Aufenthaltsbestimmungsrecht: Bundesverfassungsgericht untersagt „Pingpong“ mit den Kindern
Kinder in einem Familienverfahren sollen nicht dauernd ihren Lebensmittelpunkt wechseln. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.
Kinder bei der Mutter…
Nach der Trennung ihrer Eltern erging es zwei Kindern (7 und 12 Jahre) wie folgt: Im Jahr 2020 erstritt der Vater das vorläufige Aufenthaltsbestimmungsrecht. Anschließend sprach sich ein Gutachter für den Verbleib bei der Mutter aus, wohin die Kinder dann auch zunächst zurückkehrten. Nun war das Familiengericht an der Reihe. Es ordnete einen weitgehenden Umgang ähnlich des paritätischen Wechselmodells an.
… dann beim Vater…
Da die Kinder nicht mehr zum Vater wollten, hatten sie seit September 2022 keinen Umgangskontakt mehr mit ihm. Das nahm der Vater nicht hin. Er erwirkte nun das Aufenthaltsbestimmungsrecht und holte die Kinder zurück.
… nun wieder bei der Mutter…
Daraufhin bestellte das Gericht einen Verfahrensbeistand. Dieser empfahl, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter zu übertragen. Die Kinder zogen dementsprechend wieder zur Mutter zurück.
… und wieder beim Vater
Der Vater legte hiergegen ein Rechtsmittel ein. Das Oberlandesgericht (OLG) gab ihm Recht. Die Kinder wechselten erneut zum Vater.
Jetzt endgültig bei der Mutter?
Die Verfassungsbeschwerde der Mutter hiergegen war erfolgreich jedenfalls vorläufig.
So entschied das Bundesverfassungsgericht
Das BVerfG setzte die Entscheidung des OLG bis zur Entscheidung in der Hauptsache aus. Es wollte den Kindern einen erneuten Wechsel zum Vater ersparen.
Belastung für die Kinder vermeiden
In einem vorläufigen Verfahren sah das BVerfG zwar die Bedenken des OLG gegen die Erziehungsfähigkeiten der Mutter. Es berücksichtigte auch die mögliche Entfremdung der Kinder von ihrem Vater. Dennoch so das BVerfG sei der Verbleib der Kinder bei der Mutter weniger belastend für sie ist als der erneute Wechsel in den väterlichen Haushalt. Dieser hätte ggf. dann zum dritten Mal mithilfe von Polizei und Gerichtsvollzieher vollstreckt werden müssen.
Selbstbestimmungsrecht der Kinder beachten, Entfremdung vermeiden
Das BVerfG wollte auch vermeiden, dass das Selbstbestimmungsrecht der Kinder missachtet wird. Denn dies würde sich negativ auf deren Persönlichkeit auswirken. Hinzu komme, dass das OLG den Wechsel zum Vater nicht wegen Kindeswohlgefährdung angeordnet hatte. Dies war nur geschehen, um die o. g. Entfremdung zu vermeiden.
Quelle: BVerfG, Beschluss vom 15.6.2023, 1 BvR 1076/23