Bilanzierung: Mitarbeiterboni ohne Rechtsanspruch: Rückstellung dennoch möglich

Eine (steuermindernde) Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt u. a. voraus, dass mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster kann sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit auch aus der seit Jahren bestehenden ständigen Übung ergeben, Mitarbeiterboni ohne rechtliche Verpflichtung auszuzahlen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Das war geschehen

Die A-GmbH zahlte ihren Mitarbeitern Boni, ohne dass hierüber schriftliche Verträge gefasst wurden. Neue Mitarbeiter erhielten bei der Einstellung u. a. folgende Informationen: „Für Jahre mit gutem Geschäftsverlauf und guter Perspektive zahlt A im Frühjahr des folgenden Kalenderjahrs einen Bonus an die Mitarbeiter. Beim Bonus handelt es sich um eine freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch.“

Tatsächlich zahlte die A-GmbH in den Vorjahren, im Streitjahr 2014 und in den Folgejahren Mitarbeiterboni. Im Streitjahr erfolgte eine Zuführung zur Rückstellung in Höhe von ca. 300.000 Euro. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung aber nicht an. Begründung: Die Arbeitnehmer hätten keinen Rechtsanspruch auf die Auszahlung der Boni. Zudem würden sich die freiwilligen Bonusleistungen nicht nur am Betriebsergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs, sondern auch an der zukünftigen Ertragslage orientieren.

In der Folge argumentierte die A-GmbH, dass die Zahlung der Mitarbeiterboni auch nach außen kommuniziert werde. Auf ihrer Website werde die verbindliche Regelung von anlassbezogenen Zuwendungen und von Boni erläutert. Der Freiwilligkeitsvorbehalt bedeute lediglich, dass in einem Verlustjahr kein Bonus gezahlt werde.

Das FG Münster erkannte die Rückstellung an.

Gemäß Handelsgesetzbuch (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB) kann eine Rückstellung nicht nur dann gebildet werden,

  • wenn eine Verbindlichkeit am Bilanzstichtag mit Sicherheit besteht und nur ihre Höhe ungewiss ist,
  • sondern auch dann, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verbindlichkeit dem Grunde nach künftig entsteht, wobei zudem deren Höhe ungewiss sein kann.

Finanzgericht: Überwiegende Wahrscheinlichkeit gegeben

In seiner Urteilsbegründung beschäftigte sich das FG insbesondere mit dem Tatbestandsmerkmal der „Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach“, wobei es bereits ausreicht, dass die Verpflichtung überwiegend wahrscheinlich ist („51 %“).

Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit auf Auszahlung der Mitarbeiterboni ergab sich im Streitfall insbesondere aus der jahrelangen ständigen Übung der A-GmbH, Mitarbeiterboni ohne rechtliche Verpflichtung an die Mitarbeiter auszuzahlen. Äußerlich erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass die A-GmbH im Streitjahr beabsichtigte, von dieser ständigen Übung Abstand zu nehmen, waren nicht ersichtlich.

Zudem hatte die künftig entstehende Verbindlichkeit ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag 31.12.2014. Denn der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung lag in der Vergangenheit.

Beachten Sie: Das Finanzamt hatte in der mündlichen Verhandlung auf den Doppelcharakter der Mitarbeiterboni (Abgeltung der im abgelaufenen Geschäftsjahr erbrachten Leistung sowie künftige Bindung an das Unternehmen) hingewiesen. Nach Ansicht des FG Münster löst dieser Doppelcharakter aber keinen Automatismus in dem Sinne aus, dass wegen eines bestehenden Zukunftsbezugs keine wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag mehr vorliegen kann. Vielmehr sind die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte und Zielsetzungen der Mitarbeiterboni zu gewichten und hier war der Aspekt der Mitarbeiterbindung nur ein positiver Nebeneffekt.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 16.11.2022, 13 K 3467/19 F

Energiepreispauschale: Antrag für Studierende und Fachschüler ist endlich möglich

Studierende und Fachschüler können aufatmen: Denn seit dem 15.3.2023 kann die einmalige Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 200 Euro bis spätestens zum 30.9.2023 beantragt werden. Nach Informationen der Bundesregierung erfolgt die Auszahlung zügig: Das Geld ist meist innerhalb von zwei Werktagen auf dem Konto.

Knapp drei Millionen Studierende und 450.000 Schüler in Fachschulklassen und Berufsfachschulklassen können von der EPP profitieren. Für die Auszahlung ist es erforderlich, dass die jeweilige Person am 1.12.2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert bzw. an einer Berufsfachschule angemeldet war.

Die EPP unterliegt nicht der Besteuerung. Sie wird weder bei einkommensabhängigen Leistungen und Sozialleistungen noch bei Sozialversicherungsbeiträgen berücksichtigt.

Die EPP kann über eine eigens entwickelte Onlineplattform beantragt werden (www.einmalzahlung200.de/eppsg-de). Hier erhalten Studenten und Fachschüler auch zahlreiche Informationen, insbesondere zur Antragstellung.

Antragsteller benötigen einen Zugangscode, den sie von ihrer Ausbildungsstätte erhalten. Zur Anmeldung benötigen sie dann ein BundID-Konto. Um hiermit die Identität nachzuweisen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • den Online-Ausweis, wozu z. B. der Personalausweis genutzt werden kann, oder
  • das persönliche ELSTER-Zertifikat, das ggf. vorher bei der Finanzverwaltung beantragt werden muss.

Wer weder den Online-Ausweis noch ELSTER nutzen kann, erhält von der Ausbildungsstätte eine PIN zum Zugangscode, die im Antrag einzugeben ist. Für die Variante mit PIN wird ebenfalls ein BundID-Konto benötigt, wobei hier die sogenannte Basisregistrierung für das BundID-Konto mit Benutzername und Passwort genügt.

Darüber hinaus ist bei der Antragstellung eine Kontoverbindung anzugeben.

Quelle: Studierenden-Energiepreispauschalengesetz, BGBl I 2022, S. 2357; Die Bundesregierung: „Energiepreispauschale für Studierende“ mit Stand vom 29.3.2023

Einkommensteuer: Fahrtenbuchmethode: Keine Anwendung bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs

Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen (im Streitfall: Treibstoffkosten) schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH).

Hintergrund: Die Privatnutzung für einen Pkw kann nach der Ein-Prozent-Regel oder der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden. Welche Methode steuerlich günstiger ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein Fahrtenbuch bietet aber oft Vorteile, wenn

  • eine überwiegend betriebliche Nutzung des Pkw (= geringe Privatnutzung) erfolgt und
  • ein Pkw mit einem hohen Bruttolistenpreis gefahren wird.

Hohe Anforderungen an Fahrtenbuch

An ein Fahrtenbuch werden hohe Anforderungen gestellt. In der Praxis zeigt sich, dass die meisten Ansatzpunkte für Kritik am Fahrtenbuch bei nicht zeitnahen Aufzeichnungen der Fahrten, bei unschlüssigen Angaben und bei elektronischen Aufzeichnungen gegeben sind. Beanstandungen sind häufig:

  • Im Fahrtenbuch ist ein anderer Kilometerstand als auf einer Werkstatt- oder TÜV-Rechnung vom selben Tag vorhanden.
  • Bei mehrtägigen Reparaturen lt. Reparaturrechnung erfolgen weiterhin fortlaufende Eintragungen im Fahrtenbuch.
  • Die Tankbelege passen im zeitlichen und mengenmäßigen Bezug nicht zu den Kilometerangaben (z. B. laut Fahrtenbuch 2.000 km gefahren, ohne zu tanken).
  • Die Eintragungen werden über einen längeren Zeitraum mit gleichem Schriftbild und Stift getätigt („zeitnahe Eintragung“).

Das war geschehen

Eine GmbH überließ zwei Angestellten (A und B) jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur Nutzung zu privaten Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Beide Arbeitnehmer führten ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Die Fahrzeuge wurden an einer betriebseigenen Tankstelle betankt, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte.

Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH die Treibstoffkosten bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach Durchschnittswerten bzw. per Schätzung bemessen hatte. Zwar legte die GmbH die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vor; die anteiligen Treibstoffkosten je Pkw hatte sie aber nur anhand des vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit nicht durch Belege nachgewiesen. Daraufhin ermittelte das Finanzamt den geldwerten Vorteil nach Maßgabe der pauschalen Ein-Prozent-Regel.

So sahen es die Gerichte

Das Finanzgericht (FG) München erachtete die Bemessung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode dem Grunde nach als zulässig, berechnete den geldwerten Vorteil jedoch neu. Der BFH sah das aber anders.

Die Fahrtenbuchmethode ist nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn das Einkommensteuergesetz (§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG) setzt weiter voraus, dass die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachgewiesen werden.

Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags“ bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Quelle: BFH, Urteil vom 15.12.2022, VI R 44/20

Grundrentenzuschlag: Steuerbescheide der betroffenen Rentner werden automatisch korrigiert

Das Gesetz zum Grundrentenzuschlag ist bereits am 1.1.2021 in Kraft getreten. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der Grundrentenzuschlag dann gemäß Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 14a EStG) rückwirkend steuerfrei gestellt Wurde dieser im (bestandskräftigen) Einkommensteuerbescheid für 2021 als steuerpflichtig behandelt, muss kein Antrag auf Änderung des Steuerbescheids gestellt werden. Die Änderung erfolgt automatisch.

Den Grundrentenzuschlag kann nur erhalten, wer mindestens 33 Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat. Das eigene Einkommen sowie das des Ehegatten darf bestimmte Grenzen nicht übersteigen.

Beachten Sie: Der durchschnittliche Zuschlag zur Rente beträgt nach den Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 86 Euro. Die tatsächliche Höhe wird individuell berechnet.

Automatische Prüfung der Anspruchsberechtigung

Seit Juli 2021 prüft die Deutsche Rentenversicherung automatisch bei allen neuen Rentenanträgen, ob für die Antragsteller ein Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag besteht. Zeitgleich startete die Prüfung bei den Bestandsrentnern. Diese Prüfung wurde Ende 2022 abgeschlossen.

Beachten Sie: Wer Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag hat, wurde entsprechend informiert.

Weiterführende Informationen zum Grundrentenzuschlag erhalten Sie u. a. auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (unter www.iww.de/s7902) sowie auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung (unter www.iww.de/s3892).

Korrektur der Steuerbescheide

Haben Empfänger im Jahr 2021 einen Grundrentenzuschlag erhalten, wurde dieser Teilbetrag in den Rentenbezugsmitteilungen für den Veranlagungszeitraum 2021 an die Finanzverwaltung gemeldet und (mangels Steuerfreistellung) als steuerpflichtig behandelt.

Durch die rückwirkende Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlags sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dazu verpflichtet, insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilungen an das Finanzamt zu übermitteln. Sobald das Finanzamt diese geänderte Rentenbezugsmitteilung für 2021 vorliegen hat, wird der Einkommensteuerbescheid 2021 geändert und der Grundrentenzuschlag steuerfrei gestellt. Andere Änderungsvorschriften bleiben unberührt. Geregelt ist dies in § 52 Abs. 4 S. 5 bis 8 EStG.

Beachten Sie: Wegen der späten Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 im Dezember 2022 kann es nicht ausgeschlossen werden, dass auch Rentenbezugsmitteilungen für 2022 den Grundrentenzuschlag noch in der Bruttorente ausweisen. Auch hier dürften zeitnah geänderte Rentenbezugsmitteilungen an das Finanzamt übermittelt werden.

Quelle: Jahressteuergesetz 2022, BGBl I 2022, S. 2294; Grundrentengesetz, BGBl I 2020, S. 1879

Steuerermäßigung: Behindertengerechter Gartenumbau ist keine außergewöhnliche Belastung

Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbst bewohnten Einfamilienhaus gehörenden Gartens keine außergewöhnlichen Belastungen.

Eheleute bewohnen ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit Garten. Die Ehefrau leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weshalb für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, die nur durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Eheleute in eine gepflasterte Fläche umbauen und legten dort Hochbeete an.

Die Kosten machten sie als außergewöhnliche Belastungen geltend, da die Maßnahme medizinisch notwendig gewesen sei. Zudem gehöre der Garten zum existenznotwendigen Wohnbedarf. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) Münster versagten jedoch den Abzug, was der BFH bestätigte.

Bei außergewöhnlichen Belastungen müssen dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Daher sind z. B. Krankheitskosten und Aufwendungen zur Befriedigung des existenznotwendigen Wohnbedarfs grundsätzlich anzuerkennen. Obwohl die Umbaumaßnahme eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands gewesen ist, sind die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden. Denn sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern primär Folge eines frei gewählten Freizeitverhaltens.

Ganz leer gingen die Ehegatten aber nicht aus. Denn ihnen stand die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen zu (20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 Euro).

Quelle: BFH, Urteil vom 26.10.2022, VI R 25/20

Photovoltaikanlagen: Finales Schreiben der Finanzverwaltung zum neuen Nullsteuersatz

Für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz eingeführt (§ 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG)), der am 1.1.2023 in Kraft getreten ist. Hier kommt es auf die Leistungserbringung, also regelmäßig die Abnahme der Anlage an. Nur einen Monat nach dem Entwurfsschreiben hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt die finale Fassung veröffentlicht.

Unter anderem haben sich bei den Fragen zur unentgeltlichen Wertabgabe bei Altanlagen (Anschaffung/Abnahme bis zum 31.12.2022) Anpassungen ergeben. Hier wurde nun u. a. wie folgt formuliert:

Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 1.1.2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer.

Eine Entnahme des gesamten Gegenstands ist nur möglich, wenn künftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden. Dies ist aus Vereinfachungsgründen insbesondere anzunehmen, wenn ein Teil des erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Es reicht auch aus, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt.

Quelle: BMF, Schreiben vom 27.2.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010

Gestaltungsmöglichkeit: Arbeitgeber kauft das Arbeitnehmer-Handy für 1 Euro: Privatnutzung ist dennoch steuerfrei

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat folgende Gestaltung zugelassen: Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon von dem Arbeitnehmer zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und es dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.

Hintergrund: Die private Nutzung betrieblicher Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräte (z. B. Smartphone und Tablet) durch den Arbeitnehmer ist unabhängig vom Verhältnis der beruflichen zur privaten Nutzung steuerfrei. Geregelt ist dies im Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 45 EStG). Die Steuerfreiheit umfasst auch die Nutzung von Zubehör (z. B. Ladekabel) und Software sowie die vom Arbeitgeber getragenen Verbindungsentgelte.

Beachten Sie: Die Steuerbefreiung führt zudem zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.

Profitieren können alle Arbeitnehmer. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Voll- oder Teilzeitkräfte, Aushilfen oder Auszubildende handelt. Selbst Minijobber können ein steuer- und beitragsfreies Smartphone erhalten ohne Anrechnung auf die 520 Euro-Grenze.

Voraussetzung für die Steuer- und Beitragsfreiheit ist, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein entsprechendes Gerät überlässt. Das Eigentum muss demzufolge beim Arbeitgeber liegen.

Gestaltungsbeispiel

Der Arbeitgeber kauft das Handy des Arbeitnehmers zu einem nicht marktüblichen Preis (z. B. 1 Euro) und stellt es dem Arbeitnehmer anschließend zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Verbindungsentgelte des Arbeitnehmers werden nach dem Kauf vom Arbeitgeber übernommen.

Finanzverwaltung: Kaufvertrag hält Fremdvergleich nicht stand

Bei diesen Sachverhalten gewährte die Finanzverwaltung bisher keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG. Die Begründung: Der Kaufvertrag würde einem Fremdvergleich nicht standhalten. Somit würde es sich bei der Zurverfügungstellung des Mobiltelefons nicht um ein betriebliches Telekommunikationsgerät des Arbeitgebers handeln.

Bundesfinanzhof: Weder Scheingeschäft noch missbräuchliche Gestaltung

Der BFH hat dies nun allerdings anders beurteilt. Nach seiner Auffassung liegt weder ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)) noch ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (im Sinne von § 42 AO) vor.

Auch nach Fremdvergleichsgrundsätzen ist die Gestaltung nicht zu versagen. Denn neben dem vereinbarten Kaufpreis erlangt der Arbeitnehmer den Vorteil, dass der Arbeitgeber ihm die Kosten des jeweiligen Mobilfunkvertrags erstattet und das Risiko bei Reparaturen, Beschädigungen oder Zerstörung der Geräte trägt.

Quelle: BFH, Urteile vom 23.11.2022, VI R 49/20

Freibeträge: Gilt eine zivilrechtliche Vorversterbensfiktion auch erbschaftsteuerlich?

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat sich zu dem Begriff „Verstorbener“ im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes (hier: § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) geäußert. Dabei hat es hervorgehoben, dass die durch einen Erbverzicht ausgelöste Vorversterbensfiktion nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag führt.

In § 16 ErbStG werden die erbschaftsteuerlichen Freibeträge geregelt. Enkeln („Kinder der Kinder“) steht ein Freibetrag i. H. v. 200.000 Euro zu. Anders ist es jedoch, wenn die Kindergeneration zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben ist. Dann steht auch Enkeln der Freibetrag i. H. v. 400 000 Euro zu.

Zivilrechtlich besteht die Möglichkeit, durch einen Erbvertrag auf sein gesetzliches Erbrecht zu verzichten. Folge ist, dass der Verzichtende von der gesetzlichen Erbfolge so ausgeschlossen ist, als wenn er zurzeit des Erbfalls nicht mehr lebte. Er hat auch kein Pflichtteilsrecht. Dieser Erbverzicht erstreckt sich auch auf die Abkömmlinge. Dies kann aber ausgeschlossen werden.

In diesem Zusammenhang hat das Niedersächsische FG nun entschieden, dass „verstorben“ nicht ist, wer lediglich zivilrechtlich aufgrund eines Erbverzichts als vorverstorben gilt, aber tatsächlich noch lebt. Die durch einen Erbverzicht ausgelöste Vorversterbensfiktion führt also nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Zu dem Fall ist allerdings die Revision anhängig (BFH II R 13/22).

Quelle: Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.2.2022, 3 K 176/21

Reform der Grundsteuer: 78 % aller Grundsteuer-Erklärungen abgegeben

Nach Informationen der Bundesregierung wurden 77,68 % aller Grundsteuer-Erklärungen bis Ende Februar 2023 abgegeben.

Die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung war bereits Ende Januar 2023 abgelaufen; nur in Bayern wurde eine dreimonatige Verlängerung gewährt. Die Reform der Grundsteuer war nach einem Verfassungsgerichtsurteil notwendig geworden. Zur Reform gehört, dass alle rund 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Nun werden die Grundeigentümer, die bisher keine Erklärung abgegeben haben, zur Abgabe aufgefordert.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib 148/2023 vom 1.3.2023

Privates Veräußerungsgeschäft: Achtung Steuerfalle: vorherige teilweise Vermietung

Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist (10 Jahre) verkauft, unterfällt der Gewinn insoweit der Besteuerung, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt. Dieses steuerzahlerunfreundliche Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) ausgesprochen.

Hintergrund: Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns eines innerhalb des Zehnjahreszeitraums veräußerten Grundstücks wird vermieden, wenn das Wirtschaftsgut im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Dies regelt das Einkommensteuergesetz (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG).

Das war geschehen

Ehegatten kauften 2011 ein Reihenhaus (ca. 150 qm Wohnfläche), das sie mit ihren Kindern bewohnten. 2012 bis 2017 vermieteten sie einzelne Zimmer im Dachgeschoss tageweise (konkret zwischen 12 und 25 Tagen pro Jahr) an Messegäste und erzielten daraus Vermietungseinkünfte.

2017 verkauften die Eheleute die Immobilie. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn wegen der zeitweise erfolgten Vermietung einzelner Zimmer teilweise der Besteuerung. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen teilte diese Sichtweise jedoch nicht. Beurteilungsobjekt sei das gesamte Gebäude als Wirtschaftsgut. Die zeitweise Vermietung des Dachgeschosses führe nicht dazu, dass hinsichtlich des Dachgeschosses innerhalb des Gebäudes ein selbstständiges Wirtschaftsgut entstehe, das gesondert zu betrachten wäre. Die Freude der Eheleute währte (leider) nicht lange. Denn der BFH hob die Entscheidung des FG auf.

Bundesfinanzhof: Es gibt keine Bagatellgrenze

Nach Ansicht des BFH ist der Gewinn aus der Veräußerung insoweit nicht von der Einkommensbesteuerung ausgenommen, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt. Denn eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte besteht nicht.

Beachten Sie: Maßstab für die Ermittlung des anteilig steuerbaren Veräußerungsgewinns ist das Verhältnis der Wohnflächen zueinander (durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnfläche zu vorübergehend zu fremden Wohnzwecken überlassener Wohnfläche). In diesem Zusammenhang ist auf die Wohn- und nicht auf die Nutzflächen abzustellen, weil § 23 EStG die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken privilegiert.

Häusliches Arbeitszimmer unschädlich

Deutlich positiver ist die Sichtweise beim häuslichen Arbeitszimmer. Denn wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn auch insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt. Dies hat der BFH im Jahr 2021 entschieden.

Quelle: BFH, Urteil vom 19.7.2022, IX R 20/21