Straßenverkehrsgefährdung: Überholen bei sichtbarem Gegenverkehr ist kein falsches Überholen

Allein ein Überholen bei sichtbarem Gegenverkehr ist noch kein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO). Ein falsches Überholen liegt nur vor, wenn das Überholen unter Berücksichtigung des Gegenverkehrs für einen durchschnittlichen Fahrer nicht gefahr- und behinderungslos möglich ist.

So hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Jena geäußert. Für den Angeklagten hatte diese Ansicht des OLG erhebliche Auswirkungen. Denn er war ursprünglich wegen Straßenverkehrsgefährdung verurteilt worden. Diese Verurteilung hat das OLG aufgehoben und an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dort müssen weitere Feststellungen getroffen werden. (OLG Jena, Urteil vom 18.3.2019, 1 OLG 151 Ss 22/19)

Unfallschadensregulierung: Diese Bestandteile sind in der Kleinteilepauschale enthalten

Das Amtsgericht München hat eine Kleinteilepauschale in Höhe von zwei Prozent aus dem Betrag der sonstigen Ersatzteile zugesprochen und dabei deren Bestandteile erläutert.

Das Gericht schreibt: „Zu der sog. Kleinersatzteilpauschale ist im Übrigen auszuführen, dass aus zahlreichen Gutachten aus anderen Fällen gerichtsbekannt ist, dass eine sog. Kleinteilepauschale von zwei Prozent üblicherweise im Rahmen einer Fahrzeuginstandsetzung berechnet wird. Es handelt sich hierbei um eine Pauschale zur Abgeltung von Positionen, welche in kleinsten Teileinheiten im Rahmen der Reparaturmaßnahmen verbraucht werden (Kleinstmengen von Schmierfetten, Wartungssprays, Korrosionsschutzmitteln, Rostlösern o. Ä.). Hintergrund dieser Praxis ist, dass die entsprechenden Kleinstteile und Verbrauchsmaterialien aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll erfasst werden können.“ Diese Beschreibung ist hilfreich, wenn ein Versicherer Doppelberechnung behauptet, weil ein paar Schrauben, Muttern und Clips in der Rechnung aufgeführt sind. (Amtsgericht München, Urteil vom 30.7.2019, 344 C 663/19)

Haftungsrecht: Haftung des Fahrzeughalters kann beim Fußgängerunfall im Einzelfall vollständig entfallen

Die von einem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr kann bei grob verkehrswidrigem Verhalten eines Fußgängers vollständig entfallen. Ob dies im Einzelfall so ist, muss durch eine Abwägung geklärt werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hin. Geklagt hatte die Krankenkasse einer Frau, die bei einem Unfall schwer verletzt wurde. Die Frau hatte ihren Pick-up zunächst neben einer siebenspurigen Fahrbahn im Stadtgebiet geparkt. Dann hatte sie ein mannshohes Plakat ausgeladen. Dieses Plakat wollte sie auf einem Grünstreifen aufstellen, der sich in der Mitte der Fahrspuren befand. Nur wenige Meter von dem geparkten Pick-up entfernt hätte die Frau an einer Ampelanlage gefahrlos die Straße überqueren und zu dem Grünstreifen gelangen können. Sie wollte jedoch unmittelbar am Ausladeort mit dem großen Plakat in Händen über die Straße gehen. Dabei hätte sie insgesamt vier Spuren überqueren müssen. Beim Überqueren der Straße wurde sie vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und dabei schwer verletzt. Der Mann war mit seinem Pkw auf dem zweiten Fahrstreifen unterwegs.

Die Krankenkasse der Frau verlangt vom Beklagten Schadenersatz für aufgewendete Heilbehandlungskosten. Außerdem will sie festgestellt wissen, dass der Beklagte den künftig noch entstehenden Schaden ersetzen muss. Dabei geht die Krankenkasse von einer Haftungsquote von 50 Prozent aus. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat der Klage mit einer Haftungsquote von 1/3 zulasten des Beklagten stattgegeben.

Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Das OLG hat die Berufung der Krankenkasse zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat es die Klage komplett abgewiesen. Die Richter gehen von einer Alleinhaftung der geschädigten Frau aus. Der Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass diese plötzlich die Straße überqueren werde. Der Pick-up sei neben der Fahrbahn geparkt gewesen. Er habe kein Verkehrshindernis dargestellt. Es habe für den Beklagten ferngelegen, damit zu rechnen, dass jemand mit einer mannshohen Plakatwand nicht den 15 m entfernten ampelgeregelten Fußgängerüberweg nehmen würde, sondern versuchen könnte, die vier Fahrbahnen zu dem bewachsenen Trennstreifen in einem Zug zu überqueren.

Der Beklagte habe deshalb auch nicht schon beim ersten Schritt der Geschädigten auf die Fahrbahn mit einer Vollbremsung reagieren müssen. Zwar hätte er bremsen müssen, als die Frau weiter auf die Fahrbahn lief. Allerdings sei da der Unfall aber selbst mit einer Vollbremsung nicht mehr vermeidbar gewesen. Die Geschädigte habe sich grob verkehrswidrig verhalten. Sie hätte die mehrspurige Straße nur an der Ampel überqueren dürfen. Zudem habe sie sich auch beim Überqueren der Straße nicht richtig verhalten. Das sich annähernde Fahrzeug des Beklagten sei für sie erkennbar gewesen. Sie hätte deshalb stehen bleiben müssen. Das galt besonders, da sie ein sperriges Plakat mit sich führte. (Urteil des OLG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 31.1.2018, 4 U 1386/17)

Sozialrecht: Wieviel darf ein Auto bei Bezug von Hartz-IV wert sein?

Wer Grundsicherungsleistungen haben will, muss ein teures Auto grundsätzlich vorher verwerten. Dabei muss die Behörde aber auf das Zusammenspiel der Freibeträge achten.

Das zeigt eine Entscheidung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen. Dort hatte ein 58-jähriger Geringverdiener geklagt. Vom Geld seiner Eltern hatte er sich vor fünf Jahren einen riesigen Pick-Up Truck, Ford F 150, US-Import für 21.000 EUR gekauft. Das Jobcenter wollte ihm nun keine Grundsicherungsleistungen bewilligen. Der Mann sei nicht hilfebedürftig. Er müsse vorhandenes Vermögen in Form des Autos zunächst verwerten. Nach eigenen Internetrecherchen des Jobcenters und dem Angebot eines örtlichen Gebrauchtwagenhändlers sei von einem Wert von 20.000 EUR auszugehen.

Das LSG hat das Jobcenter im Eilverfahren vorläufig zur Leistung verpflichtet. Die Freibeträge zur Hilfebedürftigkeit würden nicht überschritten. Um die Mobilität zur Arbeitsaufnahme zu erhalten, gelte ein seit Jahren unveränderter Kfz-Freibetrag von 7.500 EUR. Hinzu komme ein Vermögensfreibetrag, der mit zunehmendem Alter ansteige. Er betrage bei dem Mann 9.300 EUR. Da außer dem Auto kein weiteres Vermögen vorhanden war, hätte der Mann das Auto nur verkaufen müssen, wenn der Wert 16.800 EUR übersteigen würde. Allerdings konnte das Gericht die Berechnung des Jobcenters nicht nachvollziehen. Der Gesamtfreibetrag werde selbst bei einem jährlichen Wertverlust von nur fünf Prozent durch Alter und Laufleistung unterschritten. Auch die vom Jobcenter beantragte richterliche Inaugenscheinnahme des Autos brachte keine anderen Erkenntnisse. Vielmehr beanstandete der Senat, dass bei solch unterschiedlichen Einschätzungen bisher kein Wertgutachten eingeholt wurde. Da im Eilverfahren nur geschätzt werden könne, sei dies im Hauptsacheverfahren nachzuholen. „Die Wertermittlung von Autos ist ein nüchterner Rechenvorgang ohne soziale Missbilligung“, erläutert das Gericht. „Hätte der Kläger einen Golf für 7.500 EUR in der Garage und 9.300 EUR auf dem Konto, wäre seine Bedürftigkeit nie angezweifelt worden.“ (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.5.19, L 11 AS 122/19 B ER)

Haftungsrecht: Verkehrssicherungspflicht bei einem Amphibientunnel im Stadtpark

Ein durch ein Gitterrost abgedeckter, nach ca. 8 m abrupt in einer 83 cm tiefer liegenden, ungesicherten Grube endender Amphibientunnel in einem Stadtpark ist eine Gefahrenquelle, die als solche zumindest deutlich zu kennzeichnen und ggf. abzusichern ist. Ein Verstoß gegen diese Verkehrssicherungspflicht macht den Stadtparkbetreiber schadenersatzpflichtig.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig im Fall eines betrunkenen Radfahrers, der mit seinem Rad nachts durch den teilweise unbeleuchteten Stadtpark gefahren war. Dabei war er ungebremst in die ungesicherte, tiefer liegende Kuhle gefahren. Bei dem Sturz hatte er sich schwer verletzt.

Die Richter machten deutlich, dass derjenige, der eine Gefahrenlage schafft (bzw. verantwortet), grundsätzlich die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen muss, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die ihm nach den Umständen auch zuzumuten sind.

Ein Stadtparkbetreiber hat die Pflicht, das Benutzen der Geh- und Fahrwege in dem öffentlich zugänglichen Parkgelände möglichst gefahrlos zu gestalten. Im Rahmen des Zumutbaren sind dabei auch Anlagen außerhalb von Geh- und Fahrwegen, die nicht ohne Weiteres als Gefahrenstelle erkennbar sind, zu sichern. Auf eine allgemeine Beleuchtungspflicht in öffentlichen Parkanlagen kommt es dabei nicht an. Wenn das Parkgelände auch in der Nacht zumindest teilweise ausgeleuchtet ist, dürfen potenzielle Parknutzer darauf vertrauen, dass auch besondere Gefahrenquellen links und rechts des Wegs gesichert oder aber zumindest deutlich gekennzeichnet sind.

Allerdings trifft den Geschädigten ein Mitverschulden, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schäden zu bewahren. Im vorliegenden Fall ging das OLG aufgrund der starken Alkoholisierung von einer Mitverschuldensquote von 60 Prozent aus. (OLG Schleswig, Beschluss vom 5.2.2019, 7 U 160/18)

Kfz-Haftpflichtversicherung: Kurzzeitkennzeichen: Versicherer kann bei missbräuchlicher Nutzung Regress nehmen

Verursacht der Versicherungsnehmer einer Versicherung für ein Kurzzeitkennzeichen (hier 04er-Kennzeichen mit befristeter Gültigkeit) bei einer nicht vom Verwendungszweck des Kurzzeitkennzeichens gedeckten Fahrt einen Unfall, kann der Versicherer die an den Unfallgegner gezahlten Beträge vom Versicherungsnehmer zurückfordern.

Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Mitte. Dort hatte der Versicherungsnehmer ein Fahrzeug mit einem Kurzzeitkennzeichen genutzt und damit einen Unfall verursacht. Vorgerichtlich hatte er dem Anwalt des Versicherers gegenüber eingeräumt, sich mit Freunden getroffen und auf der Rückfahrt gewesen zu sein. Im Prozess hat er abweichend davon vorgetragen, er sei zunächst in Spandau und an einer anderen Stelle in Berlin gewesen, um gebrauchte Airbags zu erwerben. Damit habe er dann eine Werkstatt nach der anderen abgefahren, um – im Ergebnis erfolglos – eine zu finden, die die Airbags einbaue.

Ob das der Wahrheit entsprach, war für das Amtsgericht nicht von Bedeutung. Selbst wenn man das als wahr unterstelle, seien diese Fahrten nicht von der Fahrzeugzulassungsverordnung gedeckt und damit auch nicht vom Versicherungsschutz. Denn eine „notwendige“, so der Verordnungstext, Fahrt zum Zwecke der Reparatur sei eine Fahrt in die reparaturausführende Werkstatt. Nicht unter den Wortlaut falle eine Informationsbeschaffungsfahrt, welche Werkstatt die Reparatur überhaupt durchführen wolle.

Hinweis: Ein Fahrzeug darf mit 04er-Kennzeichen nur für Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt bzw. für notwendige Fahrten zum Tanken, zur Außenreinigung und zum Zwecke der Reparatur oder Wartung genutzt werden. Das ist identisch mit den erlaubten Fahrten mit einem roten 06er-Kennzeichen. Daher kann das Urteil auch darauf übertragen werden. (Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 12.12.2018, 7 C 3118/18)

Reiserecht: Fluglinie muss rechtzeitig über geänderte Flugzeiten informieren

Nach der Fluggastrechteverordnung muss der Reisende mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit informiert werden, wenn der Flug verlegt wird. Informiert die Fluggesellschaft nicht rechtzeitig, muss sie Ausgleichszahlungen leisten.

So entschied das Amtsgericht Nürnberg im Fall einer Familie mit zwei minderjährigen Kindern, die am 3.8.2018 um 5:00 Uhr von Nürnberg nach Rhodos fliegen wollte. Die Reise hatten sie über einen Reiseveranstalter gebucht. Die beklagte Fluglinie beschloss bereits am 25.5.2018, den Flug der Familie auf den 3.8.2018 um 18:05 Uhr zu verlegen. Mit E-Mail vom 21.7.2018 informierte die Fluglinie den Ehemann und dessen Familienangehörige über die geänderte Flugzeit. Der Mann hatte am 19.7.2018 versucht, über die Homepage der Fluglinie Sitzplätze zu reservieren. Auf der Homepage waren die geänderten Flugzeiten bereits eingetragen. Die Fluglinie ist daher der Auffassung, dass der Familie kein Anspruch mehr zustehe. Der in der Fluggastrechteverordnung geregelte Ausnahmefall einer rechtzeitigen Information, welche mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit erfolgen muss, sei erfüllt.

Das Amtsgericht Nürnberg hat der Familie insgesamt 1.600 EUR an Ausgleichszahlungsansprüchen aus der Fluggastrechteverordnung zugesprochen. Nach Ansicht des Amtsgerichts ist der Ehemann nicht rechtzeitig über die Annullierung der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden. Er hätte spätestens am 20.7.2018 um 5:00 Uhr von der Fluglinie die entsprechenden Informationen erhalten müssen. Tatsächlich habe diese ihm aber erst am 21.7.2018 die geänderten Flugzeiten mitgeteilt. Die Tatsache, dass der Reiseveranstalter bereits vorher informiert worden sei, sei nicht maßgeblich. Der Reisevermittler bzw. Reiseveranstalter sei nämlich kein Empfangsvertreter des Passagiers.

Auch dass die Fluglinie auf ihrer Homepage bereits die geänderten Abflugzeiten dargestellt hatte, als der Ehemann versuchte, dort eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen, genügt nach Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg nicht. Der Anspruch der Familie auf Ausgleichszahlung entfalle nach der Fluggastrechteverordnung nur in dem Ausnahmefall, dass die Fluglinie zweck- und zielgerichtet unterrichtet. Es sei nicht ausreichend, dass der Fluggast nur im Rahmen einer anderen Tätigkeit – mehr oder weniger zufällig – Kenntnis von der Änderung der Flugzeiten erlange. Unterrichten bzw. Informieren im Sinn der Fluggastrechteverordnung bedeute ein bewusstes und zweckgerichtetes Übermitteln von Informationen an einen konkreten Adressaten. (Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 23.1.2019, 19 C 7200/18)

Vertragsgemäßer Gebrauch: Kein Schadenersatzanspruch des Vermieters bei Gebrauchsspuren der Mietsache

Ein Vermieter hat bei Ende des Wohnungsmietverhältnisses keinen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Mieter wegen gewöhnlicher Gebrauchsspuren der Wohnung.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Wiesbaden im Fall eines Mieters, der nach 14 Jahren aus der Wohnung ausgezogen war. Der Vermieter machte Schadenersatzansprüche wegen Beschädigungen an der Mietwohnung geltend. Er trug in der Klageschrift vor, der in der Wohnung verlegte Laminatboden habe mehrere Einkerbungen aufgewiesen und der Teppichboden zahlreiche Verfärbungen. Hierbei handle es sich nicht um Gebrauchsspuren, sondern um ersatzfähige Beschädigungen. Die Lebensdauer solcher Bodenbeläge liege bei weit über 15 Jahren. Demgegenüber vertrat der Mieter die Auffassung, dass es sich bei den geltend gemachten Schäden an den Böden um nicht ersatzfähige Gebrauchsspuren handele.

Der Richter des Amtsgerichts Wiesbaden begründet sein Urteil damit, dass es sich bei dem verlegten Laminatboden um einen solchen von einfacher Qualität gehandelt habe. Die Einkerbungen im Boden seien bei einem Laminatboden einfacher Qualität nach 14 Jahren der Nutzung gewöhnliche Abnutzungserscheinungen. Es lägen keine ersatzfähigen Schäden vor. Es handle sich vielmehr um gewöhnliche Verschleißerscheinungen. Die wirtschaftliche Lebensdauer eines einfachen Laminatbodens betrage nicht mehr als 14 Jahre. Dies sei der Zeitraum des Mietverhältnisses zwischen den Parteien.

Selbst für den Fall, dass die Einkerbungen als Schäden angesehen würden, müsste ein Abzug „neu für alt“ vorgenommen werden. Hierdurch würde sich der Schadenersatzanspruch des Vermieters auf Null reduzieren.

Auch die Kosten für den Austausch des Teppichbodens wurden dem Vermieter nicht zugesprochen. Selbst bei einem hochwertigen Teppichboden könne nur eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren angenommen werden. Damit hat das Gericht die Verfärbungen des mindestens 14 Jahre alten Teppichbodens ebenfalls als gewöhnliche Abnutzungserscheinungen gewertet.

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass Instandhaltungsmaßnahmen an der Mietsache, die in einem Zeitraum von 14 Jahren naturgemäß anfallen, als nicht ersatzfähige Sowieso-Kosten gelten. Hierzu gehöre etwa das Abschleifen, Grundieren und Lackieren einer Holztreppe, die Gebrauchsspuren aufweise. Die Entscheidung ist durch das Landgericht Wiesbaden bestätigt worden. (Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 6.12.2018, 93 C 2206/18)

Kündigungsrecht: Mieter beleidigt und bedroht Vermieter auf Facebook

Wird ein Vermieter auf dem Facebook-Profil des Mieters in einen öffentlich gestellten Beitrag beleidigt und bedroht, berechtigt ihn dies zu einer fristlosen Kündigung.

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht Düsseldorf einer Räumungsklage des Vermieters stattgegeben. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis nach mehreren Beiträgen auf dem Facebook-Profil des Mieters fristlos gekündigt. Das Amtsgericht sieht in dem mit Kot-Smileys hinterlegten Beitrag „Schon wieder fristlose Kündigung des Mietvertrags bekommen, wollen die das ich durchdrehe ???“ sowie dem weiteren Beitrag, dass „der Vermieter zu weit gehe“ und „er das jetzt selbst regeln wolle“ eine nicht hinzunehmende Drohung. Auch die Bezeichnung „Huso“ sei eine zweifelsfreie Beleidigung, egal ob dies als „Hurensohn“ oder – wie der Mieter eingewandt hatte – als „Hundesohn“ zu verstehen sei. (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.7.2019, 27 C 346/18)

Aktuelle Gesetzgebung: Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes

Auf ihrer Frühjahrskonferenz haben die Justizministerinnen und Justizminister der Länder beschlossen, eine länderoffene Arbeitsgruppe zur Reform des WEG einzurichten. Die Leitung der Arbeitsgruppe erfolgte gemeinsam durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz. Die Arbeitsgruppe hat nur ihren Abschlussbericht vorgelegt.

Es wurde der Reformbedarf des WEG geprüft, insbesondere durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen der bestehende Sanierungsstau bei Wohnungseigentumsanlagen beseitigt werden kann. Ziel ist unter anderem, das Wohnungseigentumsanlagen leichter saniert und modernisiert werden können. Besonderes Augenmerk legte die Arbeitsgruppe auf die Förderung der Elektromobilität und die Barrierefreiheit des Wohnens. Außerdem wurde geprüft, wie eine effizientere Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erreicht werden kann.

Im Einzelnen sollen bauliche Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität erleichtert werden. Eigentümer und Mieter brauchen ein Recht auf Einbau von Ladestationen. Um die Handlungsfähigkeit von Eigentümerversammlungen zu verbessern, sollen die Anforderungen an ihre Beschlussfähigkeit gesenkt und die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Teilnahme genutzt werden. Zudem sollen sinnvolle Sanierungen und die Erweiterung von Wohnraum künftig leichter möglich sein.

Auf Grundlage des Abschlussberichts soll bis Ende des Jahres ein Gesetzentwurf erarbeitet werden.