Haftungsrecht: Geschwindigkeit muss bei Gegenverkehr und Dunkelheit angepasst werden

Autofahrer müssen bei Dunkelheit und erkennbarem Gegenverkehr auf schmalen Straßen auf halbe Sicht fahren.

Diese Klarstellung traf das OLG Celle in einer Verkehrsunfallsache. Bei Dunkelheit waren auf einer 4,95 m breiten Gemeindestraße ohne Fahrbahnmarkierungen ein Pkw und ein ordnungsgemäß beleuchtetes, überbreites landwirtschaftliches Gespann (Schlepper und Anhänger) mit einer Breite von 2,95 m zusammengestoßen. Bei erlaubten 80 km/h war der Pkw mit ca. 75 bis 85 km/h unterwegs, der Traktor fuhr ca. 25 bis 35 km/h. Es entstand erheblicher Sach- und Personenschaden.

Der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns und der Haftpflichtversicherer des Pkw stritten darüber, in welchem Verhältnis die jeweiligen Unfallschäden zu ersetzen seien. Der Haftpflichtversicherer meinte, dass der Fahrer des landwirtschaftlichen Gespanns den Schaden zu 50 % verursacht habe, und zahlte deshalb nur die Hälfte des an dem Schlepper und dem Anhänger entstandenen Schadens. Demgegenüber meinte der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns, dass die Fahrerin des Pkw den Unfall alleine verursacht habe. Er verlangte deshalb Ersatz des gesamten Schadens. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es meinte, der Unfall sei überwiegend (65 %) von dem Fahrer des landwirtschaftlichen Gespanns verursacht worden.

Auf die Berufung des Klägers hat das OLG das Urteil teilweise geändert und dem Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns weiteren Schadenersatz zugesprochen. Die Fahrerin des Pkw habe den Unfall verursacht. Zwar habe sie die erlaubte Geschwindigkeit allenfalls geringfügig überschritten. Allerdings habe sie ihre Geschwindigkeit nicht den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst. Bei Dunkelheit auf einer nur 4,95 m breiten Straße ohne Fahrbahnmarkierungen und nicht befestigtem Seitenstreifen sowie erkennbarem Gegenverkehr (Fahrzeugbeleuchtung) in einer leichten Rechtskurve seien selbst 75 km/h zu schnell. Die Fahrerin habe vielmehr einkalkulieren müssen, dass das für sie im Gegenverkehr erkennbare Gespann überbreit war. Es habe ihr erkennbar weniger Platz zur Verfügung gestanden als bei einem entgegenkommenden Pkw. Sie habe deshalb so langsam fahren müssen, dass sie ihr Fahrzeug mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke hätte anhalten können. Darüber hinaus sei die Fahrerin nicht weit genug rechts gefahren. Der von ihr gelenkte Pkw war lediglich ca. 1,70 m breit. Daher habe auch angesichts des ihr entgegenkommenden 2,95 m breiten Gespanns ausreichend Platz zur Verfügung gestanden, um aneinander vorbeizufahren.

Trotz dieser Verkehrsverstöße aufseiten der Unfallgegnerin hat der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns nach der Entscheidung aber keinen Anspruch auf vollständigen Ersatz seiner Schäden. Er müsse sich die bei einem überbreiten landwirtschaftlichen Gespann mit einem Gewicht von 18 t erhöhte Betriebsgefahr anrechnen lassen. Daher könne er nur 70 % seiner Schäden ersetzt verlangen.

Die sogenannte Betriebsgefahr ist in § 7 StVG normiert. Sie begründet eine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrzeughalters. Daraus folgt, dass ein Fahrzeughalter sich bei einem Unfall unter bestimmten Umständen auch dann eine Mithaftung anrechnen lassen muss, wenn sich der Fahrer seines Fahrzeugs nicht verkehrswidrig verhalten hat. (OLG Celle, Urteil vom 4.3.2020, 14 U 182/19)

Autokauf: Rechtsmangel aufgrund Eintragung eines Fahrzeugs im SIS

Ist das Fahrzeug bei Gefahrübergang in das Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen, ist dies ein Rechtsmangel. Hierfür muss der Verkäufer grundsätzlich haften.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Das SIS ist ein Informationssystem für die Sicherheitsbehörden der Schengen-Länder. Es dient der automatisierten Personen- und Sachfahndung in der Europäischen Union (EU). In der Datenbank sind u. a. gestohlene Kraftfahrzeuge registriert.

Kommt es erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer SIS-Eintragung, liegt dagegen kein Rechtsmangel vor. Das gilt auch, wenn das dazu führende Geschehen bei Gefahrübergang bereits vorlag. (BGH, Urteil vom 26.2.2020, VIII ZR 267/17)

Verwaltungsrecht: Voraussetzung für eine Straßensperrung für Motorräder

Will eine Kommune eine Straße wegen einer Lärmbelästigung der Anwohner für Motorräder sperren, muss sie zuvor den entstehenden Lärm ermitteln und dokumentieren.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hin und hob eine straßenverkehrsbehördliche Anordnung auf, die das Befahren einer Kreisstraße mit Krafträdern verboten hatte.

Gegen die Anordnung hatte ein Motorradfahrer geklagt, der die Strecke befahren wollte. Sein zuvor eingereichter Eilantrag war erfolgreich. Das VG hatte bereits mit Beschluss vom 21.11.2019 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Stadt hatte das letztlich in ihrem Ermessen stehende Verbot nicht allein auf Verkehrsgefährdungen, sondern zugleich auch auf eine durch die Krafträder entstehende Lärmbelästigung der Anwohner gestützt. Sie hatte im Vorfeld der Maßnahme jedoch den Lärm für den betroffenen Streckenabschnitt gar nicht gemessen. Das Gericht stellte deshalb im Eilverfahren zunächst fest, dass die Stadt ihre Aufklärungspflicht verletzt hatte. Die Lärmmessung wurde während des Klageverfahrens von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr nachgeholt. Ergebnis war, dass die einschlägigen Grenzwerte deutlich unterschritten würden. Deshalb hat das Gericht der Klage stattgegeben. Vor einer eventuell neuen Anordnung der Sperrung der Strecke für Krafträder im Hinblick auf Unfallzahlen kämen auch eine weitere Geschwindigkeitsbegrenzung oder eine gesteigerte Verkehrsüberwachung in Betracht, so die Richter. (VG Hannover, Urteil vom 19.02.2020, 7 A 5411/18)

Haftungsrecht: Keine Mithaftung des überholenden Motorradfahrers, wenn Auto plötzlich ausschert

Überholt ein Motorradfahrer einen Rückstau, kann ihm bei einem Zusammenstoß mit einem plötzlich ausscherenden Fahrzeug kein Mitverschulden angerechnet werden.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. In dem Fall hatte sich vor einer Baustellenampel ein kolonnenartiger Rückstau gebildet. Als kein Gegenverkehr kam, überholt ein Motorrad mit mäßiger Geschwindigkeit (ca. 15 km/h) diese Kolonne. Plötzlich scherte ohne jegliche Vorankündigung ein Pkw aus der Kolone nach links aus, um in einen dort befindlichen Wirtschaftsweg einzubiegen. Dabei kam es zu einer Kollision mit dem Motorrad, das sich bereits auf (nahezu) gleicher Höhe befand.

Die Richter am OLG entschieden, dass den Motorradfahrer kein Mitverschulden an dem Unfall treffe. Auch die von dem Motorrad ausgehende Betriebsgefahr müsse nicht berücksichtigt werden. Der Autofahrer habe den Unfall alleine verursacht. Er müsse daher alleine für den entstandenen Schaden aufkommen. (OLG Koblenz, Urteil vom 10.2.2020, 12 U 1134/19)

Ordnungswidrigkeit: Bußgeld für Nutzung einer Navi-Fernbedienung am Steuer

Wird während der Fahrt eine Fernbedienung benutzt, um ein Navigationsgerät zu bedienen, kann dies mit einem Bußgeld geahndet werden.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall eines Autofahrers entschieden. Dessen Pkw ist mit einem Navigationsgerät ausgestattet, das über eine manuelle Fernbedienung gesteuert werden kann. Für diese Fernbedienung ist eine Halterung am Armaturenbrett installiert. Zwar kann die Fernbedienung auch in der Halterung bedient werden. Der Autofahrer hatte jedoch die Fernbedienung während der Fahrt aus der Halterung in die rechte Hand genommen. Anschließend gab er Befehle ein, um so das Navigationsgerät zu bedienen. Das Amtsgericht Siegburg hatte ihn daher wegen „fahrlässigen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO“ zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt.

Das OLG Köln bestätigte jetzt, dass es sich bei der genutzten Fernbedienung um ein „der Information oder Organisation dienendes elektronisches Gerät“ im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO handelt. Die Fernbedienung steuere als elektronisches Gerät das zum Endgerät gelangende Signal mittels elektronischer Schaltungen unter Nutzung einer eigenen Stromversorgung. Sie diene auch der Organisation der Ausgabe auf dem Display des ausdrücklich in § 23 Abs. 1a S. 2 StVO genannten Navigationsgeräts. Das Bußgeld sei daher zu Recht verhängt worden. (OLG Köln, Beschluss vom 5.2.2020, III-1 RBs 27/20)

Haftungsrecht: Achtjährige können haftbar sein, wenn sie andere Fußgänger im Straßenverkehr schädigen

Die oftmals zu hörende Aussage „Kinder haften nicht im Straßenverkehr“ ist so nicht richtig. Vielmehr können auch Minderjährige für einen von ihnen verursachten Schaden im Straßenverkehr haftbar sein.

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle im Fall eines achtjährigen Kindes. Das Kind nimmt seit seinem fünften Lebensjahr mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teil. Während des Sommerurlaubs fuhr es auf einer Uferpromenade mit dem Fahrrad. Die Eltern gingen in Ruf- und Sichtweite einige Meter zu Fuß hinter dem Kind. Während das Kind vorwärts fuhr, sah es sich über einen längeren Zeitraum nach hinten zu den Eltern um. Dabei steuerte es auf eine Fußgängerin zu. Die Eltern warnten das Kind durch Rufe. Das Kind bremste daraufhin stark ab. Es kam daher nicht zum Zusammenstoß mit der Fußgängerin. Diese stürzte jedoch bei dem Versuch, einen Zusammenstoß mit dem Kind zu verhindern. Dabei verletzte sie sich. Vor Gericht verlangte sie Schadenersatz und Schmerzensgeld von dem Kind und dessen Eltern.

Das Landgericht hat ihre Klage abgewiesen. Auf ihre Berufung hat das OLG die Entscheidung des Landgerichts teilweise geändert und das Kind verurteilt, Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen. Ein Anspruch gegenüber den Eltern des Kindes bestehe demgegenüber nicht, weil diese ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hätten.

Die Richter haben in ihrer Entscheidung noch einmal die Voraussetzungen dafür dargelegt, unter denen Kinder für von ihnen verursachte Schäden haften. Nach dem Gesetz sind Minderjährige unter sieben Jahren für anderen zugefügte Schäden nicht verantwortlich. Solange sie keine 10 Jahre alt sind, haften Kinder auch nicht für Schäden durch einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug oder im Schienenverkehr. Von sieben bis 17 Jahren haften Minderjährige aber für solche Schäden, die sie einem anderen zufügen, wenn sie bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzen. Dazu genügt die Fähigkeit des Kindes, zu erkennen, dass es in irgendeiner Weise für sein Verhalten zur Verantwortung gezogen werden kann.

Für den vorliegenden Fall kam es nach Ansicht der Richter darauf an, ob einem altersgerecht entwickelten achtjährigen Kind, das bereits seit seinem fünften Lebensjahr regelmäßig und auch im Straßenverkehr Fahrrad fährt, bewusst sei, dass es während der Fahrt nach vorne schauen und nicht über einen längeren Zeitraum nach hinten blicken darf. Wenn das Kind hätte voraussehen können und müssen, dass die an den Tag gelegte Fahrweise auf der Promenade befindliche Fußgänger verletzen konnte, habe es auch die Gefährlichkeit seines Handelns in der konkreten Situation erkennen und sich dieser Erkenntnis gemäß verhalten müssen. Das Gericht war auch aufgrund der persönlichen Anhörung des Kindes davon überzeugt, dass diesem zum Unfallzeitpunkt bewusst gewesen sei, dass es ein Fehler ist, während des Fahrradfahrens über einen längeren Zeitraum die Blickrichtung vom Fahrweg nach hinten abzuwenden. Das konkrete Verhalten des Kindes sei auch nicht aufgrund einer plötzlich auftretenden Situation reflexhaft ausgelöst gewesen (wie z. B. das Nachlaufen hinter einem Ball auf die Fahrbahn). Deshalb sei das Kind für die von der Fußgängerin erlittenen Verletzungen verantwortlich und habe den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. (OLG Celle, Urteil vom 19.2.2020, 14 U 69/19)

Kostenrecht: Wann sind Sachverständigenkosten durch die Staatskasse zu erstatten?

Führt ein Sachverständigengutachten im Bußgeldverfahren zum Erfolg, wird der Betroffene ggf. aufgrund des Gutachtens freigesprochen oder das Verfahren eingestellt. Dann kann der Betroffene in bestimmten Fällen auch die für das Sachverständigengutachten aufgewendeten Kosten ersetzt bekommen.

Hierauf hat das Landgericht (LG) Bielefeld hingewiesen. In dem Fall hatte die Behörde falsche Angaben zur Messung gemacht. Das hatte der Betroffene durch das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten aufgedeckt. Das Verfahren wurde auf Kosten der Landeskasse eingestellt.

Nach Auffassung des LG muss die Landeskasse auch die Kosten des privaten Sachverständigengutachtens tragen. Diese waren hier als notwendige Auslagen im Sinne der Strafprozessordnung festzusetzen. Die Kosten für ein Privatgutachten sind ausnahmsweise als notwendige Kosten anzuerkennen, wenn schwierige technische Fragestellungen zu beurteilen sind, oder wenn aus früherer Sicht des Betroffenen ein privates Sachverständigengutachten erforderlich ist, da ansonsten eine erhebliche Verschlechterung der Prozesslage zu befürchten wäre. (LG Bielefeld, Beschluss vom 19.12.2019, 10 Qs 425/19)

Unfallschadensregulierung: Trotz Brexit: Zentralruf der Autoversicherer ermittelt weiterhin britische Versicherungen

Der Zentralruf der Autoversicherer ermittelt weiterhin bei einem Auslandsunfall mit einem Fahrzeug aus dem Vereinigten Königreich die zuständige Versicherung und benennt einen Ansprechpartner in Deutschland. Möglich ist dies aufgrund einer Übergangsregelung bis zum 31.12.2020 trotz des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU).

Übergangsregelung ermöglicht reibungslose Ermittlung

Jährlich werden rund 35.000 Auslandsunfälle beim Zentralruf der Autofahrer gemeldet, knapp 3 Prozent davon mit Fahrzeugen aus dem Vereinigten Königreich, umgangssprachlich Großbritannien. Die Übergangsregelung gilt für Fahrzeuge aus England, Schottland, Wales oder Nordirland. Die genannte Übergangsregelung für Binnenmarkt und Zollunion kann um zwei Jahre verlängert werden. Eine Entscheidung darüber fällen die EU und das Vereinigte Königreich im Juli 2020. Für Irland als Mitglied der Europäischen Union bleiben alle Regelungen unverändert.

Zentralruf ermittelt Ihren Ansprechpartner in Deutschland

In jedem EU-Land gibt es für jede Versicherung einen Ansprechpartner, den sogenannten Schadenregulierungsbeauftragten. Kennt der Geschädigte die gegnerische Versicherung nicht, wird diese von einer Auskunftsstelle ermittelt. In Deutschland übernimmt der Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg diese Aufgabe und benennt die jeweilige Versicherung und deren Ansprechpartner in Deutschland. Der kostenfreie Service erfolgt nicht nur für Länder der EU, sondern auch für die Schweiz sowie alle Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Island, Lichtenstein und Norwegen. Zu erreichen ist der Zentralruf der Autoversicherer innerhalb Deutschlands gebührenfrei unter der Rufnummer 0800 25 026 00 oder online unter https://www.zentralruf.de/online-anfrage/anfrageformular.

So erkennen Sie Kennzeichen aus dem Vereinigten Königreich

Kennzeichen aus England, Schottland, Wales oder Nordirland bestehen in der Regel aus zwei Buchstaben, die die Herkunftsregion angeben, gefolgt von zwei Ziffern, die eine Codierung für den Anmeldezeitraum darstellen, nach einer Leerstelle stehen am Ende des Kennzeichens drei beliebige Buchstaben. Das Kennzeichen wird schwarz auf gelbem Grund abgebildet. Die Kennzeichen können als sogenannte EU-Kennzeichen ausgestellt werden, dabei kann zwischen dem Union Jack und den Flaggen der einzelnen Landesteile sowie deren Bezeichnungen gewählt werden. (GDV Dienstleistungs-GmbH)

Geschwindigkeitsmessung: Weitere Kommunen mit gesetzwidriger Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs durch private Dienstleister in drei Kommunen im Amtsgerichtsbezirk Hanau (Hammersbach, Niederdorfelden, Schöneck) für gesetzeswidrig erklärt.

In dem Fall war gegen den Betroffenen ein Bußgeld wegen einer in Hammersbach begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung festgesetzt worden. Zugleich war ein Fahrverbot von einem Monat erlassen worden.

Das Amtsgericht Hanau hatte den Betroffenen auf seinen Einspruch hin freigesprochen. Die Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs in der Gemeinde Hammersbach sei durch einen vom Landrat des Main-Kinzig-Kreises nichtig zum „Ordnungspolizeibeamten“ bestellten privaten Dienstleister im Wege der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt worden. Dies sei gesetzeswidrig. Das Regierungspräsidium Kassel hätte infolgedessen den Bußgeldbescheid nicht erlassen dürfen.

Nach den Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil hatte der private Dienstleister zunächst für seine rechtswidrigen Dienste 70 Prozent der Buß- und Verwarngelder für sich behalten dürfen. Als diese Praxis bei einer anderen Kommune aufgefallen sei und der Senat dies ausdrücklich untersagt hatte, habe die Gemeinde Hammersbach das System unter absichtlicher Verschleierung der Tatsachen fortgesetzt und lediglich die Bezahlung des Dienstleisters umgestellt.

Das OLG hat die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen des Amtsgerichts als unbegründet verworfen und den Freispruch bestätigt. Neben der Gemeinde Hammersbach dürfte dies auch für die Gemeinden Niederdorfelden und Schöneck gelten. Dort ist nach den getroffenen Feststellungen in gleicher gesetzwidriger Weise agiert worden. Es ist nach Gelnhausen der zweite Amtsgerichtsbezirk im Bereich des Regierungspräsidiums Darmstadt, in dem es zu derartigen gesetzeswidrigen Handlungen durch kommunale Polizeibehörden gekommen ist. (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.11.2019, 2 Ss-Owi 1092/19)

Autokauf: Geschäftlich oder privat? Darauf kommt es beim Haftungsausschluss an

Das nicht für das Unternehmen, sondern für den privaten Gebrauch bei einem Unternehmer erstandene Fahrzeug unterliegt voller gesetzlicher Gewährleistung.

Das stellte das Amtsgericht München klar und verurteilte einen Gebrauchtwagenhändler, Schadenersatz in Höhe von 4.100,29 EUR zu zahlen. Bei diesem Händler hatte der Kläger einen Fiat 500 gekauft. Dafür hatte er einen Smart in Zahlung gegeben. Der Händler hatte den vorgedruckten Kaufvertrag ausgefüllt und dabei den Unterpunkt „Geschäft unter Händlern ohne Gewährleistung“ angekreuzt. Der Vertrag wurde von beiden unterschrieben. Schon auf der Heimfahrt bemerkte der Kläger, dass das Fahrzeug nicht mehr „zog“ und rüttelte. Die Fiat-Werkstatt stellte einen Defekt an der Lamdasonde und an einem Heckklappendämpfer fest. Zudem waren beide Seitenschweller eingedrückt und das Fahrzeug hatte einen nicht fachgerecht reparierten Unfallschaden. Der Kläger forderte den Händler auf, die Mängel zu beheben und Ersatz für die Wertminderung zu zahlen. Das lehnte der Händler ab. Er behauptete, dass der Kläger ein Geschäft mit zehn Filialen und zwölf Firmenwägen führe. Von daher sei der schriftlich unter Unternehmern vereinbarte Gewährleistungsausschluss wirksam. Sowohl der Unfallschaden als auch der defekte Heckklappendämpfer seien dem Kläger bei Übergabe bekannt gewesen.

Der Kläger trug vor, dass er das Fahrzeug nicht für sein Ein-Mann-Elektronikunternehmen, sondern als normaler Verbraucher für seine Frau gekauft habe. Diese gab als Zeugin an, dass der Fiat den von ihr bisher genutzten Smart habe ersetzen sollen. Ihr Mann nutze einen Mercedes als Firmenwagen. Damit läge ein Kauf eines Verbrauchers von einem Unternehmer vor, bei dem der Ausschluss von Gewährleistungsrechten gesetzlich ausgeschlossen ist.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab dem Kläger recht. Die Behauptung, der Kläger sei Inhaber eines Paketdienstes und besitze über zehn Fahrzeuge, erfolgte offensichtlich ins Blaue hinein. Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme für das Gericht eindeutig ergeben, dass nach dem vom Kläger objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorlag. Das Gericht hält es daher für nachvollziehbar und glaubwürdig, dass der Kläger den Vertragspassus bei Unterzeichnung schlicht übersehen hat.

Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug Mängel aufwies. Diese Mängel waren bereits bei Gefahrübergang vorhanden. Nach dem Gesetz wird vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das Fahrzeug bereits auf dem Nachhauseweg nach Kaufvertragsabschluss nicht mehr zog und rüttelte, die Warnleuchte aufleuchtete und die Schäden noch am Tag des Kaufes von dem Fiat-Werkstattmeister festgestellt wurden. Daher hätte der Händler beweisen müssen, dass die Mängel bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden waren. Einen dahin gehenden Beweis hat der Händler aber nicht angetreten. Der Schaden betrug laut Gutachten 4.100,29 EUR. Diesen Betrag müsse der Händler zahlen. (Amtsgericht München, Urteil vom 18.10.2018, 174 C 4185/18)