Reiserecht: 1,3 Kilometer sind nicht nur „wenige Gehminuten“ von wunderschönen Stränden entfernt

Ein Hotel mit einem Fußweg von ca. 1,3 Kilometern befindet sich nicht „nur wenige Gehminuten“ von wunderschönen Stränden entfernt. So hat es das Amtsgericht (AG) München jetzt klargestellt. Es läge daher ein Reisemangel vor.

Es ging um die Erstattung von Kosten eines Ersatzhotels und Schadenersatz

Das AG verurteilte einen Reiseveranstalter zur Erstattung von Kosten eines Ersatzhotels und Schadenersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 1.795 Euro. Die Klägerin hatte für sich und ihre neunjährige Tochter bei der Beklagten eine Rundreise durch Costa Rica gebucht. Die Rundreise sollte einen Aufenthalt von 4 Nächten in einem Boutique-Hotel an der Pazifikküste beinhalten.

Tatsächlich 25 Gehminuten zum Strand

Die Klägerin bemängelte, das Hotel sei mit den Worten „nur wenige Gehminuten von den besten Restaurants und wunderschönen Stränden [..] entfernt“ beschrieben worden. Dies habe nicht der Realität entsprochen. An der Rezeption sei ihr mitgeteilt worden, dass man ein Taxi nehmen müsse, um den Strand zu erreichen, da dieser 25 Gehminuten entfernt läge. Die Klägerin wandte sich daraufhin an die lokale Ansprechpartnerin der Reiseveranstalterin und buchte in Abstimmung mit dieser über eine Buchungsplattform auf eigene Kosten ein Ersatzhotel. Mit ihrer Klage machte die Klägerin Ersatz der verauslagten Kosten für die Buchung des Ersatzhotels in Höhe von 733 Euro sowie Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit wegen eines verlorenen Urlaubstages aufgrund des Hotelwechsels in Höhe von 1.062 Euro geltend.

Entfernung zugesichert?

Die Beklagte behauptete, es sei nie eine bestimmte Entfernung oder Gehzeit zum Strand zugesichert worden. Tatsächlich sei der Strand in ca. 15 Minuten zu erreichen.

Das AG gab der Klägerin in vollem Umfang Recht und führte in den Entscheidungsgründen aus, dass das Hotel aufgrund seiner Entfernung zum Strand mangelhaft sei. Zwischen den Parteien sei zwar umstritten, wie lange der Fußweg vom Hotel zum Strand dauerte. Es sei allerdings unstreitig, dass der nächstgelegene Strand des Hotels einen Fußweg von 1,3 km entfernt war. Im Rahmen der Auslegung dieses vertraglich vereinbarten Merkmals „wenige Gehminuten“ müsse auch berücksichtigt werden, dass es sich bei der gebuchten Reise um eine Reise im Hochpreissegment handelte, wurden doch für 12 Tage knapp 9.000 Euro ausgegeben exklusive Flügen. Die Beklagte, die selbst damit wirbt, „unvergessbare Luxusreisen“ anzubieten, müsse sich insofern an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen. Nach Überzeugung des Gerichts seien bei einer hochpreisigen Luxusreise „wenige Gehminuten“ eine Zeit, die bei normalem Gehtempo regelmäßig fünf Minuten nicht überschreite.

„Wenige Gehminuten“ = maximal 5 Minuten!

Die unstreitige Entfernung zum Strand von 1,3 km könne jedoch nur dann (noch) in fünf Minuten zurückgelegt werden, wenn eine Gehgeschwindigkeit von etwa 15,6 km/h eingehalten werden würde, was selbst für erfahrene Läufer ein ambitioniertes Tempo darstelle. Vor dem Hintergrund, dass der Beklagten bei der Reiseplanung bekannt war, dass die Klägerin mit einem neunjährigen Kind reiste passte sie doch ihr Freizeitprogramm kindgerecht an könne das Einhalten eines solchen Tempos nicht vorausgesetzt werden.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 22.11.2023, 242 C 13523/23, PM 20/24