Unfallreparatur: Höhere Reparaturkosten als im Gutachten prognostiziert

Bemerkt die Werkstatt bei einem Haftpflichtschaden während der Reparatur, dass es Erschwernisse gibt, die den Schaden erweitern, muss der Versicherer die erhöhten Reparaturkosten erstatten, wenn dann abermals der Schadengutachter hinzugezogen wird, der den neuen Umstand bestätigt.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Arnsberg. Es wies darauf hin, dass das Prognoserisiko zulasten des Schädigers gehe. Wichtig ist dabei aber, dass der Schadengutachter bestätigt, dass die Reparaturerweiterung notwendig war. Dann ist die Erstattungspflicht des Versicherers in jedem Fall gegeben. Hier rutschte der Schaden sogar in den 130-Prozent-Bereich. Das machte aber nichts aus, denn es wurde vollständig und fachgerecht repariert und die sechsmonatige Behaltenotwendigkeit war auch erfüllt. (Amtsgericht Arnsberg, Urteil vom 11.10.2017, 12 C 408/16)

Schadenabwicklung: Prüfbericht des VR ist ohne Relevanz

Ein Prüfbericht, der noch dazu ohne jegliche Besichtigung des beschädigten Fahrzeugs erstellt wird, ist nicht geeignet, die durch das Schadengutachten festgestellte Reparaturnotwendigkeit in Zweifel zu ziehen, entschied das AG Ebersberg.

Über das Grundsätzliche hinaus war für den Richter auffällig, dass er selbst auf den Schadenbildern Schäden erkennen konnte (Nummernschild), die der Prüfbericht verneinte. (AG Ebersberg, Urteil vom 16.10.2017, 9 C 593/17)

Datenschutz: Kameras am Auto können teuer werden

Wer sein Fahrzeug mit einer Videokamera ausstattet und dauerhaft den Verkehrsraum um das parkende Fahrzeug aufnimmt, verstößt gegen das Bundesdatenschutzgesetz und kann mit einem Bußgeld belegt werden.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Dort wurde sie wegen vorsätzlicher unbefugter Erhebung und Verarbeitung und Bereithaltung von personenbezogenen Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, zu einer Geldbuße von 150 EUR verurteilt.

Sie hatte ihren Pkw BMW X1 für mehrere Stunden in der Innenstadt von München geparkt. Das Fahrzeug war vorne und hinten mit einer Videokamera ausgestattet. Die Kameras fertigten laufend Videoaufzeichnungen des Verkehrsraums vor und hinter dem Fahrzeug. Diese Aufzeichnungen wurden gespeichert. Auf diese Weise wurden mindestens drei andere Fahrzeuge, die sich vor oder hinter dem Straßenraum des geparkten Fahrzeugs befanden, aufgezeichnet. Die Videoaufzeichnungen hatte die Frau der Polizei übergeben, da ein anderes Fahrzeug ihr geparktes Fahrzeug gestreift und beschädigt hat. Sie wollte die Videoaufzeichnungen als Beweismittel vorlegen.

Daraufhin wurde gegen die Frau ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Es erging ein Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Hiergegen legte die Frau Einspruch ein. Sie ist der Meinung, dass durch die Aufnahme von Autokennzeichen keine schützenswerten Daten erhoben und gespeichert worden seien. Es sei ihr nur darauf angekommen, potenzielle Täter einer Sachbeschädigung am Pkw ermitteln zu können. Die einzelnen Fahrer der entsprechenden vor oder hinter dem Pkw parkenden Autos seien nicht erkennbar gewesen.

Das Amtsgericht beurteilte ihr Verhalten als vorsätzliche Ordnungswidrigkeit. „Nach Auffassung des Gerichtes überwiegt hier im vorliegenden Fall das Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung. Das Interesse der Betroffenen an der Aufdeckung von einer potenziellen Straftat muss hierbei zurückstehen. Das permanente anlasslose Filmen des vor und hinter dem geparkten Fahrzeug befindlichen Straßenraums verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und stellt einen schwerwiegenden Eingriff in dieses Recht dar. Es geht nicht an, dass 80 Millionen Bundesbürger mit Kameras herumlaufen, um irgendwelche Situationen aufnehmen zu können, die eine Straftat aufdecken könnten. Eine permanente Überwachung jeglichen öffentlichen Raumes durch Privatbürger ist nicht zulässig. Dies greift in das Recht unbeteiligter Personen in schwerwiegender Weise ein, selbst bestimmen zu können, wo und wann man sich aufhält, ohne dass unbeteiligte Personen dies dokumentieren und bei Behörden verwenden würden“, so das Urteil.

Das Gesetz sieht eine Geldbuße bis zu 300.000 EUR vor. Bei der Höhe hat das Gericht zugunsten der Frau berücksichtigt, dass ihr Fahrzeug offenbar in der Vergangenheit schon einmal beschädigt worden ist und sie subjektiv einen Anlass hatte, die Kameras einzusetzen. (Amtsgericht München, Urteil vom 9.8.2017, 1112 OWi 300 Js 121012/17)

Fahruntauglichkeit: Nach einer Krankenhausbehandlung mit Medikamenten ist eine „Trunkenheitsfahrt“ möglich

Fahrfehler unter Lorazepamkonzentration im Blut führen zu relativer Fahruntauglichkeit. Wer unter Einfluss dieser Substanz einen Pkw lenkt, muss mit einem Führerscheinentzug rechnen.

Das zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts München. Betroffen war eine 28-jährige Frau. Sie war am 18.8.16 mit ihrem Pkw unterwegs, obwohl sie fahruntüchtig war. Dabei fuhr sie ungebremst auf den verkehrsbedingt stehenden Pkw des Verletzten auf. Der Schaden an dem fremden PKW betrug ca. 11.000 EUR. Eine Blutprobe ergab eine Konzentration von 7,3 Mikrogramm pro Liter Lorazepam im Blut. Die Frau war zuvor in der Notaufnahme eines Münchener Klinikums, wo sie sich wegen Schmerzen behandeln ließ. Der Notfallaufnahmearzt verschrieb ihr einen Schmerzcocktail, sagte ihr aber nicht, dass sie nicht mehr Autofahren soll. Sie wollte daraufhin mit ihrem Pkw nach Hause fahren.

Gegen die Frau wurde ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung erlassen. Sie sollte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40 EUR zahlen (zusammen also 2.000 EUR). Außerdem wurde ihr die Fahrerlaubnis für 12 Monate entzogen und der Führerschein eingezogen. Gegen diesen Strafbefehl hatte sie Einspruch erhoben.

Noch während der Sitzung sah sie ihr Unrecht ein und nahm den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück. „Es fiel mir schwer zu fahren, ich dachte, es würde gehen. Ich sah doppelt. Ich habe solche Zustände nicht oft. Das war das erste Mal, dass ich doppelt sah. Ich glaube, es war wegen der Medikamente, dass ich doppelt sah.“, sagte sie in der Sitzung. Der Strafbefehl ist damit rechtskräftig. (Amtsgericht München, Urteil vom 6.9.2017, 912 Cs 421 Js 106234/17)

Sachverständigenhonorar: Fahrtkosten des Schadengutachters sind auch bei fahrfähigem Fahrzeug erstattungsfähig

Auch wenn das beschädigte Fahrzeug noch fahrfähig und verkehrssicher ist, muss der Geschädigte nicht zum Schadengutachter fahren. Er darf, weil das üblich ist, das Fahrzeug in der Werkstatt begutachten lassen.

So sieht es das Amtsgericht Landshut. Hierfür spreche, dass Schadengutachter oft nicht die notwendige Ausrüstung hätten, insbesondere keine Hebebühne. Der Geschädigte sei auch nicht verpflichtet, zuvor den Markt zu erkunden, welcher Schadengutachter ausreichend ausgerüstet ist. Der Geschädigte verstößt somit nicht gegen seine Schadenminderungspflicht, nur weil Fahrtkosten des Gutachters angefallen sind. Aber: Er muss einen ortsnahen Sachverständigen auswählen. (Amtsgericht Landshut, Urteil vom 10.10.2017, 4 C 1245/17)

Fahrverbot: Blasenschwäche schützt bei Geschwindigkeitsüberschreitung i.d.R. nicht vor Fahrverbot

Wer infolge einer schwachen Blase plötzlich starken Harndrang verspürt und deswegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit so überschreitet, dass nach der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ein Regelfahrverbot zu verhängen ist, ist regelmäßig auch mit dem Fahrverbot zu belegen. Ob die durch eine Blasenschwäche hervorgerufene Situation ausnahmsweise ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigt, hat der Bußgeldrichter im Einzelfall festzustellen.

Auf diese Rechtslage hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hingewiesen. Der Betroffene hatte die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h überschritten. Dafür erhielt er eine Geldbuße von 80 EUR. Außerdem verhängte die Behörde ein einmonatiges Fahrverbot, weil der Betroffene bereits vier Monate zuvor eine ähnliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte.

Der Betroffene trug vor, dass er nach einer Prostataoperation nur noch über eine eingeschränkte Kontinenz verfüge. Er habe während der Fahrt einen starken, schmerzhaften Harndrang verspürt. Daher sei er nur noch darauf fokussiert gewesen, „rechts ran fahren“ zu können. Aufgrund des dichten Verkehrs auf der Bundesstraße habe er allerdings zunächst keine Gelegenheit zum Anhalten finden können. Das Amtsgericht sah in dieser Argumentation keinen Grund, vom Fahrverbot abzusehen.

Mit seiner Rechtsbeschwerde war der Betroffene – vorläufig – erfolgreich. Die Richter am OLG haben das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Begründung des angefochtenen Urteils sei mangelhaft. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein sehr starker Drang zur Verrichtung der Notdurft, der durch eine besondere körperliche Disposition des Betroffenen bedingt und der ursächlich für die Geschwindigkeitsüberschreitung sei, einen Grund darstellen könne, vom Regelfahrverbot abzusehen. Dies sei aber keineswegs der Normalfall. Ein bestimmter körperlichen Zustand reiche noch nicht aus. Das würde dem Betroffenen einen „Freibrief“ für pflichtwidriges Verhalten im Straßenverkehr geben. Dieser müsse vielmehr seine Fahrt entsprechend planen. Er müsse gewisse Unwägbarkeiten (wie etwa Stau, Umleitungen etc.) in seine Planungen einstellen. Zudem müsse er entsprechende Vorkehrungen treffen oder ggf. auf anfänglich aufgetretenen Harn- oder Stuhldrang rechtzeitig reagieren, damit ihn ein starker Drang zur Verrichtung der Notdurft nicht zu pflichtwidrigem Verhalten verleite. Ausgehend hiervon müsse der Bußgeldrichter die näheren Umstände einer solchen Fahrt auch bei seiner Entscheidung abwägen. Das sei im vorliegenden Urteil nicht erkennbar gewesen.

Bei der erneuten Verhandlung müsse der Tatrichter die Umstände berücksichtigen, unter denen sich der Betroffene zu der Fahrt entschlossen habe. Er müsse klären, wie der Betroffene auf seinen Harndrang während der Fahrt habe reagieren können. Weiter müsse er prüfen, ob das Auftreten eines dringenden Harndrangs eine Situation sei, in welche der Betroffene häufiger komme. In diesem Fall müsse er sich hierauf entsprechend einstellen. Es würde das Maß seiner Pflichtwidrigkeit geradezu erhöhen, wenn er gleichwohl ein Fahrzeug führe, obwohl er wegen quälenden Harndrangs so „abgelenkt“ gewesen sei, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht mehr habe beachten können. (OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2017, 4 RBs 326/17)

Fahrverbot: Knapp über der Promillegrenze ist auch zuviel

Jeder Autofahrer weiß es: Ab 0,5 Promille Alkohol im Blut wird es kritisch – Bußgeld, Fahrverbot oder gar der Entzug der Fahrerlaubnis sind fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie aber ist es, wenn der Grenzwert nur ein klitzekleines bisschen überschritten ist? Kann man darauf hoffen, dass das Gericht dann ein Auge zudrückt nach dem Motto: Fast nüchtern ist so gut wie ganz nüchtern?

Keineswegs, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg zeigt. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Autofahrer 0,54 Promille Alkohol im Blut. Das nahm das zunächst entscheidende Amtsgericht zum Anlass, das im Bußgeldbescheid noch verhängte Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße wegfallen zu lassen. Zu Unrecht, wie das OLG Bamberg nunmehr befand. Das Gericht verwies darauf, dass bei Ordnungswidrigkeiten nach § 25a StVG, also beim Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr, regelmäßig ein Fahrverbot zu verhängen ist. Angesichts des höheren Unrechtsgehalts und der Gefährlichkeit einer derartigen Ordnungswidrigkeit verstehe sich die grundsätzliche Angemessenheit eines Fahrverbots regelmäßig von selbst, argumentierten die Richter. Da sie auch sonst keine schwerwiegenden Gründe für einen Wegfall des Fahrverbots erkennen konnten, hoben sie das Urteil des Amtsgerichts auf. Dieses muss nun neu entscheiden.

Fazit: Das Herantrinken an Promillegrenzen ist für Autofahrer gefährlich. Wer gerade zur Weihnachtszeit ganz sicher gehen will, lässt die Finger entweder vom Glühwein oder vom Autoschlüssel. (OLG Bamberg, Urteil vom 29.10.2012, 3 Ss OWi 1374/12)

Nutzungsausfallschaden: Wer kein Geld zur Schadenbeseitigung hat, darf warten

Wenn der Geschädigte kein Geld für die Werkstattkosten hat, darf er die Regulierung durch den Versicherer abwarten, bevor er reparieren lässt. Das gilt auch, wenn sich daraus ein langer Zeitraum ergibt. Voraussetzung ist aber, dass er dies dem Versicherer vorher ausdrücklich mitgeteilt hat.

So entschied es das Amtsgericht Leer im Fall eines Unfallgeschädigten, der für die Reparatur des Fahrzeugs kein eigenes Geld übrig hatte. Die Kreditfrage hatte sich wegen bereits laufender Kredite nicht gestellt. Der Versicherer hatte sich auf den Standpunkt gestellt, der Geschädigte habe den Unfall selbst verursacht. Etwa zehn Monate nach dem Unfall hat das Amtsgericht Leer mit diesem Urteil entschieden, dass der Unfallgegner und damit der Versicherer die volle Verantwortung für den Unfall tragen. Mit dem Urteil stellte das Amtsgericht auch fest, dass der Geschädigte Anspruch auf die Nutzungsausfallentschädigung bisher und bis zur Fertigstellung des nicht mehr fahrfähigen Fahrzeugs habe. Das waren mehr als 300 Tage. (Amtsgericht Leer, Urteil vom 10.7.2017, 070 C 1166/16)

Internet: Fahrerbewertungsportal muss geändert werden

Das Internetportal „www.fahrerbewertung.de“ ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung datenschutzrechtlich unzulässig.

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen entschieden und damit die Anordnungen der NRW-Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zur Umgestaltung der Plattform bestätigt.

Die Klägerin betreibt ein Online-Portal, mit dem das Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern unter Angabe des Kfz-Kennzeichens im Wesentlichen anhand eines Ampelschemas (grün = positiv, gelb = neutral, rot = negativ) bewertet werden kann. Die abgegebenen Bewertungen können von jedermann ohne Registrierung eingesehen werden. Die Landesbeauftragte für Datenschutz sieht darin einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Sie gab der Klägerin unter anderem auf, die Plattform so umzugestalten, dass nur noch der jeweilige Halter oder die jeweilige Halterin eines Fahrzeugs die dafür abgegebenen Bewertungen einsehen kann und sich zu diesem Zweck zuvor registrieren muss. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung haben die Richter im Wesentlichen ausgeführt: Das Bundesdatenschutzgesetz sei vorliegend anwendbar. Die zu bestimmten Kfz-Kennzeichen abgegebenen Bewertungen seien personenbezogene Daten. Im Rahmen der Abwägung überwiege das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Kraftfahrzeughalter gegenüber den Interessen der Klägerin sowie der Nutzer des Portals. So sei eine vollständig anonyme Bewertung von in der Regel privat motiviertem Verhalten für eine unbegrenzte Öffentlichkeit einsehbar. Dem stünden keine gewichtigen Interessen der Klägerin und der Portalnutzer entgegen. Insbesondere das Ziel, die Fahrer zur Selbstreflexion anzuhalten, könne auch unter Geltung der Anordnungen erreicht werden. (OVG NRW, Urteil vom 19.10.2017, 16 A 770/17)

EU-Führerschein: MPU-Pflicht nach Alkoholfahrt entfällt nicht bei Erneuerung einer spanischen Fahrerlaubnis

Wird eine spanische Fahrerlaubnis erneuert, entfällt dadurch nicht die Pflicht, nach einer Alkoholfahrt und der Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, das belegt, dass der Autofahrer inzwischen zwischen Alkoholkonsum und Autofahren hinreichend trennen kann.

So entschied es der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg im Fall eines Deutschen, der sich seit 1992 überwiegend in Spanien aufhält. Er erwarb 1992 in Spanien eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B. Diese Fahrerlaubnis wurde ihm 2009 vom Amtsgericht Karlsruhe-Durlach wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 2,12 Promille für das Bundesgebiet entzogen. Nach Ablauf der vom Amtsgericht verhängten Sperrfrist für eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde der spanische Führerschein des Klägers in Spanien mehrmals erneuert. In Spanien sind Führerscheine – abhängig vom Lebensalter des Inhabers – zehn, fünf oder zwei Jahre gültig. Bei Ablauf der Gültigkeitsdauer wird der Führerschein erneuert, wenn ein vorgeschriebener Gesundheitstest bestanden worden ist. Wegen der im Recht der Europäischen Union verankerten Pflicht der Mitgliedstaaten, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheine „ohne jede Formalität“ anzuerkennen, vertrat der Kläger gegenüber der deutschen Fahrerlaubnisbehörde den Standpunkt, dass er infolge der Erneuerung seines spanischen Führerscheins wieder berechtigt sei, in Deutschland ein Kraftfahrzeug zu führen. Die deutsche Fahrerlaubnisbehörde sah das jedoch anders. Sei meint, dass er von seiner spanischen Fahrerlaubnis im Inland erst wieder Gebrauch machen darf, wenn er durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten belegt hat, dass er inzwischen in der Lage sei, Alkoholkonsum und Autofahren hinreichend voneinander zu trennen.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe folgte dieser Rechtsauffassung und hat die Klage abgewiesen. Der VGH hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Richter begründen ihre Entscheidung unter anderem damit, dass unionsrechtlich ein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein nur dann „ohne jede Formalität“ von Deutschland anzuerkennen sei, wenn der ausstellende Mitgliedstaat unionsrechtlich verpflichtet gewesen sei, sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu prüfen. Dies sei aber nicht der Fall, wenn ein Führerschein der Klassen A und B bei Ablauf der Gültigkeit erneuert werde. Vielmehr könne jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang er die Erneuerung eines Führerscheins von bestimmten Tests oder Kursen abhängig mache. Die bloße Erneuerung eines Führerscheins tauge daher – anders als das bei einer Neuerteilung der Fall ist – nicht als Beweis dafür, dass sein Inhaber nach der Fahrerlaubnisentziehung seine Fahreignung wiedererlangt habe.

(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.6.2017, 10 S 1716/15)