Steuerpflicht: Rendering-Leistungen einer Architekten-GbR gewerbesteuerpflichtig?

Eine Architekten-GbR, die ausschließlich Rendering-Leistungen anbietet, ist freiberuflich und nicht gewerblich tätig. Das hat das Finanzgericht (FG) Köln nun rechtskräftig festgestellt.

Zwei Architekten boten in einer GbR ausschließlich Visualisierungs-Dienstleistungen für fremde Architektenentwürfe an (sog. Rendering). Das Finanzamt (FA) unterwarf die Einkünfte aus diesen Leistungen der Gewerbesteuer. Denn bei der Visualisierung fremder Architektenentwürfe stehe die Anwendung technischer Fertigkeiten und die Beherrschung der entsprechenden Grafik-Software im Vordergrund. Die Anbieter hätten einen so begrenzten eigenen Gestaltungsspielraum, dass die Tätigkeit im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht mehr dem Berufsbild eines Architekten entspreche und daher als gewerblich anzusehen sei.

Dagegen klagten die beiden Architekten mit Erfolg. Das FG Köln stellte nämlich fest: Die GbR führte typische Architektentätigkeiten im Bereich der gestalterischen Planung aus. Das Visualisieren/Rendern von Architekturprojekten gehöre zur typischen Architektentätigkeit. Rendering sei inzwischen ein unerlässlicher Teil des Architekturstudiums. Die Spezialisierung auf einen für die Architektur typischen Teilbereich sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit unschädlich.

Die komplexen Aufgabenstellungen bei der Planung und Errichtung von Bauwerken erforderten unterschiedliche Spezialisierungen. Die Anbieter des Renderings würden in einem Planungsstadium tätig, in dem nur ein grober Entwurf des Bauprojekts vorliege und viele Ausstattungsdetails noch fehlten. Daher seien sie auch ausreichend gestalterisch beteiligt und „hauchten“ dem Objekt durch ihre Tätigkeit erst „Leben“ ein. (FG Köln, Urteil vom 21.4.2021, 9 K 2291/17)

Wettbewerbsrecht: Ist die gesonderte Ausweisung von Flaschenpfand zulässig?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen dazu vorgelegt, ob bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen werden darf oder ein Gesamtpreis einschließlich des Pfandbetrags angegeben werden muss.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein Verein, der satzungsgemäß das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt bewarb sie unter anderem Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Der Pfandbetrag war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern mit dem Zusatz „zzgl. … Euro Pfand“ ausgewiesen. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

So entschieden die Vorinstanzen

Das Landgericht (LG) hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (OLG) die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) zu. Unabhängig davon, ob ein Pfandbetrag in den Gesamtpreis einzurechnen sei, könne der Klage aus rechtsstaatlichen Gründen nicht stattgegeben werden, weil eine Ausnahmevorschrift der PAngV eine Regelung enthalte, nach der aus dem Preis für die Ware und dem Pfand kein Gesamtbetrag zu bilden sei. Diese Vorschrift sei zwar europarechtswidrig und deshalb nicht mehr anwendbar, bleibe aber geltendes Recht. Es sei daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, die Beklagte, die sich an diese Vorschrift gehalten habe, zu verurteilen.

Bundesgerichtshof: Verfahren ausgesetzt und Vorlagefragen formuliert

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung der Richtlinie 98/6EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse und der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vorgelegt. Nach Ansicht des BGH stellt sich die Frage, ob der Begriff des Verkaufspreises im Sinne der erstgenannten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zahlen muss.

Abweichung von EG-Richtlinie möglich?

Falls der Verkaufspreis im Sinne dieser Richtlinie den Pfandbetrag enthalten muss, möchte der BGH mit der zweiten Vorlagefrage wissen, ob die Mitgliedsstaaten nach dieser Richtlinie berechtigt sind, eine hiervon abweichende Regelung wie die in der Preisangabenverordnung beizubehalten. Ist also für den Fall, dass außer dem Entgelt für eine Ware eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird, deren Höhe neben dem Preis für die Ware anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden? Oder steht dies dem der Ansatz der Vollharmonisierung der zweitgenannten Richtlinie entgegensteht? (BGH, Beschluss vom 29.7.2021, I ZR 135/20, PM 148/2021)

Versicherungsbedingungen: Betriebsschließungsversicherung: Corona-Pandemie von Leistungsumfang abgedeckt?

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat jetzt entschieden: Eine in Bedingungen von sog. Betriebsschließungsversicherungen enthaltene Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern zur Bestimmung des Versicherungsumfangs kann abschließend sein. Folge: Der Versicherer beruft sich mit Recht auf eine fehlende Einstandspflicht bei behördlich angeordneten Schließungen von Betrieben zur Verhinderung des Coronavirus SARS-CoV-2, wenn COVID-19/SARS-CoV-2 in der Auflistung nicht enthalten ist.

Was war geschehen?

Die Kläger hatten Versicherungsleistungen aus einer sog. Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit im März 2020 auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IFSG) behördlich angeordneten Schließungen ihrer Betriebe geltend gemacht. Die Versicherungsbedingungen sahen eine Entschädigungspflicht bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen infolge Auftretens meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger vor und enthielten eine entsprechende Auflistung. Die Kläger hatten sich darauf berufen, dass diese Aufzählung nicht abschließend sei und sie darüber hinaus unklar und damit unwirksam sei. Das sahen die Gerichte erster Instanz anders.

Das sagt das Oberlandesgericht

Deren Auffassung hat das OLG bestätigt. Begründung: Das Leistungsversprechen des Versicherers erstrecke sich ausschließlich auf die in den Versicherungsbedingungen genannten Krankheiten bzw. Krankheitserreger. Dies ergebe die Auslegung der entsprechenden Klausel aus der maßgeblichen Sicht des verständigen Versicherungsnehmers, bei der es sich um eine erkennbar abschließende Aufzählung handele.

Die Klauseln seien als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) auch wirksam. Zum einen liege kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Zum anderen werde der Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen benachteiligt. Der „durchschnittliche Versicherungsnehmer“ müsse wissen, dass es aufgrund der vielen in diesem Zusammenhang möglichen Versicherungsfälle zur Vermeidung eines ausufernden Haftungsrisikos für den Versicherer geboten ist, den Deckungsumfang inhaltlich zu definieren und eine Prämienkalkulation vorzunehmen.

Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) hat das OLG zugelassen. (OLG Köln, Urteile vom 7.9.2021, 9 U 14/21 und 9 U 18/21, PM vom 14.9.2021)

Freiberufler und Gewerbetreibende: Anerkennung von Bewirtungsaufwendungen: neues Schreiben der Finanzverwaltung

Damit Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, müssen Nachweise erbracht und (weitere) formale Voraussetzungen erfüllt werden. Die steuerlichen Spielregeln hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit einem Schreiben vom 30.6.2021 nun angepasst. Gegenüber dem bisherigen Schreiben aus dem Jahr 1994 wurden insbesondere Aspekte zur Erstellung einer Bewirtungsrechnung mit einem elektronischen Aufzeichnungssystem und zur Digitalisierung der Rechnung und des Eigenbelegs aufgenommen.

Nachweis durch den Steuerpflichtigen

Bei Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass erfolgt eine Abzugsbeschränkung, nach der nur 70 % der angemessenen und nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Bewirtungsaufwendungen sind Aufwendungen für den Verzehr von Speisen, Getränken und sonstigen Genussmitteln.

Zum Nachweis (Eigenbeleg) der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen muss der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben machen:

  • Ort,
  • Datum,
  • Teilnehmer,
  • Anlass der Bewirtung sowie
  • Höhe der Aufwendungen.

Erfolgte die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass in einer Gaststätte, ist die Rechnung zum Nachweis beizufügen. Dabei genügen auf dem Eigenbeleg Angaben zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung.

Beachten Sie: Die zum Nachweis von Bewirtungsaufwendungen erforderlichen schriftlichen Angaben müssen zeitnah gemacht werden (nach Ablauf des Geschäftsjahres ist jedenfalls nicht mehr zeitnah).

Inhalt der Rechnung bis zu oder über 250 Euro

Die Rechnung muss grundsätzlich den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes (§ 14 UStG) genügen, maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein. Bei Rechnungen mit einem Gesamtbetrag bis zu 250 Euro müssen mindestens die Anforderungen der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (§ 33 UStDV) erfüllt sein. Dies sind:

  • Name und Anschrift des leistenden Unternehmers (Bewirtungsbetrieb),
  • Ausstellungsdatum,
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung,
  • Entgelt und
  • der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Summe sowie
  • der anzuwendende Steuersatz.

Zusätzlich sind bei Rechnungen über 250 Euro die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers (Bewirtungsbetrieb) erforderlich.

Die Rechnung muss eine fortlaufende Nummer enthalten, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben worden ist. Dies gilt nicht bei Kleinbetragsrechnungen. Verpflichtende Angaben nach der Kassensicherungsverordnung (§ 6 KassenSichV) bleiben unberührt.

Gemäß KassenSichV werden weitere Anforderungen an einen Beleg gestellt. Danach muss ein Beleg auch enthalten: den Zeitpunkt des Vorgangbeginns und der Vorgangsbeendigung, die Transaktionsnummer und die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls.

Bewirtungsleistungen sind im Einzelnen zu bezeichnen. Die Angabe „Speisen und Getränke“ und die Angaben der für die Bewirtung in Rechnung gestellten Gesamtsumme reichen nicht. Bezeichnungen, wie beispielsweise „Menü 1“, „Tagesgericht 2“ und aus sich selbst heraus verständliche Abkürzungen, sind indes nicht zu beanstanden.

Rechnungen bis zu 250 Euro müssen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen nicht enthalten. Bei Rechnungen über 250 Euro bestehen keine Bedenken, wenn der Bewirtungsbetrieb den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen handschriftlich auf der Rechnung vermerkt.

Erstellung der Bewirtungsrechnung

Das BMF hat mit dem neuen Schreiben erstmals auch zur Erstellung einer Bewirtungsrechnung aus Sicht des Bewirtungsbetriebs Stellung genommen. Dies war wegen der Verschärfungen im Bereich der elektronischen Kassensysteme erforderlich.

Verwendet der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion im Sinne des Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit der KassenSichV, werden für den Betriebsausgabenabzug von Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mithilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt. Der Bewirtungsbetrieb ist nach der AO verpflichtet, mit dem elektronischen Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion Belege über die Geschäftsvorfälle zu erstellen.

Beachten Sie: Der Beleg, der die Angaben gemäß KassenSichV enthält, stellt bei einem Rechnungsbetrag bis 250 Euro eine ordnungsgemäße Rechnung dar. Rechnungen in anderer Form (z. B. handschriftlich oder nur maschinell erstellte), erfüllen die Nachweisvoraussetzungen nicht. Die darin ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen sind vollständig vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen (Verschärfung gegenüber der bisherigen Praxis).

Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige darauf vertrauen, dass die Rechnung maschinell ordnungsgemäß erstellt und aufgezeichnet worden ist, wenn der von dem elektronischen Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion ausgestellte Beleg mit einer Transaktionsnummer, der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder der Seriennummer des Sicherheitsmoduls versehen wurde. Diese Angaben können auch mittels QR-Codes dargestellt werden.

Digitale oder digitalisierte Rechnungen und Belege

Der Eigenbeleg kann digital erstellt oder digitalisiert werden. Die Autorisierung ist durch den Steuerpflichtigen durch eine elektronische Unterschrift oder eine elektronische Genehmigung der Angaben zu gewährleisten, die im Nachhinein nicht undokumentiert geändert werden können.

Beachten Sie: Die Bewirtungsrechnung kann dem Steuerpflichtigen bereits in digitaler Form übermittelt werden. Eine Bewirtungsrechnung in Papierform kann vom Steuerpflichtigen im Anschluss digitalisiert werden.

Ein digitaler oder digitalisierter Eigenbeleg muss digital mit der Bewirtungsrechnung zusammengefügt oder durch einen Gegenseitigkeitshinweis auf Eigenbeleg und Bewirtungsrechnung verbunden werden. Eine elektronische Verknüpfung (z. B. eindeutiger Index) ist zulässig. Die geforderten Angaben können auch in digitaler Form auf der digitalen oder digitalisierten Bewirtungsrechnung angebracht werden. Das BMF fordert in diesem Zusammenhang zahlreiche Punkte, damit die Nachweiserfordernisse als erfüllt angesehen werden können. So müssen u. a. die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) erfüllt sein.

Bewirtungen im Ausland: analoge Regeln mit Ausnahmemöglichkeiten

Bei Bewirtungen im Ausland gelten grundsätzlich dieselben Regelungen. Kann der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass er eine detaillierte, maschinell erstellte und elektronisch aufgezeichnete Rechnung nicht erhalten konnte, genügt in Ausnahmefällen die ausländische Rechnung, auch wenn sie den Anforderungen nicht voll entspricht.

Beachten Sie: Liegt ausnahmsweise nur eine handschriftlich erstellte Rechnung vor, muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass im ausländischen Staat keine Verpflichtung zur Erstellung maschineller Belege besteht.

Anwendungsregelungen

Das neue Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden, wobei zwei Übergangsregelungen gewährt werden:

  • Für bis zum 31.12.2022 ausgestellte Belege über Bewirtungsaufwendungen ist der Betriebsausgabenabzug unabhängig von den nach der KassenSichV geforderten Angaben zulässig.
  • Führen die Regelungen (über die nach der KassenSichV geforderten Angaben hinaus) im Vergleich zum Schreiben vom 21.11.1994 zu erhöhten Anforderungen an die Nachweisführung, sind sie erst für Bewirtungsaufwendungen verpflichtend, die nach dem 1.7.2021 anfallen. (BMF-Schreiben vom 30.6.2021, IV C 6 – S 2145/19/10003 :003)

Doppelbesteuerung der Renten: Verfassungsbeschwerden eingelegt

Im Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zwei Klagen zur Doppelbesteuerung der Renten als unbegründet abgewiesen. Für spätere Rentenjahrgänge zeichnet sich für den BFH wegen der Abschmelzung des Rentenfreibetrags indes eine Doppelbesteuerung ab. Hiergegen haben die Steuerpflichtigen nun Verfassungsbeschwerden eingelegt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat hierauf insofern reagiert, dass Steuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2005 vorläufig ergehen, in denen Leibrenten oder andere Leistungen aus einer Basisversorgung erfasst sind.

Beachten Sie: Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat angekündigt, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode eine Steuerreform auf den Weg zu bringen, die die Vorgaben des BFH erfüllt. Gemäß Pressemitteilung scheint das BMF aber Änderungen (erst) für künftige Rentenjahrgänge ab 2025 anzustreben. Die weitere Entwicklung bleibt vorerst abzuwarten. (Verfassungsbeschwerden: 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21; BMF, PM vom 3.6.2021 „Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Rentenbesteuerung“; BMF, Schreiben vom 30.8.2021, IV A 3 – S 0338/19/10006 :001)

Schadenersatz: Zulassung und Zulassungsdienst: Kosten erstattungsfähig

Der Geschädigte darf für die Zulassung seines Ersatzfahrzeugs einen Zulassungsdienst in Anspruch nehmen. Die dabei anfallenden Kosten muss die gegnerische Haftpflichtversicherung erstatten. So sagt es jetzt das Amtsgericht (AG) Wipperfürth wie schon etliche Gerichte zuvor.

Das AG Wipperfürth stellt klar: Der Schädiger bzw. seine Haftpflichtversicherung können sich nicht darauf berufen, dass es Sache des Geschädigten sei, sein Fahrzeug zuzulassen. Zwar ist dies auch erforderlich, wenn ohne den Unfall später ein neues Kraftfahrzeug angeschafft wird. Die Zulassung des neu beschafften Fahrzeugs wurde hier aber gerade aufgrund des Unfalls notwendig. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Geschädigte das unfallbeschädigte Fahrzeug selbst angemeldet hat. Da der Zeitaufwand des Geschädigten für den Unfall keinen ersatzfähigen Schaden darstellt, ist es gerechtfertigt, einen Zulassungsdienst in Anspruch zu nehmen, denn auch wenn die Zulassung eines neuen Kfz online schnell und unkompliziert möglich ist, bedeutet sie, so das AG, dennoch einen erheblichen Zeitaufwand, zumal die Fahrt zur Zulassungsbehörde und zurück auch noch eingerechnet werden muss. (AG Wipperfürth, Urteil vom 8.7.2021, 9 C 101/20)

Werkstattrecht: Wann muss ein Kunde Standgeld an das Autohaus zahlen?

Eine alltägliche Situation: In der irrigen Annahme, einen Nachbesserungsanspruch zu haben oder zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt zu sein, stellt der Kunde das Fahrzeug auf dem Hof des Autohauses ab. Dort bleibt es eine Zeit lang stehen, bis der Kunde sein Auto abholt. Doch das Autohaus verlangt nun „Standgeld“. Zu Recht? Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen „Standgeld“ zu zahlen ist, hat nun das Amtsgericht (AG) Werl entschieden.

Ein Kunde hatte nach dem Kauf eines Neufahrzeugs einen Mangel gerügt. Den hatte das Autohaus beseitigt, weitere Nachbesserungsarbeiten aber ausdrücklich abgelehnt. Daraufhin erklärte der Kunde den Rücktritt vom Kaufvertrag und stellte das Fahrzeug auf dem Gelände des Autohauses ab. Der Aufforderung, es innerhalb von vier Tagen abzuholen, weil andernfalls Standkosten anfielen, kam er nicht nach. Nach rund acht Wochen holte er sein Auto doch ab, ohne auf den zuvor erklärten Rücktritt zurückzukommen.

Das AG hat die Klage auf Ersatz von Standkosten in Höhe von 702,10 Euro abgewiesen. Unter keinem denkbaren Aspekt sei der Käufer zum Ersatz von Standkosten verpflichtet. Aus Sicht des AG hat sich der Käufer nicht im Annahmeverzug befunden, obwohl der Autohaus-Anwalt ihn unter Fristsetzung aufgefordert hatte, das Fahrzeug abzuholen.

Beachten Sie: Forderungen von Kfz-Betrieben in punkto Aufbewahrungsgebühr, Verwahrgeld, Standgeld oder -kosten sind juristisch keine Selbstläufer. Gerichte neigen oft zu einer zurückhaltenden Sicht. Der von den Gerichten anerkannte Tagessatz für Standkosten eines Pkw liegt zwischen 10 und 15 Euro. Das AG Coburg beispielsweise spricht sich für 15 Euro aus. (AG Werl, Urteil vom 8.4.2021, 4 C 110/19)

Bußgeldverfahren: Fahrverbot auch noch nach langer Verfahrensdauer?

Dauert das Bußgeldverfahren lange, stellt sich bei einem festgesetzten Fahrverbot immer auch die Frage, ob das Verfahren so lange gedauert hat, dass die Verhängung eines Fahrverbots nicht mehr zulässig ist. Damit hat sich jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg noch einmal auseinandergesetzt.

Das OLG: Bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren zwischen Tat und Urteil bedarf es besonderer Umstände für die Annahme, dass ein Fahrverbot noch unbedingt notwendig ist. Bei der Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalls ist zu berücksichtigen, worauf die lange Verfahrensdauer zurückzuführen ist, insbesondere, ob hierfür maßgebliche Umstände im Einflussbereich des Betroffenen liegen oder Folge gerichtlicher oder behördlicher Abläufe sind. Hat der Betroffene Rechtsmittel ausgeschöpft und die in der Strafprozessordnung (StPO) und im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) eingeräumten Rechte genutzt, kann ihm dies nicht als eine von ihm zu vertretende Verfahrensverzögerung entgegengehalten werden. Etwas anderes gilt, wenn die lange Dauer des Verfahrens (auch) auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Betroffenen liegen. Das hat das OLG bejaht, da mehrfach der Hauptverhandlungstermin auf Wunsch des Betroffenen oder seines Verteidigers verschoben wurde und er mehrfach zur Hauptverhandlung nicht erschien, ohne sich vorher zu entschuldigen. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.6.2021, 1 OLG 53 Ss-OWi 221/21)

Schadenersatz: Was ist ein Oldtimer-Traktor von 1935 wert?

Ein Oldtimer-Traktor war gestohlen worden. In einem Verfahren, das das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig jetzt entschieden hat, ging es um den Wert des Traktors.

Der Käufer erwarb für 35.000 Euro einen Traktor Baujahr 1935. Er ließ ihn zunächst beim Verkäufer stehen. Dieser stellte den Traktor für mehrere Tage im Freien ab. Dort entwendeten ihn Unbekannte.

Von seiner Vollkaskoversicherung erhielt der Käufer 62.500 Euro, da er den Traktor so hoch versichert hatte. Da der Oldtimer nach Auffassung des Käufers jedoch viel mehr wert war, klagte er gegen den Verkäufer. Dieser sollte den unversicherten Schaden von 87.500 Euro ersetzen.

Das OLG gestand dem Käufer einen Anspruch auf Schadenersatz zu. Der Verkäufer habe seine Pflichten aus dem Verwahrungsvertrag grob fahrlässig verletzt. Denn er habe den auch ohne Schlüssel jederzeit startbereiten Traktor für mehrere Tage und Nächte unbeaufsichtigt im Freien abgestellt und nicht gegen Wegnahme gesichert.

Der Käufer habe aber nicht bewiesen, dass der von ihm gekaufte Traktor-Oldtimer ein bestimmter, höherwertiger Typ („H8“) gewesen sei. Die Wertschätzung beruhe auch auf der übereinstimmenden Angabe von zwei Sachverständigen. Zwar bewerteten diese den Traktor unterschiedlich. Dies hinderte den Senat aber nicht an der Schätzung des Schadens auf 72.500 Euro, die er durch Mittelung der von den Sachverständigen gefundenen Wertangaben vornahm. Damit hatte der Käufer nur in Höhe von 10.000 Euro Erfolg. (OLG Braunschweig, Urteil vom 20.5.2021, 9 U 8/20, PM vom 8.7.2021)

Geschwindigkeitsverstoß: Einziehung eines Leasingfahrzeugs nach verbotenem Rennen

Das Landgericht (LG) Tübingen hat in einem Verfahren mit dem Vorwurf des verbotenen Kraftfahrzeugrennens die Voraussetzungen für eine Einziehung eines Leasingfahrzeugs verneint.

Das Amtsgericht (AG) hatte einen VW Golf GTI eingezogen. Der Angeklagte soll damit an einem Kraftfahrzeugrennen teilgenommen haben. Dieses Fahrzeug stand im Eigentum einer Leasing GmbH. Leasingnehmerin war die Mutter des Angeklagten. Diese trug sämtliche finanzielle Lasten des Fahrzeugs, nutzte dieses selbst insbesondere für den Arbeitsweg, überließ es allerdings dem Angeklagten auch zu dessen Nutzung.

Das LG sah den Fall anders: Der Golf stehe im Eigentum der tatunbeteiligten Leasinggeberin. Die Einziehung wäre daher nur möglich, wenn ein Fall der sog. „Quasi-Beihilfe“ vorläge, wofür aber keine Anhaltspunkte bestanden. Eine sog. Sicherungseinziehung wäre zu erwägen, wenn der Pkw nach seiner bloßen Beschaffenheit oder der Art seiner konkreten Verwendung auch künftig eine Gefährdung fremder Rechtsgüter besorgen ließe, was das LG nicht hat erkennen können. Allein die vom AG hervorgehobene „sportliche“ Ausrichtung des Pkw ab Werk mache diesen abstrakt-generell so lange nicht zur sozial inadäquaten Gefahrenquelle, wie es in der Bundesrepublik erlaubt bleibt, ohne kompetitive Ambitionen auf den Bundesautobahnen die Beschleunigungs- und Geschwindigkeitspotenziale solcher Sportwagen auszureizen.

Zudem lag für das LG ein weiterer Einsatz als Rennfahrzeug fern, weil die Leasingnehmerin nicht im Verdacht stand, das Fahrzeug selbst zur Begehung von Straßenverkehrsstraftaten zu missbrauchen oder der „Raser-Szene“ anzugehören. Ihr Sohn wird voraussichtlich nicht über die Fahrerlaubnis verfügen, um das Fahrzeug erneut im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. (LG Tübingen, Beschluss vom 11.6.2021, 3 Qs 16/21)