Vorsteuerabzug: Eindeutige Leistungsbeschreibung auch im Niedrigpreissegment erforderlich

Auch beim massenhaften Handel von Kleidungsstücken und von Modeschmuck im Niedrigpreissegment kann ein Vorsteuerabzug nur vorgenommen werden, wenn die Rechnung eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglicht, über die abgerechnet wird. Das hat das Finanzgericht Hessen in zwei Verfahren klargestellt.

Hintergrund

Damit eine Rechnung zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss sie einige Pflichtangaben enthalten. So muss u. a. eine eindeutige Leistungsbeschreibung vorhanden sein.

Sachverhalte

In einem Verfahren war die Unternehmerin im Textilhandel tätig und vertrieb Damenoberbekleidung im Niedrigpreissegment. Die Kleidungsstücke wurden in großen Mengen in verschiedenen Standardgrößen und in mehreren Farben von Großhändlern eingekauft. Die Einkaufspreise bewegten sich im unteren einstelligen EUR-Bereich.

Das Finanzamt versagte bei einigen Rechnungen den Vorsteuerabzug, weil eine konkrete Leistungsbeschreibung fehle. Die Bezeichnungen beschränkten sich auf die pauschale und grobe Bezeichnung einer Warenklasse (z. B. Blusen, Jacken) und die Angabe einer großen Stückzahl im mindestens dreistelligen Bereich.

In dem zweiten Verfahren handelte die Unternehmerin mit Modeschmuck und Accessoires im Niedrigpreissegment. Das Finanzamt lehnte auch hier den Vorsteuerabzug ab, weil die bloße Angabe einer Gattung (z. B. Kette, Ohrring, Mütze) keine handelsübliche Bezeichnung darstelle.

In beiden Verfahren gab das Finanzgericht (FG) Hessen dem Finanzamt Recht.

Eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung

Was für eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, dass eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglicht wird – und das war hier nicht der Fall.

Das FG stellte insbesondere heraus, dass bei Waren im Niedrigpreissegment grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind.

Die bloße Angabe einer Gattung stellt keine handelsübliche Bezeichnung dar. Die erforderliche weitergehende Umschreibung könnte z. B. über die Herstellerangaben oder über Modelltyp, Farbe und Größe sowie unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer erfolgen. Auch die Benennung von Material, ggf. Sommer- oder Winterware kommt in Betracht.

Das FG hat die Revision in beiden Verfahren zugelassen. Gegen das Urteil im zweiten Verfahren ist die Revision beim Bundesfinanzhof inzwischen anhängig. (FG Hessen, Urteil vom 12.10.2017, 1 K 547/14, Rev. zugelassen)

Vertragsrecht: Ratenzahlung darf bei betagten Kunden versagt werden

Ein Kaufmann darf älteren Kunden eine Ratenzahlung verweigern. Er begeht dadurch keine schadenersatzpflichtige Altersdiskriminierung.

Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht München im Fall eines Onlinehändlers. Dieser bot für seine Produkte verschiedene Bezahlmöglichkeiten an, unter anderem Teilzahlungen. Eine 84-jährige Kundin wählte als gewünschte Zahlungsform Teilzahlung in Raten. Der Händler lehnte das Angebot der Kundin ab. Er begründete das damit, dass die Kundin die intern festgelegte Altersgrenze für die Kreditvergabe überschreite. Er könne hier nur die Zahlungsarten Rechnung, Bankeinzug, Nachnahme oder Kreditkarte anbieten.

Die Kundin behauptet, sie sei allein wegen ihres Alters nachteilig behandelt worden. Sie verlangte wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 EUR. Diese Benachteiligung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Es sei keine individuelle Bonitätsprüfung durchgeführt worden. Der Kundin sei die Möglichkeit der gleichberechtigten Teilhabe am Rechtsverkehr auf eine zutiefst persönlichkeitsverletzende und menschenverachtende Art und Weise genommen worden. Die Gefahr des Ablebens bestehe sowohl bei alten als auch jungen Menschen. Sofern man auf die statistischen Erhebungen zur Lebenserwartung älterer Menschen abstelle und gerade hieraus eine wirtschaftliche Gefahr für den Händler ableiten wolle, würde gerade das Merkmal, weswegen die Kundin gesetzlich geschützt werde, zu ihrem Nachteil ausgelegt werden. Dies sei ein vollkommen unzulässiger Zirkelschluss, da man die Benachteiligung der Kundin durch ihren Nachteil als gerechtfertigt ansehe.

Der Händler lehnte eine Zahlung ab. Es handele sich nicht um ein zivilrechtliches Massengeschäft im Sinne des AGG. Vielmehr komme es bei der Ratenvereinbarung gerade auf das Ansehen der Person an, da der Händler ein wirtschaftliches Risiko eingehe. Er frage nicht nur das Alter des Bestellers ab, sondern auch dessen Adresse. Zudem hole er eine individuelle Bonitätsauskunft ein. Selbst wenn man von einem Massengeschäft ausginge, gäbe es einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von jüngeren und älteren Kunden.

Der Richter sah keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen unzulässiger Diskriminierung: Dass das Leben zwangsläufig mit dem Tode endet, darf das Gericht als bekanntes Faktum voraussetzen. Es gibt auch Erhebungen zur statistischen Lebenserwartung. Ein Teilzahlungsgeschäft ist definitionsgemäß eine auf einen längeren Zeitraum angelegte geschäftliche Beziehung. Zwar sind ältere Personen, die regelmäßig Renten oder Pensionen beziehen, grundsätzlich als solvente Schuldner einzustufen, da sie über ein geregeltes und sicheres Einkommen verfügen. Allerdings steigt mit gesteigertem Alter auch das Risiko des Ablebens an. In diesem Fall gehen die Forderungen des Gläubigers (Kreditgeber) gegen die verstorbene Person auf den Nachlass über. Die Sicherheit der regelmäßigen Rentenzahlungen geht auf diese Weise verloren. Der Gläubiger kann sich zunächst an den Nachlass wenden. Zum einen ist dies mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden, da der Erbe, die Erben oder die Erbengemeinschaft ausfindig gemacht werden muss. Zum anderen besteht auch ein weiteres wirtschaftliches Risiko, da nicht absehbar ist, wer den Nachlass erben wird, und ob dieser Erbe überhaupt faktisch zu greifen sein wird. So sei nur an die Kinder zu denken, die nach Übersee ausgewandert sind.

Das Urteil, vom Berufungsgericht bestätigt, ist nach Rücknahme der Revision rechtskräftig. (Amtsgericht München, Urteil vom 13.4.2016, 171 C 28560/15)

Freiberufler und Gewerbetreibende: Ehegattenarbeitsverhältnis: Dienstwagen statt Minijob-Gehalt zulässig oder nicht?

Die Kosten für einen Dienstwagen sind auch dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn dieser dem Ehegatten im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (Minijob) überlassen wird. Diese Auffassung vertritt zumindest das Finanzgericht (FG) Köln.

Sachverhalt

Ein Gewerbetreibender beschäftigte seine Ehefrau im Rahmen eines Minijobs als Büro-, Organisations- und Kurierkraft für 400 EUR monatlich. Er überließ seiner Frau hierfür einen Pkw, den sie auch privat nutzen durfte. Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung wurde mit 385 EUR (Ein Prozent des Bruttolistenpreises) monatlich angesetzt und vom Arbeitslohn der Ehefrau abgezogen.

Im Zuge einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt das Arbeitsverhältnis nicht an. Es erhöhte den Gewinn um die Kosten für den Pkw und den Lohnaufwand für die Ehefrau. Denn nach Ansicht des Finanzamts wäre eine solche Vereinbarung nicht mit fremden Arbeitnehmern geschlossen worden. Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Finanzgericht Köln erfolgreich.

Zwar ist die Gestaltung, so das Finanzgericht, bei einem Minijob ungewöhnlich. Doch der Inhalt und die Durchführung des Vertrags entsprechen noch dem, was auch fremde Dritte vereinbaren würden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass Dienstwagen nur Vollzeitbeschäftigten oder Führungspersonal auch zur privaten Nutzung überlassen werden.

Eine Frage des Fremdvergleichs

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Finanzämter bei Ehegatten-Arbeitsverhältnissen ganz genau hinschauen. Denn während Vertragsgestaltungen zwischen fremden Dritten von Interessengegensätzen geprägt sind, fehlen diese bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen. Somit steht zumindest die Vermutung im Raum, dass die Vereinbarung nur aus Steuerersparnisgründen geschlossen wurde. Demzufolge sollten etwaige Verträge aus Beweisgründen schriftlich abgeschlossen werden. Da die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten müssen, sollten Leistung und Gegenleistung eindeutig geregelt werden.

Das vor dem FG Köln unterlegende Finanzamt hat Revision eingelegt – und Erfolgsaussichten dürften durchaus bestehen. Denn in einem Beschluss hat der Bundesfinanzhof Ende vergangenen Jahres folgende Ansicht vertreten: Ein Arbeitgeber würde einem familienfremden geringfügig Beschäftigten regelmäßig kein Fahrzeug überlassen, da dieser durch eine umfangreiche Privatnutzung des Pkw die Vergütung für die Arbeitsleistung in erhebliche – und für den Arbeitgeber unkalkulierbare – Höhen steigern könnte. Bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof jetzt entscheiden wird. (FG Köln, Urteil vom 27.9.2017, 3 K 2547/16, Rev. BFH X R 44/17)

Vermieter: Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Sanierungsbedarf nach Tod des Mieters?

Muss eine Mietwohnung nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Mieters unerwartet saniert werden, um eine Neuvermietung überhaupt zu ermöglichen, stellt sich die Frage, ob diese Aufwendungen in die schädliche 15 Prozent-Grenze zur Überprüfung anschaffungsnaher Herstellungskosten einzubeziehen sind. Zumindest vom Finanzgericht (FG) Niedersachsen gab es hier zulasten des Steuerpflichtigen ein Ja.

Hintergrund

Anschaffungsnahe Herstellungskosten liegen vor, wenn innerhalb von drei Jahren nach dem Gebäudekauf Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, deren Nettoaufwendungen 15 Prozent der Gebäude-Anschaffungskosten übersteigen. Gesetzlich ausgenommen sind: Aufwendungen für Erweiterungen und Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Wird der Aufwand in Herstellungskosten umqualifiziert, dann sind die Kosten nicht im Jahr der Zahlung abzugsfähig. Sie wirken sich nur über die Gebäudeabschreibung (regelmäßig 50 Jahre) als Werbungskosten aus. Demzufolge sollte die 15 Prozent-Grenze innerhalb der Drei-Jahres-Frist nach Möglichkeit nicht überschritten werden. Dies gelingt in der Regel durch zeitliche Verschiebung der Maßnahmen.

Entscheidung

Grundsätzlich werden sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes vorgenommenen Sanierung anfallen, zusammengerechnet. Eine Segmentierung der Gesamtkosten bzw. isolierte Betrachtung einzelner baulicher Maßnahmen findet nicht statt.

In einem etwas anders gelagerten Fall hatte sich der Bundesfinanzhof in 2017 noch zu einer Einschränkung des Tatbestands der anschaffungsnahen Herstellungskosten durchgerungen. Damals ging es um erst nach dem Kauf mutwillig herbeigeführte Mieterschäden. Der Bundesfinanzhof hatte die daraufhin angefallenen Sanierungskosten als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand qualifiziert und klargestellt: Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die erst nach dem Erwerb der Immobilie entstanden sind und durch das schuldhafte Verhalten Dritter verursacht wurden, fallen nicht unter die schädliche 15 Prozent-Grenze.

Es kommt also darauf an, ob ein Schaden bereits beim Immobilienerwerb „angelegt“ war oder erst später – wie im Fall der Einwirkung durch Dritte – entstanden ist. Im Revisionsverfahren dürfte der Bundesfinanzhof die Abgrenzungsgrundsätze nun weiterentwickeln. (FG Niedersachsen, Urteil vom 26.9.2017, 12 K 113/16; Rev. BFH IX R 41/17)

Alle Steuerzahler: Gesetzgeber muss Grundsteuer reformieren

Pläne für eine Reform der Grundsteuer gab es in den vergangenen Jahren viele. Nur einigen konnte man sich nicht. Doch nun ist der Gesetzgeber in der Pflicht. Denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft. Betroffen sind sowohl Grundstückseigentümer als auch Mieter, da Vermieter die Grundsteuer als Betriebskosten umlegen können.

Hintergrund

Einheitswerte sind neben den Steuermesszahlen und den von den Gemeinden festgelegten Hebesätzen Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer.

Maßgebend für die Feststellung der Einheitswerte sind in den „alten“ Bundesländern und West-Berlin die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964. In den „neuen“ Bundesländern sind es sogar die Wertverhältnisse zum 1.1.1935.

Entscheidung und Ausblick

Die Regelungen zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern sind jedenfalls seit Beginn 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, die nicht ausreichend gerechtfertigt sind.

Beachten Sie: Das Bundesverfassungsgericht musste nur zur Bewertung in den „alten“ Bundesländern entscheiden. Die Urteilsgründe gelten aber erst Recht für das Beitrittsgebiet, da hier auf den 1.1.1935 abgestellt wird.

Der Gesetzgeber muss nun spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung treffen. Bis dahin gelten die Regeln weiter. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden. Die ungewöhnlich lange Übergangsregelung ist dem enormen administrativen Aufwand geschuldet. Denn es müssen bundesweit mehr als 35 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.

Ob und für wen die Grundsteuer teurer wird, hängt von der neuen Bewertungsmethode ab. Da verschiedenste Modelle im Raum stehen, bleibt die Entwicklung abzuwarten. (BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, 1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14)

Arbeitnehmer: Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kfz-Kosten bei der Dienstwagenüberlassung

Zahlt der Arbeitnehmer für die außerdienstliche Nutzung eines Firmenwagens ein Nutzungsentgelt, dann mindert dieses den geldwerten Vorteil. Aber: Übersteigen die Eigenleistungen den privaten Nutzungsvorteil für die außerdienstliche Nutzung, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten.

Dies gilt sowohl bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode als auch bei der Ein-Prozent-Regelung. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Beschluss erneut klargestellt. (BFH, Beschluss vom 15.1.2018, VI B 77/17)

Kindergeld: Kindergeld auch bei Unterbrechung der Ausbildung wegen dauerhafter Erkrankung

Der Anspruch auf Kindergeld besteht nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz fort, wenn ein Kind seine Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung zwar unterbrechen muss, aber weiterhin ausbildungswillig ist.

Hintergrund: Unter gewissen Voraussetzungen können volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, beim Kindergeld berücksichtigt werden. Dies gelingt z. B. dann, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird.

Im Streitfall fehlte es an Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Kind wegen seiner Erkrankung die Absicht aufgegeben hatte, seine Ausbildung nach der Genesung fortzusetzen. Dass die Dauer der Unterbrechung nicht absehbar war, beurteilte das FG Rheinland-Pfalz als unschädlich.

Maßgeblich ist, so das FG, dass die Ausbildung aus krankheitsbedingten und damit objektiven Gründen unterbrochen wurde. Und das konnte im Streitfall sowohl durch ein Attest einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie als auch durch eine Bescheinigung einer Amtsärztin belegt werden.

Hinweis: Eine Unterbrechung der Ausbildung während der Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes ist grundsätzlich ebenfalls unschädlich. Aber: Wird die Berufsausbildung zum Zweck der Betreuung des eigenen Kindes unterbrochen, befindet sich das Kind in dieser Zeit nicht in Berufsausbildung. (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.2.2018, 2 K 2487/16)

Mietwagen: Eine unfallbedingte Verletzung schließt einen Mietwagen nicht aus

Ein Geschädigter, der durch eine unfallbedingte Verletzung in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist (HWS-Distorsion und Thoraxprellung), darf dennoch einen Mietwagen nehmen. Denn er war fahrtüchtig, entschied das Amtsgericht Torgau Zweigstelle Oschatz.

Immer wieder kommt der Einwand, der Geschädigte sei verletzt. Deshalb dürfe er keinen Mietwagen nehmen. Die Dokumente über die Verletzung liegen dem Versicherer in solchen Fällen wegen der Schmerzensgeldforderung zwangsläufig vor. Doch auch das Amtsgericht Torgau sieht, dass eine schmerzensgeldpflichtige Verletzung nicht zwangsläufig die Fahruntüchtigkeit nach sich zieht. Und wer selbst verletzungsbedingt nicht fahren kann oder darf, kann sich nur dann fahren lassen, wenn er einen Mietwagen hat. (Amtsgericht Torgau Zweigstelle Oschatz, Urteil vom 28.12.2017, 2 C 342/16)

Geschwindigkeitsmessung: Abweichende Fotodokumentation mit Einseitensensor ES3.0

Beim OLG Bamberg stand eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Einseitensensor vom Typ „ES3.0“ auf dem Prüfstand. Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat dabei darauf gepocht, dass die Bedienungsanleitung strikt eingehalten wird.

Das OLG bestätigt: Von einem im standardisierten Messverfahren gewonnenen Messergebnis kann – auch bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem sog. Einseitensensor vom Typ „ES3.0“ – grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn die in der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers enthaltenen Vorgaben eingehalten wurden.

Von dieser Bedienungsanleitung wird bei „ES3.0“ relevant abgewichen, wenn die gerätespezifische Fotodokumentation der Messung allein durch eine funkgesteuerte, jedoch ungeeichte Zusatzfotoeinrichtung und nicht auch durch die nach der Bedienungsanleitung vorgesehenen eichpflichtigen und mittels Kabel mit der Rechnereinheit verbundenen Fotoeinrichtungen erfolgt. Ergebnis: Es darf nicht von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden.

Folge ist, dass das Amtsgericht individuell überprüfen muss, ob richtig gemessen wurde, wenn es bei einem Verstoß gegen die Bedienungsanleitung die Verurteilung dennoch auf das belastete Messergebnis stützen will. Das ist i. d. R. nicht möglich, ohne dass ein Sachverständiger für Messtechnik mitwirkt. (OLG Bamberg, Urteil vom 15.12.2017, 2 Ss OWi 1703/171)

Geschwindigkeitsüberschreitung: „Ich war zu schnell“ – reicht das?

Wer kennt die Situation nicht: Ein Autofahrer ist nach einem angeblichen Geschwindigkeitsverstoß von der Polizei angehalten worden und hat sich geäußert mit: „Stimmt, ich war zu schnell“. Im Bußgeldverfahren will er von der Äußerung aber nichts mehr wissen. Es stellt sich die Frage, ob diese Äußerung reicht, um eine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu begründen.

Die Antwort gibt das Amtsgericht Dortmund. Ihm hat diese Äußerung für eine Verurteilung des Betroffenen wegen Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit nicht ausgereicht. Durch die Äußerung seien die Anforderungen an die zu treffenden Feststellungen nicht herabgesetzt. Nicht gereicht hat dem AG zudem eine polizeiliche Schätzung der gefahrenen Geschwindigkeit des Betroffenen. Ohne konkrete Geschwindigkeitsfeststellungen müsse insbesondere ein besonderes Fahrverhalten festgestellt werden oder ein hierdurch bedingtes Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer. Dies muss den Schluss nahelegen, dass die konkret gefahrene Geschwindigkeit zur Tatzeit den Umständen nicht angepasst gewesen ist. (Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 6.2.2018, 729 OWi-261 Js 2511/17-379/17)