Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat fordert mehr Geld für Frühe Hilfen junger Familien

Der Bundesrat fordert finanzielle Verbesserungen in der psychosozialen Unterstützung von Familien durch Frühe Hilfen. Seiner Ansicht nach reichen die vorhandenen Mittel nicht mehr aus, um das Beratungsangebot für Familien mit Kindern unter drei Jahren aufrechtzuerhalten.

Er hat deshalb beschlossen, einen Gesetzesentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen, der die Aufstockung des Fonds der Bundesstiftung Frühe Hilfen auf 65 Millionen Euro im Jahr 2020 vorsieht.

Derzeit beläuft sich der Fonds auf 51 Millionen Euro. Er ist seit 2014 nicht mehr angehoben worden. Die Länder sind der Auffassung, dass die Gelder wegen veränderter Rahmenbedingungen aufgestockt werden müssen. Dabei verweisen sie auf eine gestiegene Anzahl von Familien mit Kindern unter drei Jahren und eine Häufung von psychischen Belastungen. Außerdem seien die Tariflöhne der Fachkräfte in der Frühen Hilfe regelmäßig gestiegen. Das würde die vorhandenen Mittel ebenfalls entwerten.

Der Gesetzentwurf wird nun zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die eine Stellungnahme dazu verfasst. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. (Plenarsitzung des Bundesrats am 20.12.2019)

Erbrecht: Bei bekannten Erben kann keine Nachlasspflegschaft angeordnet werden

Das Nachlassgericht ist nicht befugt, bei endgültig bekannten Erben Nachlasspflegschaft als Sicherungsmaßnahme anzuordnen. Hierbei ist es unerheblich, ob der Erbe bereit ist, über den Nachlass zu verfügen, insbesondere diesen in Besitz zu nehmen.

So entschied es das Amtsgericht Borken. Das Gericht stellte weitergehend klar, dass das Nachlassgericht auch nicht anordnen darf, dass die Nachlassgegenstände zugunsten bekannter Erben aufbewahrt werden. Die Anregung, die Nachlassgegenstände durch die dem Innenministerium des Landes NRW unterstehende Polizeibehörde zu verwahren, wurde daher abgelehnt. (Amtsgericht Borken, Beschluss vom 17.5.2019, 22 VI 218/19)

Zugewinnausgleich: Trennungszeitpunkt und Verschwendung

Verschwendungen und illoyale Vermögensminderungen spielen im Recht des Zugewinnausgleichs damit in der Praxis ständig eine Rolle. Verschwinden binnen kurzer Zeiträume größere Vermögenswerte, ist fraglich, ob die verschwundenen Werte dem Endvermögen hinzuzurechnen sind oder nicht. |

Beispiel: Im Zugewinnausgleichsverfahren wird offenbar, dass beim ausgleichspflichtigen Ehemann (M) im Zeitraum von drei Wochen vor dem Trennungsdatum auf seinem Geschäftskonto Abgänge in der Größenordnung von 15.000 EUR festzustellen sind. Sind diese seinem Endvermögen hinzuzurechnen?

Hintergrund: Um den Schutz vor illoyalen Vermögensverschiebungen zu verbessern, ist durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts 2009 eine Beweislastregel eingeführt worden. Danach muss der Ausgleichspflichtige, dessen Endvermögen geringer ist als das in seiner Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegebene Vermögen, substanziiert darlegen und beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf einer illoyalen Handlung beruht. Gelingt dies nicht, wird die Minderung dem Endvermögen hinzugerechnet und erhöht den Zugewinn.

Antwort: Diese Voraussetzungen sind im Beispiel aber nicht erfüllt. Denn die Vermögensminderung ist in einem Zeitraum von drei Wochen vor dem Trennungszeitpunkt eingetreten. Eine Hinzurechnung kommt daher nur über § 1375 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 bis 3 BGB in Betracht. Nach dem Sachverhalt kommt insbesondere die Variante der Vermögensverschwendung in Betracht. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen für eine Verschwendung trifft denjenigen Beteiligten, der sich darauf beruft. Hierbei soll als schlüssige Behauptung einer Verschwendung genügen, wonach ein erheblicher, unstreitig auf einem Konto vorhanden gewesener und inzwischen abgehobener Geldbetrag nicht im Rahmen einer „ordnungsgemäßen Lebensführung“ verbraucht worden sein könnte. Folge: Den ausgleichspflichtigen Beteiligten trifft eine sekundäre Darlegungslast dazu, wie er die Mittel verwendet hat. An die Darlegungslast werden hohe Anforderungen gestellt.

Die rund 15.000 EUR haben sich auf einem Geschäftskonto des M befunden. Hier dürfte nach der Erfahrung einiges dafürsprechen, dass er darlegen und beweisen kann, dass es sich nicht um eine sein Endvermögen erhöhende Verschwendung gehandelt hat. Ausnahme: Es würde sich um Barabhebungen ohne Verwendungsnachweis und in einer Größenordnung handeln, die nach der sonstigen Kontoführung völlig aus dem Rahmen fällt. Insoweit hängt die Lösung von den konkreten Gegebenheiten ab.

Düsseldorfer Tabelle: Bedarfssätze und Selbstbehalt wurden zum 1.1.2020 angehoben

Am 1.1.2020 sind die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle gestiegen. Zudem hat sich erstmals seit 2015 wieder der Selbstbehalt für den Unterhaltspflichtigen erhöht. Neu ist, dass beim Ehegattenunterhalt bezüglich des Selbstbehalts zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen differenziert wird.

Gegenüber Ansprüchen auf Ehegattenunterhalt bzw. Unterhaltsansprüchen der Mutter oder des Vaters eines nicht ehelichen Kindes beträgt der Selbstbehalt des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen ab dem 1.1.2020 1.280 EUR und des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.180 EUR. Die Unterscheidung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen erfolgt in Anlehnung an (BGH 16.10.19, XII ZB 341/17).

Die einzelnen Änderungen finden Sie auf der Homepage des OLG Düsseldorf unter www.iww.de/s3222.

Aktuelle Gesetzgebung: Masernimpfung wird zur Pflicht

Die Masernimpfung in Schulen und Kitas wird künftig zur Pflicht: Der Bundesrat hat die vom Bundestag beschlossene gesetzliche Impfpflicht in Gemeinschaftseinrichtungen gebilligt.

Ab dem 1.3.2020 müssen Eltern nachweisen, dass ihre Kinder gegen Masern geimpft sind, wenn sie sie in einer Kita oder Schule anmelden. Auch für die Aufnahme in anderen Gemeinschaftseinrichtungen wie Heimen oder die Unterbringung in Asylbewerberunterkünften ist die Masernimpfung dann Voraussetzung. Von der Impfpflicht erfasst sind auch Beschäftigte solcher Einrichtungen oder im medizinischen Bereich.

Bei Verstößen gegen die Impfpflicht droht ein Bußgeld bis zu 2.500 EUR. Das Bußgeld kann auch gegen Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen oder Bewohner solcher Einrichtungen müssen nach den Neuregelungen ebenfalls mit Bußgeldern rechnen.

Der Bundespräsident muss das Gesetz jetzt noch unterzeichnen. Dann kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll zum überwiegenden Teil am 1.3.2020 in Kraft treten. (Plenarsitzung des Bundesrats am 20.12.2019)

Werkvertragsrecht: Beginnt mit der Mangelbeseitigung die Gewährleistung neu?

Eine Frage, die Mandanten öfter stellen: Ein Mangel ist beseitigt worden. Beginnt damit die Gewährleistungsfrist neu?

Antwort: „Jein“. Und zwar deshalb, weil im Tagesgeschäft von den Beteiligten oft unterschiedliche Verabredungen getroffen werden.

  • In vielen Fällen einigen sich Bauüberwachung und ausführende Firma „auf dem kleinen Dienstweg“, dass Mängel beseitigt werden. Eine solche Einigung reicht nicht aus, um die Gewährleistungsfrist zu unterbrechen und neu starten zu lassen. Die Richter des OLG Oldenburg formulieren das in einer aktuellen Entscheidung so: „In der Erklärung des Auftragnehmers, dass er sich um die Verfärbungen kümmern werde, liegt kein zum Neubeginn der Verjährung führendes Anerkenntnis.“
  • Anders sieht es aus, wenn der ausführende Unternehmer konkrete Maßnahmen ergreift, die unmittelbar der Vorbereitung der Mängelbeseitigung dienen. Dann darf davon ausgegangen werden, dass die Gewährleistung für den von der Mängelbeseitigung betroffenen Bereich zum Abnahmedatum der Mängelbeseitigung neu startet. Das Gleiche gilt bei Anerkenntnis eines Mangels und der konkreten Zusage, dass er beseitigt wird. (OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.12.2018, 12 U 44/18)

Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat möchte Betriebsverbot für Ölheizungen ausweiten

Der Bundesrat möchte das von der Bundesregierung beabsichtigte Betriebsverbot für Ölheizungen ausweiten. Seiner Ansicht nach sollte es auch für Heizkessel gelten, die mit festen fossilen Brennstoffen beschickt werden, da deren Verbrennung sehr treibhausgasintensiv ist.

Wärmesektor für synthetische Energieträger öffnen

Dies geht aus einer Stellungnahme hervor, die der Bundesrat zu dem geplanten Gebäudeenergiegesetz beschlossen hat. Darin fordern die Länder außerdem, den Wärmesektor auch für synthetische Energieträger zu öffnen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten alle Technologien zum Einsatz kommen, unterstreichen sie. Den erneuerbaren Energien gleichstellen möchte der Bundesrat Grubengas aus dem stillgelegten Steinkohlebergbau. So könne es ökologisch sinnvoll verwertet werden.

Praktikablere Regelungen

Darüber hinaus schlägt der Bundesrat an verschiedenen Stellen praktikablere Regelungen vor. Dies betrifft unter anderem die Durchführung der Energieberatung und die Angaben im Energieausweis. Verschärfungen verlangt er bei den Stichprobenprüfungen von Klimaanlagen. Die geplante Frist bei der Nachrüstungspflicht für Heizungsanlagen lehnt er als unbegründet ab.

Vorgesehen: Austauschprämie für Ölheizungen

Das geplante Gebäudeenergiegesetz ist Teil des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung. Neben dem Einbauverbot für Ölheizungen ab 2026 schreibt der Gesetzentwurf vor, dass Gas- und Ölheizungen, die seit 1991 eingebaut oder aufgestellt wurden, nur 30 Jahre lang betrieben werden dürfen. Außerdem sieht er für diejenigen, die ihre alte Ölheizung durch ein klimafreundlicheres Modell ersetzen lassen, eine Austauschprämie vor.

Einheitliches Regelwerk

Um den Primärenergiebedarf von Gebäuden zu minimieren, definiert die Bundesregierung einheitliche Regelungen für die energetischen Anforderungen an Neubauten, Bestandsgebäuden und den Einsatz erneuerbarer Energien zu ihrer Wärme- und Kälteversorgung.

Erreicht werden sollen die Energieeinsparungen durch eine effiziente Anlagetechnik und einen energetisch hochwertigen baulichen Wärmeschutz. Der verbleibende Energiebedarf soll zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt werden.

Wie es weitergeht

Die Stellungnahme des Bundesrats wurde an die Bundesregierung weitergeleitet. Sobald sie sich dazu geäußert hat, leitet sie sie einschließlich ihrer Gegenäußerung zur Beratung an den Bundestag weiter. (Plenarsitzung des Bundesrats vom 20.12.2019)

Öffentliche Aufträge: EuGH: Subunternehmerleistung darf nicht begrenzt werden

Die Frage, mit welchem Anteil am Gesamtauftrag ein Subunternehmer bei VgV-Verfahren (Vergabe öffentlicher Aufträge) maximal beauftragt werden darf, ist seit Jahren umstritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jetzt klargestellt, dass nationale Begrenzungen nicht zulässig sind. Damit ist die Unsicherheit beendet.

Der EuGH führt u. a. Folgendes aus: „Eine nationale Vorschrift, die den Teil des Auftrags, den der Bieter als Unterauftrag an Dritte vergeben darf, auf 30 Prozent beschränkt, verstößt gegen Europarecht“. Die Entscheidung gilt nicht nur für ausführende Firmen, sondern auch für Generalplaner. (EuGH, Urteil vom 26.9.2019, C-63/18)

Schadenersatz: Entschädigung wegen rechtswidriger Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Eine Entschädigung wegen nicht rechtmäßiger Videoüberwachung am Arbeitsplatz kommt nur in Betracht, wenn sie zu einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt hat.

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nach Ansicht der Richter nur aufgrund der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner der Anlass und die Beweggründe des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen. Wichtige Anhaltspunkte für das für die Entschädigung maßgebende erhebliche Ausmaß der Verletzung des Persönlichkeitsrechts ergeben sich aus Art und Ausmaß der Verfehlung der Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes. (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.5.2019, 2 Sa 214/18)

New Work: Kein Arbeitsverhältnis beim Crowdworking

Eine Vereinbarung eines Crowdworkers mit dem Betreiber einer Internetplattform, die keine Verpflichtung zur Übernahme von Aufträgen enthält, begründet kein Arbeitsverhältnis.

Zu diesem Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht (LAG) München. Es entschied, dass zwischen dem Kläger und dem Betreiber einer Internetplattform kein Arbeitsverhältnis besteht. Der Betreiber führt u. a. Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen durch. Diese Aufträge werden dann über eine sogenannte „Crowd“ vergeben. Der Abschluss der streitgegenständlichen Basisvereinbarung berechtigt dazu, über eine App die auf einer Internetplattform angebotenen Aufträge, die in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km angezeigt werden, zu übernehmen. Bei erfolgter Übernahme ist ein Auftrag regelmäßig innerhalb von zwei Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten. Im vorliegenden Fall habe weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Auftraggeber, Aufträge anzubieten, bestanden.

Die Basisvereinbarung erfülle die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung enthalten, Leistungen zu erbringen. Der Umstand, dass der Kläger tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient habe und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen habe, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führe nach der bestehenden Gesetzeslage nicht dazu, dass er die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen könne. Die Basisvereinbarung könne deshalb als bloßer Rahmenvertrag auch per E-Mail wirksam gekündigt werden.

Das LAG entschied nicht, ob durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Dies sei irrelevant, da die Unwirksamkeit einer Befristung nur innerhalb einer Frist von drei Wochen geltend gemacht werden könne, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. (LAG München, Urteil vom 4.12.2019, 8 Sa 146/19)