Wettbewerbsrecht: Abmahnung: Der Mensch ist mit dem Gecko nicht vergleichbar

Wer Nahrungsergänzungsmittel für Menschen verkauft, steht nicht im Wettbewerb mit Verkäufern von Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos. Liegt offensichtlich kein Wettbewerbsverhältnis vor, ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall eines Händlers entschieden. Dieser betreibt einen Onlinehandel u.a. mit Nahrungsergänzungsmitteln für Geckos. Der Beklagte verkauft ebenfalls im Onlineversand u.a. Nahrungsergänzungsmittel für Menschen. Der Händler hatte in seinem Onlineshop eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwandt. Der Beklagte hatte ihn deswegen abgemahnt und die Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt. Der Händler hatte daraufhin seinerseits einen Anwalt zur Rechtsverteidigung beauftragt.

Der Kläger wollte mit der Klage den Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten erreichen. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Abmahnung unberechtigt gewesen sei. Deshalb bestehe kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. Darüber hinaus sei die Abmahnung auch rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Daher müsse ihm der Beklagte die zur Verteidigung erforderlichen Anwaltskosten erstatten.

Das OLG hat dem Händler außergerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 5.000 EUR zugesprochen. Zur Begründung haben die Richter im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte die Abmahnung auf einen Aspekt gestützt habe, der offensichtlich nicht geeignet ist, ein Wettbewerbsverhältnis zu begründen. Unternehmer, die Futter und Nahrungsergänzungsmittel für Geckos vertreiben, stehen offensichtlich nicht im Wettbewerb mit Unternehmern, die Nahrungsergänzungsmittel für Menschen vertreiben. Aus dem offensichtlichen Fehlen des Wettbewerbsverhältnisses kann geschlossen werden, dass es dem Beklagten nicht und erst recht nicht in erster Linie darauf angekommen ist, den Wettbewerbsverstoß abzustellen. Der Beklagte habe sich offensichtlich nicht inhaltlich mit der Website des Händlers befasst. Dann wäre ihm aufgefallen, dass das Abstellen auf Nahrungsergänzungsmittel zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses abwegig ist. Aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers konnte eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung des Händlers die wirtschaftlichen Interessen eines Shopbetreibers, der mit Geckos nichts zu tun hat, aber sonst eine Vielzahl diverser Produkte vertreibt, nicht berühren. Das gilt erst recht für die Argumentation, dass beide Nahrungsergänzungsmittel vertreiben würden. Triebfeder und das beherrschende Motiv für die Abmahnung war nicht die Unlauterkeit des gegnerischen Verhaltens und die eigene Betroffenheit als Mitbewerber. Vielmehr haben offensichtlich andere sachfremde Motive im Vordergrund gestanden. Der Händler kann daher Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. (OLG Köln, Urteil vom 28.2.2020, 6 U 238/19)

Freiberufler und Gewerbetreibende: Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer

Ein externer Datenschutzbeauftragter ist gewerblicher Unternehmer, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden hat, liegt keine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vor. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen auch buchführungspflichtig.

Im Fall des BFH war ein selbstständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Steuerpflichtigen als gewerblichen Unternehmer auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht München ohne Erfolg.

Als Datenschutzbeauftragter übt der Steuerpflichtige keine dem Beruf des Rechtsanwalts vorbehaltene Tätigkeit aus. Vielmehr wird er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig.

Ein Datenschutzbeauftragter berät in interdisziplinären Wissensgebieten. Hierfür muss er zwar neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Fachwissen in anderen Bereichen (z. B. der Informations- und Kommunikationstechnik und der Betriebswirtschaft) besitzen. Eine spezifische akademische Ausbildung muss er aber anders als der Rechtsanwalt nicht nachweisen.

Aus diesem Grund übt ein externer Datenschutzbeauftragter auch keine Tätigkeit aus, die einem der im Einkommensteuergesetz genannten Katalogberufe insbesondere dem des Rechtsanwalts ähnlich ist.

Schließlich ist so der BFH auch keine sonstige selbstständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzunehmen. Es fehlt hier an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen (Vollstreckung von Testamenten, Vermögensverwaltung und Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied). (BFH, Urteil vom 14.1.2020, VIII R 27/17)

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften: Verdeckte Gewinnausschüttung: Tante kann eine nahestehende Person sein

Gewährt eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) der Tante ihrer Alleingesellschafterin ein nicht fremdübliches Beraterhonorar, kann dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen. Denn auch eine Tante kann unter besonderen Umständen eine nahestehende Person sein. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.

Hintergrund: Bei einer vGA handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern und kann auch vorliegen, wenn die Leistung nicht unmittelbar an den Gesellschafter erfolgt, sondern an eine nahestehende Person.

Iden dem Fall die N die Alleingesellschafterin einer Unternehmergesellschaft (UG). Über das Vermögen ihrer Tante (T), die von Anfang an Geschäftsführerin der UG war, lief ein Privatinsolvenzverfahren. Im allein von der T unterzeichneten Geschäftsführervertrag aus 2008 war ein jährliches Gehalt von 18.000 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. In der Folge wurde das Gehalt durch allein von der Geschäftsführerin unterzeichnete Gesellschafterbeschlüsse mehrfach geändert, zuletzt am 29.12.2012. Danach sollte das Gehalt nur bis Juni 2013 gezahlt und danach ein Beratungshonorar festgesetzt werden, dessen Höhe noch festzulegen war.

Am 1.11.2014 wurde ein Beratervertrag abgeschlossen. Die Vergütung betrug 30 EUR netto pro Stunde. Zum 31.12.2013 verbuchte die UG ein Honorar von 60.000 EUR auf dem Forderungsverrechnungskonto der T für Beratungsleistungen in 2013. Ende 2015 übertrug die N ihren Geschäftsanteil zum symbolischen Kaufpreis von 1 EUR auf ihre Tante. Zur „Unternehmensgruppe“ gehörten zwei weitere Gesellschaften in Form von UG, deren Gesellschaftsanteile ebenfalls von der N auf die T übertragen wurden.

Das Finanzamt beurteilte das Beraterhonorar im Streitjahr 2013 als vGA. Hiergegen wandte die UG ein, dass das Honorar auf Grundlage einer eindeutigen Vereinbarung gezahlt worden sei und legte einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 vor, wonach die T ab 2013 ein monatliches Honorar von 5.000 EUR erhalten sollte.

Das FG Münster bestätigte die Sichtweise des Finanzamts und stufte die T als nahestehende Person der N ein. Denn die T hatte als alleinige einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin einen weitreichenden Handlungsspielraum gehabt und diesen sogar über ihre formalen Kompetenzen hinaus für sich beansprucht. So hatte sie die Gehaltsanpassungen und den Beratungsvertrag allein unterzeichnet.

Zudem war sie die alleinige Akteurin im „UG-Verbund“, wodurch es an einem natürlichen Interessengegensatz fehlte. Dementsprechend wurden auch die weiteren Gesellschaften im Unternehmensverbund nach Abschluss der Privatinsolvenz auf T übertragen.

Die Vereinbarung über das Beraterhonorar hielt einem formellen Fremdvergleich nicht stand. Es fehlte bereits an einer im Vorhinein abgeschlossenen zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung, da die T ihre Leistungen bereits vor Abschluss des Beratervertrags vom 1.11.2014 erbracht hatte. Darüber hinaus beurteilte das FG den Vertrag als zivilrechtlich unwirksam, da hierfür die Gesellschafterversammlung und nicht der Geschäftsführer zuständig gewesen sei.

Der nachträglich eingereichte Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 stellt ebenfalls keine klare und eindeutige Vereinbarung dar, da er inhaltlich dem Beschluss vom selben Tag widerspricht.

Unabhängig davon war der Beratervertrag nicht tatsächlich durchgeführt worden. Es war nicht erkennbar, dass die T neben ihrer Geschäftsführertätigkeit, die nach dem Geschäftsführervertrag ihre gesamte Arbeitskraft beanspruchen sollte, weitere Beratungsleistungen erbracht hatte. (FG Münster, Urteil vom 16.1.2020, 10 K 3930/18 K,G,F)

Gesetzliche Unfallversicherung: Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung VBG für 2019

Der VBG-Vorstand hat den Beitragsfuß für 2019 beschlossen. Zur Entlastung ihrer Mitgliedsunternehmen aufgrund der Coronavirus-Pandemie bietet die VBG Zahlungserleichterungen, wie Stundung und Ratenzahlung für die rückwirkend fälligen Beiträge an.

Die VBG als wesentlicher Teil der sozialen Sicherung finanziert mit dem Beitrag ihrer Mitgliedsunternehmen die Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Rehabilitation und Entschädigung. Die VBG erwirtschaftet keine Gewinne und legt nach dem gesetzlich geregelten System der nachträglichen Umlagefinanzierung am Ende eines Kalenderjahres die Aufwendungen in Form von Beiträgen auf alle Mitgliedsunternehmen um.

Erstmals seit zehn Jahren steigt der Beitragsfuß der Umlage für Pflicht- und freiwillig Versicherte. Er liegt bei 4,60 EUR für das Jahr 2019, entschied der VBG-Vorstand am 2.4.2020.

Volker Enkerts, der VBG-Vorstandsvorsitzende betont: „Uns ist bewusst, dass die Coronavirus-Pandemie und die getroffenen Maßnahmen zu deren Eindämmung bei einer Vielzahl unserer Mitgliedsunternehmen zu einer angespannten Wirtschaftssituation führen. Aufgrund dieser besonderen Lage bieten wir als VBG Möglichkeiten zur Entlastung der Mitgliedsunternehmen in Form von Zahlungserleichterung für die Beiträge an, wie zum Beispiel Stundung und Ratenzahlung.“

Mehrere Gründe sind für diese Anhebung des VBG-Beitrags verantwortlich:

  • Das wirtschaftliche Wachstum ist im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen. Wie bereits erwartet wurde, hat sich dieses Abflauen der Konjunktur auch in den Entgeltsummen vieler Mitgliedsunternehmen der VBG niedergeschlagen. Das gilt unter anderem für die Branche Zeitarbeit, die als Konjunkturindikator gilt.
  • Steigende Kosten im gesamten Gesundheitssystem führten auch zu erhöhten Ausgaben in der Rehabilitation.
  • Zudem sind durch die erfolgte Rentenanpassung in der Höhe von durchschnittlich 3,5 Prozent die Rentenleistungen weiter gestiegen.

Unabhängig davon gilt für zahlreiche Kleinunternehmen weiterhin der unveränderte Mindestbeitrag von 48 EUR pro Jahr.

Die VBG-Mitgliedsunternehmen erhalten im April ihre Beitragsrechnungen für das Jahr 2019 per Post. Der Beitrag wird regulär am 15.5.2020 fällig. Nähere Informationen erhalten die Unternehmen mit dem Beitragsbescheid und auf www.vbg.de/zahlungserleichterungen.

Alle Steuerzahler: Neue Formulare für die Einkommensteuererklärung

Die Formulare für die Einkommensteuererklärung 2019 wurden anders strukturiert. So wurde der bisher vierseitige Mantelbogen auf zwei Seiten reduziert. Dafür gibt es jetzt eine Vielzahl neuer Anlagen (z. B. Anlage Sonderausgaben und Anlage Außergewöhnliche Belastungen).

Zahlreiche Daten liegen der Finanzverwaltung wegen elektronischer Datenübermittlungen der mitteilungspflichtigen Stellen bereits vor (eDaten). Dies betrifft z. B. Bruttoarbeitslöhne und die zugehörigen Lohnsteuerabzugsbeträge sowie bestimmte Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung. In die entsprechend gekennzeichneten Zeilen müssen ab dem Veranlagungszeitraum 2019 keine Eintragungen mehr gemacht werden.

Beachten Sie: Die dem Finanzamt vorliegenden eDaten haben keine Bindungswirkung. Steuerpflichtige können somit weiterhin eigene Angaben machen. Sie müssen diese Zeilen/Bereiche weiter ausfüllen, wenn ihnen bekannt ist, dass die eDaten nicht oder nicht zutreffend übermittelt wurden.

Aktuelle Gesetzgebung: Corona-Pandemie: Ein Überblick über Hilfspakete und Sofortmaßnahmen

Der Kampf gegen das Corona-Virus hat die Bevölkerung fest im Griff und bestimmt das Berufsleben und den Alltag. Die (wirtschaftlichen) Folgen sind bereits jetzt immens. Insbesondere Hoteliers und Gastronomen trifft die Corona-Krise mit voller Härte. Aber auch andere Berufsgruppen, Freiberufler und Arbeitnehmer sind betroffen. Demzufolge haben Bundestag und Bundesrat das größte Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepublik verabschiedet.

Vorbemerkungen

Bei den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie verliert man schnell den Überblick. Dies liegt zum einen an der Vielzahl der unterschiedlichen Maßnahmen. Zum anderen gibt es hier fast täglich Neuerungen zu vermelden.

Die Übersicht enthält sowohl Aspekte aus dem von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Hilfspaket als auch weitere, wichtige Hilfsmaßnahmen.

Soforthilfe für Soloselbstständige, Freiberufler und kleine Unternehmen

Um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, erhalten Soloselbstständige, Angehörige der Freien Berufe und kleine Unternehmen (einschließlich Landwirte) mit bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) eine finanzielle Soforthilfe, die als Einnahme steuerbar ist:

  • Antragsteller mit bis zu fünf Beschäftigten erhalten einen einmaligen Zuschuss von bis zu 9.000 EUR.
  • Bei Antragstellern mit bis zu zehn Beschäftigten beträgt der Zuschuss bis zu 15.000 EUR.

Die konkrete Einmalzahlung orientiert sich an einem glaubhaft versicherten Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate. Für den Fall, dass dem Antragsteller im Antragszeitraum ein Miet-/Pachtnachlass von mindestens 20 % gewährt wurde, kann er den fortlaufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwand für fünf Monate ansetzen.

Beachten Sie | Der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Antragstellende Unternehmen dürfen sich nicht bereits am 31.12.2019 in finanziellen Schwierigkeiten befunden haben.

Die Anträge sind spätestens bis zum 31.5.2020 zu stellen. Dieses Soforthilfe-Programm ergänzt die spezifischen Programme der Bundesländer. Die Anträge werden deshalb aus einer Hand von den Bundesländern bearbeitet. Eine Liste der Ansprechpartner finden Sie unter www.iww.de/s3501.

Neben der dargestellten finanziellen Soforthilfe fördert das Bundeswirtschaftsministerium Beratungen für Corona-betroffene kleine und mittlere Unternehmen einschließlich Freiberufler bis zu einem Beratungswert von 4.000 EUR ohne Eigenanteil. Die verbesserten Förderkonditionen für beanspruchte professionelle Beratungsleistungen gelten bis Ende 2020.

Kredite

Mit erleichterten Maßnahmen zur Liquiditätsausstattung will die Bundesregierung Unternehmen schützen. Beispielsweise wurden die Bedingungen für KfW-Unternehmerkredite (für Bestandsunternehmen) und ERP-Gründerkredit Universell (für Unternehmen unter 5 Jahren) gelockert. Zudem ging am 23.3.2020 das neue KfW-Sonderprogramm 2020 an den Start.

Kurzarbeitergeld und Hinzuverdienstmöglichkeiten

Durch das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13.3.2020 (BGBl I 2020, S. 493) gibt es beim Kurzarbeitergeld einige Erleichterungen:

  • Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10 % haben.
  • Anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden zu 100 % erstattet.
  • Leiharbeitnehmer können ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (sofern tarifvertraglich geregelt) kann verzichtet werden.

Zusätzlich wurde es ermöglicht, dass Beschäftigte in Kurzarbeit in Bereichen aushelfen können, die notwendig sind, um die Infrastruktur und Versorgung aufrechtzuerhalten. Zuverdienste werden bis zur Höhe des vorherigen Einkommens gestattet.

Stundung von Steuerzahlungen und SV-Beiträgen

Die Finanzverwaltung hat die Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen, zur Senkung von Vorauszahlungen und im Bereich der Vollstreckung verbessert (BMF-Schreiben vom 19.3.2020, Az. IV A 3 – S 0336/19/10007 :002 und gleich lautende Ländererlasse zu gewerbesteuerlichen Maßnahmen vom 19.3.2020). Das erleichterte Prozedere gilt bis 31.12.2020 für unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige.

Der GKV-Spitzenverband hat in einem Rundschreiben vom 24.3.2020 (unter www.iww.de/s3502) eine erleichterte Stundungsmöglichkeit von Sozialversicherungsbeiträgen empfohlen. In dem Rundschreiben wurde u. a. auf Folgendes hingewiesen: Auf Antrag des Arbeitgebers können die bereits fällig gewordenen oder noch fällig werdenden Beiträge zunächst für die Ist-Monate März 2020 bis Mai 2020 gestundet werden; Stundungen sind zunächst längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Juni 2020 zu gewähren. Einer Sicherheitsleistung bedarf es nicht. Stundungszinsen sind nicht zu berechnen.

Vorrangig vor einer Stundung müssen Betroffene das Kurzarbeitergeld und sonstige Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen nutzen. Das gilt etwa für Fördermittel und Kredite, die unter der Federführung des Bundesfinanzministeriums und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie als Schutzschirme vorgesehen sind.

Arbeitgeberleistungen

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern vom 1.3. bis 31.12.2020 Beihilfen und Unterstützungen bis zu 1.500 EUR nach § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren (BMF-Schreiben vom 9.4.2020, Az. IV C 5 – S 2342/20/10009 :001). Voraussetzung: Diese werden zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet.

Beachten Sie | Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen nicht unter diese Steuerbefreiung.

Betreuung wegen Schul- oder Kitaschließung

Durch das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (BGBl I 2020, S. 587) wurde § 56 Infektionsschutzgesetz um einen Abs. 1a bzw. eine neue Entschädigungsregelung ergänzt. Dadurch wird der Verdienstausfall von solchen Eltern ausgeglichen, die ihre Kinder wegen einer auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes behördlich angeordneten Schließung von Schulen und Kindertagesstätten selbst betreuen müssen.

Durch § 56 Abs. 2 S. 4 Infektionsschutzgesetz wurde bestimmt, dass die Entschädigung in Höhe von 67 % des dem erwerbstätigen Sorgeberechtigten entstandenen Verdienstausfalls für längstens sechs Wochen gewährt wird; für einen vollen Monat werden höchstens 2.016 EUR gezahlt.

Voraussetzung: Es mangelt an zumutbaren und möglichen Betreuungsalternativen. Anspruch auf Entschädigung gibt es, wenn Kinder das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind.

Miete und Verbraucherdarlehen

Durch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ (BGBl I 2020, S. 569) wurde Folgendes geregelt: Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1.4. bis 30.6.2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht.

Bei vor dem 15.3.2020 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen gilt, dass Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1.4. und dem 30.6.2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden.

Voraussetzung: Der Verbraucher hat wegen der Corona-Pandemie Einnahmeausfälle, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung unzumutbar ist.

Strafrecht: Verurteilung des PKW Fahrers, der zwei Kinder im Straßenverkehr gemaßregelt hat

Eine Jugendrichterin des Amtsgerichts Wiesbaden verurteilte einen 31-jährigen Autofahrer wegen Körperverletzung, Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe und verhängte ein dreimonatiges Fahrverbot.

Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte befuhr mit seinem Pkw eine Straße in Wiesbaden. Hier waren auch die beiden 13 und 14 Jahre alten Geschädigten mit ihren Fahrrädern unterwegs. Beim Überholen einer der beiden Jungen fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw so dicht an dem Jungen vorbei, dass der rechte Außenspiegel seines Pkw den Fahrradlenker des Jungen nur knapp verfehlte. Der Junge sah sich gezwungen dem Pkw des Angeklagten auszuweichen und zu bremsen.

Der Junge rief dem Angeklagten hinterher „Was soll das Du Penner?“ Daraufhin leitete der Angeklagte mit seinem Pkw eine Vollbremsung unmittelbar vor dem Rad des zweiten Jungen ein. Dieser stürzte hierdurch auf regennasser Fahrbahn und zog sich Abschürfungen am rechten Knie zu. Der Angeklagte verließ nunmehr sein Fahrzeug und begab sich zu den beiden Jungen, die er wegen der Äußerung zur Rede stellte.

Nachdem der Angeklagte herausgefunden hatte, wer von den beiden Jungen den Ausruf getätigt hatte, schlug er dem 13-jährigen Geschädigten mit der flachen Hand auf die linke Gesichtshälfte, was zu Schmerzen bei dem Kind führte. Anschließend entfernte sich der Angeklagte vom Ort des Geschehens, ohne sich weiter um den verletzen Jungen zu kümmern. Allerdings konnte das Gericht in der Hauptverhandlung nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch Passanten zum Wegfahren gedrängt wurde.

Die Jugendrichterin war von der Schuld des Angeklagten überzeugt und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen in Höhe von 30 EUR (2100 EUR). Als Besinnungsstrafe erkannte sie weiterhin auf ein Fahrverbot von 3 Monaten. (AG Wiesbaden)

Haftungsrecht: Geschwindigkeit muss bei Gegenverkehr und Dunkelheit angepasst werden

Autofahrer müssen bei Dunkelheit und erkennbarem Gegenverkehr auf schmalen Straßen auf halbe Sicht fahren.

Diese Klarstellung traf das OLG Celle in einer Verkehrsunfallsache. Bei Dunkelheit waren auf einer 4,95 m breiten Gemeindestraße ohne Fahrbahnmarkierungen ein Pkw und ein ordnungsgemäß beleuchtetes, überbreites landwirtschaftliches Gespann (Schlepper und Anhänger) mit einer Breite von 2,95 m zusammengestoßen. Bei erlaubten 80 km/h war der Pkw mit ca. 75 bis 85 km/h unterwegs, der Traktor fuhr ca. 25 bis 35 km/h. Es entstand erheblicher Sach- und Personenschaden.

Der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns und der Haftpflichtversicherer des Pkw stritten darüber, in welchem Verhältnis die jeweiligen Unfallschäden zu ersetzen seien. Der Haftpflichtversicherer meinte, dass der Fahrer des landwirtschaftlichen Gespanns den Schaden zu 50 % verursacht habe, und zahlte deshalb nur die Hälfte des an dem Schlepper und dem Anhänger entstandenen Schadens. Demgegenüber meinte der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns, dass die Fahrerin des Pkw den Unfall alleine verursacht habe. Er verlangte deshalb Ersatz des gesamten Schadens. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es meinte, der Unfall sei überwiegend (65 %) von dem Fahrer des landwirtschaftlichen Gespanns verursacht worden.

Auf die Berufung des Klägers hat das OLG das Urteil teilweise geändert und dem Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns weiteren Schadenersatz zugesprochen. Die Fahrerin des Pkw habe den Unfall verursacht. Zwar habe sie die erlaubte Geschwindigkeit allenfalls geringfügig überschritten. Allerdings habe sie ihre Geschwindigkeit nicht den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst. Bei Dunkelheit auf einer nur 4,95 m breiten Straße ohne Fahrbahnmarkierungen und nicht befestigtem Seitenstreifen sowie erkennbarem Gegenverkehr (Fahrzeugbeleuchtung) in einer leichten Rechtskurve seien selbst 75 km/h zu schnell. Die Fahrerin habe vielmehr einkalkulieren müssen, dass das für sie im Gegenverkehr erkennbare Gespann überbreit war. Es habe ihr erkennbar weniger Platz zur Verfügung gestanden als bei einem entgegenkommenden Pkw. Sie habe deshalb so langsam fahren müssen, dass sie ihr Fahrzeug mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke hätte anhalten können. Darüber hinaus sei die Fahrerin nicht weit genug rechts gefahren. Der von ihr gelenkte Pkw war lediglich ca. 1,70 m breit. Daher habe auch angesichts des ihr entgegenkommenden 2,95 m breiten Gespanns ausreichend Platz zur Verfügung gestanden, um aneinander vorbeizufahren.

Trotz dieser Verkehrsverstöße aufseiten der Unfallgegnerin hat der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gespanns nach der Entscheidung aber keinen Anspruch auf vollständigen Ersatz seiner Schäden. Er müsse sich die bei einem überbreiten landwirtschaftlichen Gespann mit einem Gewicht von 18 t erhöhte Betriebsgefahr anrechnen lassen. Daher könne er nur 70 % seiner Schäden ersetzt verlangen.

Die sogenannte Betriebsgefahr ist in § 7 StVG normiert. Sie begründet eine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrzeughalters. Daraus folgt, dass ein Fahrzeughalter sich bei einem Unfall unter bestimmten Umständen auch dann eine Mithaftung anrechnen lassen muss, wenn sich der Fahrer seines Fahrzeugs nicht verkehrswidrig verhalten hat. (OLG Celle, Urteil vom 4.3.2020, 14 U 182/19)

Autokauf: Rechtsmangel aufgrund Eintragung eines Fahrzeugs im SIS

Ist das Fahrzeug bei Gefahrübergang in das Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen, ist dies ein Rechtsmangel. Hierfür muss der Verkäufer grundsätzlich haften.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Das SIS ist ein Informationssystem für die Sicherheitsbehörden der Schengen-Länder. Es dient der automatisierten Personen- und Sachfahndung in der Europäischen Union (EU). In der Datenbank sind u. a. gestohlene Kraftfahrzeuge registriert.

Kommt es erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer SIS-Eintragung, liegt dagegen kein Rechtsmangel vor. Das gilt auch, wenn das dazu führende Geschehen bei Gefahrübergang bereits vorlag. (BGH, Urteil vom 26.2.2020, VIII ZR 267/17)

Verwaltungsrecht: Voraussetzung für eine Straßensperrung für Motorräder

Will eine Kommune eine Straße wegen einer Lärmbelästigung der Anwohner für Motorräder sperren, muss sie zuvor den entstehenden Lärm ermitteln und dokumentieren.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hin und hob eine straßenverkehrsbehördliche Anordnung auf, die das Befahren einer Kreisstraße mit Krafträdern verboten hatte.

Gegen die Anordnung hatte ein Motorradfahrer geklagt, der die Strecke befahren wollte. Sein zuvor eingereichter Eilantrag war erfolgreich. Das VG hatte bereits mit Beschluss vom 21.11.2019 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Stadt hatte das letztlich in ihrem Ermessen stehende Verbot nicht allein auf Verkehrsgefährdungen, sondern zugleich auch auf eine durch die Krafträder entstehende Lärmbelästigung der Anwohner gestützt. Sie hatte im Vorfeld der Maßnahme jedoch den Lärm für den betroffenen Streckenabschnitt gar nicht gemessen. Das Gericht stellte deshalb im Eilverfahren zunächst fest, dass die Stadt ihre Aufklärungspflicht verletzt hatte. Die Lärmmessung wurde während des Klageverfahrens von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr nachgeholt. Ergebnis war, dass die einschlägigen Grenzwerte deutlich unterschritten würden. Deshalb hat das Gericht der Klage stattgegeben. Vor einer eventuell neuen Anordnung der Sperrung der Strecke für Krafträder im Hinblick auf Unfallzahlen kämen auch eine weitere Geschwindigkeitsbegrenzung oder eine gesteigerte Verkehrsüberwachung in Betracht, so die Richter. (VG Hannover, Urteil vom 19.02.2020, 7 A 5411/18)