/20, PM 20/21 vom 1.7.2021)

Mobilfunkvertrag: Vertragsbindung bei Verlängerung mit neuem Smartphone über zwei Jahre hinaus zulässig

Ein Mobilfunkvertrag kann sich bei einem Tarifwechsel, den der Kunde vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit mit neuem Endgerät selbst wünscht, in zulässiger Weise um weitere 24 Monate ab dem Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit verlängern. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden und damit ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts (LG) Bonn bestätigt.

Verbraucherverband klagte

Der klagende Verbraucherverband hatte ein bundesweit agierendes Fest- und Mobilfunknetzunternehmen wegen Unterlassung in Anspruch genommen, weil dessen Vorgehensweise bei einer vorzeitigen Tarif- und Preisänderung mit neuem Endgerät zu einer unzulässigen bindenden Laufzeit des Vertrags von mehr als zwei Jahren führen könne. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war der ursprüngliche Mobilfunkvertrag mehrfach verlängert worden, zuletzt im September 2019 ca. fünf Monate vor Ablauf der Mindestlaufzeit. Hierbei übernahm der Sohn des ursprünglichen Kunden den Vertrag, wobei ein Tarifwechsel stattfand und ein neues Endgerät erworben wurde. In ihrem Bestätigungsschreiben zu den geänderten Vertragsdetails führte die Beklagte u.a. aus, dass sich die Mindestvertragslaufzeit ab dem ursprünglichen Ende der Laufzeit um 24 Monate verlängere.

Das sagen die gerichtlichen Instanzen

Das LG hatte den Unterlassungsanspruch abgelehnt und die Klage abgewiesen. Dieser Auffassung hat sich das OLG angeschlossen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht von einem erstmaligen Abschluss eines Mobilfunkvertrags, sondern von einer Verlängerung des ursprünglichen Vertrags auszugehen sei. Dies ergebe die Auslegung der zugrundeliegenden Vertragserklärungen, in denen ausdrücklich von einer Vertragsverlängerung die Rede sei, der der Kunde zustimme. Die mit dem Tarifwechsel verbundene umfassende Änderung der Vertragsdetails ändere hieran nichts. Gegen die Annahme eines Neuabschlusses spreche insbesondere, dass die Leistungen nach der Änderung sofort wirksam wurden und die für die Zukunft vereinbarten Leistungen unmittelbar vor Ablauf des ursprünglichen Vertrags als vereinbart gelten sollten.

Interessenabwägung

Dieses Verständnis trage auch den Interessen der Vertragsparteien Rechnung: Zwar habe der Kunde ein Interesse, den Vertrag möglichst zeitnah zu beenden, um ohne vertragliche Bindung einen neuen Mobilfunkvertrag abschließen zu können, der sich an den aktuellen Konditionen orientiert. Dem stehe aber das Interesse des Unternehmens entgegen, die zulässige und vereinbarte Vertragslaufzeit einzuhalten, so dass aus seiner Sicht allein die Änderung des Vertrags mit neuen Konditionen zweckmäßig erscheine. Der Kunde erhalte somit im Gegenzug für eine verlängerte Bindung eine Änderung der Vertragskonditionen und die Möglichkeit, ein Handy zu vergünstigten Konditionen zu erwerben.

Das OLG hat die Revision nicht zugelassen. (OLG Köln, Urteil vom 28.5.2021, Az. 6 U 160/20, PM 11/21 vom 28.6.2021)

Mietvertragsende: Wohnungsauszug: Farbige Wände nicht immer ein Schaden

Farbige Wände (auch in Form von Fototapeten) sind in der Mietwohnung nicht als Beschädigung anzusehen. Voraussetzung: Die Wohnung wurde in einer nicht neutralen Dekoration an den Mieter übergeben. So sieht es das Landgericht (LG) Oldenburg. |

Das LG hat die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts (AG) bestätigt. Es hat die Schadenersatzklage des Vermieters abgewiesen. Begründung: Zwar sei grundsätzlich ein Schadenersatz denkbar, wenn der Vermieter eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung mit einem farbigen Anstrich zurückgebe. Aus der Tatsache, dass die Wohnung bei der Übernahme durch den Mieter allerdings zumindest zweifarbig gestrichene Wände hatte, durfte dieser davon ausgehen, dass auch er die Räumlichkeiten nicht in einem „neutralen“ Zustand zurückgeben müsse. Daher fehle es an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Mieters.

Darüber hinaus sei das Verlangen auf Rückgabe in einem „neutralen“ Zustand treuwidrig, weil der Vermieter dann mehr begehre als er ursprünglich bei Übergabe der Wohnung hatte. Die Ansicht des LG entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). (LG Oldenburg, Urteil vom 18.2.2021, 4 S 2/21)

Mietvertragsende: Wohnung samt Einbauten weitervermietet: Kein Schadenersatz gegen den Vormieter

Sieht der Vermieter davon ab, gegen seinen Willen zurückgelassene Einbauten des scheidenden Wohnungsmieters (z. B. Badewannen-Glasaufsatz, Einbauschrank, Laminatboden) auszubauen und vermietet er die Wohnung mitsamt der Einbauten an einen Nachmieter, steht ihm gegen den Vormieter nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe der fiktiven Rückbaukosten zu. So sieht es das Landgericht (LG) Berlin.

Anlässlich der Rückgabe der Wohnung einigten sich die Mietvertragsparteien darauf, dass der Mieter nicht zum Rückbau verpflichtet ist, wenn und soweit er die Mieträume komplett streicht. So geschah es. Bei der Übergabe rügte der Vermieter lediglich Verschmutzungen im Hausflur, deren Beseitigung er forderte. Nach Auszug des Mieters verblieben sämtliche Einbauten in der Wohnung und wurden vom Nachmieter als vertragsgerecht akzeptiert, wovon der Vormieter Kenntnis hatte. Der Vermieter verlangt gegenüber dem ehemaligen Mieter fiktive Rückbaukosten als Schadenersatz nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) in erster Instanz und des LG zu Unrecht.

Das LG argumentiert: Der Mieter durfte darauf vertrauen, dass er die Einbauten nicht mehr entfernen musste, sondern der Vermieter den Zustand der Wohnung als ordnungsgemäß akzeptierte. Dies gelte umso mehr, als sämtliche Einbauten auch nach der Wohnungsrückgabe tatsächlich in den Räumlichkeiten verblieben und von den Nachmietern weiter verwendet wurden. (LG Berlin Urteil vom 21.6.2021, 64 S 219/20)

Gewerberaummiete: Äußerung „Entmieten durch Vergasen“ in öffentlich einsehbarer Facebook-Gruppe rechtfertigt eine fristlose Kündigung

Das Absetzen des Kommentars „Entmieten durch Vergasen“ auf einer öffentlich einsehbaren Facebook-Gruppe stellt einen wichtigen Grund dar, der den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Das stellte das Landgericht (LG) München I nun klar.

Sachverhalt

Zwischen Vermieter und Mieter bestand ein Mietvertrag über Ladenräume, den der Vermieter mit mehreren Kündigungen versucht hat, zu beenden. Als bei einem Feuerwehreinsatz in dem Mietgebäude Gaswerte gemessen wurden, kommentierte der Mieter dies mit einem Post in einer öffentlichen Facebook-Gruppe wie folgt: „Entmieten durch Vergasen … die 2.“. Der Vermieter sah aufgrund des Vergleichs mit dem Nazi-Regime im nationalsozialistischen Deutschland eine Rufschädigung und eine Beleidigung, die ihn zu einer fristlosen Kündigung berechtige.

Landgericht sieht wichtigen Grund für fristlose Kündigung

Das LG gab ihm Recht. Der Post auf einer öffentlich einsehbaren Internetseite rechtfertige eine fristlose Kündigung des Mietvertrags aus wichtigem Grund. Beleidigungen und Verleumdungen stellten einen wichtigen Grund für eine Kündigung dar, wenn die Unzumutbarkeitsgrenze überschritten sei.

Stütze sich eine Kündigung im Wesentlichen auf eine Äußerung, müsse zunächst eine der Meinungsfreiheit gerecht werdende Ermittlung ihres Sinns und eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen erfolgen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohen. Die Meinungsfreiheit trete dabei nur ausnahmsweise bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde anderer antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedürfe. Bei schriftlichen Äußerungen im Internet könne dabei ein höheres Maß an Bedacht und Zurückhaltung erwartet werden.

Dies gelte unter Berücksichtigung der konkreten Kommunikationsumstände auch für textliche Äußerungen in den sozialen Netzwerken im Internet. Dabei sei die beeinträchtigende Wirkung einer Äußerung z. B. gesteigert, wenn sie besonders sichtbar in einem der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Medium, insbesondere im Internet, getätigt wird, wobei auf die konkrete Breitenwirkung abzustellen sei.

Freie Meinungsäußerung hat ihre Grenzen

Der Kommentar „Entmieten durch Vergasen …“ überschreitet die Unzumutbarkeitsgrenze insofern bei Weitem. Nach dem objektiven Verständnishorizont eines durchschnittlich verständigen und gebildeten Lesers sticht der Bezug zur NS-Herrschaft ohne Zweifel jedenfalls spätestens auf den zweiten Blick heraus. Es handelt sich um eine allgemeinkundige Tatsache, dass das NS-Regime auch zur Verwirklichung von Bauvorhaben Juden aus ihren Wohnungen „entmietet“ und Juden „vergast“ hatte. Eine solche Äußerung überschreitet die Grenzen einer (aufgrund der zwischen den Parteien angespannten Stimmungslage) zulässigen zugespitzten Meinungsäußerung bzw. einer hinzunehmenden heftigen Kritik mittels Werturteils und kann nach tatrichterlicher Würdigung zu einem außerordentlichen Kündigungsgrund führen. (LG München I, Urteil vom 21.12.2020, 31 O 5646/18)

Umgangsrecht: Einschulungsfeier darf ohne den Vater stattfinden

Ein Recht, an der Einschulungsfeier seines Kindes teilzunehmen, steht dem umgangs-, aber nicht sorgeberechtigten Elternteil nicht zu, wenn beim Aufeinandertreffen beider Elternteile der Austausch von Feindseligkeiten mit schlimmstenfalls traumatischen Folgen für das Kind zu befürchten sind. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschieden.

Sachverhalt

Die Eltern des Kindes leben getrennt. Es gab schon mehrere Verfahren. Zuletzt hat das Amtsgericht (AG) die elterliche Sorge für beide Kinder auf die Mutter übertragen. Dem Vater hat es ein Umgangsrecht unter Begleitung des Kinderschutzbundes eingeräumt. Der Vater hat im Sorgerechts- und auch im Umgangsverfahren Beschwerden eingelegt. Die Verfahren laufen noch.

Nun wollte der Vater an der Einschulungsfeier eines der Kinder teilnehmen. Die Mutter lehnte dies ab. Daraufhin beantragte der Vater erfolglos den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Mutter auferlegt wird, ihn an der Feier teilnehmen zu lassen.

Das sagt das Oberlandesgericht

Das Umgangsrecht umfasst zwar i. d. R. auch das Recht, an besonderen Ereignissen, z. B. einer Einschulungsfeier, teilzunehmen. Dies setzt aber voraus, dass beide Eltern spannungsfrei daran teilnehmen können. Die familiäre Belastung darf die Veranstaltung nicht überschatten. Seitdem der Vater der Mutter sexuellen Missbrauch der Kinder vorgeworfen hatte, können beide nicht mehr vernünftig kommunizieren. Es drohen Feindseligkeiten. Die Einschulung ist für ein Kind mit hohen Erwartungen und einer besonderen Gefühlslage (Stolz und Vorfreude sowie Aufregung und Respekt) verbunden. Daher muss eine Eskalation mit ggf. traumatischen Folgen für das Kind verhindert werden. Folge: Der Vater musste hier „draußen bleiben“. (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.8.2021, 2 UFH 2/21)

Kinderbetreuung: Eltern bezahlen im Schnitt 1.130 Euro im Jahr

Kinderbetreuung ist längst nicht überall in Deutschland beitragsfrei. Für viele Eltern ist die Fürsorge für ihren Nachwuchs deshalb auch eine Kostenfrage. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis einer neuen Sonderauswertung der Lohn- und Einkommensteuerstatistik mitteilt, bezahlten Eltern im Jahr 2017 durchschnittlich 1.310 Euro jährlich für die Betreuung ihrer Kinder. Die Ergebnisse sind aufgrund der langen Fristen zur Steuerveranlagung erst etwa dreieinhalb Jahre nach Ende des Veranlagungsjahres verfügbar.

Diese Angaben beziehen sich auf die 3,2 Millionen Kinder unter 14 Jahren, deren Eltern 2017 Kinderbetreuungskosten in ihrer Steuererklärung angegeben haben. Bei den unter 3-Jährigen erklärten Eltern für 29 % der Kinder Betreuungskosten, zu denen auch Ausgaben für Tagesmütter und -väter oder Au-pairs zählten. In den Altersgruppen von 3 bis 5 Jahren waren es gut zwei Drittel (trotz teilweise beitragsfreier Kindergartenjahre), von 6 bis 10 Jahre (Grundschulalter) 44 % und von 11 bis 13 Jahren noch 10 % der Kinder, die beitragspflichtig betreut wurden. (Destatis, Pressemitteilung Nr. 483 vom 14.10.2021)

Erbrecht: Gericht stellt hohe Anforderungen an die Entziehung des Pflichtteils

Um einem gesetzlichen Erben den Pflichtteil wirksam entziehen zu können, müssen Erblasser sowohl formal als auch inhaltlich hohe Hürden überwinden. Insbesondere kann eine körperliche Auseinandersetzung nur dann dazu führen, dass der Pflichtteilsanspruch entfällt, wenn es sich um ein schweres Vergehen gegen den Erblasser gehandelt hat. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Rechtsstreit entschieden. Der testamentarisch übergangene gesetzliche Erbe hatte eine an seiner Stelle bedachte soziale Einrichtung verklagt. Diese muss ihm nun seinen 50%igen Pflichtteil auszahlen und auch die Verfahrenskosten tragen.

Sachverhalt

Die Eltern des Mannes hatten ihn 1997 in einem notariellen Erbvertrag enterbt und zusätzlich angeordnet, dass ihm der Pflichtteil entzogen werden soll. Als Begründung gaben sie an, dass der Sohn seine Mutter ein Jahr zuvor mehrfach geschlagen und sie hierbei eine Schädelprellung erlitten habe. Diese Pflichtteilsentziehung wollte der Mann nach dem Tod der Mutter nicht akzeptieren und klagte gegen die als Erbin eingesetzte soziale Einrichtung.

Landgericht: unwirksame Pflichtteilsentziehung

Die Klage hatte vollen Erfolg. Nach Ansicht des LG war die Entziehung des Pflichtteils im Erbvertrag bereits aus formalen Gründen unwirksam. Um zu verhindern, dass nachträglich weitere Gründe nachgeschoben werden, müsse das maßgebliche Fehlverhalten des Erben bereits im Testament eindeutig geschildert sein. Hier sei aber gerade nicht festgehalten worden, welche Hintergründe zu der Auseinandersetzung geführt und welche Folgen dies gehabt habe. Da der Streit im Gerichtsverfahren zudem nicht aufgeklärt werden konnte, bleibe es denkbar, dass sich die Körperverletzung bei einem spontanen Streit oder im Affekt zugetragen habe. Dies rechtfertige nicht zwingend eine Pflichtteilsentziehung, denn nur ein schweres Vergehen gegen den Erblasser könne zum Verlust des Pflichtteils führen. Ein solches schweres Vergehen gegen die Mutter hätte der bedachte Verein aber nachweisen müssen.

Hohe Hürden für Pflichtteilsentziehung

Es sei zudem zu vermuten, dass der angebliche Vorfall aus 1996 nicht der Hauptgrund für die Pflichtteilsentziehung gewesen sei. Es sei, so das Gericht, eher davon auszugehen, dass die Eltern mit dem Lebenswandel ihres Sohnes nicht mehr einverstanden gewesen seien. Dies rechtfertige es jedoch nicht, dem Sohn seinen verfassungsrechtlich geschützten Pflichtteil in Höhe der Hälfte des Erbes zu entziehen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. (

LG Frankenthal, Urteil vom 11.3.2021, 8 O 308/20, PM vom 22.7.2021

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Nachlass: Eröffnung des kompletten Ehegatten-Testaments auch den Kindern gegenüber?

Nach dem Tod eines der Ehegatten kündigte das Nachlassgericht an, das gemeinschaftliche Testament seinem gesamten Inhalt nach auch den Kindern gegenüber zu eröffnen. Dagegen wehrte sich der überlebende Ehegatte mit dem Argument, dass die Bekanntgabe der Verfügungen, die die gemeinsamen Kinder aktuell nicht beträfen, seinem Geheimhaltungsinteresse zuwiderlaufen würde. Dem hat das Oberlandesgericht (OLG) München in einem aktuellen Beschluss aber entschieden widersprochen.

Das Gericht muss den Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der Verfügung von Todes wegen bekannt geben. Beteiligte sind dabei alle, denen durch die Verfügung ein Recht gewährt oder genommen oder deren Rechtslage in sonstiger Weise unmittelbar beeinflusst wird. Die gemeinsamen Kinder des Erblassers und seiner Ehefrau, die durch das gemeinschaftliche Testament zunächst enterbt werden, sind dabei bereits Beteiligte kraft Gesetzes.

Eine Ausnahme bilden gemeinschaftliche Testamente. Da grundsätzlich nur die Verfügungen des verstorbenen Ehepartners zu eröffnen sind, müssen danach die Verfügungen des überlebenden Ehepartners nicht bekannt gegeben werden, wenn und soweit es sich tatsächlich um trennbare Verfügungen handelt. Allerdings kommt es nicht auf die Wünsche und etwaige Geheimhaltungsinteressen der Eheleute an, sondern schlicht auf die Frage der Trennbarkeit. Die Trennbarkeit ist nur gegeben, wenn beide Erbfälle in dem Testament getrennt gestaltet und formuliert sind. (OLG München, Beschluss vom 7.4.2021, 31 Wx 108/21)