Architektenhonorar: Was ist „anderweitiger Erwerb“ beim gekündigten Vertrag?
Nach einer freien Kündigung des Auftraggebers können Architekten die vereinbarte Vergütung abrechnen. Sie müssen sich das anrechnen lassen, was sie infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erworben haben („anderweitiger Erwerb“). Oft ist aber umstritten, was ein solcher „anderweitiger Erwerb“ ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat dazu jetzt Klartext gesprochen.
Das müssen Architekten darlegen und beweisen
Der Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen ermittelt sich als Differenz zwischen der für die nicht ausgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung einerseits und ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb andererseits. Als Unternehmer müssen Architekten ihre Forderungen darlegen und zu ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb vortragen und deren Höhe beziffern. Sie müssen die vereinbarte Vergütung darlegen und darüber hinaus erklären, welche Kosten sie sich erspart haben und welchen anderweitigen Erwerb sie sich anrechnen lassen müssen.
Oberlandesgericht legt Definition von „anderweitigem Erwerb“ vor
Das OLG Naumburg definiert den „anderweitigen Erwerb“ gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) wie folgt: „Sinn und Zweck des Anspruchs nach § 649 S. 2 BGB a. F. ist es, den Unternehmer schadlos zu stellen, die Kündigung für ihn wirtschaftlich zu neutralisieren, dafür zu sorgen, dass ihm aus ihr weder Vorteile noch Nachteile erwachsen. Nach § 649 S. 2 BGB a. F. ist daher nicht jeder Erwerb anzurechnen, der durch die frei gewordenen Kapazitäten erzielt wird. Vielmehr muss der Erwerb zweifelsfrei durch die Kündigung des Bestellers verursacht sein. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und einem Ersatzauftrag bestehen, d. h. ohne die Kündigung müsste die anderweitige Vergütung ausgeblieben sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der Unternehmer seine Leistungskapazität auf andere bereits vorhandene Werkverträge konzentriert. Ist der Betrieb des Unternehmers in der Lage gewesen, zur gleichen Zeit neben dem gekündigten Werkvertrag auch noch andere Aufträge auszuführen, die ihm unabhängig von der Kündigung von Dritten erteilt wurden, wovon in der Regel auszugehen ist, sind die Erträge aus diesen Aufträgen nicht anzurechnen.“
Quelle: OLG Naumburg, Urteil vom 24.11.2022, 2 U 180/21