Eherecht: Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe bei bestehender Auslandsehe

Eine eingetragene Lebenspartnerschaft kann in eine deutschem Recht unterliegende gleichgeschlechtliche Ehe auch dann umgewandelt werden, wenn die Partner bereits vor dem Eheöffnungsgesetz eine danach in Deutschland vollwirksam gewordene Ehe in Frankreich geschlossen haben.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Richter haben daher das Standesamt angewiesen, die gemäß § 20a LPartG beabsichtigten Erklärungen der Beteiligten auf Umwandlung ihrer am 31.10.2001 in Deutschland begründeten Lebenspartnerschaft in eine Ehe zu beurkunden. Dem steht nicht entgegen, dass sie bereits am 4.9.2013 in Frankreich die Ehe miteinander eingegangen sind. Entgegen der von Standesamt und Standesamtsaufsicht vertretenen Auffassung wurde die deutsche Lebenspartnerschaft der Beteiligten damit nicht aufgelöst. Sie kann nach wie vor ungeachtet der in Frankreich registrierten gleichgeschlechtlichen Ehe mit tatbestandlicher Rückanknüpfung an den Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt werden. (OLG Köln, Beschluss vom 13.6.2019, 21 Wx 6/18)

Eherecht: Im EU-Ausland wirksam geschlossene Minderjährigenehe kann üblicherweise nicht aufgehoben werden

Eine im EU-Ausland nach dem dort geltenden Recht (hier: Bulgarien) wirksam geschlossene Ehe unter Beteiligung eines Minderjährigen kann im Regelfall nicht nach deutschem Recht aufgehoben werden. Anderenfalls würde das ansonsten verletzte Recht der Ehegatten u.a. auf Freizügigkeit innerhalb der EU zur Annahme einer schweren Härte führen.

Mit dieser Begründung hat es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. abgelehnt, eine Minderjährigenehe aufzuheben. Die Eheleute sind bulgarische Staatsangehörige. Sie haben ein gemeinsames Kind. Zum Zeitpunkt der Geburt war die Frau 15 Jahre alt. Im Frühjahr 2018 heirateten die Eheleute in Bulgarien. Die Frau war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt. Seit Sommer 2018 leben die Eheleute in Deutschland. Die Frau erwartet ihr zweites Kind. Die zuständige Behörde beantragte, die Ehe aufzuheben, da die Frau bei der Eheschließung minderjährig und damit nicht ehemündig gewesen sei. Diesen Antrag hatte das Amtsgericht zurückgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Eheaufhebung lägen nicht vor, stellte das OLG fest. Die Ehe sei nach bulgarischem Recht wirksam geschlossen worden. Auch dort bestehe Ehemündigkeit zwar grundsätzlich erst ab 18 Lebensjahren. Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet hätten, könnten jedoch mit richterlicher Genehmigung die Ehe schließen. Diese Genehmigung liege hier vor.

Eine nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehe könne nach deutschem Recht aufgehoben werden, wenn der Verlobte bei der Eheschließung das 16. nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet habe. Entsprechend könne nach den nationalen Regelungen eine Ehe aufgehoben werden, wenn sie mit einem Minderjährigen, der das 16. Lebensjahr vollendet habe, geschlossen worden sei. Die Aufhebung sei jedoch ausgeschlossen, wenn sie aufgrund „außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint“. So sei es hier.

Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass über diese Härtefallregelung auch die Verletzung von Freizügigkeitsrechten der Unionsbürger vermieden werden solle. Grundsätzlich müsse die Norm EU-rechtskonform ausgelegt werden. Die Aufhebung der Ehe würde die Eheleute in ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU verletzen. Demnach dürfe sich jeder Unionsbürger im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten. Würde die Ehe eines Unionsbürgers, die nach dem Recht eines seiner Mitgliedstaaten wirksam geschlossen wurde, in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund der dort geltenden nationalen Bestimmung aufgehoben, behindere dies den Betroffenen in seiner Freizügigkeit. Die Eheaufhebung würde darüber hinaus gegen das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit und Aufenthalt verstoßen.

Das Gesetz zur Aufhebung von Kinderehen bezwecke den Schutz von über 16-jährigen minderjährigen Eheleuten. Die Antragsgegnerin sei hier jedoch nicht in dem Maße schutzbedürftig, wie dies dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes vorgeschwebt habe. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Ehefrau die Tragweite und die Rechtsfolgen der Eheschließung bei der Heirat nicht erfasst habe. Zudem wollten die Antragsgegner auch künftig als verheiratetes Paar mit ihren gemeinsamen Kindern weiterleben. (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 28.7.2019, 5 UF 97/19)

Unterhalt: Trennungsunterhalt kann auch ohne ein früheres Zusammenleben verlangt werden

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M., in dem eine Frau nach dem Scheitern ihrer Ehe Trennungsunterhalt verlangt hatte. Die Eheleute hatten im August 2017 geheiratet. Die Ehe war von ihren Eltern, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Frau im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Mann arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Frau sich nach Paris versetzen lässt und die Ehepartner dort gemeinsam leben. Die Eheleute verfügten über kein gemeinsames Konto. Sie verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.

Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Eheleute. Das Scheidungsverfahren ist noch anhängig. Die Frau begehrt nun Trennungsunterhalt, da der Mann mehr verdient habe als sie. Sie hätten „ein ganz normales Eheleben“ geführt.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Der Frau stehe Trennungsunterhalt zu. „Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirkung der Lebensgemeinschaft gekommen ist“, betonte das OLG. Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten gebe es nicht. Der Unterhaltsanspruch während bestehender Ehe setze auch nicht voraus, dass die Beteiligten sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.

Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte für den Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht. Darüber hinaus liege hier auch keine nur kurze Ehedauer vor, da die Ehe bis zur Scheidung fortdauere. Dass die Eheleute vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, sodass aus diesen Gründen Verwirkung im Raum stehe, könne hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Parteien hätten vielmehr geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, um ein gemeinsames Leben zu führen. (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.7.2019, 4 UF 123/19)

Objektüberwachung: Architekt muss Putzarbeiten bei Kälte untersagen

Das Auftragen von Innenputz stellt zwar eine einfache Leistung dar, die nicht überwacht werden muss. Anders sieht die Sache aber aus, wenn Putzarbeiten im Winter ausgeführt werden.

Dann muss der Objektüberwacher nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln zumindest stichprobenartig prüfen, dass keine Arbeiten bei Temperaturen unter fünf Grad Celsius vorgenommen werden. Arbeiten gemäß der DIN 18550 (Anlage B 7/ALH I) und den Merkblättern der Berufsverbände (Anlagen B 6 und B 8/ALH I) bei Luft- und Bauteiltemperaturen unter fünf Grad Celsius dürfen nach den DIN-Vorgaben und den Merkblättern der Berufsverbände dann nämlich nicht vorgenommen werden. Anderenfalls ist mit Baumängeln zu rechnen. Der Objektüberwacher ist auch nicht deshalb von seiner Überwachungspflicht befreit, weil auch der Generalunternehmerin beziehungsweise deren Subunternehmern der Inhalt der DIN und der Merkblätter bekannt sein musste. (OLG Köln, Urteil vom 8.9.2017, 19 U 133/16)

Werkvertragsrecht: Mängelanzeigen müssen keine Mängelursachen enthalten

Eine Mängelanzeige ist ausreichend verständlich, wenn sie die Erscheinungsbilder des Mangels benennt. Es ist nicht erforderlich, dass der Bauüberwacher auch die Mangelursachen benennt, die er vermutet.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klargestellt. Für alle Planer, insbesondere Bauüberwacher, bedeutet das, dass sie nur die Mangelerscheinungen und die Verortung im Bauwerk benennen müssen. Denn der Mangel muss auch ohne Weiteres aufgefunden werden können.

Die Anzeige des Mangels hat weitreichende Folgen: Bis zur Abnahme liegt die Beweislast für die Mangelfreiheit beim Auftragnehmer. Nach der Abnahme kehrt sich die Beweislast um, dann ist der Bauherr beweispflichtig. (OLG Stuttgart, Urteil vom 23.11.2016, 3 U 65/16)

Öffentliches Baurecht: Genehmigungsbehörde prüft nicht das Eigentum am Grundstück

Die Baugenehmigung wird unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Sie verleiht dem Bauherrn daher zivilrechtlich nicht die Befugnis, ein Bauvorhaben gegen den Willen des Grundstückseigentümers zu verwirklichen. Die Baugenehmigungsbehörde muss deshalb nicht prüfen, ob der Bauherr zivilrechtlich befugt ist, den Bau herzustellen.

Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen klargestellt. Die Richter machten deutlich, dass eine Baugenehmigung den Bauherrn nur öffentlich-rechtlich dazu berechtigt, das Vorhaben durchzuführen. Zivilrechtlich kann das ganz anders aussehen, z. B. wenn die Grundstückseigentumsverhältnisse entsprechend sind. Es gilt also der Grundsatz: Bauen darf der Bauherr nur, wenn er dazu sowohl öffentlich-rechtlich als auch zivilrechtlich befugt ist. Sonst läuft er Gefahr, sich zivilrechtlichen Abwehransprüchen des/der betroffenen Grundstückseigentümer auszusetzen. (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.5.2019, 10 A 1998/18)

Aktuelle Gesetzgebung: Energetische Gebäudesanierung soll ab 2020 gefördert werden

Energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum sollen schon ab 2020 für einen Zeitraum von zehn Jahren durch einen prozentualen Abzug der Aufwendungen von der Steuerschuld gefördert werden. Dazu soll das EStG um § 35c ergänzt werden. So steht es in Art. 1 des Referentenentwurfs für ein „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“.

Förderfähig sind danach Maßnahmen, die auch von der KfW als förderfähig eingestuft sind, wie z. B.

  • die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen oder Geschossdecken,
  • die Erneuerung der Fenster oder Außentüren,
  • der Einbau, die Erneuerung einer Lüftungs- bzw. Heizungsanlage,
  • der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung und
  • die Optimierung bestehender Heizungsanlagen.

Je Objekt beträgt die Steuerermäßigung 20 Prozent der Aufwendungen, maximal insgesamt 20.000 EUR (über drei Jahre verteilt zweimal 7.000 EUR und einmal 6.000 EUR als Abzug von der Steuerschuld). Die konkreten Mindestanforderungen sollen in einer Rechtsverordnung festgelegt werden. Das soll sicherstellen, dass die steuerlichen Anforderungen der noch zu konzipierenden Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) entsprechen. („Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“)

Kündigungsrecht: Kündigung nur bei bestehendem Arbeitsverhältnis

Eine Kündigungsschutzklage ist nur begründet, wenn zum Zeitpunkt der mit der Kündigung beabsichtigten Beendigung des Rechtsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Andernfalls kann nicht festgestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Hierauf weist das Landesarbeitsgericht (LAG) München hin. Hat kein Arbeitsverhältnis bestanden, muss danach die Klage als unbegründet abgewiesen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wirksamkeit der Kündigung geprüft wird.

In dem betreffenden Fall war ein angestellter Mitarbeiter zum Geschäftsführer bestellt worden. Nach ca. 14 Jahren wurde er von der Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen. Er wollte daraufhin in seiner ursprünglichen Position als kaufmännischer Leiter weiterbeschäftigt werden. Seine Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt in dem Abschluss eines Geschäftsführervertrags durch einen angestellten Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn anderes nicht vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen. Diese lagen hier nicht vor. (LAG München, Urteil vom 30.1.2019, 4 Sa 336/18)

Jahressonderzahlungen: Jahresende … 10 Antworten zum Weihnachtsgeld

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und das im Volksmund bezeichnete „Weihnachtsgeld“ steht bei vielen an. Im Arbeitsrecht gibt es hierzu viele Begriffe: 13. Monatsgehalt, Jahressonderzahlung, Gratifikation etc. Ganz abhängig davon, wie es in den Tarif- oder Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen steht. So vielfältig die Begriffe, so vielfältig sind die Probleme rund um das Thema: Haben zum Beispiel kranke Arbeitnehmer einen Anspruch? Was gilt bei den Empfängern von Mindestlohn? Nachfolgend Antworten auf die 10 wichtigsten Fragen.

1. Wann kann das Weihnachtsgeld entfallen?

Generell ist eine „Jahresabschlussgratifikation”, egal wie sie genannt wird, nicht als gewinnabhängige Leistung des Arbeitgebers zum Jahresabschluss zu verstehen. Die Jahresabschlussgratifikation ist regelmäßig keine persönliche Leistungszulage, die jeweils individuell leistungsabhängig vom Arbeitgeber festgesetzt wird. Vielmehr wird die Jahresabschlussgratifikation/Sonderzuwendung/Weihnachtsgratifikation etc. vom Arbeitgeber gezahlt, um damit zum Jahresabschluss die Leistungen der Arbeitnehmer im vergangenen Jahr zusätzlich abzugelten. Ein Anspruch auf diese Zahlung besteht damit unabhängig von der Gewinnsituation und der individuellen Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer.

Wenn ein Unternehmen wirtschaftliche Schwierigkeiten hat, kann es mit dem Betriebsrat vereinbaren, dass das Weihnachtsgeld wegfällt oder reduziert wird. Der Arbeitgeber allein darf in solchen Fällen das Weihnachtsgeld nicht kürzen oder streichen. Das richtige Mittel zur Umsetzung sind Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat oder Sanierungstarifverträge mit der Gewerkschaft.

2. Wann kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld zurückverlangen?

Zunächst: Vielfach soll mit der Jahressonderzahlung auch die weitere Betriebstreue der Arbeitnehmer belohnt werden. Die Sonderzuwendung hat deshalb oft einen Mischcharakter. Soll neben der vergangenen Betriebstreue auch noch die zukünftige Betriebstreue gefördert werden, wird dies zumeist dadurch sichergestellt, dass der Arbeitgeber ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu einem Stichtag verlangt (z. B. der 31.3. des Folgejahres) und eine Rückzahlungsklausel bei vorzeitigem Ausscheiden vereinbart.

Generell kann eine Rückzahlung nur bei Weihnachtsgeldern mit ausschließlichem Belohnungscharakter gefordert werden. Und auch nur dann, wenn eine wirksame Rückzahlungsklausel vereinbart wurde, die eindeutig und transparent sein muss. Zudem gibt es eine konkrete Grenze: Ein Weihnachtsgeld von unter 100 EUR muss man generell nicht zurückzahlen.

3. Wie kann man Weihnachtsgeld einfordern?

Wer die Gratifikation nicht bekommt, sollte sie schriftlich einfordern und eine Frist setzen. Häufig genügt es, auf ein Gerichtsurteil zu verweisen, damit der Arbeitgeber einlenkt. In den meisten Fällen führt ein Streit um das Weihnachtsgeld nicht vor das Arbeitsgericht.

4. Kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld einfach weglassen?

Die Jahressonderzuwendung ist trotz ursprünglicher Freiwilligkeit kein Geschenk des Arbeitgebers. Die Sonderzuwendung hat eher einen Entgeltcharakter. Die Betonung der Freiwilligkeit führt nicht automatisch dazu, dass der Arbeitgeber die Zahlung jederzeit einstellen könnte. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitgeber zusätzlich einen wirksamen Widerrufsvorbehalt für die Zukunft vereinbart hat oder jedes Jahr nur eine einmalige Leistung erbringt.

5. Gibt es Weihnachtsgeld, weil es alle anderen erhalten?

Ja, wenn alle Arbeitnehmer oder zumindest alle Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe Weihnachtsgeld nach bestimmten Kriterien erhalten, ergibt sich in der Regel ein Anspruch ohne ausdrückliche Vereinbarung für alle, die zu dieser Gruppe gehören. Dazu muss nicht einmal eine betriebliche Übung bestehen.

6. Gibt es Ausnahmen?

Der Arbeitgeber kann einzelnen Arbeitnehmern oder einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern das Weihnachtsgeld nur mit triftigen sachlichen Gründen verwehren. Solche Gründe hängen immer vom Zweck der Zahlung ab, zum Beispiel der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder etwaigen Fehlzeiten, auch wegen Krankheit. Da entscheiden manche Arbeitgeber, kein oder weniger Weihnachtsgeld zu zahlen.

Es wird teilweise mehr als üblich gezahlt, beispielsweise Verheirateten mehr als Ledigen, Familien mit vielen Kindern mehr als solchen ohne. Diese Ungleichbehandlung muss zum einen jedoch im Einzelfall angemessen, zum anderen vorher klar, bestimmt und abstrakt-generell für die Belegschaft erkennbar geregelt sein.

Bei wechselnder Höhe des Weihnachtsgelds gilt: Zahlt der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld dreimal vorbehaltlos, jeweils zum Jahresende und in jährlich unterschiedlicher Höhe, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, in jedem Jahr eine solche Sonderzahlung zu erhalten.

7. Was gilt bei Teilzeitbeschäftigten?

Das Weihnachtsgeld berechnet sich bei Teilzeit anteilig im Verhältnis der jeweiligen reduzierten Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung. Das gilt auch für geringfügig Beschäftigte. Nicht zulässig ist eine tarifliche Regelung, die eine Kürzung des Weihnachtsgelds um 1.000 EUR sowohl für Vollzeit- als auch Teilzeitbeschäftigte vorsieht.

Das BAG entschied hierzu: „Eine tarifliche Regelung, die eine Kürzung des Weihnachtsgelds um 1.000 DM einheitlich für Voll- und Teilzeitbeschäftigte vorsieht, führt zu einer Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten i. S. d. § 2 Abs. 1 BeschFG. Der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot führt zur Unwirksamkeit dieser tariflichen Berechnungsweise und damit zur Wiederherstellung der tariflichen Grundregelung, wonach Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld haben, das sich nach dem Verhältnis ihrer vertraglichen Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten bemisst.“

8. Weihnachtsgeld und tariflicher Mindestlohn: Wie geht das?

Arbeitgeber dürfen das Weihnachtsgeld nur dann auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen, wenn das Weihnachtsgeld in jedem Monat zu 1/12 als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen vorbehaltlos und unwiderruflich gezahlt wird. Hierzu das BAG:

  • Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind anrechenbar, sofern die Normalarbeitsleistung vergütet werden soll. Jedoch nur in dem Monat, in dem die Zahlung erfolgt und auch nur, wenn die Zahlung vom Arbeitgeber nicht zurückgefordert werden kann, etwa bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers. Ist durch Betriebsvereinbarung die Sonderzahlung ratierlich jeden Monat gezahlt worden, ist sie anrechenbar.
  • Wird die Einmalzahlung ohne Rücksicht auf die erbrachte Arbeitsleistung geleistet, ist diese nach BAG unter Umständen nicht anrechenbar. Ob damit auch solche Leistungen gemeint sind, die selbst dann geschuldet sind, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft arbeitsunfähig krank ist und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach EFZG hat, ist zurzeit offen.

9. Der Arbeitnehmer ist krank: Weihnachtsgeld kürzen?

Erkrankte haben Anspruch auf Weihnachtsgeld, sofern der Arbeits- oder Tarifvertrag nicht Kürzung bzw. Wegfall vorsieht. Im Falle einer langen Erkrankung kann der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation unter bestimmten Umständen entfallen, wenn er auf einer betrieblichen Übung beruht und ohne besondere Leistungsvoraussetzungen oder -einschränkungen gezahlt wurde.

10. Gibt es Weihnachtsgeld für eine Arbeitnehmerin im Mutterschutz?

Ein Arbeitgeber darf das Weihnachtsgeld, das als 13. Monatsgehalt gewährt wird, nicht anteilig kürzen, weil eine Beschäftigte in Mutterschutz ist. Es ist unzulässig, in den Arbeitsvertrag zu schreiben, dass sämtliche Zeiten, in denen Beschäftigte ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, zu einer zeitanteiligen Minderung des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld führen. Denn das umfasst ebenfalls die Zeiten, in denen eine Mutter vor und nach der Entbindung nicht beschäftigt werden darf.

Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 12/2019

Im Monat Dezember 2019 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit)

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.12.2019
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.12.2019
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 10.12.2019
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 10.12.2019
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 10.12.2019

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.12.2019. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit)

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Dezember 2019 am 23.12.2019.