Wettbewerbsverstoß: Wettbewerbsrechtliche Haftung für Affiliate-Partner

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Der Betreiber eines Affiliate-Programms, also eines Partnerprogramms, das eine Schnittstelle zwischen Verkäufer- und Websitebetreiber herstellt, haftet nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt.

Das war geschehen

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „Amazon“ beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sogenannten Affiliates, frei, auf der eigenen Website Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil vom Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Website, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, u. a. für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates zuzurechnen sei, auf Unterlassung verklagt.

So sahen es die gerichtlichen Instanzen

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers lägen nicht vor.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der sog. „innere Grund“ für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Website des Affiliates fehlte es an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten und damit am „inneren Grund“ der Zurechnung.

Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen , deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren.

Beklagte hatte eigenen Geschäftsbetrieb nicht erweitert

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.1.2023, I ZR 27/22, PM 18/23 vom 26.1.2023