Justiz: Erkrankter Richter: Entschädigung bei Verzögerung eines Gerichtsverfahrens

Verzögert sich ein Gerichtsverfahren, weil der zuständige Richter erkrankt, kann das eine Entschädigungspflicht des Staates begründen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) jetzt entschieden.

Der Staat schuldet Rechtsuchenden eine ausreichende personelle und sachliche Ausstattung der Justiz. Dazu gehören personelle Vorkehrungen für Erkrankungen des richterlichen Personals und andere übliche Ausfallzeiten. Diese müssen insbesondere eine wirksame Vertretung und, falls erforderlich, eine zügige Umverteilung der Geschäfte ermöglichen. Verzögert sich das Verfahren trotzdem wegen der Erkrankung des zuständigen Richters, können Betroffene Entschädigung verlangen, soweit deren sonstige Voraussetzungen vorliegen.

Das BSG hat dem Kläger deshalb weitere 300 Euro Entschädigung zugesprochen. Das Landessozialgericht (LSG) als Vorinstanz hatte drei Monate der krankheitsbedingten Verzögerung pauschal als Fall höherer Gewalt angesehen und insoweit eine Entschädigung abgelehnt. Aufgrund des von ihm erstrebten Revisionsurteils erhält der Kläger jetzt insgesamt 2.800 Euro Entschädigung.

Der Kläger hatte 4.700 Euro Entschädigung verlangt, weil sein Klageverfahren beim Sozialgericht (SG) Berlin gegen die Bundesagentur für Arbeit über den Erlass einer Darlehensschuld mehr als viereinhalb Jahre gedauert hatte. Die lange Verfahrensdauer beruhte u. a. auf erheblichen Krankheitszeiten des zunächst zuständigen Kammervorsitzenden.

Quelle: BSG, Urteil vom 24.3.2022, B 10 ÜG 2/20, PM 9/2022 vom 25.3.2022

Grundsicherungsleistungen im Alter: Sozialhilfe: Angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung

Für die Berechnung angemessener Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist auch im Sozialhilferecht die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze maßgeblich. Die entsprechende Regelung aus dem Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist analog anzuwenden. Dies entschied jetzt das Hessische Landessozialgericht (LSG) Darmstadt.

Sozialhilfeempfänger hält höhere Heizungskosten für angemessen

Ein 1951 geborener Mann lebt mit seiner Frau in einer 78 m² großen Wohnung (Kaltmiete 322 Euro, Heizkosten 121 Euro) im Landkreis Kassel. Er bezog zunächst Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) und beantragte nach Erreichen der Altersgrenze schließlich Grundsicherungsleistungen im Alter (Sozialhilfe). Der Landkreis Kassel verwies darauf, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt lediglich eine Wohnfläche von 60 m² und dementsprechend Heizkosten von maximal 69,25 Euro angemessen seien. Der Mann führte dagegen an, dass das Jobcenter bislang höhere Leistungen gewährt habe. Bei der Prüfung der Angemessenheit seien auch im Sozialhilferecht die Heizkosten nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr sei wie bei der Hartz-IV-Berechnung eine Gesamtangemessenheitsgrenze anzuwenden, welche sich auf die Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung beziehe.

Arbeitslosengeld-II-Regelung in der Sozialhilfe analog anzuwenden

Die Richter beider Instanzen haben entschieden, dass die Arbeitslosengeld-II-Regelung zur angemessenen Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung in der Sozialhilfe analog anzuwenden ist. Die Bedarfe für die Unterkunft würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt. Überstiegen die Kosten den angemessenen Umfang, seien sie anzuerkennen, solange eine Kostensenkung wie z.B. einem Wohnungswechsel nicht möglich oder nicht zumutbar sei.

Nach einer im Jahr 2016 eingeführten Regelung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sei anhand einer Gesamtangemessenheitsgrenze zu beurteilen, ob die Kosten für Unterkunft und Heizung angemessen seien. Dies wirke sich zugunsten der Leistungsempfänger insbesondere in den Fällen aus, in denen ein sehr niedriger Kaltmietzins mit unangemessen hohen Heizkosten oder aber ein unangemessen hoher Kaltmietzins mit sehr niedrigen Heizkosten zusammenträfen.

Diese Regelung zur Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze sei im Bereich der Sozialhilfe (SGB XII) analog anzuwenden, so das LSG. Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe dienten jeweils der Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Zudem seien die Angemessenheitsgrenzen der Kosten für Unterkunft und Heizung weitgehend parallel geregelt. Die durch die SGB II-Reform im Jahr 2016 entstandene Regelungslücke im SGB XII sei im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot durch analoge Rechtsanwendung zu schließen.

Höhere Heizkosten berücksichtigungsfähig

Im vorliegenden Fall seien daher bei dem in einer Wohnung mit niedrigem Kaltmietzins wohnenden Kläger höhere Heizkosten zu berücksichtigen.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Quelle: LSG Darmstadt, Urteil vom 15.3.2022, L 4 SO 143/19, PM 2/22

Versicherungsrecht: Regressanspruch eines Gebäudeversicherers gegen Mieter

Wird eine Mietsache beschädigt, kann der Gebäudeversicherer vom Mieter nur Regress verlangen, wenn der Mieter den Schaden grob fahrlässig verursacht hat. So entschied es das Landgericht (LG) Oldenburg.

Beachten Sie: Steht fest, dass nur einer der Mieter den Schaden grob fahrlässig verursacht hat, kann der Versicherer Regress gegen alle aus dem Mietvertrag haftenden Mitmieter nehmen.

Quelle: LG Oldenburg, Urteil vom 22.6.2021, 16 O 4029/20,

Beratungspflicht: Kein Amtshaftungsanspruch gegen Schornsteinfeger wegen „Schmuckstück“

Das Landgericht (LG) München I hat die Klage eines Kaminofenbesitzers gegen den für ihn zuständigen Bezirkskaminkehrermeister abgewiesen. Es sah keine Pflicht des Meisters, den Kläger darüber zu beraten, dass sein alter Kamin in einem Katastrophenfall auch im Notbetrieb genutzt werden darf.

Was war geschehen?

Der Kläger hatte rund 7.000 EUR Schadenersatz gefordert, da er der Ansicht war, der beklagte Bezirkskaminkehrermeister habe ihn falsch beraten. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass sein derzeitiger Kachelofen zum 31.12.2020 außer Betrieb genommen oder nachgerüstet werden müsse, es allerdings unterlassen, ihm darüber hinaus mitzuteilen, dass der Ofen im Katastrophenfall auch ohne Nachrüstung weiter genutzt werden könne.

Der Kläger habe daher den bisherigen Kachelofen durch einen neuen Ofen ersetzen lassen, um im Fall des Ausfalls seiner Heizung weiterhin über eine Wärmequelle zu verfügen. Er fordert Ersatz in Höhe von Nachrüstkosten. Grund: Wäre er vom Beklagten über die zumindest eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit informiert worden, hätte er seinen Kachelofen als „Schmuckstück“ behalten und kein Geld für einen neuen Ofen ausgegeben.

Keine Pflicht verletzt

Das LG kam zunächst zu dem Ergebnis, dass der Bezirkskaminkehrermeister bei seiner Beratung des Klägers keine Pflicht verletzt hat. Der Hinweis, dass der alte Kachelofen entweder zum 31.12.2020 außer Betrieb zu nehmen oder nachzurüsten ist, da er nicht die Anforderungen an die 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV) erfülle, war nicht fehlerhaft. Darüber hinaus war der Beklagte im konkreten Fall nicht verpflichtet gewesen, gegenüber dem Kläger auf die Möglichkeit des Notbetriebs im Katastrophenfall hinzuweisen. Denn hierfür habe er vom Kläger im Gespräch keinerlei Anhaltspunkte bekommen. Der Kläger habe insbesondere auch nicht nachgefragt, was Außerbetriebnahme bedeute. Zwar müssen Auskünfte, die ein Beamter erteilt, dem Stand seiner Kenntnismöglichkeiten entsprechend sachgerecht, also vollständig, richtig und unmissverständlich sein, sodass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Aber auch unter Berücksichtigung dieses Maßstabs sei die Auskunft des Beklagten vollständig, richtig und unmissverständlich gewesen.

Kein Schaden entstanden

Dem Kläger sei durch den Abriss des vorhandenen Kamins und der Neuerrichtung eines neuen Kamins zudem kein Schaden entstanden. Denn auch bei entsprechend erteilter Auskunft hätte er entweder den vorhandenen Kachelofen nicht mehr uneingeschränkt weiter nutzen können oder er hätte ebenfalls den geltend gemachten Schadensbetrag für die Nachrüstung aufwenden müssen. Entsprechend sei seine Vermögenslage nunmehr genauso, wie sie mit der geforderten Auskunft gewesen wäre. In keinem Fall hätte der Kläger einen uneingeschränkt betriebsbereiten Ofen erhalten, ohne 7.000 Euro zu zahlen. Darüber hinaus wäre der Kläger bei Erstattung der geforderten Zahlung auch unzulässig bereichert, da er besser stehen würde als ohne schädigendes Ereignis.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 23.3.2022, 15 O 4553/21, PM 10/2022 vom 23.3.2022

Maklerleistung: Makler kann trotz Vorkenntnis des Kunden Vergütung verlangen

Ein Makler kann trotz Vorkenntnis seines Kunden die Maklerprovision verdienen, wenn er zusätzliche Informationen liefert, die eine für den Erwerb wesentliche Maklerleistung darstellen. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm.

Um eine wesentliche Maklerleistung annehmen zu können, genügt es, dass der Kunde durch den Nachweis des Maklers den konkreten Anstoß bekommen hat, sich um das ihm bereits bekannte Objekt zu kümmern. Eine solche weitere wesentliche Maklerleistung kann in der Organisation und Durchführung einer Objektbesichtigung liegen. Dies kommt aber nur in Betracht, wenn dem Maklerkunden das Objekt nicht schon vorher gut bekannt gewesen ist.

Ebenso kann eine weitere wesentliche Maklerleistung nach dem OLG unter Umständen darin liegen, dass der Makler dem Kunden Unterlagen zur Verfügung stellt, die dieser benötigt, um eine Finanzierung zum Erwerb des Objekts zu erlangen. Hat er bereits vorher eine Zusage über die Finanzierung erhalten, liegt in der Übermittlung der Unterlagen dagegen keine weitere wesentliche Maklerleistung.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 9.12.2021, 18 U 68/20

Hartz IV-Leistungen: Zirkus in der Schule: Jobcenter muss für Teilnahme nicht zahlen

Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat entschieden: Eine Schülerin hat gegenüber dem Jobcenter keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten, die ihr für die Teilnahme an einem auf dem Schulgelände durchgeführten Zirkusprojekt entstehen.

Die siebenjährige Schülerin, die eine Grundschule besuchte, erhielt gemeinsam mit ihrer alleinerziehenden Mutter Leistungen des Jobcenters. Im Rahmen ihres Schulunterrichts fand ein einwöchiges Zirkusprojekt statt, für das jeder Teilnehmende einen Beitrag von 10 Euro zu entrichten hatte. Veranstaltungsort waren der Sportplatz der Schule und ein auf dem Schulgelände aufgebautes Zirkuszelt. Die Schülerin stellte über ihre Schulleitung einen Antrag auf Kostenübernahme beim Jobcenter, den dieses ablehnte. Bei dem auf dem Schulgelände stattfindenden Zirkusprojekt handele sich nicht um einen Schulausflug, für den eine Kostenübernahme grundsätzlich in Betracht komme, sondern um eine rein schulische Veranstaltung. Das Sozialgericht (SG) hatte der Schülerin Recht gegeben. Das Zirkusprojekt sei, auch wenn es auf dem Schulgelände durchgeführt werde, seiner Zielrichtung nach einem Schulausflug gleichzustellen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hatte das SG die Berufung zum LSG zugelassen.

Das LSG gab jetzt dem Jobcenter Recht: Bei Hartz IV-Leistungsbeziehern können nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten gesondert als Kosten übernommen werden. Auf dem Schulgelände selbst stattfindende Veranstaltungen werden durch den Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung. Zwar soll durch das Zirkusprojekt ebenso wie bei Schulausflügen eine stärkere Integration bedürftiger Kinder und Jugendlicher in die Gemeinschaft erreicht und einem gesellschaftlichen Ausschluss entgegengewirkt werden. Eintrittsgelder und Nutzungsentgelte für den Besuch von Freizeit-, Sport- und Kulturveranstaltungen sind jedoch bereits in hinreichendem Umfang im Regelbedarf enthalten, den die Schülerin als Hartz IV-Leistungsbezieherin in pauschalierter Form monatlich erhält. Von Härtefällen abgesehen, besteht keine Pflicht des Gesetzgebers, jeglichen mit dem Schulbesuch einhergehenden Bedarf durch Sonderzahlungen abzudecken. Die hier anfallenden 10 Euro können aus dem Regelbedarf bestritten werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von der Klägerin mit der Revision zum Bundessozialgericht (BSG) angefochten werden.

Quelle: LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 5.4.2022, L 3 AS 39/20, PM vom 11.4.2022

Wohnraummiete: Enge Grenzen für Vertrag auf Zeit

Soll ein Mietvertrag über Wohnraum auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden, muss eine Begründung hierfür im Vertrag schriftlich angegeben sein. Ist die Begründung zu allgemein gehalten, hat dies zur Folge, dass das Mietverhältnis als unbefristet abgeschlossen gilt. Der Mieter muss dann damit rechnen, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen greifen, auch wenn das für ihn nachteilig ist. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal entschieden.

In dem Berufungsfall war das Mietverhältnis über eine Wohnung auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen worden. Als Grund wurde im Vertrag angegeben, dass der Vermieter die Wohnung nach den drei Jahren für seine Familie nutzen wolle. Entgegen dieser Befristung kündigte der Vermieter bereits nach knapp einem Jahr mit der für dauerhafte Mietverträge vorgesehenen Kündigungsfrist von drei Monaten. Der Mieter widersprach der Kündigung und beharrte auf der vereinbarten Drei-Jahres-Frist.

Nach Auffassung der Richter war die Befristung unwirksam, da die Formulierung im Mietvertrag den gesetzlichen Anforderungen nicht genügte. Es seien hier strenge Anforderungen zu stellen. So reiche es nicht, dass Schlagworte wie „Eigenbedarf“ benutzt würden oder der Gesetzeswortlaut abgeschrieben werde. Zumindest müsse das Verwandtschaftsverhältnis zu den künftigen Bewohnern genau bezeichnet werden. Mündliche Absprachen genügten nicht, es sei die schriftliche Mitteilung der Gründe zwingend erforderlich.

In der Folge gelte der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und der Vermieter habe schon vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist wegen Eigenbedarfs kündigen dürfen. Dass dies vorliegend den Mieter benachteilige, müsse hingenommen werden; eine anderweitige Auslegung des Mietvertrags entspräche in diesem Fall nicht der Interessenlage der Vertragsparteien. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen worden.

Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 26.1.2022, 2 S 86/21, PM vom 24.2.2022

Mehrfamilienhaus: Geldautomat darf trotz Sprengungen bleiben

Der Geldautomat im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses muss nicht entfernt werden, wenn die Bewohner Sorge haben, dass er gesprengt werden könnte. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf jetzt entschieden.

Bewohner eines Mehrfamilienhauses haben aufgrund zahlreicher Medienberichte Sorge, dass der Geldautomat der Bankfiliale im Erdgeschoss gesprengt werden könnte. Ihre Klage gegen die Bank auf Entfernung des Geldautomaten hatte auch in zweiter Instanz keinen Erfolg. Laut Berufungsurteil des OLG habe die Eigentümergemeinschaft mit dem Betrieb einer Bankfiliale auch das Aufstellen eines Geldautomaten genehmigt. Eine Änderung der Benutzungsregeln ihrer Immobilie könnten die Eigentümer nur einstimmig beschließen, was nicht geschehen sei. Die bloß abstrakte Gefahr eines Zugriffsversuchs durch Kriminelle genüge nicht, um der Mieterin einer Teileigentumseinheit die ihr genehmigte Nutzung zu untersagen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.3.2022, I 9 25/21; PM 6/22 vom 21.3.2022

Keine Mietnebenkosten: Wer zahlt das Baumfällen?

Muss ein Baum gefällt werden, weil er nicht mehr standfest oder gar morsch ist, handelt es sich bei den dabei entstehenden Kosten um umlagefähige Kosten der Gartenpflege. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH).

Das Fällen und Beseitigen eines solchen Baums sei regelmäßig eine objektiv erforderliche Maßnahme der Gartenpflege. Nach der Betriebskostenverordnung (§ 2 Nr. 10 BetrkV) gehören hierzu die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielplätzen einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen. Bäume seien, so der BGH, (verholzte) Pflanzen und fielen unter den Begriff der Gehölze.

Der BGH betont: Es handele sich nicht um Instandhaltungskosten, die nicht umgelegt werden können. Denn es wird kein Mangel an der Substanz des Gebäudes beseitigt.

Quelle: BGH, Urteil vom 10.11.2021, VIII ZR 107/20

WEG-Eigentümerversammlung: Einladung durch faktischen Verwalter ist rechtswidrig

Lädt ein Dritter, den der Verwalter umfassend mit sämtlichen Verwaltungsaufgaben betraut hat, zur Eigentümerversammlung und führt er faktisch die Verwaltung, verstößt dies gegen die Regeln des Wohnungseigentumsrechts. Gefasste Beschlüsse sind dann wegen schweren Verstoßes gegen den Kernbereich der Verwaltung für ungültig zu erklären. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt/Main entschieden.

Eine vom Verwalter mit der Wahrnehmung der Verwalteraufgaben beauftragte und bevollmächtigte GmbH & Co. KG lud zum wiederholten Mal zur Eigentümerversammlung ein. Diese Gesellschaft, die auch die Versammlung leitete, wurde dort zur neuen Verwalterin gewählt, ohne dass Vergleichsangebote vorlagen. Das Amtsgericht (AG) gab der Anfechtungsklage statt, die sich gegen mehrere Beschlüsse der Versammlung richtete.

Die Berufung vor dem LG hatte keinen Erfolg. Die Einladung zur Eigentümerversammlung sei von einer dazu nicht berechtigten Person erfolgt. Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf eine andere Person stelle einen systematischen Verstoß gegen die Regeln des Wohnungseigentumsrechts dar. Denn der Verwalter habe seine Dienste höchstpersönlich zu erbringen. Er dürfe weder seine Verwalterstellung noch die tatsächliche Ausübung wesentlicher Verwaltertätigkeiten auf Dritte übertragen.

Unerheblich sei, so das LG, dass der Verwalter im Innenverhältnis gegenüber der faktischen Verwalterin weisungsbefugt sei. Da die Übertragung der Aufgaben nicht nur einmalig erfolgte, sei auch der Kernbereich der Verwaltung des Wohnungseigentums betroffen. Ein solcher schwerer und planvoller Verstoß führe direkt zur Ungültigerklärung. Die Bestellung der neuen Verwalterin entspreche deswegen auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da vor der Beschlussfassung keine Alternativangebote vorgelegen hätten. Diese seien nicht entbehrlich, da gerade keine Wiederbestellung erfolgte, sondern eine neue Verwaltung gewählt worden sei. Die Entscheidung entspricht der Linie des Bundesgerichtshofs (BGH). Sie ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.12.2021, 2-13 S 75/20