Zwangsvollstreckung: Rechtsmissbräuchlicher Zwangsgeldantrag bei bisher nicht gerügtem unerheblichem Mangel

Korrigiert der Arbeitgeber das nach Maßgabe eines gerichtlichen Vergleichs zu erteilende Zeugnis in den drei vom Arbeitnehmer in seinem Zwangsgeldantrag konkret beanstandeten Punkten, so erscheint es rechtsmissbräuchlich, den Zwangsgeldantrag gleichwohl mit der Begründung aufrechtzuerhalten, das Zeugnis weise einen weiteren Mangel auf.

Mit dieser Begründung erklärte das LAG Köln den Zwangsgeldantrag eines Arbeitnehmers für rechtsmissbräuchlich. Der hatte erst jetzt gerügt, dass vor dem Schluss-Absatz ein 0,4 mm größerer Zeilenabstand sei, als zwischen den anderen Absätzen. Das war aber bereits in der ersten Zeugnisversion so. Das hatte der Arbeitnehmer aber zunächst nicht gerügt. (LAG Köln, Beschluss vom 18.7.18, 7 Ta 49/18)

Bauwirtschaft: SokaSiG ist aus Sicht des Zehnten Senats verfassungsgemäß

Das am 25.5.17 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz – SokaSiG) vom 16.5.17 ist nach Auffassung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verfassungsgemäß.

Klägerin ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des Baugewerbes (ULAK), eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Sie verlangt von dem beklagten Trockenbaubetrieb auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte. Außerdem stützt sie die Beitragsansprüche auf das SokaSiG.

Die ULAK hat in beiden Vorinstanzen obsiegt. Das Landesarbeitsgericht hat der Beitragsklage aufgrund des SokaSiG stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zehnten Senat des BAG keinen Erfolg. Das SokaSiG ist kein nach Art. 19 Abs. 1 GG verbotenes Einzelfallgesetz. Es stellt lediglich sicher, dass alle verbliebenen Fälle gleichbehandelt werden. Der Gesetzgeber hat die Grenzen beachtet, die aus dem Rechtsstaatsprinzip für echte rückwirkende Rechtsetzung folgen. Ein schützenswertes Vertrauen auf die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen der verschiedenen Fassungen des VTV konnte sich nicht bilden. Die Betroffenen mussten mit staatlichen Maßnahmen zur rückwirkenden Heilung der nur aus formellen Gründen unwirksamen Allgemeinverbindlicherklärungen rechnen. (BAG, Urteil vom 20.11.2018, 10 AZR 121/18)

Betriebsvereinbarung: Bei mehreren Betriebsvereinbarungen gilt das Ablösungsprinzip

Regeln mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt das Ablösungsprinzip.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hin. Dies bedeutet, dass eine neue Betriebsvereinbarung grundsätzlich eine ältere ablöst. Dies gilt nach Ansicht der Richter auch, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist. (LAG Niedersachsen, Urteil vom 25.5.2018, 3 Sa 1334/16 B)

Schwerbehinderung: Arbeitnehmer muss Ende der Schwerbehinderung anzeigen

Hat der Arbeitnehmer bei Einstellung dem Arbeitgeber gegenüber mitgeteilt, dass eine Schwerbehinderung besteht, hat er die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber zu informieren, wenn sich der Grad der Behinderung so ändert, dass der Status als schwerbehinderter Mensch entfällt.

Das machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen deutlich. Es ist nach Ansicht der Richter daher ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers, wenn er sich in einem Antrag auf Teilnahme an der Telearbeit und bei Gesprächen über eine mögliche Versetzung auf den Status als schwerbehinderter Mensch bezieht, obgleich er weiß, dass dies nicht (mehr) zutrifft. (LAG Hessen, Urteil vom 8.8.2018, 13 Sa 1237/17)

Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 01/2019

Im Monat Januar 2019 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.1.2019
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.1.2019

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.1.2019. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Januar 2019 am 29.1.2019.

Umsatzsteuer: Korrektur eines unrichtigen Steuerausweises nur bei Differenzrückzahlung an Kunden

Wer einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer-Betrag in der Rechnung ausweist, schuldet auch den überhöhten Betrag. Allerdings erlaubt § 14c Abs. 1 S. 2 Umsatzsteuergesetz die Korrektur des überhöhten Umsatzsteuerausweises per Rechnungsberichtigung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun aber entschieden, dass eine Umsatzsteuer-Korrektur beim Finanzamt grundsätzlich nur möglich ist, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger zuvor den Differenzbetrag erstattet hat.

Nach Meinung des BFH ergibt es sich aus dem Systemzusammenhang, dass eine Rückerstattung des Finanzamts erst nach vorheriger Rückzahlung des Umsatzsteuer-Differenzbetrags an den Leistungsempfänger erfolgen kann. Der BFH begründet seine Entscheidung u. a. damit, dass der Leistende nach Erhalt der Umsatzsteuer-Rückerstattung des Finanzamts – ohne Rückzahlungsverpflichtung – ungerechtfertigt bereichert wäre. (BFH, Urteil vom 16.5.2018, XI R 28/16)

Aktiengesellschaft: Vorstand haftet auf Schadenersatz, wenn er sich nicht an Zustimmungserfordernis hält

Bestimmen die Satzung oder der Aufsichtsrat, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen, muss der Vorstand die Zustimmung des Aufsichtsrats grundsätzlich einholen, bevor er das Geschäft durchführt.

Das machte der Bundesgerichtshof (BGH) deutlich. Die Richter erläuterten, dass die Zustimmung, vorbehaltlich der Übertragung der Zustimmungsentscheidung auf einen Ausschuss, nur durch ausdrücklichen Beschluss des Aufsichtsrats erteilt werden könne. Sie könne nicht durch eine Entscheidung des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden.

Es ist deshalb regelmäßig nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Aktiengesellschaft das Vorstandsmitglied wegen einer Pflichtverletzung auf Schadenersatz in Anspruch nimmt, obwohl der Alleinaktionär zuvor in das haftungsbegründende Geschäft eingewilligt hat. Allerdings kann der Vorstand gegenüber der Schadenersatzklage der Aktiengesellschaft einwenden, der Aufsichtsrat hätte den von ihm durchgeführten Maßnahmen zugestimmt, wenn er ihn gefragt hätte. (BGH, Urteil vom 10.7.2018, II ZR 24/17)

Gemeinnützigkeit: Vereinssatzung: Die Musterklausel zur Gemeinnützigkeit ist nahezu Pflicht

Satzungen, die sich nicht an die Musterklausel zur Gemeinnützigkeit halten, werden von Finanzämtern regelmäßig abgewiesen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bestätigt, dass das meist zu Recht geschieht. Gemeinnützige Körperschaften sind deshalb gut beraten, sich an den Mustertext aus Anlage 1 zu § 60 AO zu halten.

Der BFH hat in seiner Entscheidung drei wichtige Dinge klargestellt:

  • Aus der Satzung muss sich ergeben, dass der steuerbegünstigte Zweck nicht nur unmittelbar, sondern auch ausschließlich gefördert wird.
  • Die Satzung muss keinem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bzw. Muster entsprechen. Es genügt, dass sie unabhängig vom Aufbau und genauen Wortlaut der Mustersatzung
  • die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke und
  • die Verwendung des Begriffs „selbstlos“ enthält.
  • Es reicht nicht, in der Satzung für den Vermögensanfall eine Körperschaft zu nennen. Es muss auch klargestellt werden, dass diese das Vermögen des Vereins, der sich auflöst, „unmittelbar und ausschließlich“ für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. (BFH, Beschluss vom 7.2.2018, V B 119/17)

Aktuelle Gesetzgebung: Änderung des Umwandlungsgesetzes

Vor dem Hintergrund des Brexits hat die Bundesregierung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vorgelegt (19/5463). Danach soll das Umwandlungsgesetz (UmwG) unter anderem um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ergänzt werden.

Wie es in dem Entwurf heißt, kann sich der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union negativ auf Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft nach britischem Recht auswirken, die ihren Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Regelungen des Entwurfs sollen den vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Umwandlung zum Beispiel in eine Kommanditgesellschaft (KG) ermöglichen, an der sich – je nach Kapitalausstattung der betreffenden Gesellschaft – entweder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt – UG) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Darüber hinaus soll eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexits bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge geschaffen werden. (Deutscher Bundestag)

Umsatzsteuer: Zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen

Wird eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahrs gezahlt, ist sie auch dann im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar, wenn der 10.1. des Folgejahrs auf einen Samstag oder Sonntag fällt. Damit widerspricht der Bundesfinanzhof (BFH) der Finanzverwaltung.

Hintergrund: Bei der Einnahmen-Überschussrechnung sind Ausgaben grundsätzlich in dem Jahr anzusetzen, in dem sie geleistet wurden. Davon abweichend gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Jahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Jahr geleistet. Als kurze Zeit gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.

In dem Fall akzeptierte das Finanzamt die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember 2014, die am 8.1.15 geleistet wurde, nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2014. Die Vorauszahlung sei wegen § 108 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) nicht am Samstag (10.1.15), sondern am Montag und damit außerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig geworden. Der BFH sah das anders.

Selbst wenn die Vorauszahlung innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig sein muss (was der BFH offenließ), ist dies im Streitfall erfüllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die Frist des § 18 Abs. 1 S. 4 Umsatzsteuergesetz abzustellen. Die Verlängerung der Frist nach der AO gilt hier nicht, da es sich bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben um keine Frist, sondern um eine Abflussfiktion handelt.

Zudem, so der BFH, ist zu berücksichtigen, dass Zweck des § 108 Abs. 3 AO die Wahrung der Sonn-/Feiertagsruhe und die Berücksichtigung der in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung üblichen Fünftagewoche ist. Die Vorschrift will daher zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, nicht aber verhindern, dass die Regelung zu regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben in bestimmten Jahren wegen einer kalendarischen Konstellation zur Anwendung kommen kann. (BFH, Urteil vom 27.6.2018, X R 44/16)