Bauplanungsrecht: Eine Senioren-WG ist im reinen Wohngebiet zulässig
Haben Bewohner einer Senioren-WG eigene Miet- und Pflegeverträge, ist dies eine im reinen Wohngebiet zulässige Wohnform. Nutzen mehrere, teils an Demenz erkrankte Senioren intensiv ein Einfamilienhaus, ist die Eigenart des reinen Wohngebiets gewahrt, wenn nur geringfügig mehr Belästigungen oder Nachteile entstehen, als würde eine Familie mit mehreren Kindern dort wohnen.
So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt. Strittig war, ob ein Wohnhaus – genutzt als Heim – in einem reinen Wohngebiet möglich sei. Darin leben 8 bis 9 ältere Personen, die jeweils einen Mietvertrag geschlossen und sich jetzt als „Wohngemeinschaft P“ bezeichneten. Jede Person hat ein eigenes möbliertes Zimmer. Die Mieter können Gemeinschaftsräume (Küche, Wohnzimmer, Badezimmer, Terrasse) sowie einen Garten nutzen. Die Mieter hatten auch jeweils einen individuellen Pflegevertrag.
Dies war hier für das VG ausreichend, da in Altenwohnheimen der Wohncharakter eindeutig im Vordergrund steht. Den Bewohnern würden zwar nicht mehr alle, aber doch wesentliche mit der Führung autonomen häuslichen Lebens verbundene Möglichkeiten verbleiben. Für die rechtliche Beurteilung maßgebend war hier die BauNVO von 1977. Da sowohl bei Altenwohnheimen als auch bei Altenheimen der Wohncharakter im Vordergrund steht, sind diese als „Wohnformen“ in einem reinen Wohngebiet i. S. d. BauNVO 1977 zulässig. Anders wäre dies bei einem Altenpflegeheim gewesen. Diese nehmen von vornherein oder voraussehbar auf Dauer pflegebedürftige alte Menschen auf. Hier tritt das Wohnelement stark hinter dem Versorgungs-, Pflege- und Betreuungscharakter der Einrichtung zurück, sodass städtebaulich das Wohngebäude nicht i. S. d. BauNVO 1977 einzustufen wäre. (VG Neustadt, Urteil vom 18.6.2018, 3 K 575/17.NW)