Mietmangel: Vermieter sollten keine Informationsblätter zum richtigen Lüften herausgeben

Ein Mietmangel liegt auch vor, wenn sich Schimmel in der Wohnung nicht baubedingt bildet, sondern weil der Vermieter fehlerhaft über Lüftungsverhalten informiert. So sieht es das Landgericht (LG) Berlin.

Der Vermieter hatte der Mieterin ein Informationsblatt „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ ausgehändigt. Danach komme Feuchtigkeit fast immer von innen und müsse durch ausreichendes Lüften regelmäßig aus der Wohnung abgeführt werden. Die Mieterin beanstandete, dass sich im Sommer Schimmel gebildet hatte, und verlangte vom Vermieter, ein Viertel der gezahlten Miete zurückzuzahlen. Des Weiteren wollte sie ihre Aufwendungen für die Schimmelbeseitigung ersetzt haben. Denn sie habe sich an die Vorgaben des Informationsblatts gehalten.

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger stellte fest: Der Schimmelbefall war zwar nicht auf Baumängel zurückzuführen. Das Informationsblatt zum Lüftungsverhalten sei aber falsch. Denn gerade die warme Luft im Sommer führe viel Feuchtigkeit mit sich, die beim Lüften tagsüber an den kälteren Innenwänden kondensiert. Der Sachverständige hielt ein nächtliches Lüften nach Abkühlen der Temperaturen für erforderlich. Dies sei für einen Laien aber nicht erkennbar.

Das LG sah den Schaden daher im Verantwortungsbereich des Vermieters und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. (LG Berlin, Urteil vom 6.4.2021, 67 S 358/20)

Nachbarstreitigkeiten: Abschneiden überhängender Äste bei Gefahr für Standfestigkeit des Baums

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Ein Grundstücksnachbar darf vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Beschränkungen von seinem Selbsthilferecht auch dann Gebrauch machen, wenn durch das Abschneiden überhängender Äste das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht.

Das war geschehen

Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Grundstück der Kläger steht unmittelbar an der gemeinsamen Grenze seit rund 40 Jahren eine inzwischen etwa 15 Meter hohe Schwarzkiefer. Ihre Äste, von denen Nadeln und Zapfen herabfallen, ragen seit mindestens 20 Jahren auf das Grundstück des Beklagten hinüber. Nachdem dieser die Kläger erfolglos aufgefordert hatte, die Äste der Kiefer zurückzuschneiden, schnitt er überhängende Zweige selbst ab. Mit der Klage verlangen die Kläger vom Beklagten, es zu unterlassen, von der Kiefer oberhalb von fünf Meter überhängende Zweige abzuschneiden. Sie machen geltend, dass das Abschneiden der Äste die Standsicherheit des Baums gefährde. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich.

So entschied der Bundesgerichtshof

Das sah der BGH jedoch anders: Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, die Kläger müssten das Abschneiden der Zweige nicht dulden, weil das Gesetz nur unmittelbar von den überhängenden Ästen ausgehende Beeinträchtigungen erfasse, nicht aber mittelbare Folgen, wie den Abfall von Nadeln und Zapfen, sei durch eine ältere BGH-Rechtsprechung überholt. Schon aus diesem Grund sei das Berufungsurteil aufzuheben gewesen.

Zurückverweisung an das Berufungsgericht

Das Berufungsgericht wird nun klären müssen, ob die Nutzung des Grundstücks des Beklagten durch den Überhang beeinträchtigt wird. Ist dies der Fall, dann ist die Entfernung des Überhangs durch den Beklagten für die Kläger zumutbar, selbst wenn dadurch das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht, so der BGH.

Selbsthilferecht des einen versus Pflichtverletzung des anderen Nachbarn

Das sog. Selbsthilferecht sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers nämlich einfach und allgemein verständlich ausgestaltet sein. Es unterliegt daher insbesondere keiner Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung. Zudem liegt die Verantwortung, dass Äste und Zweige nicht über die Grenzen des Grundstücks hinauswachsen, bei dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht dies ist im Rahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung seines Grundstücks. Kommt er dieser Pflicht, wie hier die Kläger, nicht nach und lässt er die Zweige des Baums über die Grundstücksgrenze wachsen, kann er nicht unter Verweis darauf, dass der Baum (nun) droht, durch das Abschneiden der Zweige an der Grundstücksgrenze seine Standfestigkeit zu verlieren oder abzusterben, von seinem Nachbarn verlangen, das Abschneiden zu unterlassen und die Beeinträchtigung seines Grundstücks hinzunehmen.

Selbsthilferecht versus Naturschutz

Das Selbsthilferecht kann aber durch naturschutzrechtliche Regelungen, etwa durch Baumschutzsatzungen oder -verordnungen, eingeschränkt sein. Ob dies hier der Fall ist, wird das Berufungsgericht ebenfalls noch prüfen müssen. (BGH, Urteil vom 11.6.2021, V ZR 234/19, PM Nr. 109/21 vom 11.6.2021)

Mietrückstände: Haftung nach Auszug aus der Ehewohnung

Paare mieten eine gemeinsame Wohnung meistens zu zweit. Beide Partner unterschreiben den Mietvertrag. Sie sind durch den Vertrag gemeinsam berechtigt und verpflichtet. Aber was passiert, wenn ein Partner auszieht? Mit dieser Frage hat sich jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg beschäftigt.

Der Ehemann war im Zuge der Trennung aus der Ehewohnung ausgezogen. Die Ehefrau und die drei − zum Teil volljährigen − Kinder verblieben in der Wohnung. In der Folge kam es zu Mietrückständen. Für diese haften bei einem gemeinsamen Mietvertrag grundsätzlich beide Eheleute. Der Vermieter lehnte es auch ab, den Ehemann aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Der Ehemann verlangte von der Ehefrau die Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrags. Das lehnte die Ehefrau ab. Sie meinte, dazu nicht verpflichtet zu sein, solange die Ehe noch nicht geschieden sei.

Das Amtsgericht (AG) verpflichtete die Ehefrau, der Kündigung zuzustimmen. Nach Ablauf des Trennungsjahrs überwiege das Interesse des Ehemannes, aus dem Vertragsverhältnis entlassen zu werden. Die Ehefrau legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Das OLG bestätigte die rechtliche Bewertung des AG: Die Ehefrau müsse nach Ablauf des Trennungsjahrs an einer Befreiung des Ehemanns aus der gemeinsamen mietvertraglichen Bindung mitwirken. Dies gelte jedenfalls, wenn wie hier der in der Wohnung verbleibende Ehepartner nicht willens oder in der Lage sei, den anderen im Außenverhältnis zum Vermieter von Verpflichtungen freizustellen. Im konkreten Fall zahle der Ehemann bereits die nach seinem Auszug aufgelaufenen Mietschulden ab. Die Ehefrau könne auch nicht mit dem Argument gehört werden, der Ehemann habe die Familie „im Stich gelassen“. Sie habe nach dem Auszug während des Trennungsjahrs Zeit gehabt, sich eine andere, ihren Vermögensverhältnissen angemessene, Wohnung zu suchen. Sie hätte darüber hinaus nach dem Trennungsjahr auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen können. Vor diesem Hintergrund sei die Fortsetzung einer gemeinsamen Haftung für das Mietverhältnis nicht gerechtfertigt, so das OLG. (OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.3.2021, 13 UF 2/21, PM Nr. 21/2021)

Notarielle Scheidungsvereinbarung: Vereinbarung über außergerichtliche Kosten präzise formulieren

Wollen Parteien festlegen, wer in welcher Höhe die außergerichtlichen Kosten trägt, kann dies in einem Vergleich berücksichtigt werden. Solche Regelungen müssen aber präzise formuliert sein, sagt jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Dasselbe gelte, wenn die Kostenfrage in eine notarielle Scheidungsvereinbarung einbezogen werden soll.

Die Eheleute hatten eine notarielle Scheidungsvereinbarung geschlossen. Diese hielt u. a. fest, dass die Kosten der beabsichtigten einverständlichen Scheidung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen getragen werden. Hierzu zählen allerdings nicht die außergerichtlichen Kosten. Um auch diese einzubeziehen, hätten die Eheleute eine (ausdrückliche) Regelung formulieren müssen, dass die vorgerichtliche Vertretung jeweils hälftig von beiden getragen wird. Das war nicht geschehen. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung waren bereits außergerichtliche Anwaltskosten angefallen. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.3.2021, 9 WF 61/21)

Sorgerechtsstreit: Elterliche Sorge gegen den ausdrücklich erklärten Willen eines 13-Jährigen?

Das Amtsgericht (AG) Frankenthal hat jetzt entschieden: Die elterliche Sorge kann gegen den ausdrücklich erklärten Willen eines 13-jährigen Kindes aufrechtzuerhalten sein, wenn eine ausreichende Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern im Übrigen gegeben ist.

Was war geschehen?

Die Beteiligten sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern eines 13-jährigen Kindes. Zwischen dem Kind und dem Antragsgegner bestand seit geraumer Zeit kein Kontakt mehr; jedenfalls seit ungefähr zwei Jahren ist der Kontakt gänzlich abgebrochen. Die Eltern kommunizieren ebenfalls kaum miteinander, die Mutter hat die wesentlichen Entscheidungen für das bei ihr wohnende Kind in der Vergangenheit alleine getroffen. Die Kommunikation beschränkte sich im genannten Zeitraum auf Whatsapp-Chats. Der Vater zahlt für das Kind Kindesunterhalt. Die Mutter beantragte die Übertragung der alleinigen Sorge auf sich. Zum einen entspreche dies dem Wunsch des Kindes, zum anderen sei der Antragsgegner an dem Kind nicht interessiert und übe daher die elterliche Sorge faktisch nicht aus. Der Vater hat sich dem Antrag widersetzt. Er hat anerkannt, dass er sich zuletzt wenig um das Kind gekümmert hat, möchte aber an der elterlichen Sorge festhalten.

Das sagt das Amtsgericht

Das AG hat den Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen. Grundsätzlich gilt: Jeder Elternteil kann, wenn Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben und ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge alleine überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Doch was, wenn einem Elternteil Gleichgültigkeit vorgeworfen wird? Dies kann nur Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung der elterlichen Sorge werden, wenn der betreffende Elternteil sich überhaupt nicht um das Kind kümmert. Mangelndes Engagement muss aber nicht zur alleinigen Sorge führen, wenn die Eltern sonst zusammenarbeiten können und das gebotene Maß an Gemeinsamkeiten und wenigstens ein gewisses Interesse für das Kind vorhanden ist. Ein Elternteil kann für die Entwicklung des Kindes zurücktreten und damit weniger wichtig bleiben, während der andere für die tägliche Erziehungsarbeit zuständig ist, ohne dass sich weitere Auswirkungen für die Entwicklung des Kindes ergeben. Oft haben sich die Eltern für dieses Modell schon vor der Trennung entschieden dann treten ohnehin keine Änderungen ein.

Zurückhaltung ist nicht immer Verantwortungslosigkeit

Motivlage und tatsächliche Hintergründe entziehen sich einer Bewertung von außen fast zwingend. Erkennbare Zurückhaltung ist kein Zeichen von Verantwortungslosigkeit. Verzicht für sich kann wohlbedacht sein, auch um gerade das Kind belastenden Streit zu vermeiden. Maßstab ist wie immer das Wohl des Kindes.

Zeigt ein Elternteil aber nachhaltig kein Interesse an der Entwicklung des Kindes und pflegt keinerlei Kontakt zum Kind, sondern überlässt dem anderen Elternteil die Sorge mit allen Entscheidungen alleine, dann stellt sich berechtigt die Frage, welche gemeinsame Sorge hier noch ausgeübt wird, sodass auf Antrag die Sorge auf den diese tatsächlich ausübenden Elternteil ggf. zu übertragen ist.

Kooperationsbereitschaft war vorhanden

Vor diesem Maßstab sei die gemeinsame elterliche Sorge im vorliegenden Fall nicht aufzuheben. Zwar sei der Antragstellerin zuzugestehen, dass sich die Kommunikation auf ein Mindestmaß beschränke. Allerdings hätten sich auch keine Umstände ergeben, zu denen etwa der Antragsgegner für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zur Verfügung gestanden hätte. Eine gewisse aktive Grundverantwortung übe der Antragsgegner zudem dadurch aus, dass er den Kindesunterhalt regelmäßig bezahle. Schließlich ergebe sich aus den vorgelegten Chatverlaufsprotokollen, dass der Antragsgegner grundsätzlich an dem Kind Interesse gezeigt habe. Vor diesem Hintergrund könne von einer gänzlichen Gleichgültigkeit nicht ausgegangen werden, wenngleich die Tatsache, dass sich der Antragsgegner etwa zu den letzten Geburtstagen des Kindes nicht gemeldet habe, nachvollziehbar den Anschein einer Interessenlosigkeit erweckte.

Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich keine zu entscheidenden Konflikte der Eltern in wesentlichen Belangen abzeichneten, der Vater sich in jeder Hinsicht kooperationsbereit erklärt habe und Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung, die das Einvernehmen beider Eltern voraussetzen würden, nicht bevorstünden. In der Vergangenheit hätten die Eltern eine kindeswohldienliche Entscheidung praktizieren können.

Kindeswohl entscheidend

Die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge sei auch vor dem Hintergrund geboten, dass sich das Kind in der persönlichen Anhörung ausdrücklich für die Alleinsorge der Mutter ausgesprochen habe. Zwar sei der Wunsch des nun 13-jährigen Kindes grundsätzlich anzuerkennen. Indes komme ihm nicht die alleinige oder entscheidende Bedeutung zu. Denn es sei im Rahmen der persönlichen Anhörung offenbar geworden, dass das Kind aufgrund der Erfahrungen der letzten beiden Jahre von dem Antragsgegner enttäuscht sei, diesen indes jedoch nicht gänzlich und dauerhaft ausschließen möchte. Eine Auseinandersetzung mit dem Vater und der Vater-Sohn-Beziehung entspreche auch entwicklungspsychologisch der weiteren persönlichen Entwicklung des Kindes am besten, sodass das Gericht die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch vor diesem Hintergrund als kindeswohldienlicher ansehe. (AG Frankenthal, Urteil vom 1.6.2021, 71 F 108/21, PM vom 17.6.2021)

Nachlassverzeichnis: Notar darf sich nicht nur auf Angaben des Erben verlassen

Der Notar, der ein Nachlassverzeichnis aufnehmen muss, ist regelmäßig auch verpflichtet, selbstständig die aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen zu ermitteln. Ein Verzeichnis, das sich nur auf die Beurkundung von Angaben des Erben beschränkt, erfüllt die Anforderungen nicht. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden.

Inwieweit der Notar bei Erstellen eines notariellen Nachlassverzeichnisses zur Durchsicht von Kontounterlagen verpflichtet ist, vor allem, um zu prüfen, ob im Verwendungszweck „Schenkung“ oder eine ähnliche Formulierung gebraucht ist, oder ob er die Kontoauszüge auf Auffälligkeiten überprüfen muss, die für eine Schenkung sprechen, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall bestimmen. Im Streitfall ging das dem OLG etwas zu weit. Dass die Anforderungen an den Notar in solchen Fällen durchaus hoch sind, hat das OLG bereits früher entschieden, nämlich zu Nachfragen bei Banken oder Finanzämtern sowie zur Sichtung eines Bankschließfachs. (OLG Celle, Beschluss vom 25.3.2021, 6 U 74/20)

Bauvorschriften: Neuer VOB/B-Entwurf

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heim (BMI) hat dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) den Entwurf einer neuen Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) vorgelegt. Die VOB/B soll dem Vernehmen nach schon so weit abgestimmt ist, dass der Änderungsbedarf überschaubar ist und diese somit Anfang 2022 in Kraft treten kann.

Eine Überarbeitung der VOB/B wurde erforderlich, weil sie in zentralen Punkten vom Wortlaut der Neuregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus dem Jahr 2018 abweicht. Der Entwurf des BMI orientiert sich daher augenscheinlich an zwei Leitplanken: Zum einen sollen das Anordnungsrecht sowie die anknüpfende Vergütungs- und Abschlagsberechnung auch unabhängig von der Privilegierung einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhalten können. Zum anderen sollen die Vorschriften praxisorientiert und ausgewogen sein und Schwächen des Gesetzes ausgleichen.

Diesen „schmalen Grat“ sollen folgende Regelungen überwinden:

  • unmittelbares Anordnungsrecht bleibt erhalten
  • sofortige Befolgungspflicht der Anordnung nur noch bei Eilbedürftigkeit
  • Befolgungspflicht im Übrigen suspendiert, solange über Vergütung verhandelt wird
  • jede Partei kann Scheitern von Verhandlungen über Vergütung erklären
  • Vergütung wird anhand tatsächlich erforderlicher Kosten berechnet mit der Vermutung, dass die fortgeschriebene Kalkulation diesen entspricht. (Planungsbüro professionell 7/21, S. 2)

Rom-I-Verordnung: Welches Recht gilt bei Baustellen im Ausland?

Hat der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, findet das deutsche materielle Recht Anwendung. Dies ergibt sich laut dem Oberlandesgericht (OLG) Köln aus der sog. Rom-I-Verordnung. Diese gelte auch für reine Bau- und Werkverträge.

Dass die Baustelle im Ausland liegt, ist für sich genommen kein Umstand, der eine engere Verbindung zu diesem Staat im Sinne der o. g. Verordnung begründet, so das OLG. Folge: Die Frage, ob der als Dienstleister in Anspruch genommene Beklagte seine Vertragserklärung im eigenen Namen oder als Stellvertreter für ein anderes Unternehmen abgegeben hat, bestimmt sich in diesem Fall ebenfalls nach materiellem deutschen Recht. (OLG Köln, Urteil vom 22.3.2021, 16 U 165/20)

Architektenhonorar: So verteilt sich die Darlegungs- und Beweislast

Verlangt der Architekt oder Ingenieur ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, muss er darlegen und gegebenenfalls nachweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist. Diese klare Aussage des Bundesgerichtshofs (BGH) muss ab sofort beachtet werden.

Welche Architektenleistungen vereinbart sind, ergibt sich durch Auslegung des Architektenvertrags. Umfang und Inhalt des Auftrags bestimmen sich allein nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Die sog. Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) als gesetzliches Preisrecht enthält keine Leitbilder für den Inhalt von Architektenverträgen. Die Leistungsbilder der HOAI können daher bei Bezugnahme im Vertrag lediglich als Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen herangezogen werden.

Architekten sollten daher darlegen, nach welchen Grundsätzen sich ihr Honorar bestimmt. Das verschafft beiden Vertragsparteien Sicherheit und vermeidet (teure) Auseinandersetzungen getreu dem Motto „wer schreibt, der bleibt“. (BGH, Urteil vom 14.5.2020, VII ZR 205/19)

Planungs- und Bauüberwachungsfehler: Zustimmung zur Verrechnung kann Schuldanerkenntnis sein

Stehen sich Honoraransprüche des Architekten einerseits und Schadenersatzansprüche des Bauherrn andererseits in aufrechenbarer Weise gegenüber und stimmt die Haftpflichtversicherung des Architekten einer Verrechnung zu, liegt darin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf festgestellt.

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf bindet dieses Anerkenntnis den Architekten und verpflichtet die Versicherung, dessen Honorar zu zahlen. Der Bauherr hatte im konkreten Fall mit seinem Schadenersatzanspruch wegen Planungs- und Bauüberwachungsfehlern aufgerechnet und die Versicherung des Architekten hatte dem zustimmend die überschießende Schadenersatzforderung ausgeglichen. Der Architekt begehrte und erhielt nun von der Versicherung sein Honorar, weil die Versicherung für den Gesamtschaden einstehen müsse. Die Versicherung ließ sich Zug um Zug den Honoraranspruch abtreten und machte diesen weil nun Zweifel an der Haftung aufkamen gegen den Bauherrn geltend. Erfolglos.

Das steht auch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten ist dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt. Darin liegt ein sog. deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2020, 5 U 356/19)