Rücksichtnahme: Kinderlärm ist nicht unbegrenzt hinzunehmen

Kommt es in den nächtlichen Ruhezeiten wiederholt zu Kinderlärm, rechtfertigt dies die fristlose Kündigung des Mietvertrags. Das sagt das Landgericht (LG) Berlin.

Die Wohnungsmieter störten den Hausfrieden nachhaltig durch Lärm. Es kam durch ihre Kinder zu Streitereien, Geschrei und Türenknallen auch ab 22 Uhr. Nach wiederholten Abmahnungen stellte sich keine Besserung ein. Daraufhin kündigte der Vermieter fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Mieter weigerten sich, auszuziehen.

Das Amtsgericht (AG) gab der Räumungsklage statt, weil die fristlose Kündigung wirksam war. Das LG bestätigte, dass unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung die ordentliche Kündigung wirksam sei. Denn die Mieter haben entgegen dem Rücksichtnahmegebot erhebliche Lärmbelästigungen zu verschulden. Zwar sei Kinderlärm privilegiert. Das Toleranzgebot der Gesellschaft gegenüber Kindern finde aber seine Grenzen dort, wo nächtliche Ruhezeiten durch das Einwirken Erwachsener eingehalten werden können, dies aber nicht geschieht.

Quelle: LG Berlin 30.7.2021, 65 S 104/21

Sanierungsstau in WEG: Wann müssen Eigentümer handeln?

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften ist es zu einem regelrechten Sanierungsstau gekommen. Sie überlegen daher, ob und welche Maßnahmen sie ergreifen sollen. Hier kann eine aktuelle Entscheidung des Bundesgesrichtshofs (BGH) bedeutsam sein: Danach muss die Eigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung einen Sanierungsstau des Gemeinschaftseigentums beseitigen. Das gilt auch, wenn dieser erheblich ist.

Ein Sanierungsstau ist laut dem BGH keine „Zerstörung“ des Gebäudes im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (§ 22 WEG). Folge: Die Eigentümergemeinschaft muss das Gemeinschaftseigentum in dem Maße instand halten, dass sein Zustand gesetzeskonform ist und es gefahrlos genutzt werden kann.

Sie kann sich nicht auf den o. g. Ausnahmetatbestand berufen. Die WEG kann ihre Sanierungspflichten auch nicht dadurch vermeiden, dass sie statt zu sanieren einfach die Nutzung gefährlicher Bereiche des Gemeinschaftseigentums untersagt.

Quelle: BGH, Urteil vom 15.10.2021, V ZR 225/20

Optische Beeinträchtigungen: Kein Mangel der Mietsache

Bei rein optischen Beeinträchtigungen handelt es sich nicht um Beschädigungen, die die Nutzung der Mietsache beeinträchtigen. Daher liege auch kein Mangel vor. So sieht es das Landgericht (LG) Hanau.

Vermieter und Mieter stritten darüber, ob bestimmte Sachmängel der Mietsache erheblich waren. Der Mieter behauptete Beschädigungen des Laminatbodens und legte ein Foto vor. Dieses Foto zeigte Abplatzungen, deren Größe nur im Millimeterbereich lagen. Ein weiteres Foto zeigte die Badezimmertür. Sie war an der Unterkante leicht aufgequollen.

Das Amtsgericht (AG) hatte die Klage des Mieters bereits abgewiesen und dies sogar, ohne Beweis zu erheben. Selbst bei Vorliegen der behaupteten Zustände der Wohnung, so das AG, fehle es an der Erheblichkeit der Mängel. Das LG sah es genauso. Es gab dem Mieter die Kosten beider Instanzen auf. Das Vorbringen des Mieters sei zu pauschal. Es werde nicht deutlich, ob und inwieweit die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigt ist. Ausweislich der vorgelegten Fotos handele es sich nur um optische Beeinträchtigungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle.

Quelle: LG Hanau, Urteil vom 8.7.2021, 2 S 140/20

Nachstellung und Bedrohung: Nachbarliche Schikane zieht Schadenersatz nach sich

Wer seinem Nachbarn mit der Verletzung der Gesundheit oder des Lebens droht und ihn zum Wegzug veranlasst, ist zum Schadenersatz verpflichtet. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe klargestellt.

Ein 63 Jahre alter Mann hatte nach dem Einzug einer Familie in ihr neues Eigenheim damit begonnen, diese zu schikanieren. Er beobachtete sie ständig, klopfte nachts an die Hauswand und beleidigte sie wiederholt. Später sprach er zwei konkrete Todesdrohungen aus. Er drohte, eine Pistole zu holen, und lief dem Ehemann mit erhobenem Beil hinterher. Nur weil der Ehemann fliehen konnte, wandte sich der Nachbar den beiden Kfz des Ehepaars zu und schlug mit dem Beil auf sie ein. Hierdurch entstand hoher Sachschaden. Die Familie entschloss sich darauf, sofort umzuziehen. Sie bezog zunächst eine Mietwohnung. Später erwarb sie neues Eigenheim.

Gerichtlich verlangte die Familie Schadenersatz, insbesondere die Umzugskosten, die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses, einen Mindererlös aus dem Verkauf ihres verlassenen Familienheims (nachdem sie die Käufer auf die bisherigen Verhaltensweisen des Nachbarn hingewiesen hatten) sowie die Maklercourtage.

Das OLG sprach der Familie (nur) rund 44.000 Euro statt der ursprünglich geforderten ca. 113.000 Euro zu. Der Nachbar habe sich durch sein Verhalten wegen Nachstellung und Bedrohung strafbar gemacht. Hieraus resultiere ein Schadenersatzanspruch. Dieser reiche aber nur so weit, wie die geltend gemachten Schäden vom Schutzzweck der Strafnormen erfasst seien. Dieser umfasse die Kosten, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls aufgewandt werden mussten, z. B. Umzugs- und die Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheims. Die Wertminderung hinsichtlich des verlassenen Hauses und die im Zusammenhang mit dessen Verkauf angefallene Maklerprovision hat das OLG jedoch als bloße Vermögensfolgeschäden bewertet, die der Kläger nicht erstatten musste.

Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 5.11.2021, 10 U 6/20

Ehescheidung: Gepfändete Anrechte im Versorgungsausgleich

Auch gepfändete und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesene Anrechte fallen in den Versorgungsausgleich. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Anrechte können danach intern geteilt werden.

Versorgungsanrechte sind zwar in der Anwartschaftsphase bezüglich des Stammrechts weitgehend gegen Pfändung geschützt. Laufende Renten sind aber wie Arbeitseinkommen pfändbar. Dies gilt auch für Ansprüche auf künftige Rentenzahlungen und auf künftige Auszahlung von Versicherungssummen (z. B. aufgrund einer betrieblichen Direktversicherung).

Anrecht gepfändet: kein Versorgungsausgleich

Ist ein Anrecht zulässigerweise gepfändet worden, ist für den Versorgungsausgleich bedeutsam, ob es gleichwohl noch dem Ehegatten wirtschaftlich zuzurechnen ist oder nicht. Ist es dem Gläubiger an Zahlungs statt überwiesen worden, ist es nicht mehr dem Ehegatten zurechenbar und fällt daher auch nicht mehr in den Versorgungsausgleich.

Anrecht noch nicht verwertet: Versorgungsausgleich möglich

Ist es (nur) zur Einziehung überwiesen worden, ist es noch dem Ehegatten zuzuordnen und fällt in den Versorgungsausgleich, solange es noch nicht verwertet worden ist. Die Vollstreckungsforderung wird mit der Überweisung zur Einziehung noch nicht befriedigt, sodass die Zwangsvollstreckung noch nicht beendet ist. Bis das Pfandrecht ausgeübt wird, kann der Ausgleichspflichtige den Pfandgläubiger anderweitig befriedigen und so einen Anspruch begründen, das Pfandrecht aufzuheben.

Gepfändete und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesene Anrechte können intern geteilt werden. Das Verbot für den Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen, steht dem nicht entgegen. Soweit die interne Teilung ggf. mit vollstreckungsrechtlichen Nachteilen verbunden ist (z. B. bei der Belastung des gepfändeten Anrechts mit Teilungskosten), muss der Vollstreckungsgläubiger dies hinnehmen. Im Übrigen sind seine Belange aber gewahrt, wenn Verstrickung und Pfändungspfandrecht auch das auf den Ausgleichsberechtigten übertragene (Teil-)Anrecht erfassen.

Quelle: BGH, Urteil vom 16.12.2020, XII ZR 28/20

Krankenhaushaftung: Mutter hatte nach der Geburt keine Klingel in Reichweite

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle gab einem heute acht Jahre alte Kind dem Grunde nach Recht, das von einem Krankenhaus und einer Hebamme aufgrund verbleibender Gesundheitsschäden ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro sowie den Ersatz materieller Schäden verlangte. Denn das Krankenhaus bzw. die Hebamme hatte die Alarmierungsmöglichkeit für die Mutter abgestellt.

Nach einer im Wesentlichen komplikationsfreien Geburt gab eine Hebamme der Mutter Gelegenheit, im Kreissaal mit ihrem Baby zu „bonden“, und ließ beide allein. Kurze Zeit später erschien der Mutter nach ihrer Schilderung das Baby „zu ruhig“. Nachdem sie anfangs noch gedacht habe, dass es vielleicht schlafe, habe sie sich doch gewundert, dass es sich gar nicht rege. Sie habe klingeln wollen, damit jemand nachschaue. An ihrem Bett gab es aber keine Klingel. Infolge der Geburt habe sie zunächst nicht aufstehen können. Der Hebamme fiel der Zustand des Babys deshalb erst rund 15 Minuten später auf. Das Kind litt zu diesem Zeitpunkt unter einer Atemdepression („Fast-Kindstod“). Trotz unverzüglicher Behandlung und Reanimation führte dies zu einer schweren Hirnschädigung.

Das OLG: Eine Mutter müsse in dieser Phase der zweiten Lebensstunde des Babys die Möglichkeit haben, eine Hebamme beispielsweise mit einer Klingel zu alarmieren, ohne aus ihrem Bett aufzustehen. Sie sei in dieser Phase nicht stets in der Lage, selbstständig das Bett zu verlassen, um Hilfe zu holen.

Dass eine solche Alarmierungsmöglichkeit hier fehlte, sei ein grober Behandlungsfehler gewesen, der einem Arzt bzw. einer Hebamme nicht unterlaufen dürfe. Das Krankenhaus und die Hebamme hafteten deshalb, auch wenn nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden könne, dass eine frühere Alarmierung die Hirnschädigung tatsächlich verhindert hätte oder diese geringer ausgefallen wäre.

Das OLG hat eine Revision zum Bundesgerichtshof (OLG) nicht zugelassen, weil der Fall insbesondere keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe. Hiergegen haben sich die Beklagten mit einer Beschwerde an den BGH gewandt, über die dort noch nicht entschieden ist. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, steht abschließend fest, dass dem Kind Ersatzansprüche zustehen. Deren Höhe müsste allerdings gegebenenfalls noch das Landgericht (LG) Hannover klären.

Quelle: OLG Celle 20.9.2021, 1 U 32/20, PM vom 24.11.2021

Gemeinschaftstestament: Was bedeutet die Formulierung „gemeinsamer Tod“?

Das Oberlandesgericht (OLG) München musste sich mit der Auslegung einer Klausel in einem gemeinschaftlichen Testament befassen, die so oder so ähnlich häufig vorkommt.

Eheleute errichteten 1992 ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich wechselseitig als alleinige Erben einsetzten. Darin heißt es u. a.: „Der überlebende Teil bestimmt den Nacherben allein. Bei einem gemeinsamen Tode z.B. durch Unfall fällt der gesamte Nachlass an unsere Nichte M. S. […], die damit auch alle Folgelasten, wie Begräbnis und Pflege der Grabstätte auf Lebenszeit zu tragen hat. […]“

Der Ehegatte verstarb nur zehn Tage vor der Erblasserin. Diese war nach dem Tod ihres Ehemannes aufgrund ihrer körperlich-geistigen Verfassung nicht mehr in der Lage, eine weitere letztwillige Verfügung von Todes wegen zu errichten. Die Nichte beantragte schließlich auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments einen Alleinerbschein betreffend die Erbfolge nach der Erblasserin. Gegen einen entsprechenden stattgebenden Beschluss des Nachlassgerichts legte eine Beteiligte, die beanspruchte, gesetzliche Erbin zu sein, ohne Erfolg Beschwerde ein.

Das OLG hat die Entscheidung des Nachlassgerichts bestätigt. Die Ehegatten hätten mit der Formulierung „Der überlebende Ehegatte bestimmt den Nacherben allein“ gerade keine Anordnung für den Fall des Todes des überlebenden Ehegatten getroffen, sondern die Regelung der Erbfolge nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten bewusst offengelassen. Damit bleibe der Fall des Ablebens des überlebenden Ehegatten ungeregelt, sodass grundsätzlich bei einem Ableben des überlebenden Ehegatten im Fall, dass dieser keine weitere letztwillige Verfügung errichtet, die gesetzliche Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten eintritt. Die Auslegung des Testaments ergebe hier, dass nach dem maßgeblichen Willen der Eheleute im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments die Nichte auch für den hier vorliegenden Fall des zeitlichen Nacheinanderversterbens der Erblasserin und ihres Ehemannes unter der Prämisse als Erbin eingesetzt werden sollte, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Vorversterbenden nicht mehr in der Lage ist, eine (weitere) letztwillige Verfügung von Todes wegen zu errichten. Es sei sinnvoll und naheliegend, wenn die Ehegatten die gegenseitige Beerbung anordnen und im Übrigen dem Überlebenden freie Hand lassen wollen, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass keiner den anderen überlebt oder der Überlebende wegen zeitnahen Nachversterbens zu einer letztwilligen Verfügung nicht mehr in der Lage ist.

Quelle: OLG München, Urteil vom 1.12.2021, 31 Wx 314/19

Ausländische Ehescheidung: Scheidung per WhatsApp nicht möglich

Die Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung setzt die ordnungsgemäße und fristgerechte Zustellung des Scheidungsantrags voraus. Auslandszustellungen können in Deutschland nicht per WhatsApp erfolgen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies deshalb jetzt den Antrag auf Anerkennung eines kanadischen Scheidungsurteils zurück.

Der Antragsteller begehrte, ein kanadisches Scheidungsurteil anzuerkennen. Die Antragsgegnerin ist Deutsche, der Antragsteller Kanadier. Die Beteiligten hatten in Kanada geheiratet; dort lag auch ihr letzter gemeinsamer Aufenthaltsort, bevor die Antragsgegnerin nach der Trennung nach Deutschland zurückkehrte.

Der Antragsteller trug vor, er habe bei dem zuständigen kanadischen Gericht die Ehescheidung beantragt. Die Zustellung dieses Scheidungsantrags an die Antragsgegnerin sei mit Genehmigung des zuständigen kanadischen Gerichts über seine kanadische Bevollmächtigte über den Nachrichtendienst WhatsApp erfolgt. Seine Frau habe daraufhin auch geantwortet, sich aber nicht zur Sache eingelassen. Die Scheidung sei dann ausgesprochen worden und nun rechtskräftig.

Das OLG wies den Antrag auf Anerkennung des kanadischen Scheidungsurteils zurück. Es liege ein Anerkennungshindernis vor. Der Scheidungsantrag sei der Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Auslandszustellungen könnten in Deutschland nicht per WhatsApp erfolgen. Etwaigen erweiternden Regelungen im Haager Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland habe Deutschland widersprochen.

Unerheblich sei, dass die Antragsgegnerin tatsächlich von dem Schriftstück Kenntnis erlangt habe und sie rechtzeitig ihre Rechte hätte wahrnehmen können. Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung setze sowohl die rechtzeitige als auch die ordnungsgemäße Zustellung voraus. Unschädlich sei zudem, dass die Antragsgegnerin kein Rechtsmittel gegen das kanadische Scheidungsurteil eingelegt habe. Die Möglichkeit eines Rechtsmittels sei nicht mit der Verteidigung gegen die wirksame Zustellung gleichwertig. Die Antragsgegnerin würde andernfalls eine Tatsacheninstanz verlieren.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.11.2021, 28 VA 1/21, PM 80/21

Baugesetzbuch: Aushang von Bebauungsplänen

Nach dem Baugesetzbuch (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) muss eine Gemeinde den Entwurf eines Bebauungsplans mit Begründung und nach den ihrer Einschätzung wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen einen Monat lang auslegen. Doch wie? Das hat jetzt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg ausgeführt.

Die o. g. Unterlagen müssen nach dieser Entscheidung der Öffentlichkeit am Auslegungsort sichtbar, griffbereit und als zusammengehörig erkennbar zugänglich sein. Bürger können sich ggf. auch durch Nachfragen im Dienstgebäude zurechtfinden.

Es genügt regelmäßig, wenn der Text im öffentlichen Bereich auf einem etwa 50 cm breiten, auf einer Höhe von ca. 1,30 m an der Wand angebrachten Brett dargelegt wird. Die Gemeinde muss weder einen Tisch noch Stühle bereitstellen, um Bürgern eine möglichst bequeme Einsichtnahme zu ermöglichen.

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2021, 5 S 3125/20

Nutzungsuntersagung: Hundezwinger im allgemeinen Wohngebiet

Das Verwaltungsgericht (VG) Trier hat entschieden: Eine sog. Nutzungsuntersagungsverfügung, mehr als zwei Hunde in einer Außenzwingeranlage zu halten, ist rechtmäßig.

Vier Jagdhunde im Außenzwinger

Der Antragsteller, Eigentümer eines Grundstücks innerhalb eines durch Bebauungsplan ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiets, hat ohne Baugenehmigung eine Außenzwingeranlage zur Unterbringung von insgesamt vier ausgewachsenen Jagdhunden errichtet. Nachdem die Bauaufsichtsbehörde aufgrund von Nachbarschaftsbeschwerden von der Errichtung der Anlage Kenntnis erlangt hatte, untersagte sie die Nutzung der Zwingeranlage insoweit, als dort mehr als zwei Hunde dauerhaft untergebracht sind. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt und einen Eilantrag bei Gericht gestellt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, von seinen Hunden gehe kein erhebliches Störpotenzial für die Nachbarschaft aus.

Rücksichtnahmegebot

Das VG bestätigte die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids. Das Bauvorhaben des Antragstellers sei sowohl formell als auch materiell baurechtswidrig. Mit der Errichtung eines Hundezwingers zur ständigen Unterbringung von vier Hunden gehe eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung des Grundstücks einher. Das Halten von vier Hunden in einem allgemeinen Wohngebiet sei zwar nicht von vornherein baurechtlich zulässig oder unzulässig. Indes komme dieser neuen Nutzungsart unter städtebaulichen Gesichtspunkten in einem allgemeinen Wohngebiet eine neue Qualität zu (Rücksichtnahmegebot). Folge: Gerade für derartige Zweifelsfälle sei die Überprüfung in einem förmlichen Genehmigungsverfahren durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde erforderlich.

Nur zwei Hunde erlaubt

Eine entsprechende Baugenehmigung habe der Antragsteller jedoch nicht beantragt. Er könne eine solche auch nicht erhalten, weil sein Vorhaben nicht genehmigungsfähig und damit zudem materiell baurechtswidrig sei. Zwar gehöre zum Wohnen in einem gewissen Rahmen auch die Tierhaltung im Wohngebäude sowie die Errichtung von Anlagen, um Kleintiere im Gartenbereich unterzubringen. Allerdings dürfe das Maß der zulässigen Tierhaltung in einer durch Wohnnutzung geprägten Umgebung nicht überschritten werden. Dies sei dann der Fall, wenn die Tierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbeschäftigung nach Art und Anzahl der Tiere sprenge und geeignet sei, das Wohnen wesentlich zu stören, und damit der Eigenart eines allgemeinen Wohngebietes widerspreche. In einem allgemeinen Wohngebiet sei i.d.R. nur das Halten von zwei Hunden in einer Außenanlage zulässig. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in Zwingern gehaltene Hunde auch nachts zum Anschlagen neigen und damit die Nachtruhe erheblich stören. Dies gelte insbesondere, wenn mehrere Hunde gleichzeitig gehalten würden.

Keine Ausnahmesituation

Eine andere Betrachtung könne ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn z. B. in der Nachbarschaft bereits vergleichbare Nutzungen vorhanden seien und sich die Bewohner des Baugebiets damit abgefunden hätten, oder sonstige örtliche Besonderheiten bestünden, wie etwa eine aufgelockerte Bebauung mit großen Grundstücken in einem ländlich geprägten Raum oder die Lage des Hundezwingers am Ortsrand. Eine solche Ausnahmesituation sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Insbesondere befänden sich in unmittelbarer Nähe des Vorhabens weitere Wohngebäude in Form von Doppelhäusern ohne oder mit nur geringem Grenzabstand. Zudem sei die Öffnung des Hundezwingers zur benachbarten Wohnbebauung hin ausgerichtet. Auch sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Hunde des Antragstellers einen besonders ruhigen Charakter hätten; dem stünden die vorhandenen Nachbarschaftsbeschwerden gegenüber.

Quelle: VG Trier, Beschluss vom 14.12.2021, 7 L 3342/21.TR, PM 39/21