Stadt Berlin: Vorerst kein Rückbau von Pop-up-Radwegen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat entschieden: Die temporären Radfahrstreifen (sog. Pop-up-Radwege) im Berliner Stadtgebiet müssen vorerst nicht zurückgebaut werden. Damit hat es auf die Beschwerde des Landes Berlin den Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin vom 4.9.2020 aufgehoben, dessen Vollziehung bereits im Oktober 2020 vorläufig ausgesetzt worden war.

Voraussetzungen für die Anordnung von Radwegen

Das VG hatte dem Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der Radfahrstreifen stattgegeben, weil die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen nicht hinreichend dargelegt hatte. Radwege dürften nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Im Beschwerdeverfahren hat die zuständige Senatsverwaltung erstmals die erforderliche Gefahrenprognose durch Verkehrszählungen, Unfallstatistiken u.ä. belegt sowie die straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen durch verkehrsbezogene Ermessenserwägungen ergänzt.

Sicherheitsgründe: Trennung von Rad- und Kraftfahrzeugverkehr

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das OVG u.a. ausgeführt: Unter Berücksichtigung der nun vorgelegten Unterlagen sei der Beschluss des VG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft. Der Antragsgegner habe jetzt zutreffend auf die Kriterien der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen abgestellt, um die Gefahrenlagen anhand der jeweils ermittelten Verkehrsstärken im Verhältnis zu den gefahrenen Geschwindigkeiten beurteilen zu können. Danach seien die maßgeblichen Straßenzüge überwiegend den Belastungsbereichen III oder IV zuzuordnen, bei denen eine Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen gefordert sei. Dieser öffentliche Belang überwiege die privaten Interessen des Antragstellers.

Minimale Fahrzeitverlängerung eines Autofahrers

Als eigenen Belang habe er nur pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht wie gewohnt durch die Stadt bewegen zu können. Die von ihm zum Nachweis der behaupteten Fahrzeitverlängerung im Beschwerdeverfahren nachgereichten Zahlen bezögen sich auf das gesamte Land Berlin und das Jahr 2019. Sie seien daher bereits im Ansatz ungeeignet, Stauzeiten durch die erst im Frühjahr 2020 angelegten Radfahrstreifen auf den hier maßgeblichen Straßenabschnitten zu belegen. Nach den vom Antragsgegner für die konkreten Straßenabschnitte eingereichten Unterlagen verlängerten sich die Fahrtzeiten nur minimal. Dies sei vom Antragsteller bis zur Entscheidung über seine Klage hinzunehmen.

Der Beschluss ist unanfechtbar. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6.1.2021, OVG 1 S 115/20; PM 1/21 vom 6.1.2021)