Pauschale Betriebsausgaben: Finanzverwaltung darf die Regeln weitgehend frei ausgestalten

Manche Unternehmer können anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben auch pauschale Beträge geltend machen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die Finanzverwaltung in der Ausgestaltung und Auslegung der Pauschalen weitgehend frei ist.

Verwaltung gewährt unterschiedliche Pauschalen für Haupt- und Nebenberufe

Hauptberufliche selbstständige schriftstellerische oder journalistische Tätigkeit:

  • Betriebsausgabenpauschale in Prozent der Einnahmen: 30 %
  • jährlicher Höchstbetrag: 3.600 Euro

Wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Nebentätigkeit (auch Vortrags- oder nebenberufliche Lehr- und Prüfungstätigkeit), soweit es sich nicht um eine Tätigkeit i. S. des Einkommensteuergesetzes (hier: § 3 Nr. 26 EstG, „Übungsleiterfreibetrag“) handelt:

  • Betriebsausgabenpauschale in Prozent der Einnahmen: 25 %
  • jährlicher Höchstbetrag: 900 Euro
  • wird für alle Nebentätigkeiten, die unter die Vereinfachungsregelung fallen, nur einmal gewährt

Das war geschehen

Im entschiedenen Fall machten Eheleute jeweils eine Pauschale in Höhe von 30 % geltend. Das Finanzamt würdigte die Tätigkeiten aber als Nebentätigkeiten und gewährte nur 25 %. Die Begründung: Die Begriffe der Haupt- und Nebenberuflichkeit sind gemäß der Einkommensteuer-Hinweise (hier: H 18.2 „Betriebsausgabenpauschale“ EStH) nicht eigenständig definiert. Daher griff das Finanzamt auf die Definition der Nebenberuflichkeit des EStG (§ 3 Nr. 26) zurück, wonach eine Tätigkeit nebenberuflich ist, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt.

Bundesfinanzhof bestätigt Sichtweise der Finanzverwaltung

Der BFH kam zu folgendem Ergebnis: Die Auslegung der Verwaltungsanweisung durch das Finanzamt ist möglich und überschreitet den gesetzlich vorgegebenen Rahmen nicht.

Quelle: BFH, Urteil vom 4.7.2023, VIII R 29/20

EU-Taxameter und Wegstreckenzähler: Bis Ende 2025 ist eine TSE nun noch nicht verpflichtend

Eigentlich müssen EU-Taxameter und Wegstreckenzähler ab 2024 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Doch nun gibt es eine Nichtbeanstandungsregelung, die betroffene Unternehmer freuen dürfte.

Hintergrund: Durch Artikel 2 der Verordnung zur Änderung der Kassensicherungsverordnung vom 30.7.2021 wurde der Anwendungsbereich des § 1 Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) auf EU-Taxameter und Wegstreckenzähler ausgeweitet. Damit sind diese elektronischen Aufzeichnungssysteme sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen ab 2024 durch eine TSE zu schützen.

Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) sind die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Es wird aber nicht beanstandet, wenn diese Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 31.12.2025 noch nicht über eine TSE verfügen.

Beachten Sie: Bereits mit Schreiben vom 30.8.2023 hat das BMF eine Vereinfachung geschaffen: Danach können die Kosten für die nachträgliche erstmalige Ausrüstung bestehender EU-Taxameter oder Wegstreckenzähler mit einer TSE und die Kosten für die erstmalige Implementierung der einheitlichen digitalen Schnittstelle eines bestehenden elektronischen Aufzeichnungssystems in voller Höhe sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Quelle: BMF, Schreiben vom 13.10.2023, IV D 2 – S 0319/20/10002 :010

Datenschutzgrundverordnung: Eigenmächtige Verarbeitung von Kundendaten auf privatem Account eines Mitarbeiters

Das Landgericht (LG) Baden-Baden hat ein Unternehmen dazu verurteilt, einer Kundin die Namen ihrer Mitarbeiter zu benennen, die in dem Unternehmen erhobene Kundendaten privat verarbeitet haben. Darüber hinaus hat es das Unternehmen dazu verurteilt, ihren Mitarbeitern die fortgesetzte Verwendung der personenbezogenen Kundendaten auf ihren privaten Kommunikationsgeräten zu untersagen.

Das war geschehen

Die Kundin hatte im Juni 2022 beim beklagten Unternehmen einen Fernseher und eine Wandhalterung erworben. In dem Zusammenhang wurden von ihr Name und Anschrift erfasst. Wenige Tage darauf gab sie die Wandhalterung wieder zurück, wobei ihr versehentlich der wesentlich höhere Kaufpreis für den Fernseher erstattet wurde. Als das Unternehmen das Versehen bemerkt, verfasste eine Mitarbeiterin über ihren privaten Account eines sozialen Netzwerks noch am gleichen Tag eine Nachricht an die Kundin, mit der sie auf das Versehen aufmerksam machte und um Rückmeldung bat. Darüber hinaus erhielt die Kundin ebenfalls noch an diesem Tag über Instagram eine weitere Nachricht, in der sie aufgefordert wurde, sich deshalb mit dem „Chef“ der Instagram-Nutzerin in Verbindung zu setzen.

Die Kundin hat mit ihrer gegen das Unternehmen gerichteten Klage die Auskunft begehrt, mitzuteilen, an welche Mitarbeiter das Unternehmen ihre personenbezogenen Daten herausgegeben oder übermittelt hat. Sie hat darüber hinaus beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Mitarbeitern die Nutzung der personenbezogenen Daten der Kundin auf privaten Kommunikationsgeräten zu untersagen. Das Unternehmen ist der Klage entgegengetreten.

Datenschutzgrundverordnung einschlägig

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) sehe einen Auskunftsanspruch der Kundin vor. Dieser erstrecke sich hier auch darauf, der Kundin die Mitarbeiter des Unternehmens als sog. Empfänger zu nennen, denen gegenüber die personenbezogenen Daten der Klägerin offengelegt worden sind und die diese privat verarbeitet haben, etwa, weil sie diese auf einem privaten Account eines sozialen Netzwerks genutzt haben. Zwar seien Arbeitnehmer eines für die Datenverarbeitung Verantwortlichen grundsätzlich nicht als Empfänger anzusehen. Dies gelte aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nur, wenn sie unter der Aufsicht des Verantwortlichen und im Einklang mit seinen Weisungen die Daten verarbeiteten.

Unternehmen muss Kundin die Namen der Mitarbeiter nennen

Demgegenüber habe in dem hier vorliegenden Fall zumindest eine Mitarbeiterin des Unternehmens zur Klärung von Fragen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Fernsehers den Kontakt zu einer Kundin eigenmächtig über ihren privaten Account hergestellt. Da für die Kundin die Nennung der Mitarbeiter erforderlich sei, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu überprüfen und ggf. weitere nach der DS-GVO zustehende Ansprüche gegen die Mitarbeiter geltend machen zu können, bestehe vorliegend ein Auskunftsanspruch auf Nennung der Mitarbeiter. Denn eine der in Rede stehenden Rechte und Freiheiten der Kundin einerseits und der Mitarbeiter andererseits führe im Hinblick darauf, dass die Nutzung der Kundendaten auf privaten Accounts entgegen den Weisungen und den üblichen Gepflogenheiten des Unternehmens eigenmächtig durch die Mitarbeiterin der Beklagten erfolgt sei, dazu, dass das Interesse der Mitarbeiter, anonym zu bleiben, nicht schutzwürdig sei und gegenüber den Interessen der Kundin auf Geltendmachung ihrer Ansprüche nach der DS-GVO zurückzustehen habe.

Unternehmen muss Nutzung von Personendaten auf Privatgeräten untersagen

Darüber hinaus stehe der Kundin ein Anspruch darauf zu, dass das beklagte Unternehmen ihren Mitarbeitern, die bei der Beklagten erhobene personenbezogene Daten der Klägerin auf privaten Kommunikationsgeräten verwendet haben, die fortgesetzte Verwendung untersage. Das Unternehmen sei als mittelbare Handlungsstörerin verantwortlich und verpflichtet, die ihren Weisungen unterliegenden Mitarbeiter der Beklagten dazu anzuhalten, die weisungswidrige fortgesetzte Verwendung der in dem Unternehmen erhobenen personenbezogenen Daten der Kundin zu unterlassen.

Das LG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist damit nicht statthaft.

Quelle: LG Baden-Baden, Urteil vom 24.8.2023, 3 S 13/23, PM vom 25.8.2023

Gesetzespaket: Wachstumschancengesetz vorerst gestoppt: Vermittlungsausschuss angerufen

Das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“ wurde am 17.11.2023 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Nur eine Woche später stand es bereits auf der Tagesordnung des Bundesrats. Eine Zustimmung erfolgte aber nicht, u. a. wurde die ungleiche Verteilung der Lasten zwischen Bund und Ländern kritisiert. Jetzt befasst sich der Vermittlungsausschuss mit dem Wachstumschancengesetz.

Das Gesetzespaket beinhaltet zahlreiche steuerrelevante Neuregelungen und Anpassungen. So sollen u. a. Investitionen in den Klimaschutz durch eine Investitionsprämie gefördert werden und zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten den Mietwohnungsbau ankurbeln.

Referentenentwurf: Digitalisierung bei Genossenschaften soll gestärkt werden

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat ein Eckpunktepapier eines Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform veröffentlicht.

Die deutschen Genossenschaften stellen mit ihren 23,5 Millionen Mitgliedern einen wichtigen Teil der deutschen Wirtschaft dar. Insbesondere für die weitere Digitalisierung bei den Genossenschaften sollen verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden. Bereits im letzten Jahr sind zwei wesentliche Rechtsänderungen in Kraft getreten. Durch Regelungen über alternative Formen der General- und Vertreterversammlung wurden bereits rein virtuelle Versammlungen ermöglicht. Darüber hinaus wurden Regelungen über Anmeldungen zum Genossenschaftsregister mittels Videokommunikation im notariellen Online-Verfahren geschaffen.

Der nun geplante Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform soll nach dem Eckpunktepapier folgende drei Regelungsbereiche umfassen:

Förderung der Digitalisierung bei Genossenschaften

Zur Förderung der Digitalisierung sollen insbesondere die meisten Schriftformerfordernisse des Genossenschaftsgesetzes (GenG) zugunsten der Textform abgeschafft werden. Die Schriftform soll nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein. Weitere Vorschläge betreffen digitale Sitzungen und Beschlussfassungen sowie digitale Informationsversorgung der Genossenschaftsmitglieder.

Steigerung der Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform

Zur weiteren Steigerung der Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform soll die Gründung einer Genossenschaft beschleunigt werden. Dies soll durch die Einrichtung einer Datenbank über genossenschaftliche Prüfungsverbände, die Standardisierung der Gründungsgutachten, die Beschleunigung der Förderungszweckprüfung durch das Registergericht sowie durch eine Frist für Eintragungen im Genossenschaftsrecht erreicht werden. Von den geplanten Änderungen werden insbesondere Start-Ups profitieren.

Maßnahmen gegen unseriöse Genossenschaften

Zudem sind weitere Maßnahmen geplant, um eine missbräuchliche Verwendung der Rechtsform zu verhindern. Gesetzesänderungen in den Jahren 2017 und 2022 haben bereits Wirkung gezeigt. Sie sollen nun durch weitere punktuelle Regelungen ergänzt werden. Vorgesehen wird hier unter anderem eine Ausweitung der Rechte und Pflichten der genossenschaftlichen Prüfungsverbände.

Das Vorhaben dient damit auch der Umsetzung des Koalitionsvertrags, in dem eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, wie zum Beispiel Genossenschaften, Sozialunternehmen und Integrationsunternehmen vorgesehen ist.

Das Eckpunktepapier wurde Ende Juli 2023 den Verbänden und interessierten Kreisen im Bereich des Genossenschaftsrechts zugesandt und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, bis zum 29.9.2023 Stellung zu nehmen. Nach Auswertung der Stellungnahmen wird das BMJ einen Referentenentwurf vorlegen.

Quelle: BMJ, PM 46/23 vom 28.7.2023

Betrug: Hackerangriff bei Autokauf: Käufer muss zweimal zahlen

Ein Autokäufer fiel auf eine gefälschte Mail herein. Infolgedessen zahlte er den Kaufpreis für ein Auto auf ein Konto des Betrügers und nicht auf das des Autohändlers. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschied nun: Will der Käufer das Auto tatsächlich erwerben, muss er noch einmal zahlen.

Autokauf am Telefon

Der Autokäufer war Geschäftsführer eines Unternehmens. Er kaufte den Pkw telefonisch. Mit dem Autohändler vereinbarte er, dass dieser ihm die Rechnung per E-Mail zusenden sollte.

Käufer bekam zwei E-Mails

Nun bekam der Käufer zwei E-Mails mit derselben Rechnung. Zunächst schickte der Geschäftsführer des Autohauses die Rechnung, wie gewünscht, an den Käufer. Im Kopfbereich der Rechnung sowie in der Fußzeile war ein Konto bei einer Sparkasse als Empfängerkonto angegeben. Kurze Zeit später erhielt der Käufer eine weitere E-Mail von der E-Mail-Adresse des Autohauses mit einer neuen Rechnung im Anhang. Hierin war nur in der Fußzeile, der Kopfbereich wies unverändert das vorgenannte Konto der Klägerin bei der o. g. Sparkasse aus ein anderes Empfängerkonto bei einer anderen Bank eines privaten Kontoinhabers angegeben. Die Beklagte überwies den Kaufpreis auf das letztgenannte Konto.

Rund zehn Tage später forderte das Autohaus den Käufer auf, den Kaufpreis zu zahlen. Da stellte sich heraus, dass die zweite E-Mail aufgrund eines „Hackerangriffs“ von einer unbefugten dritten Person versandt worden war und dass die in der Fußzeile dieser E-Mail angehängte Rechnung sowie die Bankverbindung keine des Autohauses waren. Der Käufer lehnte eine zweite Zahlung ab, daraufhin verklagte ihn das Autohaus.

Falsche Kontoüberweisung: Keine Leistung erbracht

Das OLG: Das Geld floss auf ein Konto, das dem Verkäufer nicht gehörte, und habe dort den sog. Leistungserfolg nicht herbeiführen können.

Autohaus muss keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen treffen

Das OLG sah keine Pflicht des Autohändlers, besondere Vorkehrungen gegen einen Hackerangriff zu treffen.

Das Argument des Käufers, die Zahlung auf das falsche Konto habe letztlich der Autohändler verursacht, ließ es nicht gelten: Der Käufer könne nicht erwarten, dass die die Rechnung enthaltende PDF-Datei verschlüsselt werde. Dies sei im Geschäftsverkehr unüblich. Gleiches gelte für eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Auch darüber hinaus sah das OLG keine Pflichtverstöße des Autohändlers.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.7.2023, 19 U 83/22

Gewerbesteuer-Hinzurechnung: Aufwendungen für die Überlassung von Ferienimmobilien

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell entschieden, dass Aufwendungen, die ein Ferienimmobilienanbieter tätigt, damit ihm die Eigentümer von Ferienimmobilien diese zur Vermietung an Reisende überlassen, als Mieten zu qualifizieren sein können und somit zu einer gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung zum Gewinn führen.

Hintergrund: Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. Dies ist der nach den Vorschriften des Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Für gewerbesteuerliche Zwecke sind jedoch Hinzurechnungen und Kürzungen zu berücksichtigen. Beispielsweise sind dem Gewinn nach dem Gewerbesteuergesetz (hier: §8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) anteilig wieder hinzuzurechnen: Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.

Das war geschehen

Die Klägerin, eine Verwaltungs- und Beteiligungs-Gesellschaft mbH, war im Streitjahr 2010 zu 100 % an einer Firma beteiligt, die Reisenden Ferienimmobilien über Kataloge, eine Internet-Plattform und über Vermittler, wie zum Beispiel Reisebüros, anbot. Zudem war die Klägerin Organträgerin der Firma, weshalb ihr das Ergebnis der Organgesellschaft steuerlich zugerechnet wurde.

Mit seinen Reisekunden schloss die Firma in eigenem Namen und für eigene Rechnung Ferienhaus- bzw. Ferienwohnungsverträge zu einem Gesamtpreis ab, in dem der an den jeweiligen Eigentümer der Immobile zu zahlende Preis und ein Aufschlag (Marge) für die Firma enthalten war.

Außenprüfung des Finanzamts kam zu richtigem Ergebnis

Das Finanzamt kam nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich bei den von der Firma an die Eigentümer der Objekte gezahlten Entgelten um Mieten gehandelt habe, die dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen seien. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg wies die dagegen gerichtete Klage zurück und zwar zu Recht, wie der BFH befand.

Mietverhältnis lag vor

Für eine Hinzurechnung muss der Nutzungsvertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein. Dies war im Streitfall gegeben, da die Hauptleistungspflicht der Eigentümer in der Gebrauchsüberlassung der Ferienimmobilien und die Hauptleistungspflicht der Firma in der Zahlung eines Mietzinses bestand.

Zwar kann ein Ferienimmobilienanbieter auch bloß als Vermittler zwischen den Eigentümern und den Reisenden tätig werden. Die Firma war jedoch keine Vermittlerin, da sie eine Vielzahl von Objekten im eigenen Namen anbot, ohne auf den jeweiligen Eigentümer des Ferienobjekts hinzuweisen.

Beachten Sie: Zudem hatte die Firma gegen die Ferienimmobilienanbieter keine Provisionsansprüche, sondern musste umgekehrt den Eigentümern Entgelte für die Überlassung der Objekte bezahlen.

Quelle: BFH, Urteil vom 17.8.2023, IIII R 59/20

Künstlersozialabgabe: Abgabesatz im Jahr 2024 unverändert bei 5,0 Prozent

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch im kommenden Jahr 5,0 Prozent betragen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat hierzu Informationen herausgegeben.

Honorare wieder auf „Vor-Corona“-Niveau

Die bei der Künstlersozialkasse gemeldete Honorarsumme hat im Jahr 2022 wieder den Stand wie vor der Coronapandemie erreicht. Dies und der Einsatz zusätzlicher Bundesmittel in Höhe von insgesamt über 175 Millionen Euro in den Jahren 2021 bis 2023 haben zur finanziellen Stabilisierung der Künstlersozialkasse beigetragen und machen es möglich, dass der aktuelle Abgabesatz in der Künstlersozialversicherung in Höhe von 5,0 Prozent auch im Jahr 2024 beibehalten werden kann.

Über die Künstlersozialversicherung werden über 190.000 selbstständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen.

Hälftige Aufteilung der Sozialversicherungsbeiträge

Die Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge.

Die andere Beitragshälfte wird finanziert durch

  • einen Bundeszuschuss (20 %) und
  • die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 %), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.

Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Jahr festgelegt. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Jahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.

Beachten Sie: Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kuenstlersozialkasse.de.

Quelle: Künstlersozialabgabe-Verordnung 2024; BMAS, „Künstlersozialabgabe bleibt im Jahr 2024 stabil bei 5,0 %“, Mitteilung vom 14.7.2023

Deutsche Bahn: „Schnellste Verbindung anzeigen“ ist irreführend

Die Parteien stritten um die voreingestellte Suchfunktion „Schnellste Verbindung anzeigen“ auf der Website www.bahn.de und in der DB Navigator App. Der dahinterliegende Algorithmus springt bei der Ergebnisanzeige von der absolut schnellsten Verbindung jeweils vorwärts (bei Eingabe der Abfahrtszeit) oder rückwärts (bei Eingabe der Ankunftszeit) zu den jeweils zeitlich folgenden zweitschnellsten Verbindungen. Nicht angezeigt werden kürzere Verbindungen, deren Abfahrts- bzw. Ankunftszeit vor der jeweiligen Uhrzeit der absolut schnellsten Verbindung liegt. Jetzt hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main der Tochter der Deutschen Bahn wegen Irreführung das Anbieten dieser Suchoption untersagt. Die Beklagte hat während des Eilverfahrens ein Informationssternchen an der Suchfunktion angebracht, mit dem die Vorgehensweise des Algorithmus erläutert wird.

Das war geschehen

Die Antragstellerin bietet Transportleistungen im Schienenpersonennahverkehr an. Sie wendet sich gegen die Gestaltung und Funktionsweise der Suchoption „Schnellste Verbindung anzeigen“ auf der von der Antragsgegnerin betriebenen Fahrplaninformations- und Reiseauskunftsmedien www.bahn.de und in der App DB Navigator. Die Antragsgegnerin stellte dort den Verbrauchern eine Suchmaske zur Verfügung, die die Eingabe von Start und Ziel, Datum sowie der Abfahrts- oder Ankunftszeit erlaubt. Standardmäßig voreingestellt war „Schnellste Verbindung anzeigen“. Als Ergebnis werden in der Regel drei Verbindungen angezeigt. Der zugrunde liegende Algorithmus ermittelte bei Eingabe einer Abfahrtszeit dabei zunächst von der gewählten Abfahrtszeit aus die absolut schnellste Verbindung. Anschließend wurde die danach abfahrende zweitschnellste Verbindung angezeigt. Ausgehend von der schnellsten Verbindung fand eine zeitliche Vorwärtssuche statt, sodass die zweitschnellste Verbindung, deren Abfahrtszeit früher liegt, nicht angezeigt wurde, auch wenn sie schneller als die nach der absolut schnellsten Verbindung abfahrende zweitschnellste Verbindung war.

Erfolg in der höheren Instanz

Das Landgericht (LG) hat den Unterlassungsantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte vor dem OLG Erfolg. Die Verbindungsauskunft sei irreführend und damit unlauter, begründete das OLG seine Entscheidung. „Verbraucher werden (…) davon ausgehen, dass es sich bei den angezeigten Verbindungen, wie beworben, um die (…) schnellsten Verbindungen zu ihrer Suchanfrage handelt, auch weil das primäre Ziel des Verkehrs bei einer Verbindungsabfrage ist, möglichst schnell von A nach B zu kommen“, führt das OLG näher aus.

Das erweckte Verständnis stimme jedoch nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein, sodass die Suchfunktion irreführend sei. Angezeigt werde zwar zunächst die absolut schnellste Verbindung. Ausgehend von dieser springe das Programm dann aber entweder vorwärts (Abfahrtssuche) oder rückwärts (Ankunftssuche) zu den nächsten absolut schnellsten Verbindungen. Die in der Ergebnisliste an zweiter und fortlaufender Stelle angezeigten Verbindungen seien damit nicht die nächstschnelleren im Hinblick auf die objektive Gesamtfahrdauer, sondern die nächstschnelleren nach der schnellsten Verbindung. Im Fall einer einstündigen schnellsten Verbindung könne dies dazu führen, dass die eine Minute davorliegende Verbindung mit einer Dauer von 1:01 Stunden gar nicht, die eine Minute nach der schnellsten Verbindung abfahrende Verbindung mit einer Dauer von 2:00 Stunden dagegen als zweitschnellste ausgewiesen werde.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.9.2023, 6 W 61/23, PM 59/23

Gesellschafter und Geschäftsführer: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen Privatnutzung des Pkw trotz Nutzungsverbot?

Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug vom GGf auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gilt nach der Ansicht des Finanzgerichts (FG) Münster auch, wenn die Privatnutzung im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausdrücklich verboten ist und insbesondere dann, wenn der GGf kein Fahrtenbuch führt.

Das FG Münster hat in seiner Urteilsbegründung insbesondere die bisherige Rechtsprechung des BFH gegenübergestellt:

Sichtweise des I. Senats des Bundesfinanzhofs: Anscheinsbeweis reicht aus

Der I. Senat des BFH ist bislang davon ausgegangen, dass für die Privatnutzung eines dem GGf von der Gesellschaft zur Nutzung überlassenen betrieblichen Fahrzeugs ein Anscheinsbeweis greift. Danach spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein (Allein-)GGf einen ihm zur Verfügung stehenden betrieblichen Pkw auch für private Fahrten nutzt.

Dies gilt auch bei einem im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Privatnutzungsverbot und zwar insbesondere, wenn

  • der GGf kein Fahrtenbuch führt,
  • keine organisatorischen Maßnahmen getroffen wurden, die eine Privatnutzung ausschließen, und
  • eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf den Pkw besteht.

Sichtweise des VI. Senats des Bundesfinanzhofs: kein Generalverdacht

Dagegen vertritt der VI. Senat des BFH die Ansicht, dass für lohnsteuerliche Zwecke bereits die bloße Gestattung der Privatnutzung unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen beim Arbeitnehmer den Zufluss eines geldwerten Vorteils begründet und der Anscheinsbeweis nicht anzuwenden ist.

Es gibt keinen auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Erfahrungssatz, nach dem ein angestellter GGf generell arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote nicht achtet. Selbst wenn er in Ermangelung einer „Kontrollinstanz“ bei einer Zuwiderhandlung keine arbeitsrechtlichen oder strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten hat, rechtfertigt dies keinen entsprechenden steuerstrafrechtlich erheblichen Generalverdacht.

Beachten Sie: Dass der Arbeitgeber ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht überwacht, ändert daran nichts.

Diese Grundsätze hat der VI. Senat des BFH auch auf einen alleinigen GGf einer GmbH angewandt.

Sichtweise des I. Senats des Bundesfinanzhofs: Grundsätze des Anscheinsbeweises

Das FG Münster hat nun für den Fall eines alleinigen GGf einer GmbH die Rechtsprechung des I. Senats des Bundesfinanzhofs zugrunde gelegt und die Grundsätze des Anscheinsbeweises angewendet.

Den Anscheinsbeweis konnte die GmbH im Streitfall auch nicht mit dem Einwand erschüttern, dem GGf hätte für die privaten Fahrten ein Fahrzeug im Privatvermögen zur Verfügung gestanden. Denn bei den betrieblichen Fahrzeugen handelte es sich um sehr hochwertige und stark motorisierte Fahrzeuge, die mit den „privaten“ Fahrzeugen nicht vergleichbar waren. Darüber hinaus wurden diese Fahrzeuge auch von der Ehefrau des GGf genutzt.

Beachten Sie: Der wegen des Anscheinsbeweises anzunehmenden Privatnutzung lag keine entsprechende Nutzungs- und Überlassungsvereinbarung zugrunde. Vielmehr enthielt die Vereinbarung ein Privatnutzungsverbot. Die private Nutzung durch den GGf war demzufolge nicht durch das Arbeitsverhältnis, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und führte zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Bundesfinanzhof muss entscheiden

Da gegen die Entscheidung des FG Münster bereits die Revision anhängig ist, darf nun mit Spannung erwartet werden, wie sich der BFH positionieren wird.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 28.4.2023, 10 K 1193/20 K,G,F, Rev. BFH, I R 33/23