Fahrlässige Körperverletzung: Nachts mit dem Trecker auf der Landstraße

Wer mit einem landwirtschaftlichen Gespann bei Dunkelheit nach links auf eine Landstraße auffährt, hat besondere Sorgfaltspflichten.

Das ist das Ergebnis eines Revisionsverfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Ein Landwirt war in einer Augustnacht kurz nach Mitternacht mit seinem Traktor und zwei Anhängern vom Feld kommend nach links auf eine Landstraße aufgefahren. Ein Mann, der mit seinem Opel in entgegengesetzter Richtung fuhr, konnte nicht mehr schnell genug abbremsen. Er kollidierte mit dem zweiten, noch quer zur Fahrbahn stehenden Anhänger. Dabei erlitt er erhebliche Verletzungen. Der Landwirt wurde von der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Das Amtsgericht Cloppenburg sprach den Landwirt frei. Ein Verschulden könne nicht festgestellt werden. Die Berufung der Staatsanwaltschaft blieb erfolglos. Das Landgericht Oldenburg bestätigte den Freispruch.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das OLG das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Sachverhalt müsse noch weiter aufgeklärt werden. Angesichts der vom Landgericht getroffenen Feststellung, dass der Opelfahrer die Scheinwerfer des Traktors gleich nach Durchfahren einer Kurve gesehen habe und dann erst ca. 20 Sekunden später mit dem zweiten Anhänger kollidiert sei, könne man davon ausgehen, dass sich das landwirtschaftliche Gespann besonders schwerfällig bewegt habe. Hinzu sei die Dunkelheit gekommen. Insgesamt habe eine außergewöhnliche Gefahrensituation vorgelegen. An die ohnehin hohen Sorgfaltspflichten eines Linksabbiegers seien daher gesteigerte Anforderungen zu stellen. Der Landwirt hätte zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen. So hätte er zum Beispiel einen Warnposten aufstellen können – was nicht geschehen sei – oder zumindest sein Gespann seitlich beleuchten müssen. Ob er dies getan habe, hätten weder Amts- noch Landgericht geklärt. Die Sache müsse daher vom Landgericht erneut überprüft werden, so der Senat. (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.11.2017, 1 Ss 206/17)

Geschwindigkeitsüberschreitung: In gut einer Stunde elfmal geblitzt kostet den Raser 1.504 EUR und drei Monate Fahrverbot

Das Amtsgericht München verurteilte einen 24-jährigen Mann wegen einer fahrlässigen und fünf vorsätzlichen Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von insgesamt 1.504 EUR und zu einem dreimonatigen Fahrverbot.

Der Mann war am 23.5.2018 zwischen 0.00 und 1.27 Uhr mit seinem Pkw in München unterwegs. In der Zeit wurde er innerorts elfmal wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt. Er war dabei zwischen 34 und 64 km/h zu schnell. Der Mann machte zunächst keine Angaben zur Sache. Das Gericht hörte die zuständigen polizeilichen Messbeamten, verlas Messprotokolle und Eichscheine und sah die gefertigten Licht- und Messbilder ein. Über seinen Verteidiger ließ der Mann schlussendlich die Fahrereigenschaft einräumen.

Die zuständige Strafrichterin ist zugunsten des Betroffenen hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen Nr. 1 und Nr. 2 von Fahrlässigkeit ausgegangen. Sie verwies darauf, dass aber spätestens ab der Geschwindigkeitsüberschreitung Nr. 3 von Vorsatz ausgegangen werden muss. Dies ergibt sich daraus, dass der Betroffene während eines Zeitraums von 00.19 Uhr bis 00.33 Uhr zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 34 und 39 km/h vorgenommen hat. Daraus ist ersichtlich, dass er am Tattag während der insgesamt über eine Stunde dauernden Fahrt sich bewusst an keine Geschwindigkeitsbeschränkung innerhalb des Stadtgebiets München gehalten hat und damit die Geschwindigkeitsüberschreitungen zumindest billigend in Kauf nahm. Spätestens nach den ersten 14 Minuten Fahrtstrecke ist dieser Entschluss auch hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung getreten, dass von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden kann.

Da einige Geschwindigkeitsüberschreitungen zeitlich jeweils innerhalb weniger Minuten begangen wurden, ist das Gericht zugunsten des Betroffenen jeweils von Tateinheit ausgegangen. Für diese „zusammengefassten“ Taten wurde jeweils die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbuße festgesetzt.

Die einzelnen Regelbußen hätten zusammengerechnet eine Summe von 3.760 EUR ergeben. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen hat das Gericht sich entschlossen, von diesen Sätzen lediglich jeweils 40 Prozent in Ansatz zu bringen. Somit ergebe sich der Bußgeldbetrag von 1.504 EUR. Außerdem wurde ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Dieses konnte im Hinblick der Vielzahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie die Vorahndungen des Betroffenen nicht reduziert werden. Der Betroffene hatte bereits am 13. und 20.5.2018 Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen, für die er zwischenzeitlich ebenfalls Bußgelder und Fahrverbote erhalten hat. (Amtsgericht München, Urteil vom 1.3.2019, 953 OWi 435 Js 216208/18)

Private Krankenversicherung: Keine Anfechtung: TIA ist kein Schlaganfall

Fragt der Versicherer bei Antragstellung nach einem „Schlaganfall“ in den letzten fünf Jahren, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine TIA (transitorische ischämische Attacke) nicht anzeigepflichtig.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Der Versicherungsnehmer habe die Gesundheitsfrage nach einem Schlaganfall hier zutreffend verneint. Er hatte in der Vergangenheit keinen Schlaganfall erlitten. Eine TIA (Transitorische ischämische Attacke) ist kein „Schlaganfall“ im Sinne der Formularfrage des Versicherers.

Maßgeblich für die Bedeutung des Begriffs „Schlaganfall“ ist das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Im allgemeinen Verständnis ist ein Schlaganfall ein plötzlich auftretendes Ereignis im Gehirn, welches zu einem länger anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Hingegen ist eine TIA – soweit der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird – lediglich eine kurzfristige Durchblutungsstörung. (OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 1.10.18, 9 U 165/16)

Gebrauchtwagenkauf: Händler muss deutlich aufzeigen, wer Verkäufer des Fahrzeugs sein soll

Wenn man von einem Privatmann einen Gebrauchtwagen kauft, kann die sogenannte „Gewährleistungshaftung“ für Mängel vertraglich ausgeschlossen werden. Kauft man einen Gebrauchtwagen von einem Händler, geht das dagegen nicht. Manchmal ist aber auch nicht ganz klar, wer der Vertragspartner ist. Dann muss der Händler deutlich offenlegen, ob er das Fahrzeug im eigenen Namen oder im Kundenauftrag verkauft.

Ein solcher Fall wurde vor Kurzem vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg verhandelt. Geklagt hatte ein Mann, der im Internet die Anzeige eines Autohauses für einen VW Multivan zum Preis von rund 15.000 EUR gesehen hatte. Im Kopf der Anzeige war der Name des Autohauses genannt. Im Kleingedruckten fand sich der Hinweis, das Fahrzeug werde „im Kundenauftrag angeboten“. Der Mann – der nicht perfekt Deutsch sprach – wurde sich bei der ersten Besichtigung des Fahrzeugs mit dem Händler einig, dass der Auspuff und die Dichtungen noch repariert werden sollten. Dies versprach der Händler zu übernehmen.

Eine Woche später wurde der Vertrag beim Händler unterzeichnet. Als Verkäufer war eine Privatperson aufgeführt, mit deren Nachnamen der Autohändler auch unterschrieb. Außerdem wurde ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Kurze Zeit später zeigte sich ein Motorschaden, den der Käufer zunächst für 2.700 EUR reparieren ließ. Der Mangel trat aber erneut auf. Jetzt verlangte der Käufer vom Händler die Reparaturkosten von 2.700 EUR sowie eine neue Reparatur. Der Händler winkte ab. Er verwies darauf, dass er gar nicht Vertragspartei sei, sondern eine Privatperson. Deshalb habe auch die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen werden können. Das Landgericht gab ihm recht und wies die Klage ab.

Der Kläger hatte vor dem OLG Erfolg. Auf seine Berufung hin wurde ein Hauptverhandlungstermin anberaumt. Die Richter am OLG wiesen darauf hin, dass der Händler sich nicht darauf berufen dürfe, gar nicht Vertragspartei zu sein – und damit auch nicht auf den Gewährleistungsausschluss. Denn er habe nicht deutlich gemacht, nicht in eigenem Namen handeln zu wollen. Durch die Nutzung seines Firmennamens an prominenter Stelle auf dem Internetinserat, sein Auftreten als derjenige, der für die Mängel am Auspuff und den Dichtungen einstehen wolle, und die Unterzeichnung mit dem Namen, der auch im Kaufvertrag als Verkäufer aufgeführt war, habe er den Eindruck erweckt, auch der Verkäufer zu sein. Hieran müsse er sich festhalten lassen.

Der Hinweis auf den Kundenauftrag im Kleingedruckten reiche nicht. Zwar könne man als Vertreter eines anderen sich auch für diesen und in dessen Namen verpflichten, dies müsse aber für den Kunden deutlich sein. Sonst ist man selbst Vertragspartner. Im Bürgerlichen Gesetzbuch aus dem Jahr 1900 heißt es hierzu etwas sperrig: „Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.“ (§ 164 Abs. 2 BGB). Man ist also selbst verpflichtet. (OLG Oldenburg, Urteil vom 8.11.2018, 1 U 28/18)

Arzthaftung: Schmerzensgeld für nicht erkannten Darmkrebs

Erkennt ein Arzt eine Darmkrebserkrankung nicht, kann dies ein Schmerzensgeld von 70.000 EUR begründen.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Arzthaftpflichtprozess. Der Arzt hatte bei der Patientin trotz ihrer zum Teil heftigen Blutungen aus dem Anus lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur diagnostiziert, ohne eine Darmspiegelung gemacht zu haben. Erst als sich die Patientin neun Monate später wegen eines anderen Leidens im Krankenhaus befand, wurde der Darmkrebs entdeckt. Er hatte jetzt bereits Metastasen in der Leber entwickelt.

Dem Arzt war nach den Ausführungen der Richter ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen, weil er die erforderliche Darmspiegelung nicht durchgeführt hat. Weil dieser Fehler in gravierender Weise gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen habe, greife zugunsten der Patientin eine sogenannte Beweislastumkehr: Nicht die Patientin habe beweisen müssen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und ihren gesundheitlichen Folgen bestanden habe. Vielmehr habe der Arzt den Beweis führen müssen, dass die um neun Monate verspätete Diagnose nicht für den weiteren Krankheitsverlauf der Erblasserin ursächlich geworden sei. Dies, so die Richter, sei dem Arzt nicht gelungen.

Der Schmerzensgeldanspruch sei auch nicht durch ein Mitverschulden der Patientin gemindert. Auch wenn sie weiterhin aus dem Anus geblutet habe, habe sie deswegen nicht unbedingt nochmals zum Arzt gehen müssen. Zugunsten der Patientin sei zu berücksichtigen, dass sie zuvor bei dem Internisten wegen ihrer rektalen Blutungen abschließend behandelt worden sei. Sie habe hierfür auch eine Diagnose erhalten, die gerade nicht auf Krebs lautete. Hierauf habe die Patientin eine Zeit lang vertrauen dürfen. (OLG Braunschweig, Urteil vom 28.2.2019, 9 U 129/15)

Haftungsrecht: Schwimmbadbetreiber haftet nicht für einen unaufmerksamen Besucher

Der Betreiber eines öffentlichen Schwimmbads ist nicht verpflichtet, die Besucher vor Gefahren zu warnen, die sich beim Schwimmen oder Tauchen ohne ausreichende Sicht ergeben können.

Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Coburg im Fall eines Mannes, der das „Spaßbecken“ eines öffentlichen Schwimmbads besucht hatte. Dort war er längere Zeit durch das Becken getaucht. Beim Auftauchen im Bereich der Kinderrutsche übersah er den Rutschenauslauf. Er stieß mit dem Kopf dagegen und zog sich dabei eine Platzwunde zu. Weil der Betreiber des Schwimmbads ihn nicht vor der Rutsche als einer Gefahrenquelle gewarnt hatte, verlangte der Mann nun Schmerzensgeld. Außerdem wollte er weitere Kosten erstattet haben, insgesamt eine knapp vierstellige Summe. Diese Forderung wies der Schwimmbadbetreiber zurück. Schließlich habe sich der Mann beim Tauchen ohne die erforderliche Sicht auf Gegenstände im und am Wasser selbst in Gefahr begeben.

Das Amtsgericht Coburg konnte weder die Verletzung vertraglicher Schutzpflichten noch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung erkennen und wies die Klage ab. Danach muss zwar grundsätzlich derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, alles Notwendige und Zumutbare tun, um Schäden anderer zu verhindern. Das gilt auch für den Betreiber eines Schwimmbads. Allerdings geht diese Verkehrssicherungspflicht nicht so weit, dass jede Gefahr und damit jede Schädigung ausgeschlossen werden muss. Ausreichend ist vielmehr, einen verständigen, umsichtigen, vorsichtigen und gewissenhaften Schwimmbadbesucher vor Schäden zu bewahren.

Diesen Pflichten hatte der Schwimmbadbetreiber hier aber genügt. Insbesondere entsprach die Rutsche den maßgeblichen DIN-Vorschriften. Für seine Behauptungen, der Auslauf der Rutsche sei besonders scharfkantig und dort hätten sich schon in der Vergangenheit Besucher verletzt, hatte der Schwimmer einen Beweis nicht bzw. erst zu spät angeboten. Zu einer Warnung der Schwimmbadbesucher, im Bereich der Rutsche nicht ohne ausreichende Sicht zu schwimmen oder zu tauchen, war aber der Badbetreiber nach dem Urteil des Amtsgerichts nicht verpflichtet. Die Gefahr, sich beim Schwimmen oder Tauchen ohne entsprechende Sicht verletzen zu können, kann ein umsichtiger und vorsichtiger Badegast nämlich ohne Weiteres selbst erkennen. Schließlich ist der Besucher auch selbst dafür verantwortlich, dort wo er taucht, sein Umfeld zu beobachten.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Coburg zeigt erneut, dass nicht für jeden eingetretenen Schaden die Schuld bei anderen zu suchen ist. Wer sich im öffentlichen Bereich bewegt, muss vielmehr selbst vorausschauend und umsichtig agieren, um offensichtlichen Gefahrenquellen auch ohne gesonderten Hinweis von selbst ausweichen zu können. (Amtsgericht Coburg, Urteil vom 29.1.2018, 11 C 1432/17)

WEG: Miteigentümer darf Gemeinschaftsflächen nicht mit Kamera überwachen

Bereits die bloße Möglichkeit, von einer Überwachungskamera seines Nachbarn gefilmt zu werden, kann schon unzumutbar sein.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall von zwei Eigentümern einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Der Beklagte hatte am Balkon seiner Wohnung eine „Wildcam“ installiert, die auf die Gemeinschaftsflächen des Gemeinschaftsgartens gerichtet war. Der Kläger möchte nicht aufgenommen werden, wenn er sich auf Gemeinschaftseigentum aufhält. Der Beklagte hat die Kamera deshalb wieder entfernt, die gewünschte Unterlassungserklärung aber nicht unterschrieben. Das Amtsgericht gab dem Kläger recht.

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Für Überwachungskameras bedeutet das, dass sie ausschließlich auf Bereiche ausgerichtet sein dürfen, die Sondereigentum des Eigentümers sind. Müssen Betroffene ernsthaft befürchten, durch die Kamera überwacht zu werden, liegt bereits ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht vor. (Amtsgericht München, Urteil vom 28.2.2019, 484 C 18186/18 WEG)

Mangel der Mietsache: Wer Beseitigung der Mängel verweigert, darf nicht mehr mindern

Weigert sich der Mieter, die Beseitigung von Mängeln durch den Vermieter, dessen Mitarbeiter oder von diesem beauftragte Handwerker zu dulden, hat das weitreichende Folgen.

Das stellte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) fest. Die Richter machten deutlich, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt wegen der Mängel zu keiner weiteren Minderung berechtigt ist.

  • Von Mieten, die ab diesem Zeitpunkt fällig werden, ist kein Einbehalt mehr zulässig.
  • Auch für die Vergangenheit entfällt ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht, sodass einbehaltene Beträge sofort nachzuzahlen sind.

Den Einwand des Mieters, er habe die Mangelbeseitigung verweigert, um in einem anderen Rechtsstreit über rückständige Miete (hier: Prozess mit dem Rechtsvorgänger des Vermieters) den bestehenden mangelhaften Zustand beweisen zu können, lässt der BGH nicht gelten. Diese Mängel hätten, bevor sie beseitigt werden, leicht durch Fotos oder durch Zeugnis der reparierenden Handwerker oder sonstiger Zeugen bewiesen werden können. (BGH, Urteil vom 10.4.19, VIII ZR 12/18)

Kündigungsrecht: Tod des Gewerberaummieters: Vertragliche Fristen gehen vor

Ein Geschäftsmann hatte Räume für sein Unternehmen angemietet. Im vom Vermieter vorformulierten gewerblichen Mietvertrag steht: „Der Vertrag kann aus wichtigem Grund vorzeitig gekündigt werden. Ein solcher ist z. B. der Tod des Vertragspartners. In diesem Fall kann der Mietvertrag vorzeitig mit einer Frist von einem Jahr gekündigt werden.“ Der Geschäftsmann verstirbt. Die Erben fragen, ob sie nicht schneller aus dem Mietvertrag herauskommen.

Unsere Antwort

§ 580 BGB gewährt bei Tod des Mieters ein außerordentliches Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von einem Monat und anschließender Geltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Es stellt sich aber die Frage, wie sich die gesetzliche Regelung zu der vertraglichen Vereinbarung über das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund verhält. Die gesetzliche Kündigungsfrist bei gewerblichen Mietverhältnissen kann nach § 580a BGB formularvertraglich anderweitig geregelt werden. Daher ist hier die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von einem Jahr wirksam.

Beachten Sie | Der Mietvertrag endet nicht automatisch mit dem Tod des Mieters. Er ist vom Erben in der Form fortzusetzen, wie er ihn vorgefunden hat. Dies bedeutet hier auch mit den speziellen vertraglichen Kündigungsregelungen, die bei gewerblichen Mietverhältnissen möglich sind

Zwangsräumung: Keine Räumung wegen Eigenbedarf, wenn dieser zwischenzeitlich entfallen ist

Wenn ein Kündigungsgrund zwar im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestanden hat, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist, ist es rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter den aus der Vertragsbeendigung folgenden Räumungsanspruch gleichwohl weiterverfolgt.

Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Berlin liegt ein solcher zur Anwendung des § 242 BGB führender Wegfall des Kündigungsgrunds auch vor, wenn nach einer Eigenbedarfskündigung der Nutzungswille des Vermieters bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr von der konkreten Absicht zur alsbaldigen Umsetzung getragen wird. Im dortigen Fall hatte die Vermieterin einen Arbeitsunfall erlitten. Ihre ursprünglichen beruflichen und privaten Pläne, die den Eigenbedarf begründeten, waren daher bis weit über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus auf unabsehbare Zeit ungewiss geworden. (LG Berlin, Urteil vom 19.1.2019, 67 S 9/18)