WEG-Recht: Ein Imbiss ist kein Laden

Ein Dönergrill darf im Teileigentum „Laden“ nicht betrieben werden. Denn er stört typischerweise mehr als ein Ladengeschäft. Das hat jetzt das Amtsgericht (AG) München entschieden.

In einem solchen Fall liegt eine sog. zweckbestimmungswidrige Nutzung vor. Das AG räumt zwar ein, dass sich die Bedeutung des Begriffs „Laden“ geändert haben könnte, etwa nach Wegfall der Ladenschlusszeiten. Das bedeute aber nicht, dass ein Imbiss wie ein Laden zu qualifizieren sei. Ein Imbiss habe generell ein größeres Störpotenzial. Ob tatsächlich Störungen stattfinden, sei unerheblich. (AG München, Urteil vom 31.10.2020, 483 C 8260/19)

Mietnebenkosten: Baumfällkosten sind auf den Mieter umlegbar

Die erforderlichen Kosten für das Fällen abgestorbener oder absterbender Bäume sowie deren Abfuhr und Entsorgung stellen umlagefähige Betriebskosten dar. So sieht es anders als erst kürzlich das Amtsgericht (AG) Leipzig das Landgericht (LG) München.

Nach § 2 Nr. 10 BetrKV gehören die Kosten der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen zu den umlegbaren Kosten. Die gärtnerisch notwendige Erneuerung eines Baums setzt, so das LG, dessen Beseitigung voraus. Für die Umlegbarkeit solcher Baumfällkosten auf den Mieter ist eine Neu- bzw. Ersatzanpflanzung nicht erforderlich. Das LG hebt hervor: Es kommt nicht auf die Intervalle an, in denen bestimmte Arbeiten zu erledigen sind, sondern darauf, ob bestimmte Maßnahmen zu einer ordnungsgemäßen laufend ausgeführten Gartenpflege gehören. Da ein Absterben von Bäumen eine natürliche Entwicklung ist, handele sich nicht um außergewöhnliche Kosten, denen es an der Berechenbarkeit fehlt. (LG München I, Urteil vom 19.11.20, 31 S 3302/20)

Hausfriedensstörung: Dem Mieter droht die Kündigung

Der Vermieter kann das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat. Doch wann liegt ein solches Interesse vor? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun klargestellt: Ein solches Interesse liegt etwa dann vor, wenn der Mieter Mit-Mieter beleidigt („Du Arschloch“) und bedroht.

Eine Abmahnung ist keine Voraussetzung für die Kündigung, kann aber eine gewisse Rolle spielen, etwa wenn sich der Mieter über den Inhalt der Abmahnung hinwegsetzt. Schließlich hält der BGH fest: Eine Abmahnung ist lediglich ein einzelner Gesichtspunkt bei der umfassenden Prüfung, ob eine schuldhafte, erhebliche Pflichtverletzung des Mieters vorliegt. Auch das Verhalten von Besuchern des Mieters kann in diesem Zusammenhang Relevanz erlangen. (BGH, Beschluss vom 25.8.20, VIII ZR 59/20)

Rückbaupflicht: Wenn der Räumungstitel zu unbestimmt ist …

Verpflichtet ein Urteil den Schuldner im Rahmen von Rückbaumaßnahmen, den „früheren Zustand“ wiederherzustellen, ohne dies näher zu erläutern, ist der Titel zu unbestimmt. Er kann nicht vollstreckt werden. So sieht es das Landgericht (LG) Frankfurt a. M.

Dem Schuldner war vorgeworfen worden, Fenster entfernt zu haben, Außenmauern erweitert und neue Mauern errichtet zu haben. Welche dieser Maßnahmen in welchem Umfang unter die o. g. Rückbaupflicht fallen, lässt sich aus der zu ungenau formulierten Verpflichtung nicht erkennen. Offen bleibt auch der Zustand, der wiederhergestellt werden sollte. Dieser war hier auch aus der Klageschrift nicht eindeutig zu erkennen. (LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 4.11.2020, 2-13 T 73/20)

Vergleichsmiete: Mietspiegel oder Sachverständigengutachten?

Das Gericht darf vom Einholen eines beantragten Sachverständigengutachtens zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete absehen, wenn sich die verlangte Miete innerhalb einer unstreitigen oder in dem einschlägigen Mietspiegelfeld eines (einfachen) Mietspiegels ausgewiesenen Spanne bewegt und für die Bestimmung der Einzelvergleichsmiete im Wege der Schätzung eine geeignete Schätzungsgrundlage vorhanden ist. So möchte der Bundesgerichtshof (BGH) Kosten und Zeit sparen.

Der BGH sieht das Gericht hierzu jedoch nicht als verpflichtet an. Vor allem verstoße es nicht gegen das Gebot des fairen Verfahrens und das Rechtsstaatsprinzip, wenn das Gericht ein teures Sachverständigengutachten zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete einholt und so der Mieter riskiert, im Fall eines Unterliegens hohe Kosten tragen zu müssen. (BGH, Urteil vom 18.11.20, VIII ZR 123/20)

Umgangsrecht: Ohne sozial-familiäre Beziehung keine Bezugsperson

Verwandte, die nicht zum Personenkreis der Großeltern, Geschwister oder leiblicher (nicht rechtlicher) Vater eines Kindes gehören, können kein unabhängiges Umgangsrecht ausüben und müssen eine sozial-familiäre Beziehung nachweisen, so das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Eine Ausnahme gilt selbst dann nicht, wenn eine Familientragödie vorliegt.

Die Geschwister des Vaters, der die Mutter seiner drei Kinder getötet hatte, wünschten sich Umgangskontakte mit ihnen, weil die Kinder zu ihrer Familie gehörten. Die minderjährigen Kinder lebten in einer Pflegefamilie und standen unter der Vormundschaft des Jugendamts. Sie kannten die Verwandten nicht näher und lehnten Kontakte zu Familienangehörigen des Vaters ab.

Zum Schutz der Kinder hat das OLG dem Umgangsbegehren nicht entsprochen. Eine Auslegung der sozial-familiären Beziehung mit einem großzügigen Maßstab kam vorliegend nicht zur Anwendung. Eine sozial-familiäre Beziehung enger Bezugspersonen des Kindes ist anzunehmen, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben. Ausreichend ist insofern, dass die den Umgang begehrende Person für das Kind in der Vergangenheit tatsächlich Verantwortung getragen hat, dass sie damit eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind begründet hat und dass sie deshalb für das Kind, jedenfalls in der Vergangenheit, eine enge Bezugsperson war. Das Entstehen einer sozial-familiären Beziehung setzt zwar nicht voraus, dass ein Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft mit der Umgang begehrenden Person gelebt hat. Eine sozial-familiäre Beziehung kann daher auch zu Nachbarn, Verwandten und Freunden der Eltern bestehen, wenn das Kind ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihnen entwickelt hat. Eine Anbahnung einer sozial-familiären Beziehung durch die Ausübung des Umgangsrechts wurde hier in Bezug auf das Kindeswohl nicht gesehen.

Gegen den Beschluss wurde keine Rechtsbeschwerde eingelegt. (OLG Bremen, Beschluss vom 5.2.2020, 4 UF 131/19)

Prozesskostenhilfe: Für Abstammungsklage ist keine Kostenübernahmeerklärung des Vaters nötig

Der Vater als Antragsteller kann, um die leibliche Abstammung eines Kindes klären zu lassen, verlangen, dass die Mutter (als Antragsgegnerin) in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligt und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe duldet.

Dieser Anspruch ist bewusst niederschwellig ausgestaltet. Einzige ausdrückliche beschränkende Voraussetzung ist die Probeentnahme nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft. Im Übrigen ist der Anspruch an keine weiteren besonderen Voraussetzungen gebunden.

Daraus hat nun das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) gefolgert: Zwar ist die Durchführung der Abstammungsbegutachtung durch den Vater auf eigene Kosten zu veranlassen. Die vorherige Erklärung des Vaters zur Bereitschaft der Kostenübernahme ist jedoch keine Anspruchsvoraussetzung.

Eine Berechtigung der Mutter, ihre Mitwirkung von einer vorherigen Kostenübernahmeerklärung des Vaters abhängig zu machen, bestand mithin nicht. Diese Einwilligung kann indes anders als grundsätzlich in Statussachen nicht nur durch ein gerichtliches Verfahren, sondern auch durch die Erteilung der erforderlichen Zustimmungen der Beteiligten außerhalb des gerichtlichen Ersetzungsverfahrens erlangt werden. Die Antragstellerin hätte damit das vorliegende Gerichtsverfahren durch Erteilung der außergerichtlich geforderten Zustimmung vermeiden können.

Den Erhalt eines außergerichtlichen Aufforderungsschreibens der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall gerade nicht (substanziiert) in Abrede gestellt. Daher ist es gerechtfertigt, der Antragsgegnerin mangels Erfolgsaussichten bzw. unter Mutwilligkeitsaspekten die begehrte Verfahrenskostenhilfe zu versagen. (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 3.9.2020, 9 WF 202/20)

Corona-Schutzimpfung: Betreuer benötigt keine betreuungsrechtliche Genehmigung

Das Amtsgericht (AG) Osnabrück weist darauf hin, dass ein Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter grundsätzlich keine betreuungsgerichtliche Genehmigung benötigt, wenn er für den Betroffenen die Einwilligung zur Impfung erteilt.

Der Betreuer darf aber nur einwilligen, wenn er den Aufgabenkreis Gesundheitssorge innehat. Auch darf die betreute Person selbst nicht in der Lage sein, eine Entscheidung zu treffen. Der Betreuer muss auf die Wünsche und den mutmaßlichen Willen des Betreuten Rücksicht nehmen.

Beachten Sie: Eine Ausnahme von der Genehmigungsfreiheit dürfte anzunehmen sein, wenn eine ärztliche Einschätzung vorliegt, wonach wegen des gegenwärtigen Gesundheitszustandes des Betreuten für ihn Gefahren von einer Impfung ausgehen.

Die Ablehnung einer ärztlich empfohlenen Impfung kann dagegen genehmigungsbedürftig sein, wenn die betreute Person durch die Nichtimpfung erheblichen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt wird. (AG Osnabrück, PM Nr. 26/2020 vom 22.12.20)

Gewaltschutzverfahren: Kartoffelwerfen ist keine Körperverletzung

Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. Familiengericht hat entschieden: Das Bewerfen eines Kindes mit einer Kartoffel und das Ziehen an dessen Arm stellen nicht ohne Weiteres Handlungen dar, die den Erlass einer Gewaltschutzanordnung rechtfertigen.

Was war geschehen?

Im Rahmen des zugrundeliegenden Gewaltschutzverfahrens trug der Vertreter des achtjährigen Antragstellers vor, dass Letzterer im Hof eines Wohnhauses in Frankfurt a. M. zusammen mit einem anderen Kind gespielt habe. Hierdurch habe sich die das Nachbarhaus bewohnende Antragsgegnerin wohl gestört gefühlt. Aus diesem Grund habe sie nach den Kindern mit Kartoffeln geworfen und den Antragsteller dabei am Rücken getroffen. Außerdem habe die Antragsgegnerin den Antragsteller an einem anderen Tag am Arm festgehalten und gezogen. Das Kind habe geweint und könne nun aus Angst nachts nicht mehr schlafen. Der Antragsteller beantragte deshalb beim Frankfurter Familiengericht die Festsetzung eines Annäherungs- und Kontaktaufnahmeverbots im Wege der einstweiligen Verfügung.

So sah es das AG

Das AG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Schwelle der vorsätzlichen Körperverletzung durch das Treffen mit einer aus dem zweiten Stock geworfenen Kartoffel am Rücken nicht erreicht sei. Es sei weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich geworden, dass bei dem Kind durch den Kartoffelwurf ein von seinen normalen körperlichen Funktionen abweichender Zustand hervorgerufen worden sei.

Auch das durch den Antragsteller behauptete Festhalten und Zerren am Arm stelle noch keinen erheblichen Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit dar. Soweit das Kind behaupte, es könne wegen des Vorfalls mit dem Arm nicht mehr schlafen, sei dies zwar grundsätzlich eine sich körperlich auswirkende Form psychischer Gewalt. Es fehle diesbezüglich zum Zeitpunkt des Handelns jedoch am erforderlichen Vorsatz der Antragsgegnerin.

Zudem läge in dem Zerren auch keine Freiheitsberaubung oder Drohung. Zwar könnte man darin eine nach dem Strafgesetzbuch strafbewährte Nötigung sehen. Diese sei jedoch vom Schutzbereich des Gewaltschutzgesetzes gerade nicht erfasst.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (AG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.11.2020, 456 F 5230/20 EAGS; PM Nr. 17/2020 vom 18.12.2020)

Nachlasspflegschaft: Ist Erbeserbe unbekannt, schlägt dieser Status nicht auf den Erben durch

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat entschieden: Eine Nachlasspflegschaft kommt nicht in Betracht, wenn nur Erbeserben des Nachlasses, nicht aber die Erben unbekannt sind.

Manchmal ist es kompliziert: Eine vor Jahren verstorbene Erblasserin ist in Erbengemeinschaft mit weiteren Miterben als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen. Die Erblasserin ist zwischenzeitlich selbst beerbt worden, und zwar von mehreren Geschwistern, Neffen und Nichten, von denen einige mittlerweile ebenfalls verstorben sind. Deren Erben wiederum sind zum Teil unbekannt.

Einige (unmittelbare) Erben der Erblasserin hatten nun beantragt, eine Nachlasspflegschaft bezogen auf den Nachlass der Erblasserin anzuordnen. Die Voraussetzungen der Einrichtung einer solchen Nachlasspflegschaft liegen hier aber nach Ansicht des OLG Düsseldorf deshalb nicht vor, weil die Erben der Erblasserin nicht unbekannt sind. Denn die Erblasserin sei von ihren (bekannten) Geschwistern, Nichten und Neffen beerbt worden.

Zwar treffe es zu, dass einige dieser Erben inzwischen verstorben und ihrerseits von weiteren Personen beerbt worden sind, die zum Teil unbekannt sind. Das spielt jedoch so das OLG allenfalls für die Frage eine Rolle, ob ggf. eine Nachlasspflegschaft für einen oder mehrere dieser Erbeserben einzurichten ist. Es führt nicht dazu, dass deshalb die Erben der Erblasserin nun ihrerseits als unbekannt angesehen werden könnten. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.11.2020, I-3 Wx 163/20)