Unterhaltsrecht: Auskunftspflicht eines Unterhaltsschuldners über Einkünfte aus Gesellschaftsbeteiligungen

Grundsätzlich können zwar von GmbH-Gesellschaftern nur Angaben über die Höhe der Ausschüttung verlangt werden, da diese allein eine unterhaltsrechtliche Einnahme darstellt. Anders liegt die Sachlage allerdings, wenn es sich bei dem Gesellschafter um einen sogenannten beherrschenden Gesellschafter handelt.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Streit um die Berechnung von Unterhalt. Die Richter machten deutlich, dass bei Gesellschaftern, die zwar nicht alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sind, aber aufgrund der Quote ihrer Beteiligung oder ihrer Position die Geschäfte der Gesellschaft oder die Gewinnausschüttung steuern oder in ihrem Interesse maßgeblich beeinflussen können, die Grundsätze der Einkommensermittlung für Selbstständige auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden sind.

Diese Grundsätze gelten auch für die Auskunftserteilung. Der Grund für die erweiterte Auskunftspflicht des Mitgesellschafters ist, dass der Unterhaltsberechtigte in die Lage versetzt werden soll zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen gegeben sind. Denn nur mit dieser erweiterten Auskunft ist der Auskunftsberechtigte in der Lage, seinen Unterhaltsanspruch zu berechnen. Der erweiterte Auskunftsanspruch ist damit der Ausgleich für die erweiterten Einflussmöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters. Ist also der Auskunftspflichtige ein solcher Mitgesellschafter, erstreckt sich der Auskunftsanspruch grundsätzlich auch auf die Gewinnermittlung der Gesellschaft. Legt er diese nicht offen, ist die von ihm erteilte Auskunft unvollständig. (OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2018)

Erbrecht: Anfechtung der Erbschaft wegen Überschuldung

Ist die Erbschaft überschuldet, kann dies eine verkehrswesentliche Eigenschaft sein, die zur Anfechtung berechtigen kann. Das gilt allerdings nur, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht, also bezüglich des Bestands an Aktiva oder Passiva.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Ein solcher Irrtum liegt nach Ansicht der Richter nur vor, wenn der Erbe von der Werthaltigkeit des Nachlasses ausgegangen ist. Daran fehlt es, wenn dem Erben die Möglichkeit der Überschuldung bewusst war, weil er selbst keine genauen Vorstellungen vom Nachlassbestand hatte. Insofern kann derjenige die Annahme der Erbschaft nicht anfechten, der sich eine falsche Vorstellung über die Größe des Nachlasses gemacht hat, ohne dessen Zusammensetzung näher zu kennen. Mit anderen Worten kann sich derjenige nicht auf einen Anfechtungsgrund berufen, der nicht aufgrund einer Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten zu dem Ergebnis gelangt war, die Erbschaft wolle er annehmen oder ausschlagen, sondern seine Entscheidung auf spekulativer  bewusst ungesicherter Grundlage getroffen hat. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.7.2019)

Erbrecht: Nachweis der Erbenstellung durch Kopie des Testaments

Das Erbrecht kann auch aufgrund der Vorlage einer Kopie des Originaltestaments nachgewiesen werden. Jedoch gelten für den Fall, dass ausschließlich eine Kopie vorhanden ist, strenge Anforderungen an den Nachweis der Existenz eines entsprechenden Originals.

Hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hingewiesen. Es machte deutlich, dass eine Kopie des Originaltestaments nur dann als Nachweis ausreicht, wenn mit ihr die formgerechte Errichtung des Originaltestaments nachgewiesen wird. So war es hier: Nach Auffassung des Gerichts ergab eine Gesamtbeurteilung der Lebenssituation der Erblasserin, des Testamentsinhalts und der Auffindesituation nahezu keinen Anlass für die Annahme, dass das Testament gefälscht wäre. Es war auch nicht davon auszugehen, dass das Testament widerrufen war.

Soweit der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts eines Testaments erbracht ist, ist die Rechtslage nicht anders als bei Vorlage eines Testaments im Original zu beurteilen. Ein formgültiges Testament behält seine Wirkung so lange, bis es vom Erblasser wirksam widerrufen wird. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts; sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist. (OLG Hamburg, Beschluss vom 25.1.2019, 2 W 45/18)

Eherecht: Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe bei bestehender Auslandsehe

Eine eingetragene Lebenspartnerschaft kann in eine deutschem Recht unterliegende gleichgeschlechtliche Ehe auch dann umgewandelt werden, wenn die Partner bereits vor dem Eheöffnungsgesetz eine danach in Deutschland vollwirksam gewordene Ehe in Frankreich geschlossen haben.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Richter haben daher das Standesamt angewiesen, die gemäß § 20a LPartG beabsichtigten Erklärungen der Beteiligten auf Umwandlung ihrer am 31.10.2001 in Deutschland begründeten Lebenspartnerschaft in eine Ehe zu beurkunden. Dem steht nicht entgegen, dass sie bereits am 4.9.2013 in Frankreich die Ehe miteinander eingegangen sind. Entgegen der von Standesamt und Standesamtsaufsicht vertretenen Auffassung wurde die deutsche Lebenspartnerschaft der Beteiligten damit nicht aufgelöst. Sie kann nach wie vor ungeachtet der in Frankreich registrierten gleichgeschlechtlichen Ehe mit tatbestandlicher Rückanknüpfung an den Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt werden. (OLG Köln, Beschluss vom 13.6.2019, 21 Wx 6/18)

Eherecht: Im EU-Ausland wirksam geschlossene Minderjährigenehe kann üblicherweise nicht aufgehoben werden

Eine im EU-Ausland nach dem dort geltenden Recht (hier: Bulgarien) wirksam geschlossene Ehe unter Beteiligung eines Minderjährigen kann im Regelfall nicht nach deutschem Recht aufgehoben werden. Anderenfalls würde das ansonsten verletzte Recht der Ehegatten u.a. auf Freizügigkeit innerhalb der EU zur Annahme einer schweren Härte führen.

Mit dieser Begründung hat es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. abgelehnt, eine Minderjährigenehe aufzuheben. Die Eheleute sind bulgarische Staatsangehörige. Sie haben ein gemeinsames Kind. Zum Zeitpunkt der Geburt war die Frau 15 Jahre alt. Im Frühjahr 2018 heirateten die Eheleute in Bulgarien. Die Frau war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt. Seit Sommer 2018 leben die Eheleute in Deutschland. Die Frau erwartet ihr zweites Kind. Die zuständige Behörde beantragte, die Ehe aufzuheben, da die Frau bei der Eheschließung minderjährig und damit nicht ehemündig gewesen sei. Diesen Antrag hatte das Amtsgericht zurückgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Eheaufhebung lägen nicht vor, stellte das OLG fest. Die Ehe sei nach bulgarischem Recht wirksam geschlossen worden. Auch dort bestehe Ehemündigkeit zwar grundsätzlich erst ab 18 Lebensjahren. Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet hätten, könnten jedoch mit richterlicher Genehmigung die Ehe schließen. Diese Genehmigung liege hier vor.

Eine nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehe könne nach deutschem Recht aufgehoben werden, wenn der Verlobte bei der Eheschließung das 16. nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet habe. Entsprechend könne nach den nationalen Regelungen eine Ehe aufgehoben werden, wenn sie mit einem Minderjährigen, der das 16. Lebensjahr vollendet habe, geschlossen worden sei. Die Aufhebung sei jedoch ausgeschlossen, wenn sie aufgrund „außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint“. So sei es hier.

Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass über diese Härtefallregelung auch die Verletzung von Freizügigkeitsrechten der Unionsbürger vermieden werden solle. Grundsätzlich müsse die Norm EU-rechtskonform ausgelegt werden. Die Aufhebung der Ehe würde die Eheleute in ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU verletzen. Demnach dürfe sich jeder Unionsbürger im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten. Würde die Ehe eines Unionsbürgers, die nach dem Recht eines seiner Mitgliedstaaten wirksam geschlossen wurde, in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund der dort geltenden nationalen Bestimmung aufgehoben, behindere dies den Betroffenen in seiner Freizügigkeit. Die Eheaufhebung würde darüber hinaus gegen das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit und Aufenthalt verstoßen.

Das Gesetz zur Aufhebung von Kinderehen bezwecke den Schutz von über 16-jährigen minderjährigen Eheleuten. Die Antragsgegnerin sei hier jedoch nicht in dem Maße schutzbedürftig, wie dies dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes vorgeschwebt habe. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Ehefrau die Tragweite und die Rechtsfolgen der Eheschließung bei der Heirat nicht erfasst habe. Zudem wollten die Antragsgegner auch künftig als verheiratetes Paar mit ihren gemeinsamen Kindern weiterleben. (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 28.7.2019, 5 UF 97/19)

Unterhalt: Trennungsunterhalt kann auch ohne ein früheres Zusammenleben verlangt werden

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M., in dem eine Frau nach dem Scheitern ihrer Ehe Trennungsunterhalt verlangt hatte. Die Eheleute hatten im August 2017 geheiratet. Die Ehe war von ihren Eltern, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Frau im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Mann arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Frau sich nach Paris versetzen lässt und die Ehepartner dort gemeinsam leben. Die Eheleute verfügten über kein gemeinsames Konto. Sie verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.

Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Eheleute. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig. Die Frau begehrt nun Trennungsunterhalt, da der Mann mehr verdient habe als sie. Sie hätten „ein ganz normales Eheleben“ geführt.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Der Frau stehe Trennungsunterhalt zu. „Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirkung der Lebensgemeinschaft gekommen ist“, betonte das OLG. Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten gebe es nicht. Der Unterhaltsanspruch während bestehender Ehe setze auch nicht voraus, dass die Beteiligten sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.

Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte für den Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht. Darüber hinaus liege hier auch keine nur kurze Ehedauer vor, da die Ehe bis zur Scheidung fortdauere. Dass die Eheleute vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, sodass aus diesen Gründen Verwirkung im Raum stehe, könne hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Parteien hätten vielmehr geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, um ein gemeinsames Leben zu führen. (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.7.2019, 4 UF 123/19)

Rente: Anspruch auf Witwenrente trotz nur viertägiger Ehe

Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Eine Ausnahme gilt nur, wenn nach den besonderen Umständen des Falls nicht davon ausgegangen werden kann, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Ein solcher Ausnahmefall kann auch bei einer nur viertägigen Ehe vorliegen.

Das folgt aus einer Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe. Die Richter sahen in diesem Fall hinreichend gewichtige Umstände nachgewiesen, die gegen eine Versorgungsehe sprachen. Mit der Eheschließung sei ein früherer Heiratsentschluss konsequent verwirklicht worden. Dieser habe bereits bestanden, bevor die Eheleute von der lebensbedrohenden Krankheit erfuhren. So hatten die Eheleute bereits 2013 konkrete Heiratspläne. Sie hatten bereits Unterlagen für das Standesamt beschafft und den Kostenvoranschlag eines Restaurants für die Feier eingeholt. Die Hochzeit fand aufgrund des plötzlichen Todes des Vaters der Frau nicht statt. Die konkreten Schritte, um die Heiratsabsicht 2013 zu verwirklichen, führten hier dazu, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt wurde. Im Ergebnis stand der Frau daher eine Witwenrente zu. (SG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2018, S 10 R 1885/17)

Hausratverteilung: Minibagger kann ein Haushaltsgegenstand sein, muss es aber nicht

Ein Minibagger kann bei abstrakter Betrachtung sowohl ein Haushaltsgegenstand sein als auch ein Gegenstand, der ausschließlich dem persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Interessen eines Ehegatten dient. Anders als bei vielen Gegenständen, bei denen eine Nutzung für den gemeinsamen Haushalt bzw. die Hauswirtschaft naheliegend ist, ist dies bei einem Minibagger nicht der Fall. |

Diese eher ungewöhnliche Bestimmung musste das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg treffen. Die Richter erklärten, dass Aufschluss dazu die Nutzung des Minibaggers in der Vergangenheit geben könne. Ein regelmäßiger, fortwährender Einsatz für familiäre Zwecke oder ein Einsatz für eine Vielzahl solcher Projekte spricht dabei für die Einordnung als Haushaltsgegenstand. Ein nicht regelmäßiger fortlaufender Einsatz des Minibaggers für lediglich ein Projekt innerhalb eines Jahres spricht dafür, dass die Freizeitgestaltung des Ehemanns für den Erwerb im Vordergrund stand und der Minibagger ein „Liebhaberobjekt“ des Ehemanns war.

Hier sprachen die Gesamtumstände dafür, dass es sich primär um einen Gegenstand für den persönlichen Gebrauch des Ehemanns handelte, der gelegentlich auch für familiäre Zwecke eingesetzt werden sollte. Damit ist der Bagger kein gemeinsames Eigentum der Eheleute geworden. Die Ehefrau kann somit nicht den hälftigen Verkaufserlös verlangen. (OLG Hamburg, Beschluss vom 5.6.2019, 12 UF 37/19)

Erbschaftsteuer: Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim nur bei unverzüglicher Selbstnutzung

Unter gewissen Voraussetzungen können Familienheime vererbt werden, ohne dass Erbschaftsteuer anfällt. Eine Bedingung ist, dass der Erwerber die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmt. Mit diesem Kriterium hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun näher befasst.

Die vom Erblasser vorher selbst genutzte Wohnimmobilie kann steuerfrei vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner weitere 10 Jahre lang bewohnt wird. Erben Kinder oder Enkel (verstorbener Kinder), ist darüber hinaus zu beachten, dass die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt ist. Wird die Grenze überschritten, unterliegt der übersteigende Teil der Erbschaftsteuer.

Eine wichtige Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Erben das Familienheim unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen müssen.

Sachverhalt: Der Steuerpflichtige und sein Bruder beerbten zusammen ihren am 5.1.2014 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von 120 qm, das der Vater bis zu seinem Tod allein bewohnt hatte. Die Brüder schlossen am 20.2.2015 einen Vermächtniserfüllungsvertrag, nach dem der Steuerpflichtige das Alleineigentum an dem Haus erhalten sollte. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 2.9.2015. Renovierungsangebote holte der Steuerpflichtige ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016.

Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienheime zu berücksichtigen – und zwar zu Recht, wie nun der BFH entschied.

Der Erwerber muss die Wohnung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Unverzüglich erfolgt eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall.

Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen,

  • zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat,
  • aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug nicht früher möglich war und
  • warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Solche Gründe können z. B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen den Miterben verzögert. Dem Erben ist es grundsätzlich auch nicht anzulasten, wenn sich eine Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung zu stellen.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige erst im April 2016 Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen. Gründe für diese Verzögerung hatte der Steuerpflichtige nicht dargelegt. Der BFH wies zudem darauf hin, dass der Steuerpflichtige noch nicht einmal bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (d. h. zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall) in das Haus eingezogen war. (BFH, Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16)

Hausratverteilung: Bei Zuweisung eines Hundes kommt es auf das Tierwohl an

Auch wenn Hunde als „Hausrat“ einzuordnen und im Rahmen der Hausratverteilung zuzuweisen sind, muss dabei doch vorrangig auf das Wohl der Tiere geachtet werden.

Das machte das Amtsgericht München deutlich und wies einen entsprechenden Zuweisungs-Antrag der getrennt lebenden Ehefrau zurück. Die Eheleute hatten sich nach drei Ehejahren getrennt. Die beiden Hunde hielten sich im Zeitpunkt der Trennung zunächst bei der Ehefrau auf. Kurz darauf nahm der Ehemann die Hunde zu sich. Seitdem leben sie bei ihm. Nun wollte die Ehefrau beide oder zumindest einen der Hunde zugewiesen haben.

Die zuständige Richterin stellte zunächst klar, dass nach dem Gesetz beide Hunde im Miteigentum der Beteiligten stehen. Sie seien während der Ehezeit angeschafft und von beiden Beteiligten versorgt und betreut worden. Das gelte auch, wenn streitig sei, wer die Hunde überwiegend betreut und versorgt habe.

Sodann verdeutlichte die Richterin, dass ein Hund im Rahmen von Trennung und Scheidung zwar grundsätzlich als „Hausrat“ einzuordnen sei, der nach Billigkeit zu verteilen ist. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Maßgeblich sei insoweit aus Gründen des Tierschutzes, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist. Unabhängig davon, wer die beiden Hunde während der Ehe überwiegend betreut und versorgt hat, komme es darauf an, zu wem das Tier eine Beziehung aufgebaut habe, wer also die Hauptbezugsperson zum Tier ist. Unstreitig pflege und betreue der Ehemann beide Hunde seit ca. einem Jahr. Es sei daher davon auszugehen, dass der Ehemann die Hauptbezugsperson für die beiden Hunde ist.

Der Ehemann hat zudem unbestritten vorgetragen, dass die Hunde zueinander eine gute Bindung aufgebaut hätten. Es ist allgemein bekannt, dass Hunde Rudeltiere sind, deren Mitglieder sich untereinander kennen und nicht beliebig austauschbar sind. Auch der Mensch, der das Tier oder die Tiere betreut, hat einen Platz in dieser Hierarchie inne. Da Hunde, die eine Bindung untereinander aufgebaut haben, unter dem Verlust einer solchen Bindung leiden, ist die Kontinuität des Zusammenlebens der beiden Hunde aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Hunde beim Antragsgegner nicht gut versorgt würden. Daher entspricht es der Billigkeit, die beiden Hunde zum einen nicht voneinander zu trennen und zum anderen, sie nicht von der seit nunmehr zehn Monaten hauptsächlichen Betreuungsperson (Ehemann) zu trennen und ihnen einen erneuten Umgebungswechsel zuzumuten. (Amtsgericht München, Beschluss vom 2.1.2019, 523 F 9430/18)