Haftungsrecht: Motorradfahrer muss keine Schutzkleidung tragen

Trägt ein Motorradfahrer außer dem Motorradhelm keine Schutzkleidung, etwa Motorradjacke, -hose und -handschuhe, ist ihm dies nicht als Verschulden gegen sich selbst anzulasten. Das gilt auch, wenn dies Auswirkungen bei einem Personenschaden hat.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Das OLG begründete seine Entscheidung damit, es gebe keine gesetzliche Pflicht, Schutzkleidung zu tragen. Nach dem Gesetz müsse ein Motorradfahrer lediglich einen geeigneten Schutzhelm während der Fahrt tragen. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.9.2019, 1 U 82/18)

Alkohol im Straßenverkehr: Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter

Zu zwei vollkommen unterschiedlichen Sichtweisen kamen jetzt das Landgericht (LG) Halle und das Amtsgericht (AG) München, als es um Trunkenheitsfahrten mit einem E-Scooter ging. Insbesondere die Frage, ob ein E-Scooter eher der Gattung eines Kraftfahrzeugs oder eines Fahrrads zugehörig ist, hat Auswirkungen auf das Strafmaß. Es kommt auch darauf an, ob die sog. Regelvermutung (des § 69 Strafgesetzbuch (StGB): Entziehung der Fahrerlaubnis), wann eine Person als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist, als erfüllt eingeschätzt wird.

Strenge Sichtweise des AG München: Trunkenheit auf dem E-Scooter ist der am Steuer gleichzusetzen (Regelvermutung erfüllt)

Der bis auf ein Bußgeld wegen unerlaubter Handynutzung im Verkehr unvorbelastete Angeklagte fuhr im Anschluss an einen Besuch des Münchner Oktoberfests 2019 gegen 22:15 Uhr mit einem angemieteten E-Scooter circa 300 m, bevor er angehalten wurde. Er hatte beabsichtigt, den Weg von etwa 400 m zu seinem Hotel zurückzulegen. Die bei ihm um 22:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,35 ‰ im Mittelwert.

Das AG München verurteilte den Fahrer wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 Euro, einem dreimonatigen Fahrverbot, entzog ihm die Fahrerlaubnis und wies die Verwaltungsbehörde an, ihm vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte gab an, dass Ausfallerscheinungen des angehaltenen Angeklagten nicht festzustellen gewesen wären. Er wäre selbst von der Höhe des an Ort und Stelle gemessenen Atemalkoholwerts überrascht gewesen.

Elektrokleinstfahrzeuge, wie der E-Scooter, sind Kraftfahrzeuge, so das AG München. Soweit der Angeklagte anführte, er sei nicht davon ausgegangen, dass E-Scooter straßenverkehrsrechtlich wie Autos einzustufen seien, handele es sich um einen Verbotsirrtum, der für den Angeklagten vermeidbar war. Als Straßenverkehrsteilnehmer hätte er sich gerade bei Nutzung von neu im Verkehrsraum erschienenen Fahrzeugen vor Fahrtantritt kundig machen müssen. Dies gelte umso mehr, als die straßenverkehrsrechtliche Einordnung elektromotorenbetriebener Fahrzeuge, sowohl im Zusammenhang mit E-Scootern, als auch schon zuvor mit ähnlichen Fahrzeugen, in der breiten Öffentlichkeit problematisiert wurde.

Zugunsten des Angeklagten sprach, dass er nicht vorbestraft ist und durch sein Verhalten letztlich keine Gefährdung eingetreten ist.

Hier hat das AG die Fahrerlaubnis entzogen. Insoweit liege ein Regelfall vor, wonach sich der Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Ein Abweichen vom Regelfall sei vorliegend nicht angezeigt. Zwar handele es sich um eine Fahrt mit einem E-Scooter, der im Verhältnis zu einem herkömmlichen Pkw deutlich leichter ist, und um eine Fahrstrecke von nur circa 300 m. Es handele sich, so das AG, auch nicht um eine Bagatelle, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Abweichen vom Regelfall erfordert. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, weder bei den Ordnungswidrigkeiten noch bei den Straftaten eine abweichende Regelung für Trunkenheitsfahrten mit E-Scootern zu treffen.

Überdies hat das AG zur Einwirkung auf den Angeklagten ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt, da der Angeklagte durch die Nutzung von E-Scootern gezeigt hat, dass er auch auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zurückgreift. Das Urteil ist rechtskräftig.

Sichtweise des LG Halle: keine erhöhte Gefährdungslage (Regelvermutung im Ausnahmefall widerlegt)

Ein Beschuldigter war um 1:55 Uhr innerorts mit einem E-Scooter gefahren. Seine Blutalkoholkonzentration betrug 1,28 ‰. Das Amtsgericht (AG) Halle hatte die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, das Landgericht (LG) Halle hat den AG-Beschluss aufgehoben.

E-Scooter sind nach dem LG Halle Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung. Sie werden demgemäß auch als Kfz im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes ausgewiesen. Das LG hat in seinem Beschluss offengelassen, ob hier der für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Kfz geltende Grenzwert einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ anzuwenden ist oder ob der Grenzwert für Fahrradfahrer von 1,6 ‰ gilt.

Das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern unterscheide sich erkennbar von dem der „klassischen“ Kfz, wie Pkw, Lkw, Krafträder usw. Es bestehe eine grundsätzliche Parallelität hinsichtlich des Gefährdungspotentials zwischen E-Scootern und Fahrrädern. Eine möglicherweise strafbare Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad habe gerade nicht die automatische Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Gericht zur Folge.

Bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob daraus auf eine Verantwortungslosigkeit des Beschuldigten geschlossen werden kann, die mit einer Trunkenheitsfahrt mit „klassischen“ Kfz vergleichbar ist und somit von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kfz ausgegangen werden muss. Dies war hier vorliegend nicht der Fall, da der Beschuldigte „nur“ auf einem Fahrradweg über eine relativ kurze Strecke von 15 m leichte Schlangenlinien gefahren ist und er keine weiteren Ausfallerscheinungen zeigte. (AG München, Urteil vom 9.1.2020, 941 Cs 414 Js 196533/19, Abruf-Nr. 217747, PM Nr. 39 vom 28.08.2020; LG Halle, Beschluss vom 16.7.2020, 3 Qs 81/20)

Irreführende Werbung: „Made in Germany“ nur bei wesentlicher Fertigung in Deutschland

Die Werbung „deutsches Unternehmen wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“ erzeugt bei Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Es besteht zwar nicht die Erwartungshaltung, dass alle Produktionsvorgänge einer Industrieproduktion am selben Ort stattfinden, aber das Bewusstsein, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre Qualität ganz überwiegend der Güte und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Es kommt damit maßgeblich auf den Ort der Herstellung und nicht der konzeptionellen Planung an. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main untersagte in einem Eilverfahren die angegriffenen Werbeangaben.

Die Parteien waren Wettbewerber auf dem Markt der Herstellung von Solarmodulen. Im Einzelnen ging es um die Aussagen: „Solarmodul-Hersteller…“ in Verbindung mit einer stilisierten Deutschlandflagge, „German Luxor Quality Standard“ und „Deutsches Unternehmen wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“.

Das Landgericht (LG) Frankfurt hatte zunächst den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Der Antragstellerin stehe ein Unterlassungsanspruch zu, so das OLG. Der Durchschnittsverbraucher verstehe die angegriffenen Angaben als Hinweis, dass die angebotenen Module der Antragsgegnerin in Deutschland produziert würden. Die Angaben seien nicht lediglich als Hinweis auf den Unternehmenssitz der Antragsgegnerin aufzufassen.

Die siegelartige Gestaltung der Angabe „Solarmodule-Hersteller …“ in Verbindung mit einer stilisierten Deutschland-Flagge erzeuge bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Der Verbraucher beziehe den Flaggenhinweis auf die Angabe „Hersteller“. Es sei zwar bekannt, dass zahlreiche inländische Industrieunternehmen in Fernost produzierten. Der Verbraucher gehe davon jedoch nicht allgemein aus, sondern achte auf Angaben, die auf den Herstellungsort hinwiesen. Auch die siegelartige Darstellung auf der Produktbroschüre „German Luxor Quality Standard“ erzeuge im Kontext der Werbung bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Gleiches gelte für die Angabe „deutsches Unternehmen – wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module“.

Die so erzeugte Vorstellung entspreche nicht der Wahrheit. Die Antragsgegnerin lasse die Module im inner- und außereuropäischen Ausland fertigen. Da sie mit den genannten Angaben alle ihre Module bewerbe, also auch solche, die im Ausland produziert würden, komme es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin wenigstens einen Teil ihrer Module in Deutschland fertigen lasse.

Eine Angabe, mit der Deutschland als Herstellungsort bezeichnet werde, sei nur richtig, wenn diejenigen „Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält,“ erläutert das OLG. Bei einem Industrieprodukt komme es dabei aus Sicht der Verbraucher auf die Verarbeitungsvorgänge an. Der Ort der planerischen und konzeptionellen Leistungen sei weniger prägend.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.8.2020, 6 W 84/20)

Kinderbetreuung: In die Kita nur mit Impfung

Das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg hat jetzt klargestellt: Wechselt ein Kind seine Betreuungseinrichtung, löst dies die Nachweispflicht einer Masernschutzimpfung vor Beginn der Betreuung in der neuen Einrichtung aus. Das gilt auch, wenn das Kind am 1.3.20 bereits in einer anderen Einrichtung betreut wurde.

Das VG begründet seine Entscheidung wie folgt: Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht einen Impfnachweis u. a. durch eine Impfdokumentation, ein Immunitätszeugnis oder eine Bestätigung der Leitung einer vorherigen Kita, dass ein Impfnachweis vorgelegen hat, als erbracht an. Insbesondere aus Letzterem schließt das VG, dass sich die Pflicht zur Vorlage eines Nachweises der Masernschutzimpfung nicht nur auf die erstmalige Betreuung in einer Kita bezieht.

Das Masernschutzgesetz verfolgt das Ziel, einen besseren individuellen Schutz insbesondere von vulnerablen Personengruppen sowie einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen zu erreichen. Der Fokus liegt hierbei insbesondere auf Personen, die regelmäßig in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen mit anderen Personen in Kontakt kommen. Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit werde daher vorgesehen, dass Personen in bestimmten Einrichtungen entweder einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder aber eine Immunität gegen Masern aufweisen müssten. Wer sich einer Impfung gegen Masern verweigere, setze nicht nur seine eigene Gesundheit einer erheblichen Gefahr aus, sondern erhöht auch das Infektionsrisiko für andere Personen, die zum Beispiel aufgrund ihres Alters oder besonderer gesundheitlicher Einschränkungen nicht geimpft werden können. Deshalb müsse eine entsprechende Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen möglichst früh ansetzen und vor allem da gelten, wo Menschen täglich in engen Kontakt miteinander kommen. (VG Magdeburg, Beschluss vom 30.7.2020, 6 B 251/20)

Haftpflichtversicherung: Regulierungszusage verpflichtet Versicherung und Versicherungsnehmer

Erklärt die Versicherung in einem Schreiben gegenüber dem Geschädigten „Nach Prüfung der Gutachten zur Brandursache erkennen wir die Haftung an“, ist dies regelmäßig ein auch den Versicherungsnehmer verpflichtendes, sog. „deklaratorisches Schuldanerkenntnis“. Das bedeutet: Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten ist die ihm erteilte Regulierungszusage so zu verstehen, dass die Versicherung seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und auch in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt.

Dies stellte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig klar. Die Regulierungszusage der Haftpflichtversicherung hat ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Grund zum einen in dem Haftpflichtverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Geschädigten und zum anderen im Deckungsverhältnis zwischen der Versicherung und dem Versicherungsnehmer.

Beachten Sie: Die Haftpflichtversicherung ist auch bei fehlendem Direktanspruch aufgrund der uneingeschränkten Verhandlungsvollmacht des Versicherungsnehmers in der Praxis regelmäßig der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten. Dieser soll sich auf das Wort der Versicherung verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob diese ihrem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, gegenüber leistungsfrei ist. Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten ist die ihm erteilte Regulierungszusage deshalb dahin zu verstehen, dass die Versicherung ihrem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt. (OLG Schleswig, Beschluss vom 31.1.2020, 7 U 130/18)

Ausschluss vom Schulbesuch: Insektenschutzstoff erfüllt nicht die Maskenpflicht

Zwei Schüler eines Gymnasiums am Niederrhein sind nach der Weigerung, im Unterricht eine geeignete Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, zu Unrecht von der Teilnahme am Präsenzunterricht ausgeschlossen worden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in einem Eilverfahren entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag der Schüler, ihnen betreffend die Maskenpflicht vorläufig eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, lehnte das Gericht jedoch ab.

Die Schule sei zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die beiden Schüler ihre sich nach der aktuellen Coronabetreuungsverordnung (CoronaBetrVO) ergebende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht verletzt haben. Insbesondere erfülle die von ihnen angebotene Gesichtsmaske aus einem durchlässigen Insektenschutzstoff (Fliegengaze) nicht die Anforderungen an eine Mund-Nase-Bedeckung im Sinne der entsprechenden Verordnung.

Jedoch ergebe sich aus der Coronabetreuungsverordnung keine Ermächtigung der Schule, auf eine entsprechende Pflichtverletzung mit einem Unterrichtsausschluss zu reagieren. Auch auf Rechtsgrundlagen aus dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen lasse sich die Maßnahme jedenfalls im konkreten Einzelfall nicht stützen. Schüler könnten zwar vorübergehend oder dauernd vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, wenn von ihnen eine konkrete Gesundheitsgefahr für andere ausgehe. Allerdings habe die Schule für die betreffenden Schüler eine solche konkrete Gefahr, etwa in Form einer bestehenden Infektion, nicht geltend gemacht. Auch sei im Fall der betreffenden Schüler die Vorschrift des Schulgesetzes NRW, die Ordnungsmaßnahmen regelt, nicht rechtmäßig herangezogen worden. Zwar käme der Erlass von Ordnungsmaßnahmen bei Pflichtverletzungen von Schülern grundsätzlich in Betracht. Die hier gewählte Maßnahme des Ausschlusses vom Unterricht könne jedoch (nur) für einen konkreten Zeitraum zwischen einem Tag und zwei Wochen ausgesprochen werden, der zudem hinreichend zu begründen sei. Dies sei im konkreten Fall nicht geschehen.

Den daneben gestellten Antrag der Schüler, ihnen aus medizinischen Gründen vorläufig zu gestatten, sich in der Schule ohne Mund-Nase-Bedeckung aufzuhalten, lehnte das Gericht jedoch ab. Zur Begründung führte es aus, die diesbezüglichen Voraussetzungen der Coronabetreuungsverordnung lägen (derzeit) nicht vor. Soweit der Schulleiter nach dieser Vorschrift entscheiden könne, dass das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Einzelfall aus medizinischen Gründen oder aufgrund einer Beeinträchtigung ausgeschlossen ist, müsse der betreffende Schüler die medizinischen Gründe bzw. die Beeinträchtigung nachvollziehbar darlegen und glaubhaft machen. Dazu bedürfe es in der Regel einer individuellen und aussagekräftigen ärztlichen Bescheinigung, aus der hervorgehe, auf welcher Grundlage der Arzt seine Feststellungen und Aussagen getroffen habe. Diesen Erfordernissen genügten die von den Schülern im konkreten Fall vorgelegten Atteste nicht.

Beachten Sie: Spricht die Schule als Maßnahme einen Ausschluss vom Unterricht aus beispielsweise im Fall der Verletzung einer Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht muss dieser begründet und für einen konkreten Zeitraum bis maximal zwei Wochen erfolgen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster eingelegt werden. (VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.8.2020, 18 L 1608/20)

Privathaftpflichtversicherung: Beim Aufladen gebraucht erworbener Elektrogerätegelten besondere Sorgfaltspflichten

Ein Schreckmoment: Beim Aufladen explodiert der Akku eines gebraucht erworbenen Elektrospielzeugs. In solchen Fällen muss die Privathaftpflichtversicherung des Eigentümers den daraus entstehenden Brandschaden ersetzen. Das gilt nach einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Coburg zumindest für den Fall, dass der Akku in brennbarer Umgebung aufgeladen wurde und der Brand so begünstigt wurde.

Der Versicherungsnehmer, ein Mieter, hatte einen gebrauchten Spielzeughelikopter ohne Bedienungsanleitung und Originalverpackung gekauft. Er hatte ihn zum Laden im Keller des Mietshauses auf einem Wäschetrockner abgestellt. Dort lag auch ein Textilkoffer. In der Nähe befanden sich weitere elektrische Geräte sowie eine Holzsauna. Der Versicherungsnehmer war nach Beginn des Ladevorgangs in seine Wohnung zurückgegangen. Nach ca. zehn Minuten explodierte der Akku des Spielzeugs. Es kam zu einem Brand. Dabei wurden der Keller und das Treppenhaus beschädigt. Die Brand-Versicherung des Gebäudes regulierte zwar den Schaden. Sie verlangte aber im Anschluss eine teilweise Erstattung von der Privathaftpflichtversicherung des Mieters.

Das LG Coburg gab der Klage statt. Der Versicherungsnehmer habe beim Aufladen des Akkus gegen Sorgfaltspflichten verstoßen und deshalb fahrlässig den Brand verursacht. Er habe den später eingetretenen Schaden erkennen und vermeiden können.

Das LG war nach dem Sachverständigengutachten davon ausgegangen, dass in dem Spielzeughelikopter ein Lithium-Ionen-Akku verbaut war. Solche Akkus haben eine deutlich erhöhte Brand- bzw. Explosionsgefahr, wenn sie zuvor tiefenentladen wurden oder Vorschäden vorhanden sind. Zwar konnte nicht mehr aufgeklärt werden, warum genau der Akku des Helikopters explodierte. In jedem Fall ist jedoch dem Versicherungsnehmer ein Vorwurf deshalb zu machen, weil er den Akku in brennbarer Umgebung aufgeladen hatte, ohne dass er über den Zustand des Geräts, insbesondere etwaige Vorschäden etc., informiert war. Schließlich hatte er das Spielzeug günstig gebraucht gekauft und keinerlei Informationen über dessen Beschaffenheit erhalten. Unter diesen Voraussetzungen hätte der Versicherungsnehmer den Akku allenfalls in einer sicheren, also nicht brennbaren Umgebung aufladen dürfen.

Das LG hat hervorgehoben, dass die Haftpflichtversicherung sich nicht darauf berufen durfte, dass der Versicherungsnehmer den Ladevorgang nicht hätte beaufsichtigen müssen. (LG Coburg, Urteil vom 22.1.2019, 23 O 464/17)

Corona-Pandemie: Keine Zwangsräumung der Wohnung bei Quarantäne

Kurz vor dem Termin zur Zwangsräumung übersendet der Mieter dem Gerichtsvollzieher eine Kopie des Schreibens des zuständigen Gesundheitsamts, in dem er aufgrund COVID-19 unter Quarantäne gestellt wurde. Darf der Gerichtsvollzieher trotzdem die Räumung durchführen?

Die Antwort lautet: Nein! Grundlage fur die Anordnung der Quarantane ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Gemäß IfSG sind die Gesundheitsämter u. a. berechtigt, Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und sog. Ausscheider in einem Krankenhaus oder an einem anderen Ort „abzusondern“ (Quarantäne). Die Entscheidung, ob eine Person die häusliche Quarantäne verlassen kann, trifft das zuständige Gesundheitsamt in Abstimmung mit der ärztlichen Betreuung. Die Maßnahme endet also nicht automatisch, sondern erst, wenn die zustandige Behorde sie wieder aufgehoben hat.

Zweck des IfSG ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Diesem Zweck läuft es daher zuwider, wenn der Gerichtsvollzieher beim erkrankten Schuldner im Beisein von weiteren Beteiligten (Mitarbeiter des Transportunternehmens, Gläubiger) räumen und sich und andere damit einer Ansteckungsgefahr aussetzen würde. Der Gerichtsvollzieher muss daher den anberaumten Räumungstermin unverzüglich aufheben. (Infektionsschutzgesetz (§§ 1 und 30))

Mietnebenkosten: Miete für Rauchmelder keine umlagefähige Betriebsausgabe

Laufende Kosten für Miete, die an die Stelle der Kosten für eine gesetzlich verpflichtende Anschaffung treten, gehören nicht zu den auf den Mieter umlegbaren Kosten. Die Kosten für die Anmietung von Rauchmeldern sind deshalb nicht umlegbar. Der Eigentümer ist verpflichtet, Rauchmelder anzuschaffen.

Das ist jedenfalls die Auffassung des Amtsgerichts (AG) Leonberg. Die dagegen eingelegte Berufung wurde zurückgenommen.

Anschaffungs- und Instandhaltungskosten seien anders als laufende Kosten nicht umlagefähig. Das könne nicht dadurch umgangen werden, dass laufende Vergütungsmodelle gewählt würden.

In ähnlicher Weise hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2008 entschieden. Er hat danach Leasingkosten für Brenner, Öltank und Verbindungsleitungen ebenfalls für nicht umlagefähig angesehen. Dass bestimmte Mietkosten für Verbrauchszähler umlagefähig seien, belege gerade, dass dies bei dort nicht genannten Geräten ausgeschlossen sei. (AG Leonberg, Urteil vom 9.5.2019, 2 C 11/19, Abruf-Nr. 217671; BGH, Urteil vom 17.12.2008, VIII ZR 92/08)

Kostenumlage: Was sind „laufende Schönheitsreparaturen“?

Vermieter müssen angemieteten Wohnraum nebst Zugang und Zubehör während der Mietzeit im vertragsgemäßen Zustand erhalten. Sie sind dafür verantwortlich, dass am Mietobjekt keine Schäden auftreten und Mieter es zu Wohnzwecken nutzen können. Trotzdem können Vermieter bestimmte Kosten zur Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands auf den Mieter abwälzen.

Instandhaltungs- (= vorbeugende Maßnahmen) und Instandsetzungs- (= Reparatur) Kosten können nicht auf die Mieter umgelegt werden. Umlagefähig sind nach der Betriebskostenverordnung (§ 2 BetrKV) ausschließlich die dort genannten 17 verschiedenen Betriebskostenarten:

  • Grundsteuer
  • Wasserversorgung
  • Entwässerung
  • Heizungsanlage inkl. Reinigung und Wartung
  • Warmwasserversorgung inkl. Reinigung und Wartung
  • ggf. Kosten verbundener Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen
  • Kosten des Betriebs des Personen- oder Lastenaufzugs
  • Straßenreinigung und Müllbeseitigung
  • Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung
  • Gartenpflege
  • Beleuchtung
  • Schornsteinreinigung
  • Sach- und Haftpflichtversicherung
  • Hauswartkosten
  • Kosten für die Gemeinschafts-Antennenanlage oder Breitbandnetz
  • Kosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege
  • sonstige Betriebskosten

Deren Umlage muss auch konkret im Mietvertrag vereinbart werden. Sie sind nicht per se auf die Mieter abgewälzt. Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten sind von den (umlegbaren) Betriebskosten ausgenommen. Schönheitsreparaturen dürfen jedoch vertraglich dem Mieter auferlegt werden. Der Teufel steckt aber wie häufig im Detail. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Hamburg.

Hier hatte der Vermieter dem Mieter im Mietvertrag „laufende Schönheitsreparaturen“ auferlegt. Nach dem AG gilt zunächst: „Laufende Schönheitsreparaturen“ sind nur solche, die während der Mietzeit infolge der vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung erforderlich werden. Entscheidend hierbei: Macht die Wohnung im möblierten Zustand den Eindruck von Renovierungsbedürftigkeit? Ob der Mieter laufende Schönheitsreparaturen schuldet, beurteilt sich bei Beendigung des Mietverhältnisses nach dem möblierten und nicht nach dem geräumten Zustand. Hat der Vermieter dem Mieter wie im Fall des AG Hamburg vertraglich auferlegt, „Innentüren, Fenster und Außentüren von innen“ zu streichen, wird nicht deutlich, dass auch Fenster nur von innen gestrichen werden müssen. Zweifel gehen zulasten des Vermieters. Das Abwälzen der Schönheitsreparaturen war demgemäß unwirksam. Abnutzungsspuren in der Wohnung, die mit der Nutzung durch den Mieter zusammenhängen, sind Folge des vertragsgemäßen Gebrauchs. Die Miete entschädigt den Vermieter dafür. Er kann also insoweit keine weiteren Ansprüche geltend machen. (AG Hamburg, Urteil vom 15.5.2020, 49 C 493/19)