Ende des Mietverhältnisses: Abrechnung nicht möglich: Kaution kann einbehalten werden

Ist das Mietverhältnis beendet, kann der Vermieter einer Eigentumswohnung die Mietkaution auch noch nach Ablauf der Jahresfrist wegen einer zu erwartenden Nachforderung aus einer noch ausstehenden Nebenkostenabrechnung einbehalten. Voraussetzung ist, dass er nicht fristgerecht abrechnen konnte, weil ihm aufgrund eines WEG-Rechtsstreits die nötigen Unterlagen (hier: Heizkostenabrechnung) nicht rechtzeitig zur Verfügung standen.

Nach Auffassung des Landgerichts (LG) München I hat der Vermieter die verspätete Geltendmachung dann nicht zu vertreten. (LG München I, Urteil vom 18.1.2018, 31 S 11267/17)

Sorgerecht: Kind ist Wechsel des Kindergartens nicht zumutbar

Hat sich ein Kind im Kindergarten eingewöhnt, entspricht es regelmäßig nicht seinem Wohl, in einen anderen Kindergarten zu wechseln.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Streit zweier Eltern, die sich nicht über die Wahl des Kindergartens für das gemeinsame Kind entscheiden konnten. Das Amtsgericht hatte daraufhin der Mutter die Entscheidungsbefugnis über die Kindergartenauswahl übertragen. Seitdem besucht das Kind einen Waldorfkindergarten. Das Rechtsmittel des Vaters gegen die Entscheidung blieb ohne Erfolg.

Die Richter erläuterten, dass einem Elternteil die Entscheidung in einer einzelnen Angelegenheit zu übertragen ist, wenn die Kindeseltern sich nicht einigen können. Maßgebendes Entscheidungskriterium ist dabei, wie bei allen Regelungen, die die elterliche Sorge betreffen, das Kindeswohl. Das Gericht trifft die Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes insgesamt am besten entspricht.

Aus den von den Kindeseltern jeweils bevorzugten Kindergärten ergibt sich keine Präferenz für die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil. Dem Senat obliegt nicht die Entscheidung, ob die Position der Kindesmutter oder die des Kindesvaters zum Kindergarten des Kindes der Vorzug zu geben ist, solange beide Positionen vertretbar sind. Beide Kindeseltern haben vertretbare und nachvollziehbare Argumente für die von ihnen jeweils getroffene Wahl.

Gleichwohl ist der Kindesmutter die Entscheidungsbefugnis über die Kindergartenauswahl zu übertragen. Das folgt aus den inzwischen eingetretenen, tatsächlichen Gegebenheiten. Das Kind besucht nämlich seit längerer Zeit bereits den Waldorfkindergarten und hat sich dort eingelebt. Dass ein Wechsel des Kindergartens (und der zugrunde liegenden Pädagogik) sinnvoll ist, erschließt sich nicht ohne Weiteres und wird auch vom Kindesvater nicht thematisiert. Nach den Schilderungen der Beteiligten reagiert das Kind zunehmend empfindlich auf den Streit der Kindeseltern. Daher sollte ihm vermehrt Stabilität vermittelt werden und ihm gerade kein Wechsel des Kindergartens zugemutet werden. (OLG Hamm, Beschluss vom 25.5.2018, 4 UF 154/17)

Erbrecht: Ungeborenes Kind hat Anspruch auf Pflichtteil

Auch ein noch ungeborenes Kind ist pflichtteilsberechtigt.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. In dem Fall hatte der Erblasser ein Testament errichtet. Darin hatte er seine Kinder gleichanteilig zu seinen Erben bestimmt. Zweieinhalb Wochen später nahm er sich das Leben. Der Erblasser wusste aber, dass seine Frau nochmals schwanger war. Er richtete einen längeren Brief an das noch ungeborene Kind, sein Testament änderte er nicht mehr.

Das OLG bestätigte, dass das Testament des Erblassers angefochten werden konnte, weil er einen Pflichtteilsberechtigten übergangen hatte. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist das noch ungeborene Kind erbfähig, wenn es lebend geboren wird. Das Gesetz stellt die gesetzliche Vermutung auf, dass ein Erblasser bei Kenntnis der Existenz des weiteren Pflichtteilsberechtigten anders testiert hätte. Diese Vermutung wird nicht schon dadurch widerlegt, dass der Erblasser sein Testament nicht geändert hat. Denn die Untätigkeit könne durch Schwer- oder Hinfälligkeit, die Kürze der zur Verfügung stehenden Lebenszeit, einen Rechtsirrtum oder sonstige Gründe bedingt sein.

Wird das Testament daraufhin wirksam angefochten, wird grundsätzlich die gesamte letztwillige Verfügung nichtig. Es gilt dann die gesetzliche Erbfolge. Einzelne Verfügungen können wirksam bleiben, wenn positiv festgestellt wird, dass sie der Erblasser so auch getroffen hätte, falls er zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments Kenntnis von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gehabt hätte. (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.5.2018, 8 W 302/16)

Erbrecht: Ehegatte erbt nichts, wenn die Voraussetzungen der Ehescheidung vorliegen

Liegen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vor und hat der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt, ist das gesetzliche Ehegattenerbrecht ausgeschlossen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hin. Der Fall ist damit den Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Auflösung der Ehe gleichgestellt. Dies beruht auf der Überlegung, dass das Erbrecht des überlebenden Ehegatten nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens nicht von dem Zufall abhängen soll, ob der Erblasser die Rechtskraft der Ehescheidung noch erlebt. Daher ist es auch unbeachtlich, ob die Parteien das Scheidungsverfahren weiterhin betreiben, nachdem der Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht wurde. Maßgeblich ist grundsätzlich allein, dass die Voraussetzungen der Scheidung vorliegen. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.9.2017, 6 UF 30/17)

Kindeswohl: Ohne konkrete Kindeswohlgefährdung keine Auflagen des Gerichts zur Mediennutzung

Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Kindeswohl konkret gefährdet ist, darf das Familiengericht keine Auflagen erteilen, wie und in welchem Umfang das Kind Medien nutzen darf.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. im Fall der Eltern eines 9-jährigen Mädchens, die über das Aufenthaltsbestimmungsrecht stritten. Im Rahmen der Kindesanhörung ergab sich, dass das Mädchen freien Zugang zum Internet über Geräte der Mutter hatte und über ein eigenes Smartphone verfügte.

Das Amtsgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen und ihr zugleich aufgegeben, „feste Regeln, insbesondere verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von im Haushalt verfügbaren Medien (insbesondere TV, Computer, Spielkonsole, Tablet) für das Kind zu finden“, umzusetzen und dem Gericht mitzuteilen. Darüber hinaus sollte dem Kind kein eigenes und frei zugängliches Smartphone mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Auflage wurde bis zum 12. Geburtstag des Kindes befristet.

Das OLG hat die Auflagen aufgehoben. Weil staatliche Maßnahmen immer auch die Grundrechte der Eltern betreffen, seien hohe Anforderungen an einen Eingriff in die elterliche Personensorge zu stellen. Maßnahmen dürften nur getroffen werden, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird. Es müsse positiv festgestellt werden, dass bei weiterer Entwicklung der vorliegenden Umstände mit ziemlicher Sicherheit ein Schaden für das Kind eintreten werde. Die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts rechtfertige dagegen keine eingreifende Maßnahme. Es sei nicht Aufgabe des Staates, die im Interesse des Kindeswohls objektiv beste Art der Sorgerechtsausübung – soweit eine solche überhaupt festgestellt werden kann – sicherzustellen, grenzt das OLG ab.

Die Anordnungen des Gerichts haben hier unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der Mutter eingegriffen. Es sei nicht festgestellt worden, dass das Kind durch die Mediennutzung konkret gefährdet sei. Allgemeine Risiken der Nutzung smarter Technologien und Medien durch Minderjährige begründen nicht per se eine hinreichend konkrete Kindeswohlgefährdung. Medien- und Internetkonsum durch Kinder und Jugendliche bergen zwar Gefahren, denen Eltern geeignet begegnen müssten. Dies betreffe sowohl die zeitliche Begrenzung, als auch die inhaltliche Kontrolle. Äußerst fraglich sei jedoch, ob generell eine Schädlichkeit angenommen werden könne, wenn Kinder die Medien frei nutzen könnten. Zusammenfassend stellt das OLG fest: „Allein der Besitz eines Smartphones, Tablets, Computers oder Fernsehers mit oder ohne Internetzugang rechtfertigt … nicht die Annahme, dass Eltern durch die Eröffnung eines Zugangs ihr Kind schädigen. Dazu müssen im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte hinzutreten, aus denen sich die konkrete Gefahr einer Schädigung ergeben.“

Nutzen Minderjährige digitale Medien, müsse dies zu ihrem Schutz gegebenenfalls pädagogisch begleitet werden. Hierbei ergeben sich jedoch individuelle Spielräume, die – solange keine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegt – innerhalb der jeweiligen Familien eigenverantwortlich festgelegt werden können. Es gilt insoweit auch für die Familiengerichte der Grundsatz der Nachrangigkeit staatlichen Eingreifens. (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.6.2018, 2 UF 41/18)

Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch: Unterlassungsanspruch gegen Straßenlärm verjährt in drei Jahren

Ein Anspruch auf Unterlassung der Lärmbeeinträchtigungen, die von einem im Jahr 2009 verlegten Straßenpflaster ausgehen, ist verjährt.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall der Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Im Jahr 2009 wurde die Oberfläche der Straße in dem Abschnitt vor dem Anwesen der Kläger umgestaltet. Es wurde der Asphalt durch einen Pflasterbelag ersetzt. 2012 wandten sich die Kläger an den Bürgermeister der beigeladenen Stadt. Sie forderten die Stadt auf, wegen der durch die Pflasterung erzeugten Lärmbeeinträchtigungen infolge der Abrollgeräusche von Kraftfahrzeugreifen entweder die Pflasterung zu entfernen oder diese mit einem geräuschdämmenden Belag abzudecken. In seinem Antwortschreiben wies der Stadtbürgermeister die Kläger darauf hin, dass es sich bei der Straße im hier relevanten Bereich um eine Kreisstraße handele. Die Stadt sei daher nicht zuständig. Sie habe lediglich beim Ausbau mitgewirkt und Wünsche eingebracht.

Nachdem die Kläger in der Folgezeit nicht weiter reagiert hatten, erhoben sie Ende 2016 Klage. Das VG Mainz wies die Klage ab. Das OVG bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Kläger zurück. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch unterliege der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Der Lauf dieser Frist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Nachdem ihnen 2012 mitgeteilt worden sei, dass die Pflasterung auf der Kreisstraße von der beigeladenen Stadt im Einvernehmen mit dem beklagten Landkreis, dem Träger der Straßenbaulast, hergestellt worden sei, hätten die Kläger die anspruchsbegründenden Umstände und den Beklagten als Schuldner eines möglichen Unterlassungsanspruchs gekannt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe damit spätestens mit dem Schluss des Jahres 2012 zu laufen begonnen. Sie sei daher bereits abgelaufen gewesen, als die Klage im Oktober 2016 eingereicht wurde. (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.8 2018, 1 A 11843/17.OVG)

Aktuelle Gesetzgebung: Steuerförderung auf dem Bau: Drei Vorhaben sollten Sie kennen

Neues Baukindergeld, steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus und steuerliche Förderung von Aufstockungen in privaten und Gewerbebauten – das plant der Gesetzgeber.

  • Baukindergeld: Seit dem 18.9.2018 können Familien mit Kindern für ihr neues Eigenheim einen Antrag auf Baukindergeld stellen. Das Baukindergeld beträgt 1.200 EUR pro Jahr für Kinder unter 18 Jahren und wird 10 Jahre lang gezahlt.
  • Noch in der parlamentarischen Beratung ist das „Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus“. Zentraler Punkt ist eine fünf-prozentige Sonderabschreibung, die im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und den folgenden drei Jahren neben der normalen AfA gewährt wird.
  • Ebenfalls noch in der Beratungsphase ist das Thema „steuerliche Förderung der Aufstockung“. Bayern hat das am 21.9.2018 in den Bundesrat gebracht mit dem Ziel, schnell zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die steuerliche Förderung von Aufstockungen soll attraktiver sein als die für Neubauten. Favorisiert wird eine 10-Prozent-Abschreibung pro Jahr über 10 Jahre.

Planungsleistungen: Dach nicht hinterlüftet: Architekt muss mehr leisten

Entscheidet sich der mit der Ausführungsplanung und Bauüberwachung beauftragte Architekt für eine nicht belüftete Dachkonstruktion, muss er den Auftraggeber über die Risiken hinweisen, die mit dieser Planung einhergehen.

Das hat das Landgericht (LG) Würzburg festgestellt. Die Richter haben zudem auf zwei weitere Punkte hingewiesen: Die Planung des Architekten erfordert in einem solchen Fall einen erhöhten Detaillierungsgrad bei den schadensträchtigen Konstruktionen (einzuhaltende Holzfeuchte etc.). Und der Architekt muss in der Leistungsphase 8 die überwachungsintensiven Bauabschnitte, aus denen Feuchtigkeitsschäden resultieren können, besonders intensiv begleiten. (LG Würzburg, Urteil vom 4.5.2018, 64 O 2504/14)

Werkvertragsrecht: Bauherr kündigt: Keine Abnahme mehr erforderlich

Wird ein Werkunternehmer (dazu gehören auch alle Planungsbüros, denn sie sind Werkunternehmer im Sinne des Werkvertragsrechts) gekündigt, und bringt der Bauherr unmissverständlich zum Ausdruck, dass er eine Nachbesserung etwaiger Mängel ablehnt, ist auch keine Abnahme mehr erforderlich. Damit wird die kündigungsbedingte Vergütung des Werkunternehmers auch ohne Abnahme fällig.

So lautet eine Entscheidung des Kammergerichts (KG).

Begründung: Bei jeder anderen Auslegung könnte der Bauherr durch seine Verweigerungshaltung die Fälligkeit der restlichen Vergütung dauerhaft willkürlich verhindern. Das ist aber nicht im Sinne des Gesetzgebers. (KG, Urteil vom 21.7.2018, 21 O 152/17)

Konkurrentenstreitverfahren: Fachlich „hui“, persönlich „pfui“ = keine Einladung zum Gespräch

Ein schwerbehinderter Mensch, von dem feststeht, dass er für eine Stelle persönlich ungeeignet ist, ist auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn er fachlich für die Stelle geeignet ist.

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem Fall, in dem das beklagte Land einen schwerbehinderten Bewerber, der das fachliche Anforderungsprofil erfüllte, zum Assessment-Centerverfahren einlud, ihn aber nicht einstellte. Hiergegen wandte sich der Bewerber im einstweiligen Verfügungsverfahren.

Die Durchführung des Assessment-Centerverfahrens weise zwar Verfahrensfehler auf und verletze den schwerbehinderten Menschen in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, so die Richter. Der Bewerber habe aber im einstweiligen Verfügungsverfahren, mit dem er die Besetzung der Stelle mit dem Mitbewerber verhindern wollte, bewusst wahrheitswidrig vorgetragen. Damit wollte er das Verfahren zu seinen Gunsten beeinflussen. Daher fehle ihm die persönliche Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG. Das Auswahlverfahren müsse daher nicht wiederholt werden. (LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.6.2018, 12 Sa 135/18)