Außerordentliche Kündigung: Man sieht sich immer zweimal im Leben

Ein Arbeitnehmer hatte im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich von ihm trennen zu wollen, vom Unternehmensserver Daten in erheblichem Umfang gelöscht, nachdem er sich von einer Mitarbeiterin mit den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“ verabschiedet hatte. Dies rechtfertigt die außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das sagt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg.

Ein Arbeitsverhältnis kann vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer es ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Entscheidend ist die objektive Rechtslage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Der Kündigungsgrund muss sich in Zukunft nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken (Prognoseprinzip). Die Prüfung des wichtigen Grundes erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in zwei Stufen.

Stufe 1: Wichtiger Grund

Zunächst ist zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Stufe 2: Interessenabwägung

Dann ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, die alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, und aus der sich das Überwiegen der Interessen des Kündigenden ergeben muss.

Beachten Sie | Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.

Wichtiger Grund lag vor

Das unbefugte, vorsätzliche Löschen betrieblicher Daten auf EDV-Anlagen des Arbeitgebers sah das LAG ebenso wie das Vernichten von Verwaltungsvorgängen als wichtigen Grund in o. g. Sinne an. Dabei komme es nicht maßgeblich darauf an, ob sich der Arbeitnehmer durch das Löschen von Daten strafbar gemacht hat, und auch nicht darauf, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten wieder hergestellt werden konnte oder darauf, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber für den weiteren Geschäftsablauf diese Daten tatsächlich benötigt. Das völlig pauschale Vorbringen des Arbeitnehmers, er habe nur „aufgeräumt“ und Dateien gelöscht, die nicht relevant bzw. ohnehin an anderen Speicherorten bereits vorhanden seien, bewertete das LAG als unbeachtlich.

Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers

Die Interessenabwägung ließ das LAG eindeutig zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Besonders schwer fiel dabei ins Gewicht, dass der Arbeitnehmer die über 3.300 Dateien mit einem Umfang von 7,48 Gigabyte nicht versehentlich gelöscht, sondern dies ganz bewusst, also vorsätzlich getan hatte, nachdem die Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags beenden zu wollen. Auch angesichts dieses Verhaltens sei zu befürchten, dass der Kläger in anderen möglichen Konfliktsituationen in ähnlicher Weise reagieren wird. (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2020, 17 Sa 8/20)