Markenrechtsstreit: Kunstfreiheit: Luxus-Handtaschen nur eingeschränkt geschützt
Ein Berliner Modelabel stellt unter anderem Kleider, Röcke, Tops und Taschen her, die charakteristische Merkmale der besagten Luxus-Handtasche aufweisen. Das Label führte diese Modekreationen auf einer Fashionshow vor und bewarb die dortigen Darbietungen im Internet sowie auf sozialen Netzwerken. Die Herstellerin der Luxus-Tasche hat vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main verlangt, dem Berliner Modelabel diese Darstellungen zu untersagen ohne Erfolg.
Prägende Merkmale der Handtaschen (nur) Teil einer Inszenierung?
Die Designerinnen des Berliner Labels hatten sich auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit berufen. Ihre Modekreationen, in denen die prägenden Merkmale der Luxus-Handtasche aus dem Modekonzern der Antragstellerin gespiegelt werden, seien Teil einer Inszenierung. Es solle damit unter anderem auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von sog. „Sugar Daddys“ schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus.
Abwägung erforderlich
Das LG entschied in zwei Beschlüssen vom 19.9.2023, die Antragstellerin könne sich nicht mit Erfolg auf europäischen Markenrechtsschutz berufen. Es sei im vorliegenden Fall eine Abwägung erforderlich zwischen dem Eigentumsrecht der Herstellerin der Luxus-Handtasche und der Kunstfreiheit der Antragsgegnerin. Auch die Beschäftigung mit einer Marke kann von der Kunstfreiheit erfasst sein, meint das LG. Das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse der Antragsgegnerin an der Darbietung ihrer Fashionshow überwiege im vorliegenden Fall.
Die Antragsgegnerin wolle mit ihren Kleidern und Taschen darauf hinweisen, dass Frauen von Männern zum Objekt degradiert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen würden. Nach ihrer Ansicht würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen. Sie würden Männer als „menschliche Bank“ für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von ihnen Luxus-Taschen schenken ließen. „In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. (…) Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung“, erklärte die Kammer in ihrem Beschluss.
Keine Herabwürdigung der Marke
Das LG: Die Marke der Antragstellerin werde weder verunglimpft noch herabgesetzt. Vielmehr diene sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern. Die Anlehnung an die Luxus-Handtasche der Antragstellerin sei dabei nur ein Teil der gesamten Inszenierung.
Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
Quelle: LG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 19.9.2023, 2-06 O 532/23 und 2-06 O 533/23, PM vom 12.10.2023