Haftungsfrage: Hund gerettet und auf Schaden sitzengeblieben

Wer seinen Hund aus einer Rauferei rettet, handelt auf eigene Gefahr. Für Schäden muss man zum großen Teil selbst aufkommen, entschied jetzt das Landgericht (LG) Lübeck.

Ein Mann führte seinen Schäferhund spazieren. Eine andere Hundehalterin ging mit ihrem Labrador Gassi. Die Hunde begegneten sich, es kam zur Rauferei. Der Mann wollte die Hunde trennen und ging dazwischen. Er trat einen Hund, kam zu Fall und wurde verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte.

Vor dem LG verlangte der Mann Schadenersatz. Seine Begründung: Der Labrador habe knurrend und im Galopp einen Angriff gestartet. Die Hundehalterin entgegnete: Zu Beginn hätten die Hunde spielend gerauft. Durch das Eingreifen des Mannes sei die Situation eskaliert.

Musste die Hundehalterin für die Schäden aufkommen? Nur zum Teil, entschied das LG. Die Hundehalterin sei zwar verantwortlich für ihren Hund. Der Mann habe zu seinen Verletzungen aber selbst beigetragen. Als er versuchte, die Hunde zu trennen, habe er sich selbst in Gefahr gebracht. Das Gericht habe nicht sicher feststellen können, ob dieses Verhalten unbedingt notwendig war. Für Dreiviertel der Schäden könne der Mann daher keinen Ersatz verlangen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Lübeck, Urteil vom 9.8.2023, 5 O 146/22, PM vom 22.8.2023

Auskunftsanspruch: Ein Patient hat das Recht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten

Ein Patient verlangte von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Patientenakte, um gegen sie Haftungsansprüche wegen Fehlern geltend zu machen, die ihr bei seiner zahnärztlichen Behandlung unterlaufen sein sollen. Die Zahnärztin forderte jedoch, dass er, wie nach deutschem Recht vorgesehen, die Kosten für die Zurverfügungstellung der Kopie der Patientenakte übernimmt. „Das geht nicht“, stellte nun der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) fest.

Bundesgerichtshof rief Europäischen Gerichtshof an

Da der Patient der Ansicht ist, Anspruch auf eine unentgeltliche Kopie zu haben, rief er die deutschen Gerichte an. Unter diesen Umständen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) beschlossen, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Denn nach Auffassung des BGH hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, nämlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), ab.

Erste Kopie muss kostenlos sein

In seinem Urteil sagt der EuGH: In der DSGVO ist das Recht des Patienten verankert, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich, ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen. Der Verantwortliche kann ein solches Entgelt nur verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt.

Patient muss seinen Wunsch nicht begründen

Die betreffende Zahnärztin ist als Verantwortliche für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihres Patienten anzusehen. Als solche ist sie verpflichtet, ihm eine erste Kopie seiner Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Patient ist nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen.

Umfassende Auskunft

Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen. Des Weiteren hat der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich ist. Dies schließt Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen, wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten.

Quelle: EuGH, Urteil vom 26.10.2023, C-307/22, PM 161/23

Unterlassungsklage: Schlechte Bewertung im Online-Portal: Verfasser muss Tatsachen beweisen

Wer in einem Online-Bewertungsportal negative Tatsachen zulasten eines Unternehmens behauptet, muss im Zweifel beweisen, dass diese Fakten auch zutreffend sind. Gelingt der Beweis nicht, kann der Betroffene verlangen, dass die Bewertung unterlassen wird. Dies hat das Landgericht (LG) Frankenthal klargestellt.

Umzugsunternehmen mit nur einem Stern bewertet

Ein Mann hatte ein Unternehmen damit beauftragt, seinen Umzug durchzuführen. Die Durchführung des Auftrags bewertete er einige Zeit später auf einer Online-Bewertungsplattform mit nur einem von fünf möglichen Sternen. Unter anderem behauptete er im Bewertungstext, dass ein Möbelstück beim Transport beschädigt worden sei und sich niemand darum gekümmert habe, den Schaden zu beheben. Der Inhaber des Umzugsunternehmens streitet dagegen ab, dass es zu einem Schaden gekommen sei und sieht die Behauptung des Kunden, man habe sich nicht gekümmert, als rufschädigend für sein Unternehmen an.

Wer Tatsachen behauptet, muss sie auch beweisen können

Das LG gab dem Unternehmer Recht: Die negative Äußerung des Kunden in dem Online-Bewertungsportal schade dem Inhaber des Umzugsunternehmens. Dem stehe zwar das Recht des Kunden gegenüber, seine Meinung über den durchgeführten Auftrag in der Bewertung frei äußern zu dürfen. Die Behauptung, es sei ein Möbelstück beschädigt worden, sei jedoch keine so geschützte Meinung, sondern eine Tatsachenbehauptung. Denn sie beschreibe etwas, das wirklich geschehen sein soll. Das müsse vom bewerteten Unternehmen nur hingenommen werden, wenn deren Wahrheitsgehalt feststehe. Deshalb müsse derjenige, der in Internet-Bewertungen eine Tatsache behauptet, im Streitfall beweisen, dass diese auch zutreffend ist. Dies war dem Kunden des Umzugsunternehmens nach Ansicht des LG nicht gelungen. Daher hat es der Unterlassungsklage des Unternehmens insoweit stattgegeben und den Verfasser verurteilt, die negative Behauptung zu löschen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 22.5.2023, 6 O 18/23, PM vom 31.7.2023

Reiserecht: Flugkosten sind bei Nichtantritt der Reise zurückzuerstatten

Wird der Vertrag über eine Luftfahrtbeförderung gekündigt, hat der Fluggast einen Anspruch auf Erstattung der ersparten Aufwendungen. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH)

Bei Flugreisen ist Werkvertragsrecht einschlägig

Die Beförderung im Luftfahrtbereich begründet einen Werkvertrag. Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werks jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt er, ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Welche Aufwendungen sind bei Nichtantritt der Reise „erspart“?

Doch welche Aufwendungen erspart sich der Beförderer? Der BGH: Das sind die Aufwendungen, die er ohne die Kündigung gehabt hätte und die er infolge der Kündigung nicht mehr tätigen muss, etwa Steuern, Gebühren und Entgelte des Flughafens. Dies gilt für ihn unabhängig davon, ob er die in Rede stehenden Aufwendungen in seine Preiskalkulation einbezogen und ob er diese gegenüber dem Besteller offengelegt hat.

Der BGH hob noch hervor: Dass ein sog. Billigflieger seinen kalkulierten Gewinn (auch) mit dem Verkauf von Speisen und Getränken sowie der Vermittlung von Mietwagen und Unterkünften macht, spielt hierbei keine Rolle. Es handelt sich um keine sogenannten vereinbarten Geschäfte.

Quelle: BGH, Urteil vom 1.8.2023, X ZR 118/22

Vertragsvereinbarungen: Erfolglose Partnervermittlung: kein Rückzahlungsanspruch

Das Landgericht (LG) München I hat die Klage einer Kundin gegen eine Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften auf Rückabwicklung ihres Partnervermittlungsvertrags abgewiesen. Die Kundin hatte die Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gefordert mit dem Argument, die Agentur hätte ihr anders als vertraglich vereinbart keinerlei adäquate Partner vorgeschlagen.

Das war geschehen

Nachdem die Kundin sich bei der Agentur aufgrund einer Anzeige in einer Fachzeitschrift gemeldet hatte, suchte eine Mitarbeiterin der Agentur die Kundin zu einem persönlichen, mehrstündigen Beratungsgespräch auf. In dem Gespräch wurde die berufliche und private Situation der Kundin thematisiert. Auch wurden ihre Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Partners besprochen. Sie erhielt nach dem sich anschließenden Abschluss eines Partnervermittlungsvertrags innerhalb einer Woche 20 Partnervorschläge, insgesamt bekam sie 31 Partnervorschläge.

Kundin fühlte sich getäuscht

Die Kundin beschwerte sich mehrfach bei der Agentur darüber, dass die Partnerauswahl für sie nicht stimmig sei. Im Juli 2022 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und machte hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung geltend. Sie erklärte, dass die Mitarbeiterin der Agentur ihr versichert habe, sie sei aufgrund ihres Aussehens, ihres Bildungsgrads und Berufs sowie ihrer Umgebung leicht zeitnah zu vermitteln. Jedoch habe keiner der übermittelten Partnervorschläge ihrem Anforderungsprofil entsprochen. Ihre private und berufliche Situation sei nicht berücksichtigt worden. Sie habe deutlich und mehrfach angegeben, dass sie sowohl zeitlich als auch örtlich unflexibel sei. Der Partnervorschlag sollte daher zwingend in München oder dem näheren Münchner Umland stattfinden. Auch sei der Kundin insbesondere ein Alter von maximal bis 50 Jahren wichtig gewesen. Die Figur sollte groß, schlank und sehr sportlich sein. Dabei habe sie auch in dem persönlichen Gespräch mehrfach herausgestellt, dass ihr die Optik sehr wichtig sei. Eine genau auf die Kundin abgestimmte und handverlesene Partnersuche sei trotz der immer wieder hervorgehobenen Exklusivität der Agentur nicht erkennbar. Die Dokumente der Agentur seien nichtssagend und pauschal gewesen. Das Anforderungsprofil werde bewusst vage gehalten. Der Kundin seien völlig unzureichende, nicht passende und willkürlich wirkende Vermittlungsvorschläge gemacht worden.

Kundin blieb vor Gericht erfolglos

Nach Anhörung der klagenden Kundin in der mündlichen Verhandlung und Einvernahme der Mitarbeiterin der Agentur als Zeugin kam das LG zu der Überzeugung, dass weder eine Rückabwicklung des Vertrags möglich sei noch ein Verstoß gegen die guten Sitten oder eine arglistige Täuschung der Kundin vorliege.

Ein grobes Missverhältnis zwischen der geforderten Bezahlung und den von der Agentur erbrachten Partnervorschlägen sei nicht zu erkennen. Zudem schulde diese der Kundin nach dem Vertrag keine erfolgreiche Vermittlung. Die von der Klägerin im Formular „So stelle ich mir meinen Partner vor“ gemachten Angaben seien nach Überzeugung des LG in den vorgelegten Partnervorschlägen enthalten gewesen.

Landgericht: Partnervorschläge waren nicht völlig unbrauchbar

Weder der Vertrag noch die ausgefüllten Kundenformulare oder die Gesprächsnotizen ließen zudem eine Vereinbarung dahingehend erkennen, dass lediglich Partner aus München und dem näheren Umkreis in Betracht kämen. Vielmehr führte die Vermittlerin der Agentur für das LG glaubhaft aus, Ortswünsche der Kundin seien damals besprochen worden. Die Kundin habe zu ihr gesagt, dass sie am liebsten etwas in München hätte. Diesbezüglich habe sie mit der Kundin aber auch besprochen, dass diese flexibler sein solle, weil Männer gegebenenfalls bereit sind, ihre Örtlichkeit aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Wenn das nämlich ein Ausschlusskriterium sei, dann könne sie die Kundin oder den Kunden auch nicht in die Datenbank der Agentur aufnehmen, weil das örtlich zu spezifisch sei.

Vor diesem Hintergrund befand das Gericht die Vermittlungsvorschläge insgesamt nicht in einem solchen Maße ungeeignet, dass sie bei wertender Betrachtung einer Nichtleistung gleichzusetzen seien. Die Partnervorschläge seien zumindest nicht völlig unbrauchbar gewesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Urteil vom 31.8.2023, 29 O 11980/22, PM 24/23

Unionsrecht: Zweites Widerrufsrecht bei Abonnements?

Ein Verbraucher hat ein einziges Mal das Recht, ein im Fernabsatz abgeschlossenes Abonnement, das anfangs kostenlos ist und sich automatisch verlängert, zu widerrufen. Etwas anderes gilt, wenn der Verbraucher nicht hinreichend über die Gesamtkosten des Abonnements informiert wurde. So entschied es jetzt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).

Online-Nachhilfe

Ein Unternehmen betreibt eine Internet-Lernplattformen für Schüler. Beim erstmaligen Abschluss eines Abonnements kann dieses 30 Tage lang kostenlos getestet und während dieser Zeit jederzeit fristlos gekündigt werden. Das Abonnement wird erst nach Ablauf dieser 30 Tage kostenpflichtig. Wenn der kostenpflichtige Abonnementzeitraum abläuft, ohne dass eine Kündigung erfolgt ist, verlängert sich das Abonnement automatisch um einen bestimmten Zeitraum. Bei einem Vertragsschluss im Fernabsatz informiert das Unternehmen die Verbraucher über das Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht).

Die österreichische gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation „Verein für Konsumenteninformation“ (VKI) ist aber der Ansicht, dass dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht) nicht nur aufgrund des Abschlusses eines 30-tägigen kostenlosen Testabonnements, sondern auch aufgrund der Umwandlung dieses Abonnements in ein kostenpflichtiges Abonnement und dessen Verlängerung zustehe.

Österreich: Oberster Gerichtshof bittet um Auslegung der EU-Richtlinie

Der Oberste Gerichtshof (Österreich), der mit dem Rechtsstreit befasst ist, hat den EuGH dazu um Auslegung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ersucht. Der EuGH: Dem Verbraucher kommt das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen, bei einem Abonnementvertrag, der anfangs einen kostenlosen Zeitraum vorsieht und sich, wenn dieser Vertrag nicht gekündigt wird, automatisch verlängert, grundsätzlich nur ein einziges Mal zu. Wurde der Verbraucher bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert, dass dieses Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird, muss er jedoch über ein neuerliches Widerrufsrecht verfügen.

Quelle: EuGH, Urteil vom 5.10.2023, C-565/22, PM 154/23

Unfallfolgen: Finger abgetrennt: Hundehalter muss nicht haften

Das Landgericht (LG) Frankenthal (Pfalz) hat sich in einem aktuellen Urteil zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung geäußert. Es hat die Klage eines Mannes gegen eine Hundehalterin abgewiesen. Ihm stehen damit keine Schadenersatzansprüche zu. Auch wenn der Unfall im Hinblick auf die vermeintlich notwendige Rettung des Hundes geschehen sei, so das LG, habe sich hierbei nicht die sogenannte „spezifische Tiergefahr“ realisiert. Dies sei jedoch zwingende Voraussetzung für eine Tierhalterhaftung.

Unfall durch einen Aufzug

Zu dem Unfall kam es, als der Mann Möbel zur Wohnung einer Hundebesitzerin lieferte. Nach einer Besprechung in der im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung begaben sich der Mann und die Hundebesitzerin gemeinsam in den Aufzug. Als sich die Aufzugstüren schlossen, befand sich jedoch der angeleinte Hund noch außerhalb des Aufzugs. Der Mann nahm der Hundebesitzerin die Leine aus der Hand und löste die noch eingestellte Ausziehsperre. Die Frau, die sofort den Knopf für das 1. Obergeschoss gedrückt hatte, stieg dort aus, begab sich zurück in das 2. Obergeschoss und nahm dem Hund die Leine ab. Der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung, als die Frau plötzlich einen Schrei vernahm. Der Mann hatte die dünne Nylon-Leine weiter in der Hand gehalten und versucht, diese so durch die Aufzugstür zu lenken, dass es nicht zu einer Stockung kommen würde, bis der Hund befreit wäre. Als das Ende der Leine erreicht war, wurden ihm die vorderen Glieder dreier Finger abgetrennt. Zwei davon konnten operativ wieder rekonstruiert werden, bei einem Fingerglied war dies nicht möglich. Der Mann ist seither arbeitsunfähig. Nach seiner Auffassung sei die Frau als Hundebesitzerin für seine Verletzungen verantwortlich. Schließlich habe er die Verletzungen bei seinen instinktiven Rettungsbemühungen erlitten.

Hundehalter ist nicht für jede Verletzung haftbar

Dies sah das LG anders. Nicht jede Beteiligung oder Anwesenheit eines Tieres bei einem Schadensgeschehen führe auch zur Einstandspflicht des Tierhalters. Letztlich sei der Schaden nicht durch das Tier, sondern durch den Aufzug und dessen fortgesetzte Fahrt entstanden. Der Hund sei lediglich angeleint gewesen und habe keinen Beitrag zum Eintritt der Verletzung geleistet. Darüber hinaus sei er im Zeitpunkt der Verletzung bereits abgeleint gewesen. Die Tierhalterin hafte auch nicht aus anderen Gründen für die eingetretenen Verletzungen, insbesondere habe sie den Unfall nicht verschuldet, so das LG. Dass es zu diesen Verletzungen kommen würde, habe sie in keinem Fall vorhersehen können.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht (OLG) in Zweibrücken eingelegt.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 13.7.2023, 7 O 4/23, PM vom 26.9.2023

Gebührenpflicht: „Schlechtes Programm“ befreit nicht von Rundfunkbeiträgen

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat entschieden: Gegen die Rundfunkbeitragspflicht kann nicht eingewandt werden, der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfehle wegen mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt seinen verfassungsmäßigen Funktionsauftrag.

Das war geschehen

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wandte sich eine Frau gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen für ihre Wohnung. Sie machte geltend, die Beitragspflicht müsse wegen eines aufgrund mangelnder Meinungsvielfalt bestehenden „generellen strukturellen Versagens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ entfallen. Es sei Aufgabe der Verwaltungsgerichte, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht hierzu Feststellungen zu treffen. Das Verwaltungsgericht (VG) München wies die Klage in erster Instanz ab, ließ jedoch die Berufung zum BayVGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

So sah es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof

Die hiergegen von der Frau eingelegte Berufung wies der BayVGH zurück. Denn der Rundfunkbeitrag werde nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ausschließlich als Gegenleistung für die Möglichkeit des Rundfunkempfangs erhoben. Ziel des Rundfunkbeitrags sei es, eine staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen.

Beschwerden über den Inhalt der Programme sind an die zuständigen Gremien zu richten

Die vom Grundgesetz garantierte Programmfreiheit setze die institutionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten voraus und schütze sie zudem vor der Einflussnahme Außenstehender. Die Kontrolle, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die verfassungsmäßigen Vorgaben erfüllen, obliege deshalb deren plural besetzten Aufsichtsgremien. Einwände gegen die Qualität der öffentlich-rechtlichen Programminhalte sowie andere Fragen der Programm- und Meinungsvielfalt könnten daher die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht in Frage stellen. Den Beitragspflichtigen stünden hierfür die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten bei den gesetzlich vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen.

Quelle: BayVGH, Urteil vom 17.7.2023, 7 BV 22.2642, PM vom 22.8.2023

Darlehensvertrag: Mithaftung für den Autokredit des „Ex“?

In guten Zeiten macht man sich häufig wenig Gedanken über die Konsequenzen einer Unterschrift. Wird man dann beim Wort genommen, kann es existenzbedrohend werden. So geschah es auch im Fall einer jungen Frau, über den das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden hat. |

(Ex-)Freundin unterschrieb den Darlehensvertrag mit

Die Anfang 20-Jährige verdiente als Verkäuferin in einer Bäckerei monatlich ca. 1.300 Euro netto. Sie unterschrieb neben ihrem Freund einen Darlehensvertrag über rund 90.000 Euro mit einer monatlichen Rate von knapp über 1.000 Euro. Der Freund wollte mit dem Geld alte Kredite umschichten und ein Auto kaufen.

Bank verklagte die (Ex-)Freundin

Zwei Jahre später kündigte die Bank den Kreditvertrag, weil der Freund die Raten nicht mehr bediente. Sie stellte die Restforderung von rund 50.000 Euro fällig. Weil sie von dem (inzwischen Ex-)Freund der jungen Frau das Geld nicht erhielt, verklagte die Bank die Frau vor dem Landgericht (LG) Osnabrück. Das LG verurteilte die Frau, den Betrag zu zahlen.

Höhere Instanz wies Klage ab

Hiergegen wandte sie sich an das OLG. Es gab der Frau Recht und wies die Klage der Bank ab: Die Frau sei keine echte Darlehensnehmerin, sondern habe lediglich eine Mithaftung übernommen. Es handle sich daher um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Eine solche Abrede sei zwar möglich, im konkreten Fall aber wegen der Gesamtkonstellation und der offensichtlichen, krassen finanziellen Überforderung der Frau sittenwidrig und damit nichtig. Der Bank sei bei Vertragsschluss die emotionale Verbundenheit der Frau zu ihrem Freund bekannt gewesen, ebenso deren beengte finanziellen Verhältnisse, also die Tatsache, dass die Haftung die Frau finanziell ruinieren könne. Es widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn Banken ein solche Situation ausnutzten.

Die klagende Bank habe die sich daraus im konkreten Einzelfall ergebende Vermutung der Sittenwidrigkeit nicht widerlegen können. Insbesondere spreche es nicht gegen eine Sittenwidrigkeit, dass die junge Frau bei Vertragsschluss nichts von ihrer prekären Situation ahnte, weil sie irrtümlich glaubte, es gehe nur um 7.500 Euro für das Auto.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 29.6.2023, 8 U 172/22, PM vom 20.7.2023

Supermarkt: Verbraucher dürfen zerdrückte Pfanddosen zurückgeben

Supermärkte müssen Pfand-Einwegdosen zurücknehmen. Das gilt selbst dann, wenn sie zerdrückt oder beschädigt sind. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart jetzt entschieden.

Verbraucherzentrale bekam Recht

Ein Verbraucher hatte sich bei der Verbraucherzentrale beschwert. Seine zerdrückten Pfanddosen hatte eine Supermarkt-Filiale abgelehnt, obwohl sie unmissverständlich als pfandpflichtig gekennzeichnet waren. Ihm wurde dabei unterstellt, er hätte die Dosen bereits zuvor in einen Pfandautomaten eingelegt. Daher seien sie im beschriebenen Zustand. Die Verbraucherzentrale klagte und bekam in erster und zweiter Instanz Recht.

Zustand der Dosen unerheblich

Das OLG: Das Verpackungsgesetz ist eindeutig. Es stelle keine Anforderungen an den Zustand der zurückzunehmenden Verpackung. Es widerspräche zudem ihrer Eigenschaft als Abfall, wenn die Dosen in einem Zustand nahe des Originalzustands sein müssten, um zurückgenommen werden zu können. Die Dosen würden später ohnehin zerstört.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 15.6.2023, 2 U 32/22