Strafgebühr: Parkscheibe auf dem Privatparkplatz

Auch auf einem frei zugänglichen privaten Parkplatz ist eine Parkscheibe von außen „gut lesbar“ entweder hinter der Windschutzscheibe oder aber auf der Abdeckplatte des Gepäckraumes (d. h. auf der „Hutablage“) bzw. an der Seitenscheibe anzubringen. So hat jetzt, wie zuvor schon weitere Gerichte, das Amtsgericht (AG) Brandenburg entschieden.

Folge: Wer das nicht tut, muss damit rechnen, dass ihn der „Parkplatzbetreiber“ auf ein Entgelt/eine Vertragsstrafe in Anspruch nimmt. Das AG liegt damit auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). (AG Brandenburg, Urteil vom 23.10.2020, 31 C 200/19)

Schmerzensgeld: Wenn ein Kfz ein am Fahrbahnrand stehendes Kind erfasst und die Versicherung nicht reguliert …

Erfasst ein Autofahrer ein zu nah an der Bordsteinkante wartendes elfjähriges Kind, führt dies zu einer ganz überwiegenden Haftung des Autofahrers. Tritt ein Haftpflichtversicherer bei eindeutiger Haftungslage über Jahre hinweg nicht in die Schadensregulierung ein, kann dies den Schmerzensgeldanspruch erhöhen. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken.

Der zum Unfallzeitpunkt elfjährige Kläger befand sich auf dem Weg zur Schule und wollte eine Kreuzung an einer Fußgängerampel überqueren. Er stellte sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante, um dort zu warten, bis die Ampel „grün“ zeigt. Die Beklagte fuhr mit ihrem Kfz in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbei und erfasste es.

Weitere Einzelheiten ließen sich hierzu nicht aufklären. Die Verkehrssituation hätte es aber zugelassen, mit weit größerem Abstand an dem Kind vorbeizufahren. Der Kläger wurde erheblich verletzt. Er verlangt von der Fahrzeughalterin und deren Haftpflichtversicherung Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das Landgericht (LG) Kaiserslautern hat der Klage mit einer Haftungsquote von 80 Prozent zulasten der Beklagten stattgegeben. Deren Berufung hiergegen hatte keinen Erfolg. Ein Autofahrer ist danach nicht berechtigt, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen. Erst recht muss das gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gelten.

Zwar war dem verletzten Kind hier vorzuwerfen, dass es sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante gestellt hat, sodass es vom vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden konnte. Auch einem elfjährigen Schüler muss bewusst sein, dass diese Position an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und erhebliche Schäden auslösen kann. Dieses Mitverschulden rechtfertigt auch nach Auffassung des OLG aber keine Mithaftung des Klägers in Höhe von mehr als 20 Prozent.

Beachten Sie: Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes hat das OLG auch das Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung berücksichtigt. Die Versicherung hatte an den Kläger über beinahe sieben Jahre hinweg keinerlei Schmerzensgeld gezahlt. (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.4.2021, 1 U 141/19)

Fahrlässigkeit: Mit auf der Fahrbahn liegenden Personen müssen Sie bei Dunkelheit nicht rechnen!

Das Landgericht (LG) Mühlhausen hat jetzt die Frage verneint, ob ein Autofahrer damit rechnen muss, dass nachts außerorts auf einer unbeleuchteten Landstraße ein dunkel gekleideter Fußgänger auf der Fahrbahn liegt. Dem Fahrer war eine fahrlässige Tötung vorgeworfen worden, weil er den Fußgänger überfahren hatte und dieser an den Folgen des Unfalls verstarb.

Die entsprechende Situation sei nicht vorhersehbar gewesen. Zwar ist allgemein anerkannt, dass ein Autofahrer stets mit Hindernissen auf der Fahrbahn rechnen muss. Er muss daher auch vor unvermuteten Hindernissen anhalten können. Dies gilt jedoch nicht für solche Hindernisse, mit denen er unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss.

Nach der Lebenserfahrung muss sicherlich stets mit (auch besonders grober) Unachtsamkeit von Fußgängern gerechnet werden. Ein in höchstem Maße selbstgefährdendes, sich durch nichts ankündigendes Verhalten eines Fußgängers ist hingegen so ungewöhnlich und selten, dass niemand damit zu rechnen braucht, wenn nicht ausnahmsweise im Einzelfall besondere Umstände Anlass dazu geben.

So war es auch hier: Der Überfahrene hatte sich stark alkoholisiert und unter Drogeneinfluss nachts bei vollkommener Dunkelheit und schlechten Wetterverhältnissen außerorts auf einer unbeleuchteten Landstraße mittig auf die Fahrbahn gelegt.

Zwar muss man als Autofahrer, insbesondere im ländlichen Raum, durchaus damit rechnen, dass nachts und auch am frühen Morgen unter Umständen auch alkoholisierte und dunkel gekleidete Fußgänger an einer Landstraße entlanglaufen. Ein solches Verhalten von Fußgängern liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung. Hingegen ist es so ungewöhnlich und gerade nicht zu erwarten, dass im Winter bei Schneefall und kalten Temperaturen eine Person mitten auf der Fahrbahn liegt. Mit einer solchen Verkehrssituation muss man als Kraftfahrer nicht rechnen. Die Situation hat sich auch nicht zuvor angekündigt, z. B. durch mehrere im Bereich der Straße anwesende Personen. (LG Mühlhausen, Beschluss vom 28.4.2021, 3 Qs 43/21)

Schadenersatz/Schmerzensgeld: Kein Mitverschulden eines 11-jährigen Kindes an einem Unfall

Trifft ein elfjähriges Kind beim Überqueren einer Straße ein Mitverschulden an einem Verkehrsunfall? Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einer aktuellen Entscheidung die situationsbedingte Überforderung des Kindes berücksichtigt, eine Gefahrenlage im Straßenverkehr richtig einzuschätzen.

Die damals 11-jährige Klägerin überquerte als letztes von vier Kindern kurz vor 8:00 Uhr morgens im Dunkeln eine Straße in der Nähe ihrer Schule. Eines der vorausgehenden Kinder trug eine gelb reflektierende Jacke. Dieser Gruppe näherte sich ein Pkw mit einer Geschwindigkeit von mindestens 55 km/h anstatt erlaubter 50 km/h. Kurz bevor die Klägerin den Bürgersteig erreichte, erfasste sie das Fahrzeug.

Die Klägerin erlitt durch den Unfall insbesondere einen Beckenbruch, einen Dammriss und eine Mittelgesichtsprellung. Sie wurde mehrtägig stationär behandelt. Sie verlangt von dem Fahrer, der Halterin und der Haftpflichtversicherung des Unfallfahrzeugs ein Schmerzensgeld und die Verpflichtung, für künftige unfallbedingte Schäden aufzukommen. Das Landgericht (LG) Verden hat in erster Instanz ein Mitverschulden der Klägerin angenommen, aufgrund dessen ihre Ansprüche um 25 Prozent gemindert seien.

Unangepasste Fahrweise einerseits …

Das OLG Celle hat der Klägerin demgegenüber in vollem Umfang Recht gegeben. Der Autofahrer habe den Unfall jedenfalls ganz überwiegend verschuldet. Ein Fahrzeugführer muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung insbesondere von Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen ausgeschlossen ist. Hier hätte der Fahrer sein Fahrverhalten sofort anpassen müssen, als er die Kinder im Straßenbereich wahrnahm. Darüber hinaus hätte er den Unfall auch verhindern können, wenn er nur die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte.

… aber auch fehlerhaftes Verhalten des Kindes

Zwar hatte sich das Kind ebenfalls falsch verhalten. Es hatte nämlich beim Überqueren der Straße den vorfahrtsberechtigten Fahrzeugverkehr nicht ausreichend beachtet. Nach dem OLG traf es insoweit aber kein Verschulden. Kinder, so das OLG, können ohnehin erst ab Vollendung des zehnten Lebensjahrs für Unfälle im Straßenverkehr verantwortlich sein. Hier kam hinzu, dass das nur unwesentlich ältere Kind nachvollziehbar überfordert war, weil es sich schon auf der Straße befand, als es das Fahrzeug wahrnahm, Entfernung und Geschwindigkeit dieses Fahrzeugs auch aufgrund der Dunkelheit falsch einschätzte und reflexhaft die falsche Entscheidung traf, der Gruppe hinterherzulaufen. Der Autofahrer habe sich auch nicht darauf verlassen dürfen, dass sich das Kind richtig verhalten werde.

Schwere Langzeitschäden für das Kind

Das OLG hat deshalb nicht nur die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, der Klägerin ihren materiellen Schaden vollständig zu ersetzen. Er hat sie auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt, das mit insgesamt 35.000 EUR noch deutlich über den Vorstellungen der Klägerin selbst lag. Die Klägerin hatte schwere Verletzungen und Dauerschäden erlitten, u.a. im Genitalbereich, mit möglichen Risiken auch bei späteren Schwangerschaften. Aufgrund ihres jungen Alters hatte und hat sie noch lange an den Verletzungsfolgen zu tragen. Dies war bei der Schmerzensgeldbemessung bislang nicht berücksichtigt worden. (OLG Celle, Urteil vom 19.5.2021, 14 U 129/20)

Irreführende Werbung: Auch für Kleinbeträge gelten Regeln

Die Werbeaussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“ ist irreführend, wenn der Nachlass nur gewährt wird, falls der Kunde auch neue Getränke im Laden erwirbt. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg.

Die Beklagte betrieb Discount-Supermärkte. Sie warb u. a. mit der Aussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“. Kunden erhielten den Vorteil aber nur, wenn sie bei einem neuen Einkauf auch Mehrweggetränke erwarben.

Das OLG: Dies ist irreführend. Denn auf die tatsächlichen Gegebenheiten weise die Beklagte nicht hin. Sie täusche damit den Kunden unabhängig davon, ob es sich letztlich nur um 50 Cent handele. Im Discounter-Bereich sei der Preiskampf besonders ausgeprägt. Selbst geringe Preisreduzierungen würden eingesetzt, um Kunden zu gewinnen wie hier.

Das OLG hob hervor: Üblicherweise sei die Pfandrückgabe von Rabatten ausgenommen, da die Pfandbeträge durchlaufende Posten des Händlers seien. Eine Gutschrift, die an die Rückgabe von Leergut geknüpft sei, sei daher ungewöhnlich. Sie könne preissensible Kunden besonders ansprechen und für Aufmerksamkeit sorgen. (OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.3.2020, 3 U 86/20)

Haushaltsführungsschaden: Wie wirken sich Tiere aus?

Die Berücksichtigung der Versorgung eines im Haushalt des Geschädigten lebenden Haustiers bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens kommt grundsätzlich in Betracht. Zu diesem Thema gibt es nun zwei aktuelle Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG).

Das sagt das Oberlandesgericht Koblenz

Das OLG verlangt vom Geschädigten, dass er hierfür seine konkreten und individuellen Lebens- und Wohnverhältnisse darlegt, wie die Größe des Hauses, die Ausstattung des Hauses, die Zahl der zu versorgenden Personen und eine eventuelle Berufstätigkeit. Weiter muss er den genauen Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall darlegen. Im Klartext: Was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich, was eventuell monatlich. Dem muss er den Umfang der (noch möglichen) Haushaltstätigkeiten nach dem Unfall gegenüberstellen. Er muss also die Frage beantworten: Was ist noch möglich? Im Zweifel muss er diese Tatsachen beweisen.

Bei der Versorgung von Tieren hat das OLG sehr strenge Maßstäbe angelegt. Fische und Hasen seien als Liebhaberei nicht zu berücksichtigen. Bei einem untergebrachten Pferd seien allenfalls die Pensionskosten als selbstständiger materieller Schaden zu berücksichtigen. Das Ausführen eines Hundes sei regelmäßig möglich und zu kompensieren.

Das sagt das Oberlandesgericht Celle

Dass man das anders sehen kann, zeigt eine Entscheidung des OLG Celle zu einem ähnlichen Sachverhalt. Das OLG: Der Zeitaufwand für die Versorgung eines Haustieres ist grundsätzlich erstattungsfähig. Es erscheint aber angebracht, nicht den gesamten hierfür erforderlichen Aufwand zu berücksichtigen, sondern einen Abschlag vorzunehmen für die allgemeine Lebensfreude, die mit der Haltung von Haustieren einhergeht. Das OLG hat daher den Aufwand nach Stunden geschätzt, einen Abschlag vorgenommen und am Ende vier Stunden wöchentlich mit einem Stundensatz von 8 EUR berücksichtigt. (OLG Koblenz, Urteil vom 1.3.2021, 12 U 1297/20)

Rechtsgeschäfte: Natürliche Personen handeln grundsätzlich als Verbraucher

Oft haben Privatpersonen auch ein Gewerbe oder sind selbstständig tätig. Schließt eine solche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, handelt sie als Verbraucher. Etwas anderes gilt nur, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig darauf hinweisen, dass die Privatperson in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH).

Die Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer kann im Einzelfall schwierig sein. Sie ist aber bedeutend, weil daran sowohl materiell-rechtliche als auch formelle Rechte und Pflichten anknüpfen. Die Entscheidung des BGH lässt am Ende nur die Einschätzung zu, dass der Gläubiger seinen Geschäftspartner eine eindeutige Erklärung zur Handlung als Verbraucher oder Unternehmer abgeben lässt oder die natürliche Person im Zweifel immer als Verbraucher behandelt. (BGH, Urteil vom 7.4.2021, VIII ZR 191/19)

Vertragsrecht: Widerruf eines Partnervermittlungsvertrags

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Der Kunde einer Partnervermittlungsagentur verliert sein Widerrufsrecht nicht dadurch, dass diese die geschuldete Anzahl von Partnervorschlägen zusammenstellt, ohne sie dem Kunden bereits überlassen zu haben, auch wenn allein dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als „Hauptleistung“ bestimmt ist. Zudem ist der Wertersatzanspruch der Partnervermittlungsagentur nach dem Widerruf, von Ausnahmen abgesehen, zeitanteilig zu berechnen.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss in ihrer Wohnung im Verlauf des Besuchs eines Vertreters der beklagten Agentur einen Partnervermittlungsvertrag. In den Vertragsunterlagen war u. a. bestimmt, dass die Beklagte als „Hauptleistung“ 21 Partnervorschläge (Partnerdepot) zusammenstelle. Hierauf sollten 90 Prozent und auf die „Verwaltung und Aktualisierung des Partnerdepots für die Dauer der Vertragslaufzeit von zwölf Monaten“ 10 Prozent des Honorars entfallen. Außerdem unterzeichnete die über ihr Widerrufsrecht belehrte Klägerin eine Erklärung, sie wünsche ausdrücklich, dass die Beklagte mit ihrer Dienstleistung aus dem Partnervermittlungsvertrag sofort beginne; ihr sei bewusst, dass sie ihr Widerrufsrecht verliere, wenn der Vertrag seitens der Beklagten vollständig erfüllt sei.

Am folgenden Tag zahlte die Klägerin an die Beklagte das vereinbarte Honorar in Höhe von 8.330 Euro. Am selben Tag übermittelte die Beklagte der Klägerin drei Kontakte, die dieser jedoch nicht zusagten. Die Klägerin „kündigte“ daraufhin nach einer Woche den Vertrag. Die Beklagte macht geltend, das Partnerdepot erstellt und damit ihre Leistung vollständig erbracht zu haben.

Landgericht und Oberlandesgericht uneins

Das Landgericht (LG) hat die auf Rückzahlung des o. g. Betrags gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht (OLG) die Beklagte hingegen zur Rückzahlung verurteilt. Von der Klageforderung seien aber 1.191 Euro abzuziehen, da die Klägerin drei der insgesamt 21 geschuldeten Partnervorschläge erhalten habe und der Beklagten daher Wertersatz in dieser Höhe schulde.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung von 7.139 Euro gerichtete Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin kann den Großteil des an die Beklagte geleisteten Betrags zurückverlangen.

Im Fall des wirksamen Widerrufs eines Verbrauchervertrags sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Parteien hatten einen widerruflichen Verbrauchervertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen. Der von der Klägerin erklärte Widerruf war wirksam.

Das Widerrufsrecht der Klägerin war nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung ihre Dienstleistung noch nicht vollständig erbracht hatte. Dies hätte erfordert, dass sie jedenfalls ihre Hauptleistungspflicht vollständig erfüllt hätte. Für die Auslegung, welche Pflichten Hauptleistungspflichten sind, ist entscheidend, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grad ankam, also was sie unter allen Umständen erlangen wollte.

Hier hatte die Beklagte ihre Leistung nicht vollständig erbracht. Die Erstellung des Partnerdepots war nicht (ausschließliche) Hauptleistungspflicht der Beklagten. Vielmehr ist für den Kunden der Beklagten allein die Zusendung der ausführlichen Partnervorschläge mit Namen und Kontaktdaten von Bedeutung. Diese Leistung hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Widerrufs nur zu einem geringen Teil erbracht. Darüber hinaus ist der Kunde auch darauf angewiesen, dass die Partnervorschläge zu dem Zeitpunkt, zu dem er sie zu einer Kontaktanbahnung nutzt, noch aktuell und bis dahin gegebenenfalls ergänzt und aktualisiert worden sind.

Für ein anderes Verständnis kann sich die Beklagte nicht auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, nach denen die „Hauptleistung“ (allein) in der Erstellung eines 21 Partnervorschläge umfassenden Partnerdepots liegt. Diese Bestimmung ist unwirksam. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Vertragsgegenstand nicht verändert werden.

Europäisches Recht

Nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8.10.2020 ist auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen. Daraus ergibt sich hier kein Anspruch der Beklagten, der 1.191 EUR übersteigt. Eine Ausnahme von einer zeitanteiligen Berechnung gilt nur, wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden; ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. (BGH, Urteil vom 6.5.2021, III ZR 169/20, PM Nr. 92/21)

Kfz-Kaufvertrag: Verkauf eines Gebrauchtwagens mit nicht zugelassenen Felgen: Käufer kann nicht zurücktreten

Wird ein Gebrauchtwagen mit Felgen verkauft, die keine Zulassung haben, berechtigt dies den Käufer nicht zum Rücktritt vom Kauf. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart zugunsten des Verkäufers entschieden.

Nicht zugelassene Felgen

Im Kaufvertrag über einen gebrauchten BMW 525d xDrive Touring stand folgender Zusatz: „Inkl. 1 x Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen (ABE [= Allgemeine Betriebserlaubnis] für Winterräder wird nachgereicht).“ Was dem Käufer bekannt war: Die Felgen waren für das Fahrzeug nicht zugelassen. Die versprochene ABE wurde aber nicht nachgeliefert, sodass der Käufer vom Kauf zurücktreten wollte. Damit kam er jedoch nicht durch.

Mangel unerheblich

Dass der BMW im Zeitpunkt der Auslieferung einen Sachmangel hatte, war unstreitig. Dreh- und Angelpunkt des Streits waren vor allem zwei Anschlussfragen: War der Mangel zu beseitigen und, wenn ja, wodurch? Hat er das für einen Rücktritt erforderliche Gewicht oder handelt es sich nur um eine Bagatelle?

Zu beseitigen war der Mangel entweder durch Lieferung von Winterrädern mit zugelassenen Felgen oder durch Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis für die mitverkauften Felgen. Damit konzentrierte sich alles auf die zweite Frage: Liegt ein erheblicher Mangel oder eine Bagatelle vor? Ein Sachverständiger musste klären, ob durch die Montage von Winterrädern mit Felgen ohne ABE die Betriebserlaubnis erloschen ist. Eine nachträgliche Veränderung eines Fahrzeugs führt nämlich nur zum Erlöschen seiner Betriebserlaubnis, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

Eine solche Gefährdung hat der Gutachter verneint. Die Betriebserlaubnis war also nicht erloschen.

Sowohl die Beschaffung einer Einzelerlaubnis als auch die Lieferung mangelfreier Felgen, also ein Felgenaustausch, sind zu vergleichsweise geringen Kosten zu erlangen. Somit kam das OLG zum Schluss, dass die Bagatellgrenze nicht überschritten ist. Der Käufer durfte deshalb nicht vom Kauf zurücktreten. (OLG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2021, 10 U 46/18)

Wohnungseigentum: Verwalter darf über Versorgungsverträge entscheiden

Der Verwalter darf über den Abschluss eines Versorgungsvertrags regelmäßig aus eigener Befugnis entscheiden und muss keinen Eigentümerbeschluss einholen. So sieht es das Landgericht (LG) Frankfurt am Main.

Die Eigentümer hatten den Verwalter zur Kündigung und zum Abschluss von Versorgungsverträgen ermächtigt. Der Anfechtungskläger meint, der Beschluss sei zu unbestimmt und bringe unkontrollierbare Befugnisse für die Verwaltung mit sich; insbesondere fehle eine finanzielle Obergrenze.

Nach Auffassung des LG entspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Für den Abschluss und die Kündigung von Versorgungsverträgen sei eine Budgetobergrenze regelmäßig nicht erforderlich. Bei den geringen Preisunterschieden für Strom, Gas etc. und wegen der bei Versorgungsverträgen üblichen kurzen Laufzeiten, sei die Gefahr gering, dass der Verwalter der Gemeinschaft hohe Verbindlichkeiten aufbürdet. (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.2.2021, 2-13 S 146/19)